Mit Volldampf durch China – Vier Wochen in den letzten Dampfparadiesen des Fernen Osten
Teil 19: Schwer bewaffnet in die östlichen Kohlereviere – Mit dem Schlachtermesser nach Diaobingshan
Zunächst einmal wünsche ich allen Lesern einen guten Start in das neue Jahr. Passend zu Jahreswechsel wechseln wir auch in dieser Berichtsreihe die Lokation. Vom Westen Chinas geht es weiter in den tiefen Osten, genauer gesagt nach Diaobingshan. Viel Spaß beim Lesen.
Auf der Reise durch die letzten Dampfparadiese Chinas geht es langsam aber sicher dem Ende zu. Vier von sechs Dampfparadiesen haben wir schon abgehakt, im
letzten Bericht hatten wir den Besuch der Industriebahn von Bayin mit ein paar herrlichen Fotomotiven abgeschlossen. Also nichts wie auf zum nächsten Dampfparadies. Viel Spaß beim Lesen!
19.11.2010
Nach den letzten Abendaufnahmen ging es mit dem Bus es über die Autobahn zurück nach Lanzhou. Dort stand das Abendessen in einem kleinen Restaurant an. Wir mussten lange auf das Essen warten, was in China sehr unüblich ist. Zudem war das Essen eher bescheiden, vielleicht hätte ich doch besser wie die Angelsachsen zum Mittagessen in Bayin bei McDonalds einkehren sollen.
Durch die Verzögerung beim Essen mussten wir uns dann zum Bahnhof sputen. Und wenn man schon zu spät ist, dann kommt meistens noch was Weiteres hinzu. Ausgerechnet an der Sicherheitskontrolle am Bahnhofseingang wurde ich dann auch noch herausgezogen und musste meine Fototasche durchsuchen lassen. Zwei Polizisten redeten auf Chinesisch wild auf mich ein. Ich war mir aber keinerlei Schuld bewusst. Einer der Polizisten zeigte mir schließlich auf dem Röntgenbild die Silhouette eines großen Schlachtermessers. Jetzt wurde mir alles klar, Ein Mitglied unserer Reisegruppe hatte ein solches Messer in Bayin gekauft und logischerweise im Gepäck. Der Sicherheitsbeamte hatte aber das Gepäckstück verwechselt. Sein Kollege hatte meinen Rucksack mittlerweile durchsucht und das Messer natürlich nicht gefunden, da es sich nie dort befand. Jetzt wollte man mich natürlich erst Recht nicht gehen lassen. Schließlich mischte sich unsere chinesische Reisebegleiterin ein. Ich zeigte ihr, dass der Umriss des Gepäckstücks auf der Röntgenaufnahme niemals zu meinem Rucksack passt, was die Polizisten schließlich nach ihrer Übersetzung auch einsahen. Das Messer war natürlich noch immer nicht gefunden, ich wollte unser Reisegruppenmitglied aber auch nicht verpetzen. Unsere Übersetzerin sagte dem Sicherheitsbeamten schließlich, dass wir unseren Zug verpassen würden, Langnasen sicherlich kein Massaker mit einem Messer im Zug anrichten würden und man bei den Langnasen doch einen guten Eindruck hinterlassen möchte. So ließ mich der Sicherheitsbeamte schließlich gehen.
Die ganze Hektik war aber umsonst, denn der Zug hatte sowieso Verspätung, was wir allerdings erst im Wartesaal erfuhren. So machten wir es uns auf den verschlissenen Ledersofas im 1.Klasse-Wartesaal bequem. Zum Glück konnte ich mich 2013 daran erinnern, als ich nach dem Besuch von Sandaoling einen halben Tag Aufenthalt in Lanzhou hatte (siehe
Bericht über die Rückfahrt von meinem Sandaoling-Besuch 2013). Anno 2013 war zur frühen Morgenstunde der Saal eigentlich abgeschlossen, das Reinigungspersonal hatte ihn aber aufgeschlossen. Ich schlich mich rein, das Reinigungspersonal interessierte sich nicht für mich und erst eine Bahnangestellte warf mich später laut fluchend aus dem Wartesaal.
Bild 1: Die CN Lounge (=Erste-Klasse-Wartesaal der chinesischen Staatsbahn) des Bahnhofs von Lanzhou.
