Hallo,
am vierten und letzten Tag unserer Parisreise machen wir noch mal eine kleine Tour zu ein paar großen Kopfbahnhöfen, bevor wir mit dem OUIGO zurückfahren. Die Fahrt mit der Billig-Fernverkehrsmarke OUIGO der SNCF ist für mich eine Premiere. Für eifrige Leser gibt es am Ende noch einen kleinen bildlichen Bonus.
Links zu den anderen Teilen der kleinen Tour:
Teil-1 22.02.20 Auf nach Paris
Teil-2 23.02.20 Paris: Kleiner Zug (mit ?) und große Kunst
Teil-3 24.02.20 Paris: Nahverkehr, kleine und große Bahnhöfe
Kleiner Hinweis: Zur Übersicht über die Bahnhöfe habe ich in Teil 1 zwei Pläne von 1859 und 1918 eingefügt, welche die Lage der Bahnhöfe sehr schön zeigen.
Paris Bilderreise Teil-4 25.02.20: Grandes Gares und OUIGO +kleiner Bonus
Heute starten wir am Gare du Nord, dem mit 292,5 Millionen Reisenden pro Jahr (2018) verkehrsreichsten Bahnhof Europas.
85 Prozent dieses Aufkommens sind Fahrgäste des Nahverkehrs.
Der erste Bahnhof hier wurde 1846 eröffnet. Mit dem schnell wachsenden Verkehr wurde er bald zu klein.
Die Chemin de Fer du Nord(Nordbahn) ließ daher von 1861-1865 nach Plänen des aus Köln stammenden, in Paris wirkenden Architekten Jakob Ignaz Hittorff einen neuen Bahnhof errichten.
Die repräsentative Front dieses Baus sehen wir hier.
Der Glasanbau rechts dient dem Zugang zu dem im Untergrund liegenden RER-Bahnhof für den RER-Stadtschnellverkehr.
Das auffällige "schräge Ding" auf dem Vorplatz ist ein 2015 errichtetes Kunstwerk des aus Argentinien stammenden Künstlers Leandro Erlich.
Es hat den Titel "maison fond" und thematisiert die Folgen des Klimawandels, indem es ein halb versinkendes Pariser Wohnhaus darstellt.
Es ist auch ein Wortspiel zwischen "maison fond (schmelzendes Haus)" und "mes enfants (meine Kinder)", was auf die Folgen des Klimawandels für kommende Generationen verweist.
Für französische Muttersprachler dürfte das etwas naheliegender sein, aber darauf muss man erst mal kommen. Ohne Hinweis wäre es auch mir entgangen.
Kleines Rätsel am Rande: Auch die Fassade des Vorgängerbaus von 1846 kann man heute immer noch sehen. Wo? Gelöst: Natürlich in Lille.
Ein Blick in die Haupthalle des Nordbahnhofs mit dem SNCF-TGV201 in aktueller Farbgebung. Dieser von Alstom 1996 erbaute Triebzug ist der erstgebaute Doppelstock-TGV (bekannt als TGV-2N oder TGV-Duplex).
Nun geht es hinunter in den Untergrund zum RER.
Die Linie E des RER(Réseau express régional d’Île-de-France) ist hier erreichbar. Sie hat eigene Bahnsteige und einen separierten Tunnelbahnhof names Gare du Magenta.
Mit dem RER E geht es zum gegenwärtigen Endhalt Haussmann–Saint-Lazare dieser Linie.
Die lange geplante Verlängerung des RER E nach Norden mit einem acht Kilometer langer Tunnel ist aber momentan im Bau. Wir hatten ja schon an der Porte Maillot die aufwändigen Bauarbeiten dazu wahrgenommen.
Wieder an der Oberfläche stehen wir vor dem Gare Saint-Lazare. Dies ist der letzte der großen Pariser Kopfbahnhöfe, dessen Besuch auf dieser Reise noch fehlte.
Er hat seinen Namen nicht nach einer Schlacht, sondern nach der vor dem Bahnhof verlaufenden Rue Lazare, welche nach Saint Lazare de Béthanie(Lazarus von Bethanien) benannt ist. Früher lag ein nach diesem Heiligen benanntes Lepraspital am Ende der Straße.
Nach zwei provisorischen Bahnhöfen von 1837 und 1841 entstand zwischen 1842 und 1853 der dritte Bahnhof an dieser Stelle.
