<-- Teil 8
Hallo zusammen und willkommen zum achten Teil meiner Beitragsreihe. Im letzten Teil durchfuhren wir die Wüste Gobi und erreichten den Grenzbahnhof Zamyn-Üüd.
Der Grenzabschnitt ist durch Scheinwerfer ausgeleuchtet. Um 21 Uhr kommt unser Zug in Erlian zum Stillstand. Es bleibt ruhig im Wagen. Irgendwann teilt die Provodnitsa uns mit Händen und Füssen mit, dass wir aussteigen müssen. Dieser Aufforderung leisten wir Folge.
Auf dem Bahnsteig weisen uns Beamte den Weg in das Abfertigungsgebäude. Vor dem Eingang verteilt ein weiterer Beamter die chinesichen Einreisekarten. Etwa ein Drittel der Reisenden tragen ihr Gepäck mit, der Rest ist wie wir ohne Gepäck ausgestiegen. Es herrscht grosse Unklarheit, was richtig wäre. Wir stellen uns an und geben dann die Fingerabdrücke ab und werden fotografiert. Meine reiseunerfahrenen Mitstreiter sind verunsichert, ich selber kenne das Prozedere bereits von meinen Einreisen in die Staaten. Anschliessend gehen wir durch den Zoll. Danach müssen wir warten. Stundenlang warten.
Wir dürfen das Bahnhofsgebäude trotz der erfolgten Einreise nach China weder zur Strasse noch zum Bahnsteig hin verlassen. Ein Blick durch die verschlossene Tür zeigt, dass unser Zug weg war. Durch das einzige offene Fenster im Erdgeschoss verkauft ein Händler Bier an die wartenden Reisenden. In unserem "Käfig" gibt es eine nicht ausreichende Anzahl Sitzplätze, dafür Wasserspender und Toiletten. Die durch ein Piktogramm geworbene Bar hat schon längst geschlossen.
Nach rund drei Stunden Wartezeit kehrt der Zug aus der Umspurung zurück. Alle Wagen sind weiss, womit klar ist, dass kein chinesischer Speisewagen angehängt wurde. Gegen halb eins dürfen wir wieder in den Zug einsteigen. Wir kontrollieren gleich, ob irgendetwas fehlt. Noch längst nicht alle Reisenden sind zurück im Zug, da gehen schon Händler durch den Zug und verkaufen Bier, Softgetränke und Instantsuppen. Wir legen unsere ersten Yuan in Bier an, das haben wir uns nun verdient.
08. Juni 2018, Erlian, Kilometer 10063
Pünktlich um zwei Uhr rollt der Zug los und wir legen uns nach einem Toilettenbesuch schlafen. Sieben Stunden Aufenthalt hatten wir während diesem Grenzübertritt. Ehrlich: Wer nicht auf Teufel komm raus mit dem Zug fahren will, nimmt die geflügelte Konkurrenz mit 2h15 Flugzeit. Dennoch werde ich, wie ich mich kenne, eines Tages wieder in Erlian stehen und warten und mich erinnern...
Nach einer kurzen Nacht wache ich während dem Aufenthalt in Jining auf. Nach einem kurzen Blick nach draussen schliesse ich den Fensterrollo und schlafe nochmals ein. Kurz vor Datong erwachen wir. Auf dem Seitengang herrscht bereits wieder Leben, die niederländische Gruppe ist auch schon wach.
Kilometer 10531: Kein planmässiger Halt, aber wir kommen kurz zum stehen. Das Zuglaufschild auf den grünen Wagen bleibt leider unleserlich, da Handybild. Datong, 08.06.2018
Wagenstandanzeiger auf Chinesisch. Auf einen Blick ist für Jedermann alles klar. Derweil hat Zug K711 seit Qingdao schon zwanzig Stunden hinter sich, bis zu seinem Ziel Baotou ist er noch sechs Stunden unterwegs. Datong, 08.06.2018
Wir halten Ausschau nach der Grossen Mauer bei Badaling, aber Fehlanzeige. Wir stellen fest, dass wir über eine andere Strecke fahren und gar nicht in Badaling vorbei kommen. Durch eine sehenswerde Schlucht fahren wir talwärts in Richtung Peking.
Die internationalen Züge nehmen nicht mehr den Weg über Badaling und bekommen die Mauer nicht mehr zu sehen. Unterwegs auf der Fengsha-Bahn nach Peking, 08.06.2018
Die Fahrt scheint kein Ende mehr zu nehmen. Vielleicht sind wir auch zu ungeduldig, nach einer solch langen Reise endlich anzukommen. Der Ballungsraum Pekings kündigt sich zunächst unscheinbar an. Hier eine Autobahn, da eine Brücke einer Hochgeschwindigkeitsstrecke. Als wir Pekings Südbahnhof ohne Halt durchfahren, haben wir Gewissheit, bald anzukommen.
08. Juni 2018, Beijing an 14:35 Uhr, Kilometer 10890
Langsam fahren wir entlang eines Parks durch eine Linkskurve. Als wir über ein Gleisfeld schleichen und vorne eine Bahnhofshalle sehen haben wir Gewissheit: Wir sind da. Wir haben es vollbracht. Völlig unscheinbar rollen wir in Peking ein. Als wäre es das Normalste der Welt. Ich vergesse fast, die Ankunft fotografisch zu dokumentieren, daher muss ein Handybild reichen.
Wir sind da. Beijing Railway Station, 08.06.2018
Wir verabschieden uns von unserem weissen Zug, der unser Zuhause für eineinhalb Tage war und folgen den anderen Reisenden in die Unterführung, die zum Ausgang führte. Kulturschock: Fehlanzeige. Fast. Die McDonalds-Werbung müsste nicht das Erste sein, wenn man gerade in Peking angekommen ist.
Beijing Railway Station, 08.06.2018
Auf dem Bahnhofplatz angekommen suchen wir den Zugang zur U-Bahn. Wiederum wird das Gepäck durchleuchtet, bevor wir in die Tiefe dürfen. Einmal müssen wir Umsteigen, danach noch ein paar Stationen fahren. Nun bringen uns unsere Füsse in fünf Minuten zum Hotel, wo die Dusche auf uns wartet.
So lange träumte ich davon, ein Mal die Transsibirische Eisenbahn zu bereisen. Ein Mal auf dem Landweg nach Asien zu fahren. Ein Mal zuhause ein- und in Peking auszusteigen. Und jetzt bin ich hier. In der Hauptstadt Chinas.
Im nächsten Teil muss ich wieder in die Trickkiste greifen, um einen Bahnbezug herzustellen. Dieser wird wieder einmal OT-lastig.
Gruss Dani
Teil 10 -->
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:07:12:16:26:04.