Schließlich kam der Zug und wir bezogen unser Viererabteil. Nachtzugfahrten wurden für uns ja mittlerweile zur Gewohnheit und auch diese Fahrt verlief genauso wie die bisherigen. Der Biervorrat ging langsam zur Neige, die Schaffnerin fluchte, weil der Zug relativ viele Halte einlegte, sie vorher immer die Toiletten verschloss, wir aber aufgrund unseres Harndrangs die Toilette gezwungenermaßen mit unserem Dreikant wieder öffnen mussten. Das Klack-Klack der Schienenstöße, der Alkoholpegel und die kurvige Strecke wiegten uns dann in den Schlaf.
20.11.2010
Am nächsten Morgen rächte sich dann die Schaffnerin für unser ungebührliches Verhalten vom Vorabend. Mit aller Gewalt weckte sie uns frühmorgens um 6 Uhr, lange bevor wir den Bahnhof von Xian erreichen sollten. So zuckelte unser Zug durch die Gegend, bis wir schließlich in den Bahnhof von Xian einfuhren. Wie immer in Xian war am Bahnhof die Hölle los und der Bus, der uns vom Bahnhof zum Flughafen bringen sollte, parkte fast einen Kilometer entfernt. Mit dem gesamten Gepäck quälten wir uns in eisiger Kälte durch den Stau auf der mehrspurigen Straße entlang der Stadtmauer bis zum Bus.
Bild 2: Der Bahnhofsvorplatz von Xian. Das Bild entstand bei meiner 13.000km langen Zugreise von Pjöngjang nach Singapur im Jahr zuvor. Das Gedränge war aber durchaus vergleichbar.
Mit dem Bus ging es dann durch endlose Baustellen für Wohnhochhäuser in Richtung Flughafen. Dort gab es kurz Verwirrung um das richtige Terminal, aber schnell war das Gepäck aufgegeben und in einem kleinen Café gab es schließlich noch ein verspätetes Frühstück bzw. verfrühtes Mittagessen. Mit dem Bus ging es dann zum Rollfeld. Dort dann eine Überraschung. Die Maschine nach Shenyang war eine MD-90, so was sieht man im heutigen Luftverkehr ja auch nicht mehr allzu oft. Im Inneren war die Maschine erneuert, auch sonst verlief der Flug sehr angenehm.
Shenyang war 2010 meines Wissens nach neben Peking momentan der einzige Flughafen der Welt, in dem regelmäßig Maschinen der nordkoreanischen Staatsairline Air Koryo anzutreffen sind. Ich sah jedenfalls eine Air Koryo-Maschine, die sich aber nur schlecht fotografieren ließ.
Bild 3: Ein brauchbares Bild der Air Koryo-Maschine am Flughafen Shenyang gelang mir leider nicht, daher ebenfalls ein Bild aus dem Jahre 2009 vom Flughafen Peking.
Mit dem Bus ging es dann über eine hervorragend ausgebaute Autobahn Richtung Tiefa/Diaobingshan, dem vorletzten Ziel unserer Reise durch die letzten Dampfparadiese Chinas. Daher stelle ich euch zunächst einmal die Industriebahn von Tiefa/Diaobingshan vor.
Die Industriebahn von Diaobingshan/Tiefa
In der Provinz Liaoning im Nordosten Chinas gibt es sehr reiche Kohlevorkommen. In der Region um Tiefa/Diaobingshan wird die Kohle Untertage gefördert. Die einzelnen Minen liegen allerdings nicht an einer Staatsbahnlinie, die kurze Staatsbahnstichstrecke führt von Yinzhou nur bis nach Daqing. Um die einzelnen Kohleminen sowie weitere Industriebetriebe anzuschließen, wurde daher das Netz der Industriebahn von Tiefa/Diaobingshan gebaut.
Streckenbeschreibung
Zur besseren Übersicht wie immer zunächst eine Karte:
Bild 4: Die Staatsbahnstrecke von Yinzhou/Tieling endet in Daqing, dort befindet sich die Übergabestelle zwischen Kohlebahn und Staatsbahn, zudem hat die Kohlenbahn hier auch ihr Betriebswerk samt Werkstatt und Museum. Von Daqing verläuft eine zweigleisige Strecke zum Betriebsmittelpunkt in Diaobingshan. Kurz vor dem Bahnhof Diaobingshan zweigen Stichstrecken nach Daming und Wangqian bzw. Xiaonan ab, die Stichstrecken sind sowohl nach Diaobingshan wie auch nach Daqing angebunden. Richtung Daqing laufen eher die Kohlenzüge, Richtung Diaobingshan die Personenzüge. Von Diaobingshan läuft noch eine lange Stichstrecke bis nach Dongguantun. An allen Stichstrecken sind diverse Kohlenminen sowie weitere Industriebetriebe angebunden. Die Personenzüge beginnen und enden in Diaobingshan, sie verkehren auf allen vier Stichstrecken nach Daming, Daqing, Xiaonan/Wangqian und Dongguantun.