Aber auch dieser wurde bald zu klein und so ließ die Compagnie des Chemins de fer de l’Ouest(Westbahn) 1899 durch den Architekten Jules Lisch einen wesentlich größeren Bahnhof errichten.
Die besondere Bedeutung dieses Bahnhofs liegt im Nahverkehr. Mit fast 110 Millionen Reisenden pro Jahr (2018) hat er das zweitgrößte Reisendenaufkommen aller Pariser Bahnhöfe.
Diese Zahl kommt nur durch den immensen Nahverkehr zustande. Der Fernverkehr spielt hier keine bedeutende Rolle.
Der Gare Saint-Lazare hat zwei Empfangsgebäude mit jeweils einem Platz davor.
Rechts der Cour du Havre. Er grenzt an die Rue du Havre, benannt nach dem ursprünglichen Hauptziel der Bahn: Le Havre.
Links der Cour de Rome. Er grenzt an die Rue de Rome. Die Glasüberdachung ist der Zugang zur Métro.
Die beiden Empfangsgebäude des Gare Saint-Lazare sind mit einem Zwischengebäude verbunden. Hier ein Blick ins Innere mit den Ladengalerien.
Die Vorortgleise wurden bereits in den 1920er Jahren mit seitlicher Stromschiene (750 V Gleichspannung) elektrifiziert.
Die Ferngleise wurden ab 1966 mit 25kV 50Hz Wechselspannung elektrifiziert und die Stromschienenabschnitte wurden bis 1979 auch auf das Wechselspannungsystem umgebaut.
Für den von Saint-Lazare ausgehenden Vorortverkehr mit dem Wechselspannungsystem wurden von 1976-1979 durch die SNCF 75 Triebzüge der Reihe Z6400 beschafft.
Diese recht leistungsstarken und zuverlässigen Triebzüge sind seither untrennbar mit dem von Saint-Lazare ausgehenden Vorortverkehr verbunden.
Inzwischen läuft aber die Zeit dieser Züge ab und sie werden nach und nach ausgemustert.
Hier ist noch eine Doppeltraktion dieser Baureihe, bestehend aus den beiden Zügen SNCF-Z6549+6550 und SNCF-Z6539+6540, welche 1979 von Carel-Fouché und Alsthom (damals noch mit h) gebaut wurden, zu sehen.
Nochmal Kopf an Kopf:
der 1979 gebaute SNCF-Z6539 aus der Reihe Z6400 und der 2017 gebaute SNCF-Z50419 aus der Reihe Z50000, welche die Nachfolge antritt.
Der 2019 von Bombardier gebaute SNCF-Z50497+50498(Rame-249L) Triebzug aus der aktuellen Reihe Z50000, die auch NAT(nach dem Projektnamen: Nouvelle Automotrice Transilien) und Francilien genannt wird.
Der Triebzug SNCF-Z50478+50477(Rame-239L) aus der aktuellen Reihe Z50000 wurde 2018 bei Bombardier gebaut.
Nun war es an der Zeit diesen Bahnhof wieder zu verlassen.
Es ging zurück zum Hotel und dann mit dem Gepäck zum nahegelegenen Gare de-l´Est.
Der schöne klassizistische Gare de-l´Est wurde 1849 durch die Compagnie du chemin de fer de Paris à Strasbourg eröffnet.
1854 wurde er das erste Mal vergrößert und erhielt seinen heutigen Namen, nach der inzwischen erweiterten und zur Compagnie du chemin de fer de l’Est (Ostbahn) umbenannten Betreibergesellschaft.
Er wurde 1885 und 1900, sowie zwischen 1926 und 1931 nochmal massiv erweitert.
Im Endeffekt hat er jetzt zwei Flügel, die sich symmetrisch um einem zentralen Empfangsbau gruppieren. So präsentiert sich der Bahnhof bis heute. Der hier zu sehende ist der ältere historische linke Flügel.
Nun schauen wir uns vor der Rückfahrt noch ein wenig im Ostbahnhof um.
In Paris-Est fahren ja auch schnelle Züge von und nach Deutschland. Hier steht der DB-407 009 bereit, um als ICE9573 von Paris-Est um 10:55 nach Stuttgart an 14:04 Uhr zu fahren.
Dieser ICE vom Typ Velaro-D wurde 2011 von Siemens gebaut.
