Schweinereien auf den Affenfelsen
Teil 0a: Gegrillte, geräucherte und gedämpfte Schweinereien nach Pekinger- und Drei-Farbenstreifen(Sandaoling)-Art
Wie üblich und hier im Forum inzwischen wohlbekannt, war ich auch im Winter 2018/2019 mal wieder in China. Und da mehrere Leser schon nachgefragt haben, wann denn endlich die dazu passenden Berichte kommen, habe ich wieder ein bisschen in die Tasten gehauen. Rausgekommen ist dabei dieser zusammenfassende Bericht, detaillierte Berichte folgen irgendwann später. Viel Spaß beim Lesen.
Das Jahr des Hundes neigte sich dem Ende zu, das Jahr des Schweins warf seine Schatten voraus. Da mein Sohn nächstes Jahr in die Schule kommt und wir uns dann nach den Schulferien richten müssen, probierten wie dieses Mal den Abschnitt rund um Weihnachten und Neujahr und verzichteten auf den Trubel an Chinesisch Neujahr. Daher müsste es in der Überschrift auch noch eher „Hunde – Gegrillt, geräuchert und gedämpft“ heißen, aber sonst schreien ja gleich wieder die ganzen Tierschützer auf. Das Jahr 2018 war beruflich und privat für mich extrem herausfordernd, daher pendelte ich die ersten beiden Wochen in China fast ausschließlich zwischen Bett und Couch, auch wenn das eigentlich nicht meinem Naturell entspricht. Auf Dauer ist das aber auch nicht gesund. Zufälligerweise musste ich sowieso noch eine Fahrkarte an irgendeinem Bahnhof abholen, und da kann man die Pflicht gleich mit der Kür verbinden. Das Fotografieren „elektrisch gerillter“ und „dieselgeräucherter“ Schweinereien geht in Peking am besten am Hauptbahnhof, also machte ich mich eines Tages direkt nach der morgendlicher Rushhour auf den Weg mit Bus und U-Bahn zum Hauptbahnhof, wo ich zunächst aufgrund einer falschen Passnummer in der Fahrkartenbuchung sämtliche Facetten der chinesischen Staatsbahnbürokratie hautnah erleben durfte. Schlussendlich bekam ich auf Umwegen doch noch eine Fahrkarte und sonnte mich dann anschließend auf dem benachbarten Affenfelsen (vulgo der Stadtmauer), um nebenher die ersten gegrillten und geräucherten Leckereien zu genießen. Das Genießen ist aber schwierig, denn leider ist der Hauptbahnhof mittlerweile nur noch ein drittklassiger Bahnhof, der Verkehr hat sich auf die beiden Bahnhöfe „Peking West“ und „Peking Süd“ verlagert, außer ein paar HGV-Zügen nach Shenyang und ein paar untergeordneten Fernzügen mit HX-Einheitsbespannungsbrei gibt es eigentlich nicht mehr viel zu genießen. Aber seht selbst:
Bild 1: Über eine DF4D muss man sich ja schon tierisch freuen, auch wenn sie meist nur noch untergeordnete Rangieraufgaben übernimmt. Der Himmel war übrigens bis auf einen Tag immer so blau wie auf dem Bild. Nix Photoshop, sondern saubere, Pekinger Luft. Laut meiner Wetter-App war die Luftqualität in Peking die ganzen fünf Wochen im Schnitt besser wie zuhause in Frankfurt…
Bild 2: Immerhin gibt es bei den HGV-Triebzügen ein bisschen Abwechslung. Im Vorjahr traf ich nur Triebzüge der Baureihe CRH5A an, jetzt waren auch ein paar CRH5G-Triebzüge zu sehen. Das Design kommt euch irgendwie bekannt vor? Mir auch…
Bild 3: Vor wenigen Jahren noch eine Landplage, muss man Loks der Shaoshan-Reihe inzwischen mit der Lupe suchen. SS9 0028 fuhr mir als einzige ihrer Art vor die Linse.
Bild 4: Auch bei den Personenwagen regiert (wieder) der dunkelgrüne Einheitsbrei mit gelben Streifen. Da muss man über die (eigentlich) weiß-orangenen Wagen froh sein, und seien sie auch noch so verdreckt. Immerhin, Graffitis sind in China ein Fremdwort. Unter der Brücke staut sich bereits der abendliche Berufsverkehr, ich werde mich daher mit der U-Bahn auf den Weg zurück machen. Leider ist die Stausituation in der U-Bahn trotz Zwei-Minuten-Takt nicht wirklich besser…
Wer trotz des Einheitsbrei Interesse an weiteren Bildern hat, der kann gerne alle an diesem Nachmittag entstandenen Bilder
in meinem Album auf Flickr anschauen.