Betriebsmittelpunkt der Industriebahn von Tiefa ist Diaobingshan. Von hier aus führen vier Strecken in alle vier Himmelsrichtungen:
Die ca. 11km lange, zweigleisige Strecke von Diaobingshan nach Daqing bindet das Netz der Industriebahn an die Staatsbahn an. Kurz nach Diaobingshan folgt ein „Gleisviereck“, wo die Strecken nach Daming und Wangqian/Xiaonan abzweigen. In Daqing finden dann die Übergaben zur Staatsbahn statt, zudem befindet sich hier auch eine Werkstatt, in der neben den Dampfloks der Industriebahn auch Dampfloks anderer Privatbahnen gewartet und repariert werden, zudem gibt es ein kleines Museum samt Fahrzeugausstellung. Die Strecke führt durch eine ebene Landschaft und weist keinerlei Besonderheiten auf.
Die ca. 13,5km lange Strecke nach Daming zweigt kurz nach Diaobingshan am „Gleisviereck“ ab und führt in nördlicher Richtung zu den Kohleminen rund um Daming. Dabei wird ein Fluss gequert, weitere Besonderheiten gibt es nicht.
Die ca. 12,5km lange Strecke von Diaobingshan nach Wangqian/Xiaonan zweigt kurz nach Diaobingshan am „Gleisviereck“ ab und führt in südlicher Richtung bis nach Wangqian. Auf etwa halber Strecke wird die Kohlenmine von Xiaonan über ein Gleisdreieck angebunden. Auch diese Strecke führt durch ebene Landschaft und weist ebenfalls keinerlei Besonderheiten auf.
Die ca. 46km lange Strecke von Diaobingshan nach Dongguantun ist die längste Teilstrecke. Kurz nach dem Bahnhof von Diaobingshan wird die Wagenwerkstatt passiert und anschließend ein Hügelzug mittels eines Tunnels durchquert. Anschließend führt die Strecke einem (Stau)see entlang, bevor sie dann Richtung Norden abzweigt.
Im Folgenden ein paar Impressionen der einzelnen Strecken:
Diaobingshan – Daqing
Bild 5: SY 1771 zieht den mittäglichen Personenzug von Diaobingshan nach Daqing. Ganz im Hintergrund kann man noch die Signale am Gleisviereck erkennen, wo die Strecken nach Daming und Wangqian/Xiaonan abzweigen. Die Strecke ist durchgehend zweigleisig.
Diaobingshan – Daming
Bild 6: KD6 487 zieht den morgendlichen Personenzug von Daming zurück nach Diaobingshan. Im Hintergrund kann man die Kohlemine Sanjing (Mine Nr. 3) mit ihrer imposanten Abraumhalde erkennen.
Bild 7: Kurz danach überquert der Zug auf einer Brücke einen kleinen Fluss. Die Brücke ist das einzige nennenswerte Kunstbauwerk auf der Strecke.
Diaobingshan – Wangqian/Xiaonan
Bild 8: KD6 487 zieht einen Sonderzug aus dem Bahnhof von Daxing, im Hintergrund steht die Daxing-Mine.
Bild 9: SY 1771 fährt mit dem morgendlichen Personenzug aus Wangqian in den Haltepunkt Qiaonan ein.
Bild 10: Ein typisches Streckenbild. Die Strecke führt durch eine pottebene Landschaft, links und rechts der Gleise erstrecken sich Felder, Dörfer und Kohleminen.
Bild 11: Streckenbild von der Abzweigung nach Xiaonan. Links geht es nach Wangqian, rechts nach Diaobingshan und im Rücken des Fotografen liegen der Bahnhof und die Mine von Xiaonan.
Bild 12: KD6 487 zieht einen Sonderzug aus dem Bahnhof Xiaonan, im Hintergrund erkennt man die große Abraumhalde der Kohlenmine von Xiaonan.