Neue Züge bei der SNCF. Die Régiolis genannten Triebzüge des Typs Alstom Coradia Polyvalent werden seit 2011 an die SNCF geliefert.
Die SNCF hat mit Alstom einen Rahmenvertrag über insgesamt bis zu 1000 Züge, die in verschiedenen Ausführungen geliefert werden. Es gibt Varianten für den Vorort-, den Regional-, den Interville- und den Intercités-Verkehr, die dann jeweils als vierteilige und sechsteilige Züge geliefert werden können. Alle Varianten können dann wiederum als reine Elektrotriebzüge (Reihen Z) mit der Ausrüstung für die beiden französischen Stromsysteme und als Bimodale Triebzüge (Reihen B) die zusätzlich zu der elektrischen Ausrüstung für die beiden Stromsysteme als bimodale Fahrzeuge auch mit Dieselantrieb fahren können. Weiter wird es für den Verkehr in die Schweiz und nach Deutschland künftig auch Triebzüge für drei Stromsysteme mit zusätzlicher Ausrüstung für 15kV 16,7 Hertz geben. Eine großen Variantenbreite also.
Die Reihe B85000 sind sechsteilige bimodale Triebzüge für den Intercités-Verkehr.
Hier steht der 2017 von Alstom gebaute Triebzug SNCF B-85035L+85036L im Gare de l´Est.
Kleiner Rückblick: SNCF-CC72138 mit Wagenzug. Diese Züge wurden durch die Régiolis-Intercités abgelöst.
SNCF-TGV507 und SNCF-TGV-514. Beide sind vom Typ TGV Réseau in der aktuellen Carmillon-Farbgebung und wurden 1993 geliefert.
Blick über die Gleise: SNCF-TGV514 +DB-407 xxx +DB-407 009
So jetzt wird es Zeit für die Rückfahrt. Und eine persönliche Premiere - die Fahrt soll mit einem OUIGO erfolgen.
OUIGO ist die Billig-Fernverkehrsmarke der SNCF. Es werden speziell für OUIGO umgebaute TGV-Duplex-Züge eingesetzt. Das Konzept basiert auf der Idee der Billigfluggesellschaften im Flugverkehr. Man versucht, so viel Kosten wie möglich zu sparen, um den Fahrpreis gering zu halten. Die Tickets der einheitlich 2.Klasse können ausschließlich online oder über die App gekauft werden und müssen mindestens vier Stunden vor Beginn der Fahrt gekauft sein. Die Züge sind (leider) auch nicht bei HAFAS und in der Fahrplanauskunft (außer der französischen). Das ist beim Planen einer Reise leider hinderlich. Nun, sie können natürlich auch nicht über DB, SBB, ÖBB usw. gebucht werden. Die Reisepreise für Erwachsene inklusive der obligatorischen Platzreservierung variieren online zwischen 10 und 115 €, je nach Strecke und Zeitpunkt des Kaufes.
Hier meine OUIGO-Fahrkarte. Die Fahrt Paris-Strasbourg hat hier 24 € gekostet.
Da alle (der wenigen verfügbaren) Optionen extra kosten, waren hier 2 € Mehrpreis für einen Sitzplatz mit Steckdose enthalten.
Dass in diesem Preis (wie im Flugzeug) nur ein Handgepäckstück mit einer maximalen Größe von 55cm×35cm×25cm und ein kleiner Rucksack oder Handtasche enthalten sind, wusste ich. Jedes weitere Gepäckstück kostet bei Onlinebuchung 5 € und vor Ort 20 € Gebühr. Dass es im Zug nichts zu Essen und Trinken gibt war auch klar. Aber dass man seinen eigenen Müllbeutel mitbringen muss und es im Zug keine Abfallbehälter gibt hatte mich dann doch überrascht.
OUIGO Kontrollgestell für die Gepäckgröße in Strasbourg. Die werden auch durchaus eingesetzt, wenn dies auch in Paris für den nicht vollen Zug nicht nötig war.
Nun, wir waren rechtzeitig am Gare de l´Est gewesen. Gemäß den Transportbedingungen müssen Fahrgäste bereits 30 Minuten vor Abfahrt am Bahnhof sein.