Der Jingkou-Strecke wollte ich auch noch einen Besuch abstatten, am liebsten bei Schnee. Denn Geräuchertes schmeckt mit weißer Überzuckerung noch viel besser. Schnee fiel aber leider nicht, es herrschte fast die gesamten vier Wochen in Peking strahlend blauer Himmel, laut meiner Wetter-App war die Luftqualität an den meisten Tagen in Peking besser wie in Frankfurt. So wurden es also nur schneelose Bilder der stilllegungsgefährdeten Bergstrecke. Dass die Sonne zum Jahreswechsel sehr niedrig steht und das tiefe Tal somit die meiste Zeit im Schatten liegt sowie ein zum dritten Mal innerhalb eines Jahres umgeworfener Fahrplan der Staatsbahn ohne jegliche Ankündigung im Internet machten das Fotografieren nicht leichter. Da soll sich noch einer über die Baustellenfahrpläne der DB aufregen!
Bild 5: Der Fahrdienstleiter vom Spitzkehrenbahnhof Qinglongqiao West übt schon mal das Abschiednehmen.
Bild 6: Vor lauter Bäumen sieht man an der Einfahrt in den Spitzkehrenbahnhof Qinglongqiao den Zug fast gar nicht.
Bild 7: Bilder wie dieses am Spitzkehrenbahnhof Qinglongqiao gehören wohl bald der Vergangenheit an. Und Schuld daran sind nur die Olympischen Winterspiele 2022.
Bild 8: Nach dem Fahrtrichtungswechsel im Bahnhof Qinglongqiao geht es den Berg hinab Richtung Peking.
Bild 9: Die Zugstrecke dürfte bald verschwunden sein, die Chinesische Mauer sicher nicht…
Dass es die Chinesische Staatsbahn auch besser als die DB kann, zeigte sich dann gegen Ende des Urlaubs. Nach mehr als 26 Stunden Fahrt lief mein Zug aus Peking trotz zwischenzeitlichem Schneesturm in der Wüste Gobi auf die Sekunde pünktlich in den Bahnhof Kumul ein. Etwas schwieriger gestaltete sich dann die Weiterfahrt nach Sandaoling. Bereits im Zug wurde ich mehr als zwei Stunden intensiv von der Polizei befragt und durchsucht (mehrere hundert GB Bilder auf Kameras und Smartphone schaut man halt nicht mal schnell in fünf Minuten durch), auf dem Weg von Kumul nach Sandaoling folgten fünf weitere, teils recht intensive Polizeikontrollen an Straßensperren, die man in der Form woanders auf der Welt wohl nur noch in Afghanistan findet. Aber irgendwann hatte ich es dann bis nach Sandaoling geschafft. Dort beschaffte ich Nachschub für weitere Polizeikontrollen in Form von über einem Terrabyte an Bild- und Videopixeln. Einen kleinen Teil davon dürft ihr auch ohne Durchsuchung anschauen (einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss kennt man in China sowieso nicht):
06.01.2019
Bild 10: Auch in der Wüste Gobi gibt es manchmal Schnee. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich erst eine Polizeikontrolle hinter mich gebracht, fünf weitere sollten in den nächsten Stunden noch folgen.
Bild 11: Fünf Polizeikontrollen und ein paar hundert Kilometer später endlich am Ziel der Träume…
Bild 12: In Alt-Sandaoling/Nanchuan hat man die Türme und die Kuppel der Moschee abgerissen. Wenigstens die Bäume hat man stehen lassen.
Bild 13: Länger nach Sonnenuntergang habe mal die Grenzen der Lichtempfindlichkeit meiner neuen Kamera ausgetestet. Mit etwas Nachbearbeitung bekommt man ganz annehmbare Ergebnisse.
07.01.2019
Bild 14: Rendezvous am frühen Morgen. Das Licht ist warm, die Außentemperatur eiskalt.
Bild 15: Bahnübergang mit Dampf am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen.
Bild 16: Das Ergebnis eines morgendlichen Hausfriedensbruchs.
Bild 17: Vormittag mit Kontrast, das Ergebnis passt!
Bild 18: Sandaoling heißt übersetzt in etwa “Drei-Farben-Streifen”.