Bild 13: KD6 487 auf freiem Feld zwischen Xiaonan und Qiaonan mit einem Sonderzug am Haken.
Diaobingshan – Dongguantun
Bild 14: Direkt hinter dem Bahnhof Diaobingshan überquert die Strecke einen Fluss auf einer pittoresken Steinbogenbrücke. Neben dem kurz danach folgenden Tunnel ist es das einzige bedeutende Kunstbauwerk auf der Strecke nach Dongguantun. Auf dem Bild zieht KD6 487 einen Güterzug über die Brücke.
Bild 15: Nach dem Tunnel passiert die Strecke einen Stausee. Auf dem Bild ist SY 1771 zieht gerade den morgendlichen Personenzug aus Dongguantun nach Diaobingshan und wird in Kürze in den Tunnel einfahren.
Bild 16: Im Gegensatz zu den anderen drei Strecken, die durch flaches Land (abgesehen von den imposanten Abraumhalden der Kohleminen) verlaufen, führt die Strecke von Diaobingshan nach Dongguantun stellenweise durch eine Hügellandschaft, die soeben vom morgendlichen Zug aus Dongguantun nach Diaobingshan mit SY 1771 an der Spitze passiert wird.
Bild 17: Direkt nach dem Bahnhof Faku verläuft die Strecke in einem Einschnitt, der von einer Straßenbrücke überspannt wird. KD6 487 zieht gerade einen Sonderzug unter der Brücke hindurch.
Bild 18: Das Bild ist nicht nur typisch für die Umgebung von Diaobingshan, sondern für die gesamte Provinz Liaoning im Nordosten Chinas. Meist flache Landschaft, Maisfelder und Dörfer mit kleinen, einstöckigen Häusern, auf deren Dächern gerade die Maisernte trocknet.
Betriebsführung (Stand 2010)
Infrastruktur und Betrieb liegen in den Händen der Industriebahn. Auf dem Netz wird sowohl Personen- wie auch Güterverkehr abgewickelt, zudem werden Charterfahrten mit Dampfloks angeboten (u.a. auch mit der museal erhaltenen KD6 487).
Mittelpunkt des Personenverkehrs ist Diaobingshan. Von hier aus verkehren die Personenzüge nach Daqing (fünf tägliche Zugpaare), Daming (vier tägliche Zugpaare), Wangqian (fünf tägliche Zugpaare) und Dongguantun (drei tägliche Zugpaare). Anbei der Fahrplan aus dem Jahre 2010:
| 06:40 | 09:52 | 14:39 | 18:20 | Diaobingshan | 06:32 | 08:34 | 13:44 | 18:03 | |
| 06:50 | 10:02 | 14:49 | 18:30 | Sanjiazi | 06:20 | 08:23 | 13:33 | 17:34 | |
| 07:14 | 10:15 | 15:03 | 18:44 | Xiaonming | 06:07 | 08:10 | 13:19 | 17:20 | |
| 07:31 | 10:31 | 15:20 | 19:01 | Sanjing | 05:51 | 07:54 | 13:02 | 17:04 | |
| 07:37 | 10:37 | 15:25 | 19:06 | Daming | 05:47 | 07:50 | 12:58 | 17:00 | |
| | | | |
| | | | | |
05:12 | 06:28 | 09:40 | 14:51 | 18:32 | Diaobingshan | 07:08 | 08:45 | 13:56 | 18:14 | 20:25 |
| 06:38 | 09:50 | 15:01 | 18:42 | Sanjiazi | 06:49 | 08:34 | 13:44 | 17:36 | |
| 07:04 | 09:55 | 15:07 | 18:47 | Dalong | 06:43 | 08:28 | 13:39 | 17:30 | |
| 07:11 | 10:01 | 15:13 | 18:53 | Gushanzi | 06:36 | 08:21 | 13:33 | 17:23 | |
| 07:16 | 10:05 | 15:17 | 18:57 | Qiaonan | 06:32 | 08:17 | 13:29 | 17:19 | |
| 07:24 | | 15:25 | 19:05 | Xiaonan | | | 13:14 | 17:04 | |
05:44 | 07:52 | 10:21 | 15:53 | 19:33 | Wangqian | 06:16 | 08:02 | 12:54 | 16:44 | 19:53 |
| | | | |
| | | | | |
