Liebe Freunde des Auslandsforums,
heute gibt es von meiner Seite ausnahmsweise keinen Bericht über Südeuropa. Vor genau zehn Jahren besuchte ich das erste Mal die Insel Man in der Irischen See, nun war es für einige Tage wieder so weit. Die Hinreise von Berlin erfolgte mit dem Flieger nach Manchester, von dort mit einer dieselden Postkutsche nach Liverpool und weiter mit der Fähre nach Douglas. Den Rückweg habe ich komplett mit dem Flugzeug geplant, mit Zwischenlandung in Gatwick und einigen Stunden Aufenthalt in London. Begleitet wurde ich von zwei Freunden aus München und meinem Fahrdienstschweinchen Porky, das mich ansonsten nur treu bei meiner Arbeit im Führerraum begleitet.
Teil 1 – Von Manchester zur Isle of Man
Der erste Tag ging schon gut los. Fast wäre die Maschine ohne uns gestartet, da es die Verantwortlichen des Flughafens Schönefeld offenbar für eine unheimlich gute Idee halten, von vier verfügbaren Sicherheitsschleusen nur zwei zu öffnen. Nach endlosen 30 Minuten hatten wir die Sicherheitsbespaßung endlich passiert und mahnend erklang der letzte Aufruf aller fehlenden Passagiere nach Manchester. Die nächste Eskalationsstufe wäre nur noch das unehrwürdige Ausrufen unserer Namen gewesen. Wie ich diesen Sch…flughafen hasse!
Über den Wolken hatten wir uns soweit wieder beruhigt, überpünktlich landete die Maschine auf englischem Boden. Wieder war Schlange stehen angesagt, denn auch die britische Grenzpolizei hielt es nicht für besonders notwendig, möglichst viel Personal für die Einreisekontrolle einzusetzen. Wir malten uns in unseren düstersten Phantasien aus, wie die Einreise – nach dem Brexit – in einigen Jahren aussehen werden mag. Reisepass für Großbritannien, Visumspflicht?
Die Koffer kreisten nach dem Passieren der
UK Border Agency bereits fröhlich ihre Runden auf dem Ausgabeband. Nichts wie raus zum Flughafenbahnhof, an dem ich an einen Fahrkartenautomaten von
TransPennine Express erst einmal die vorab gekauften Bahnfahrkarten befreien musste. Onlinetickets, wie sie in Deutschland erhältlich sind, werden in anderen Ländern völlig überbewertet.
Der Kopfbahnhof Manchester Airport ist Endpunkt zahlreicher nationaler Eisenbahnverbindungen, teilweise existieren auch Verbindungen nach Schottland. Außerdem endet hier auch eine Linie des
Metrolinks, der Stadtbahn Manchesters.
Ein Dieseltriebzug der Klasse (Baureihe) 185 von „TransPennine Express“ steht am rechten Gleis bereit und wird in Kürze nach Liverpool zurückkehren. Links ein Zug des Metrolinks.
Kölnern wird diese Karre bekannt vorkommen. Im Gegensatz zur KVB-Baureihe K5000 verfügen die M5000-Fahrzeuge in Manchester jedoch über keine Trittstufen, da alle Haltestellen mit Hochbahnsteigen ausgestattet sind.
Wagen 3063 auf dem Rückweg nach Deansgate-Castlefield
Am Nachbarbahnsteig dieselt eine Klasse 175 der „Arriva Trains Wales“ in den Bahnhof.
Die Deutsche Bahn auf Walisisch.
Endlich trifft der nächste Zug nach Manchester Piccadilly ein, den wir dann auch zeitnah besteigen. Betreiber dieser Möhre aus den 1980-er Jahren ist „Northern“.
Die 80er-Jahre leben, auch im Fahrgastraum, obwohl der Zug bereits modernisiert wurde.
Fahrdienstschweinchen Porky erkundet während der Fahrt in die Innenstadt von Manchester die Landschaft.
Ankunft in Manchester Piccadilly. In der repäsentativen Bahnhofshalle stehen zwei Züge von Northern bereit.
Pendolini von „Virgin Trains“ auf dem Weg nach London-Euston.
Mehrere kräftige Schauer ergießen sich über die Stadt. Na toll. Es erfolgte der spontane Beschluss für den Kauf von drei Tageskarten für die Stadtbahn. Zunächst ging es nach Castlefield am westlichen Rand der Innenstadt. Seit den 1980er-Jahren wird das ehemalige Industrie- und Hafengelände zu einem neuen Stadtquartier ausgebaut. Viele ehemalige Speicher beherbergen nun Wohnräume, außerdem entstanden viele neue Wohnblocks. In Deutschland ansatzweise vergleichbar mit der Hamburger Hafencity.
Ankunft in Castlefield. Imposante Eisenbahnbrücken überspannen die Straßen und den Rochdalekanal am Deansgate.
Teleaufnahme auf die bekannten englischen Narrowboats und eine Stadtbahn im Hintergrund.
Straßenszene in der Liverpool Road.
Ganz in der Nähe befindet sich das Wissenschafts- und Industriemuseum.
Das Areal erstreckt sich über mehrere Häuserblöcke.