Da gab es noch keine Anzeige zum Bahnsteig und auch kein Boarding. In Frankreich ist es, im Gegensatz zu Deutschland, üblich die Abfahrtsgleise erst vor Ort bekanntzugeben, was gerade bei Kopfbahnhöfen eine flexible Gleisbelegung vereinfacht. Erst eine Viertelstunde vor Abfahrt wurde über Lautsprecherdurchsagen das Gleis bekanntgegeben, während zu diesem Zeitpunkt auf den Zuganzeigern noch nichts stand. Nun, man konnte vorher mutmaßen dass dies an den hintersten Gleisen stattfindet, da hier die optisch markanten OUIGO-Züge standen.
Das Boarding ging aber sehr schnell und problemlos für alle. Am Bahnsteigzugang gab es sowohl automatische Scanner, als auch Mitarbeitende mit Handscanner. Ticket mit Barcode scannen und weitergehen ging sehr schnell. Da die Fahrkarten bereits beim Zugang kontrolliert werden, gibt es im Zug nur ein Minimum an Personal.
Hier steht er: Der SNCF-OUIGO-TGV793 in der markanten blauen OUIGO-Lackierung.
Für die OUIGO-Verkehre werden modifizierte TGV-Duplex-Züge verwendet, die mit platzsparenden Sitzen ausgestattet wurden. Auch das Bistro wurde entfernt. So sind 634 Plätze in dem Zug verfügbar – 20 Prozent mehr als in üblichen TGV-Zügen.
Zuganzeiger von Voiture 3 des OUIGO-TGV793 (93 87 0293 793-0 F-SNCF). In diesem Wagen fahren wir nach Straßburg.
Der SNCF-OUIGO-TGV793 fährt (mit uns) als Zug OUIGO7691 von Paris-Est(ab 11:09) über Lorraine-TGV(12:22-12:25) nach Strasbourg(an 13:02).
Die Fahrt verlief schnell und problemlos. Der Zug am Dienstagvormittag war zu zirka 2/3 ausgelastet. Die Sitze sind übrigens durchaus bequem.
Nachdem wir auf der LGV-Est erst sehr schnell unterwegs waren, fuhren wir vor dem Halt Lorraine-TGV erkennbar langsamer.
Des Rätsels Lösung: wir waren inzwischen deutlich zu früh dran und kamen dort immer noch 5 Minuten zu früh an. Trotz der kurzen Fahrzeit hat der Fahrplan da noch gute Reserven.
So, da sind wir dann schon mit dem SNCF-OUIGO-TGV793 pünktlich in Strasbourg angekommen. Im Hintergrund steht bereits der Zug, der uns zurück nach Deutschland bringen wird.
Rechts stehen die beiden SWEG-VT513+VT512 für die Fahrt nach Kehl und Offenburg bereit, während hinten der SNCF-OUIGO-TGV793 steht, mit dem wir aus Paris angereist sind.
Die beiden SWEG-VT513(95 80 0650 575-3 D-SWEG) in blauer SWEG/OSB-Lackierung und VT512(95 80 0650 574-5 D-SWEG) in gelb-schwarzer Baden-Württemberg-Landeslackierung fahren als SWE87431 von Strasbourg (13:20) nach Kehl (13:31-13:33) und weiter nach Offenburg (13:52).
So, mit den Schlusslichtern des VT512 möchte ich auch Schluss machen mit der kleinen Bilderreise nach Paris.
Gerne habe ich alle interessierten Menschen mitgenommen auf meine bislang einzige nennenswerte Auslandstour 2020.
Und jetzt noch der versprochene Bonus:
Im August 2018 ist der SNCF-Ouigo-TGV776 in seiner attraktiven Lackierung als OUIGO7691 von ParisEst(12:55) nach Strasbourg(14:57) unterwegs.
Die Aufnahme entstand im Elsass in Lupstein-Pappelmuehl. Der Zug überquert gerade die große Zorn-Talbrücke. Unten im Tal verläuft die klassische Strecke, auf der wir nach Paris gereist waren.
Am 02.05.2020 sind SWEG-VT513+VT509 bei Legelshurst unterwegs als SWE87454 auf dem Weg von Offenburg über Kehl nach Strasbourg.
Trotz der Corona-Krise und der gesperrten Grenze: der Nahverkehr über die französische Grenze von und nach Straßburg existierte und fuhr.
Das änderte allerdings nichts an den Reiseeinschränkungen und Kontrollen. Faktisch durften nur Pendler mit Berechtigung den Zug über die Grenze nutzen. Aber er fuhr und fährt trotzdem.
Beste Grüße
Arnulf
5-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:05:26:16:33:14.