07:16 | 09:14 | 14:26 | 17:31 | 18:43 | Diaobingshan | 06:21 | 09:31 | 13:32 | 17:22 | 19:06 |
07:26 | 09:24 | 14:36 | 17:41 | 18:53 | Sanjiazi | 06:11 | 09:19 | 13:20 | 17:10 | 18:55 |
07:32 | 09:29 | 14:41 | 17:55 | 19:01 | Huirang | 06:05 | 09:13 | 13:14 | 17:04 | 18:50 |
07:39 | 09:36 | 14:48 | 18:02 | 19:08 | Xiaoqing | 05:57 | 09:05 | 13:06 | 16:56 | 18:43 |
07:44 | 09:40 | 14:52 | 18:06 | 19:15 | Daqing | 05:54 | 09:02 | 13:03 | 16:53 | 18:40 |
| | | | |
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| | 06:40 | 14:06 | 21:20 | Diaobingshan | 02:18 | 10:03 | 17:56 | | |
| | 07:18 | 14:41 | 21:52 | Faku | 01:45 | 09:23 | 17:15 | | |
| | 07:53 | 15:13 | 22:21 | Xiaokang | 01:15 | 08:50 | 16:38 | | |
| | 08:19 | 15:36 | 22:37 | Dongguantun | 01:00 | 08:29 | 16:17 | | |
Von integriertem Taktverkehr ist man also weit entfernt, die Züge dienen aber auch hauptsächlich dazu, die Arbeiter zu den einzelnen Kohleminen zu bringen. Auffällig ist auch, dass die Züge aufgrund von teilweise sehr langen Aufenthaltszeiten an den Bahnhöfen für die gleiche Strecke teilweise sehr unterschiedliche Fahrtzeiten haben (der schnellste Zug von Diaobingshan nach Wangqian benötigt 32 Minuten, der langsamste Zug benötigt 52 Minuten, bei einem Abstecher nach Xiaonan sogar 90 Minuten). Damit ist die Reisegeschwindigkeit teilweise sehr bescheiden, z.B. 14 km/h für die Fahrt von Diaobingshan nach Wangqian.
Die Bespannung der Personenzüge ist gemischt, teilweise werden die Züge von Dampfloks gezogen, teilweise auch von Dieselloks.
Bild 19: Am Bahnhof von Diaobingshan stehen die nachmittäglichen Züge nach Daqing, Daming und Wangqian/Xiaonan. Der Personenzug nach Daqing wird mit Dampf bespannt, die beiden anderen mit Diesel. Ganz rechts steht noch ein Dampfkran, mit dem die Dampfloks bekohlt werden.
Der Güterverkehr beschränkt sich hauptsächlich auf den Abtransport der Kohle von den Untertageminen, sowie die Versorgung der Minen mit Grubenholz u.Ä.. Zudem werden auch einzelne Industriebetriebe entlang der Schienen versorgt. Güterzüge werden fast ausschließlich mit Dieselloks bespannt.
Bild 20: DF4 7772 fährt mit einem Kohlenzug in den Bahnhof Faku ein.
Rollendes Material
Im November 2010 trafen wir die folgenden Dampfloks im aktiven Betrieb an:
Nr. | Anmerkung |
SY1770 | in Betrieb (drittletzte gebaute SY-Lok) |
SY1771 | in Betrieb (vorletzte gebaute SY-Lok) |
KD6 487 | in Betrieb (Charterfahrt) |
Bild 21: Eine Auflistung der in Diaobingshan vorhandenen Lokomotiven. Neben den von uns gesehenen Loks SY 1770 und SY 1771 war wohl auch noch SY 1767 im Einsatz. Alle anderen SY-Loks stehen nicht betriebsfähig in einer großen Halle. Für Sonderfahrten hält man die beiden Museumloks KD6 487 und YJ 269 betriebsbereit.
Der Großteil des Verkehrs wird mittlerweile mit Dieselloks abgewickelt. Dazu kommen (leicht abgewandelte) Exemplare der Standardbaureihen der chinesischen Staatsbahn zum Einsatz.
Bild 22: Neben der in Bild 20 bereits gezeigten Baureihe DF4B hat die Bahn auch eine Lok der Baureihe DF5B (auf diesem Bild DF5B 0059) im Einsatz.