Bild 19: Der Kohlezug kommt aus dem Untergeschoss im Erdgeschoss an. Passenderweise heißt der Bahnhof „Keng kou zhan“ (übersetzt etwa „Erdgeschoss-Bahnhof“ oder "Grubeneinfahrt-Bahnhof").
Bild 20: Dampf im Naturbiotop oder …
Bild 21: ... doch eher Dampf im Tagebau.
Bild 22: Drei auf einen Streich im Abendlicht.
Bild 23: Leider sind bei meinem lichtschwachen Teleobjektiv und meinem über zehn Jahre alten Kamerabody nicht mehr als 400 ISO drin. Für einen richtigen Feuerregen hat es daher nicht gereicht.
08.01.2019
Bild 24: Neuer Morgen, neues Glück. Den Personalpendel nach Xibolizhan gibt es ja schon leider lange nicht mehr.
Bild 25: Die Sonnenaufgänge in Dongbolizhan gibt es zum Glück immer noch.
Bild 26: Der letzte Zug nach Schichtwechsel verlässt den Bahnhof Dongbolizhan.
Bild 27: Feuer zwischen Eis und Fels.
Bild 28: Eine Lok im Kornfeld...
Bild 29: Keng kou zhan – Grubeneinfahrt-Bahnhof.
Bild 30: Zwischen Lokfriedhof und Kohleabladeplatz.
Bild 31: Wenn das mal keine Zechenbahn ist...
Bild 32: JS 8197 in der Seitenansicht.
Bild 33: @#$%&haussicht. Keine Scheiß Aussicht. Fast zwei Stunden musste ich auf den Zug warten. Zum Glück hielt sich die Geruchsbelästigung dank der eisigen Temperaturen in engen Grenzen. Merke: gefrorene Kacke riecht nicht.
Bild 34: Neben dem @#$%&haus bildete die gefrorene Jauche aus dem benachbarten Schweinestall einen blauen Spiegel.
Bild 35: In allerletzter Sekunde. Eine Viertelstunde zuvor war der Zug bereits bei bestem Sonnenstand und wunderbarer Wolkenkulisse in der Kohlewäsche losgefahren, kam nach wenigen Metern aber wieder zum Stehen. Die Bremsen der Waggons waren eingefroren. Während die Heizer mit den Hämmern auf den Bremsleitungen herumschlugen, sank die Sonne immer tiefer. Endlich fuhr die Lok wieder an, eine Minute später wäre die Sonne weg gewesen…
Bild 36: Beim nächsten Zug in Richtung Kohlewäsche war die Sonne dann wirklich weg. Weit weg.
09.01.2019
Bild 37: Am nächsten Morgen war die Sonne dann glücklicherweise wieder da.
Bild 38: Ab in die Grube.
Bild 39: Ein Klassiker.
Bild 40: Noch ein Klassiker.
Bild 41: Es war auch tagsüber eisig kalt. Wer es nicht glauben mag, hier ist der Beweis.
Bild 42: Vollpfosten.
Bild 43: „Fire & Ice“ im Gegenlicht.
Bild 44: Steamed sunset on the rocks.
10.01.2019
Bild 45: Kurz bevor der Trubel losgeht.
Bild 46: Der rechte Heizer bei der morgendlichen Kontrolle (das ist jetzt nicht politisch gemeint, vielmehr hat jede Lokbesatzung zwei Heizer).
Bild 47: Der Wetterbericht sagte einen bewölkten Tag voraus. Ganz Unrecht hatte er nicht.
Bild 48: Dampfdrilling am Morgen.
Bild 49: Vaporisation und Erosion im Zusammenspiel.
Bild 50: Geschwungene Diagonalen.
Bild 51: Silhouette zur Mittagszeit.
Bild 52: Verandablick.
Bild 53: Fire & Ice (tatsächlich ist es Dampf und gefrorene Schweinejauche).
Bild 54: Fensterblick.
Bild 55: Sonnenuntergang am Bahnübergang.
Der Sandaoling-Aufenthalt war dermaßen ergiebig, dass es sogar noch einen zweiten Teil geben wird. Schaut also demnächst wieder hier vorbei, wenn ich euch mit der Vielzahl von Dampflokbildern in diesem Bericht nicht vergrätzt habe.
PS: Ich habe mal die Auflösung meiner Bilder erhöht. Statt 1024x683 Pixel sind es jetzt 1320x880 Pixel, das sollten die Bandbreiten im Digital-Entwicklungsland Deutschland mittlerweile trotz allem schaffen. Ihr könnt mir ja gerne mal Feedback geben.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2019:04:03:20:43:46.