Komme gerade zurück von meiner ersten Inspektionsfahrt des europäischen Abschnitts. So gut habe ich mich nicht mehr amüsiert seit der Wiederinbetriebnahme der Berliner Stadtbahn. Mal fuhren oder standen die Züge Puff er an Puffer, mal gab es große Lücken. Ein eher peinlicher Auftakt. Auch diesen Klassiker haben sie aufgeführt in Ataköy: "Alles aussteigen, dieser Zug endet hier." Nach kurzem Rumstehen der Passagiere und des Zuges am Bahnsteig dann: "Der Zug am Bahnsteig ist nun zum Einsteigen bereit." Und weiter ging's, mit vielen Kunstpausen.
Aber dafür, dass die Informationen vorab so spärlich waren, haben doch viele Leute gleich am ersten Tag die Züge genutzt. Ohne die heutigen Verzögerungen im Betriebsablauf dürfte eine Fahrt Sirkeci-Halkalı nicht länger als 35 Minuten dauern.
Als Fahrkarte braucht man wie für fast allen ÖPNV hier eine Istanbulkart. Anders als bei U-Bahn, Bus oder Fähre muss man bei Marmaray ab sofort auch nicht nur ein-, sondern auch auschecken, da der Tarif entfernungsabhängig ist. Also ohne Karte kommt man nicht aus der Absperrung heraus.
Abfahrten sollen planmäßig alle 15 Minuten auf der Gesamtstrecke und alle 8 Minuten zwischen Söğütlüçeşme und Zeytinburnu sein, also je eine Station hinter den bisherigen Endstationen. Erste Abfahrt morgens gegen 6 und letzte abends kurz nach 22 Uhr an den Endstationen.
In Halkalı gibt es jetzt einen Schalter mit Fernfahrkarten, Auskunft, Klo. Istanbulkart-Automat. Vieles, insbesondere die Abstellgleise und die Einfahrt der Fernverkehrszüge sind momentan noch komplett provisorisch. Eine Durchbindung der Züge aus Thrakien in die Innenstadt ist meinem Eindruck nach technisch noch nicht möglich.
In Küçükçekmece das größte Ärgernis. Es hieß der Bahnhof wird vom Ortsplatz weg Richtung Stadtautobahn verlegt, damit das Umsteigen zum Metrobus einfacher ist. Tatsächlich sind die beiden Stationen nun aus der Luft gesehen näher, aber da der einzige Zugang von der Hinterseite des Bahnhofs ist und man diese vom Ort aus nur durch die Unterführung des alten Bahnhofs erreicht, ist der Weg deutlich länger als zuvor. Unter 15-20 Minuten ist das kaum zu machen. Stattdessen geht jetzt eine Autobrücke quer über den ehemaligen Bahnhofsvorplatz, das ist wohl der wahre Grund der Verlegung.
Menekşe, den manche Zeitungen noch als aktiven Bahnhof zeigen, ist abgerissen, was schade ist, da er unmittelbar auf einen recht ruhigen Strand und einige bodenständige Tavernen hin hinausführt.
Dafür kann man in Florya etwas gediegener gegenüber vom Bahnhof mit Meerblick essen. Hier steht auch das ehemalige Sommerhaus von Mustafa Kemal, ein Museum im Bauhausstil. Leider ist der ebenfalls stilvolle ehemalige Bahnhof hier abgerissen und ersetzt worden durch einen der belanglosen Neubauten.
Bei Zeytinburnu fallen hingegen die ganzen unsäglichen Wohnhochhäuser in Meeresnähe auf, die hier in die Höhe geschossen sind in den letzten Jahren.
Aber endlich wieder die wichtigste Schienenverbindung dieser Stadt wieder in Betrieb, das ist schon eine gute Nachricht. Hoffentlich gibt es bald mehr Abfahrten.
Was ist Ihr Lieblingsduft?
"Der Geruch von Dampfschiffen und Eisenbahnen."
Aleko Konstantinov, Weltreisender, Schriftsteller, 1863-1897