Bild 23: Im Depot in Daqing standen auch einige diesel-hydraulische Loks der Baureihe DFH3 in teilweise bemitleidenswertem Zustand herum. Einst zogen diese Loks bei der Staatsbahn die Expresszüge im Nordosten Chinas. Was mit diesen Loks geschehen sollte, konnten wir leider nicht ergründen. Aufarbeitung für die Verwendung vor Personenzügen? Wohl eher nicht. Verschrottung? Wohl eher, denn mit ihren über 30 Jahren im harten Planeinsatz eignen sie sich wohl kaum zur Ablösung der gerade mal gut zehn Jahre alten Dampfloks.
Im Personenverkehr kommen meist ausrangierte Personenwaggons der Staatsbahn zum Einsatz. Für die Charterzüge hat man auch ältere Waggons aufgearbeitet, über die Art der Aufarbeitung kann man allerdings streiten:
Bild 24: Im Inneren eines alten Personenzugwagens, der für Sonderzüge bereitgehalten wird.
Im Güterverkehr kommen dagegen hauptsächlich offene Güterwaggons der Staatsbahn für den Kohlentransport zum Einsatz.
Mittlerweile ist Dampf in Diaobingshan auch schon längst Geschichte. Kurz nach unserem Besuch wurden die Personenzüge zusammengestrichen und der Dampfverkehr beschränkte sich auf die Zustellung von Güterwaggons zu einem Industriebetrieb, da das dortige Lichtraumprofil des Anschlussgleises für Dieselloks wohl zu klein war. Das hat sich mittlerweile aber auch erledigt, zumindest einmal im Jahr zum winterlichen Dampffest werden Charterzüge mit Dampfbespannung noch angeboten (zuletzt wohl Anfang Januar 2017). Personenzüge gibt es inzwischen wohl gar nicht mehr (nicht einmal mit Diesel), der Individualverkehr hat mittlerweile auch hier die Oberhand gewonnen. Bei den Fahrplänen und Fahrtzeiten ist das aber auch kein Wunder.
Es verbleiben in Diaobingshan in Sachen Dampf die Museumsaktivitäten. Seit vielen Jahren wurden in den Werkstätten in Daqing nicht nur die eigenen Loks, sondern auch Dampfloks anderer Minenbahnen im Nordosten Chinas repariert. Daraus entstand eine Gruppe, die sich die Erhaltung von Dampfloks und einigen historischen Wagen auf die Fahnen geschrieben hat. Mit KD6 487 und YJ 269 ist das ganz gut gelungen. Man hatte wohl große Pläne, um während der Olympischen Sommerspiele in Peking 2008 Touristenströme nach Diaobingshan zu locken, neben den Museumszügen hat man hektisch auch eine Fahrzeugsammlung und ein Museum eingerichtet. Die Erwartungen wurden wohl nicht erfüllt, das Museum war bei unserem Besuch 2010 zwecks Umbauarbeiten schon wieder geschlossen. Das jährliche Dampffestival im Winter hat sich inzwischen wohl etabliert, es bleibt zu hoffen, dass das in China noch einzigartige Konzept einer Museumsbahn Bestand hat.
Ich hoffe, dass diese kleine Einführung wieder euren Appetit geweckt hat. In den nächsten Berichten gibt es dann weitere Impressionen von zwei Tagen in Diaobingshan. Das Wetter spielte leider nicht immer mit, aber das eine oder andere Fotomotiv ergab sich dennoch. Ich gehe also davon aus, dass Ihr beim nächsten Bericht alle wieder dabei seid.
