Hallo zusammen!
Im September 2018 war ich eine Woche im Süden der Apenninenhalbinsel unterwegs. Etwas abseits der klassischen Routen fand ich bei den Ferrovie Appulo Lucane eine kleine Bahn, die mich sofort in ihren Bann zog. Die Strecke von Gravina nach Genzano führt im Grenzgebiet von Apulien und Basilikata durch eine Landschaft, die so gar nicht irgendeinem Italien-Klischee entspricht, sondern einen ganz eigenen, rauen Charakter hat. Das Land ist sehr fruchtbar und praktisch jeder Quadratmeter wird zum Getreideanbau genutzt. Im September aber, wenn die Felder abgeerntet und umgepflügt sind, wird die Region zu einer braunen, öden und fast menschenleeren Wüste. Trotz der sehr guten Böden war die Region, wie kaum eine andere in Italien, von Auswanderung betroffen und auf dem Land lebt heute kaum noch jemand, stattdessen stehen zwischen den Feldern verlassene Gehöfte und trostlose Ruinen, die nicht selten an Wild-West Geisterstädte erinnern.
Machen wir also eine virtuelle Reise mit einem der kleinen Fiat-Triebwagen der FAL. Von Gravina nach Genzano, von Apulien in die Basilikata, von der Stadt in die Einsamkeit.
Ausgangspunkt der Bahn in die Wüste ist Gravina in Puglia. Die Stadt ist Endpunkt der Vorortzüge aus Bari und liegt an einer Gravina, einem in Apulien häufig zu findenden, tief eingeschnittenen Erosionstal in sonst eher flacher oder leicht hügeliger Landschaft. Nach Verlassen des Bahnhofs und der Überquerung geht es mit Blick auf die Häuser der Stadt ein Stück auf der anderen Seite entlang.
Bereits kurz nach der Gravina geht die Fahrt durch Felder und es werden die ersten Windräder sichtbar – mittlerweile auch ein Charakteristikum der Landschaft in dieser Region Italiens.
Die Landschaft wird hügeliger und die Bahn führt ein Stück oben an einem Hang entlang.
Kurz darauf wird ein kleiner Viadukt überquert.
Und es geht schließlich wieder aus der Schleife heraus, mit der im Seitental die Strecke verlängert wurde. Beim Blick zurück sind auch der Streckenverlauf sowie die Höhenunterschiede sichtbar.
Ein paar hundert Meter weiter folgt, zwischen Feldern und Grasfetzen, ein weiterer kleiner Viadukt.
Die Strecke geht nun durch ein Tal und parallel zu einer Hauptstraße. Hier und da kann man auch mal einen Traktor bei der Arbeit sehen.
Der Zug hat auch einige Halte auf seiner Fahrt. Die Bahnhöfe sind aber allesamt unbesetzt und da die zugehörigen Orte jeweils weit weg in den Hügeln liegen, ist auch kaum mit Fahrgastwechsel zu rechnen. So geht es auch in Irsina nach kurzem Stopp ohne Aus- oder Einsteiger weiter.
Etwas bedeutender war einmal der Bahnhof Taccone, Wasserturm und Wasserkran erinnern noch an die besseren Zeiten. Direkt nebenan befindet sich auch ein kleines Dorf, dass aber ebenfalls vollständig verlassen ist und einer Geisterstadt gleicht. Nur noch der Betrieb einer landwirtschaftlichen Kooperative haucht ihm etwas Leben ein.
Es geht heraus aus Taccone und weiter in die Wüste hinein, in der der Ort fast wie eine Oase liegt.
Einzelne Bäume bieten zwischen den Dünen noch etwas Grün.
Zahlreiche Gehöfte gab es einst zur Bewirtschaftung der Felder, heute sind diese nur noch einsame Ruinen.
Wir haben endgültig die braune Ödnis erreicht. Durch diese geht es die letzten Kilometer bis zum Endpunkt Genzano.
Zumindest der Blick zum Horizont lässt aber in der Ferne schon wieder das grüne Italien, die Berge der Basilikata, erkennen.
In Genzano wartet auf den Zug bereits der Anschlussbus nach Avigliano, der vielleicht den einen oder anderen Fahrgast noch etwas weiter und zurück in die Zivilisation bringen darf.
Wir werfen aber noch einen kurzen Blick abseits der Bahn auf dieses merkwürdige Land, dass sich zu anderen Jahreszeiten sicher ganz anders und weniger abweisend präsentiert – im Frühjahr als ein unendliches, saftig-grünes Meer, und im Sommer als oder eine endlose, goldgelbe Weite...
Viele Grüße, ein schönes Wochenende und bis zur nächsten Reise,
Gunar