| Rätsel: Was gehört hier zusammen? Und wo? Und überhaupt… | |
| Teil 1: „Das ist normal in China“ - Ein Abstecher in die Touristenhölle der chinesischen Alpen | |
| Teil 2: Von der Hochzeit zur Schmalspurbahn – Die Schmalspurbahn von Shibanxi stellt sich vor | |
| Teil 3a: Eine Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert – Minenbetrieb wie vor 200 Jahren | |
| Teil 3b: Eine Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert – Schnapsproduktion wie vor 200 Jahren | |
| Teil 4a: Motorrad vs. Dampflok – Auf eine Kollision im Tunnel folgt Sonnenschein | |
| Teil 4b: Dampfzüge bis der Arzt kommt – Nachtwanderung entlang der Schienen zum Onkel Doc | |
| Teil 5a: Verpasste Chancen gefolgt von einer Schlammschlacht - Ein ganzer Morgen voll Pleiten, Pech und Pannen | |
| Teil 5b: Vom Fotomotiv zum Biergarten und zurück – Eine ethanol-getriebene Wanderung entlang der Schienen | |
| Teil 6: Total vernebelt, und das ohne Droge (Dampf) – Ob die Reise trotzdem (weiter)geht? | |
| Teil 7: Es gibt (ausgerechnet am 11.11.) kein Bier mehr in Xinjiang – dafür aber jede Menge Dampf | |
| Teil 8: Tief im Westen, wo die Sonne mit Dampf untergeht – Ein Tag im Kohletagebau von Sandaoling | |
| Teil 9a: Von oben nach unten und zurück – Ein Morgen zwischen Abraum- und Kohlehalden | |
| Teil 9b: Werkstatt statt Essen – Mit leerem Magen durch die Lokwerkstatt | |
| Teil 9c: Blitz mit Dampf aber ohne Donner – Ein sehr langer Abend im Tagebau | |
| Teil 10a: Zum Abschluss drehen wir uns im Kreis – Morgenstund hat Gold und Dampf im Mund | |
| Teil 10b: Gegen Ende drehen wir uns im Kreis – Kunterbuntes rund um den Tagebau | |
| Einschub 1: Nachwuchsgewinnung für DSO – Familien-Trainspotting in Thailand und Taiwan | |
| Einschub 2a: Willkommen im Jahr des Brathähnchens – Gedämpfte Züge zwischen Feuer-Affe und Feuer-Hahn | |
| Einschub 2b: Willkommen im Jahr des Brathähnchens – Gedämpfte Züge zwischen Feuer-Affe und Feuer-Hahn | |
| Teil 10c: Der Kreis schließt sich – Dampfgesättigter Sundowner an den Abraumhalden von Xibolizhan | |
| Teil 11: Yamansu, was bist du? - Steinreiche Wüste, aber mit oder ohne Dampf? | |
| Teil 12: Wie eine Fata Morgana, so nah und doch so fern – Vom ersten Versuch, einen Dampfzug in der Wüste zu fotografieren | |
| Teil 13a: Strafe in der Nacht, Belohnung am Morgen – Vom zweiten Versuch, einen Dampfzug in der Wüste zu fotografieren | |
| Teil 13b: Lüsterne Spannerfotos und ein Date in der Wüste – Vom dritten (und letzten) Versuch, einen Dampfzug in der Wüste zu fotografieren | |
| Teil 14: Ärger mit der Schaffnerin und der Minenverwaltung - Kampf und Dampf(?) an allen Fronten | |
| Teil 15: Dampf am frühen Abend, erquickend und labend – Ein Spätnachmittag in den Lößbergen | |
| Teil 16a: Dampfschlachtgetümmel mit Höhen und Tiefen – Ein Morgen eingekeilt zwischen Bergen und der Volksarmee | |
| Teil 16b: Leere Werkstatt, volle Gleise – Buntes Treiben rund um den Rangierbahnhof | |
| Teil 16c: Summ, summ, summ Triebwagen summ herum – Ein Nachmittag in Bayin Gongsi | |
| Teil 16d: Absturz in den Bergen bei Bayin – und das alles nur wegen einer Diesellok | |
| Teil 17a: Leise rieselt der Schnee, langsam rangiert die Lokomotivee – Morgendliches Schnee- und Dampfgestöber in und um Bayin | |
| Teil 17b: Sonne statt Schneesturm – Ein sonniger Nachmittag zwischen Berggipfeln und Schulkindern | |
| Teil 18: Höhepunkte ohne Ende – Zum letzten Mal im Leben Dampf in Bayin | |
| Teil 19: Schwer bewaffnet in die östlichen Kohlereviere – Mit dem Schlachtermesser nach Diaobingshan | |
Zugliste
Datum | Zugnummer | Von | Nach | km | Traktion | Spurweite |
07.11. | Zug 2 | Shixi | Huangcunjing | 18 | Dampf | 762mm |
07.11. | Zug 4 | Jioba | Yuejin | 10,3 | Dampf | 762mm |
08.11. | Zug 1 | Yuejin | Bagou | 12,1 | Dampf | 762mm |
08.11. | Zug 4 | Caiziba | Mifengyan | 1,9 | Dampf | 762mm |
10./11.11. | K9782 | Ürümqi | Hami | 556 | Diesel | 1.435mm |
15./16.11. | T296 | Hami | Lanzhou | 1.136 | Diesel | 1.435mm |
19./20.11. | ??? | Lanzhou | Xian | 676 | Elektrisch | 1.435mm |
6-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:01:12:12:25:12.