Der Spaziergang durch Castefield wurde durch einen erneuten Regenschauer unterbrochen. Und da sich gerade auf der anderen Straßenseite ein Pub befand fiel der Entschluss nicht schwer dort über die erste Portion Fish and Chips im Urlaub herzufallen. Nach dem ersten Kneipenaufenthalt entschlossen wir uns, in die Innenstadt zurückzukehren. Da das Wetter ein wenig besser wurde, hatten wir die Hoffnung, dass wir noch einige Fotos von der Stadtbahn knipsen konnten.
Zurück an der Haltestelle Deansgate-Castlefield. Die Stadtbahn benutzt mehrere alte Bahntrassen und fährt in einem sehr dichten Zugabstand. Interessanterweise wird hier nicht signalisiert, sondern auf Sicht gefahren.
Blick in die Gegenrichtung. Rechts ist die alte Bahnhofshalle des 1969 geschlossenen Bahnhofs Manchester Central zu erkennen. Auf dem Gelände befindet sich nun das Kongresszentrum.
Am St Peter's Square, eine Haltestelle weiter, beginnt die Altstadt Manchesters. Eine Doppeltraktion passiert die Zentralbibliothek.
Die viergleisige Umstiegshaltestelle St Peter's Square wurde, nach Komplettumbau, 2016 wiedereröffnet.
Ein weiterer Zugverband hat den Bahnsteig erreicht und wird in Kürze seine Fahrt nach Bury fortsetzen. Obwohl es Liniennummern beim Metrolink gibt, werden diese auf den Zugzielanzeigen nicht dargestellt.
Fasadengestaltung ist ja immer eine Geschmackssache. Soll wohl überdimensionale Kirchenfenster darstellen – oder zu groß geratene Horten-Kacheln...
Am Rathaus vorbei quietscht und pfeift ein Doppeltriebwagen auf den St Peter's Square zu. Neben den fehlenden Liniennummern gibt es eine zweite Kuriosität bei den Stadtbahnen: statt einer Warnglocke benutzen die Züge eine Eisenbahnpfeife.
Wir nehmen Abschied von der Bim an der Haltestelle Piccadilly Gardens. Beim Betrachten des Hotelhochhauses muss ich voller Unbehagen an die Bauten untergegangenen Ostblockstaaten denken.
Da am heutigen Tag die Beschäftigen von
northern und
East Midlands zum Arbeitskampf aufgerufen wurden, entschieden wir uns für eine frühere Verbindung nach Liverpool. Bei mir ergaben sich einige Aha-Erlebnisse über alle Vorzüge eines völlig liberalisierten Eisenbahnsystems (wie es sich bei DSO ja auch so einige in Deutschland wünschen): Das Reisezentrum in Manchester-Picadilly wird von Virgin Trains betrieben. So fragen wir die Mitarbeiterin, ob sie uns denn auf den 16:07-Uhr-Zug von TransPennine drei Sitzplätze in der ersten Klasse reservieren könnte. Sie schaute sich lediglich unsere Fahrkarten an (ohne Zug- und Betreiberbindung) und eröffnete uns feierlich, dass dies ihr nicht möglich sei. Wir fassen zusammen: In der Relation Manchester–Liverpool fahren drei EVUs, bei zwei EVUs finden am Reisetag Aufrufe zum Streik statt und ein viertes EVU, das auf dieser Strecke überhaupt nicht fährt, jedoch das Reisezentrum betreibt ist nicht in der Lage, eine Platzreservierung vorzunehmen. Ganz ehrlich: Dann doch lieber ein Monopol durch DB Fernverkehr und DB Vertrieb in unserem Land!
Ohne Platzreservierung ergatterten wir in der 1. Klasse noch die letzten Sitzplätze, die Besetzung im Rest des Zuges erinnerte eher an die Londoner Tube während des Berufsverkehrs. Eine Doppeltraktion der Klasse 185 beförderte uns in einer guten Stunde an den Mersey.
Ankunft in Liverpool Lime Street.
Nach wie vor faszinierend ist das völlig antike Postkutschenlichtraumprofil der englischen Eisenbahn.
Die Klasse 185 wurde in Krefeld gebaut und 2006 in Dienst gestellt. Warum nun auf der vollständig elektrifizierten Strecke Manchester Flughafen–Liverpool ein Dieseltriebzug zum Einsatz kommt, wird Betriebsgeheimnis der TransPennine Express bleiben.
Neben den erwähnten Bahngesellschaften waren auch bei
Merseyrail Streiks angekündigt. Statt mit dem Zug zum Bahnhof James Street am Fährhafen bestiegen wir am Bahnhof Lime Street ein
Hackney carriage, eins der markanten englischen Taxen. Da wir sehr zeitig am Fährterminal waren blieb genügend Zeit, das Hafenareal
Pier Head zu erkunden.
Drei stolze Gebäude bilden die Sykline von Pier Head am Ufer des Merseys. Das Bekannteste ist der Verwaltungsitz einer Versicherung, das „Royal Liver Building“.
Vor dem „Cunard“- und dem „Port-of-Liverpool Building“ blickt mit staatsmännischem und grimmigem Blick König Edwards VII in sein Reich. Mit der berühmten britischen Gelassenheit ignoriert er die Möve, die ihm auf den Helm kackt.
„Three Graces“ – die drei Grazien – werden die Gebäude genannt. Weiter Unten gibt es noch ein schönes Bild vom Gesamtensemble von der Wasserseite aus.
An der Uferpromenade des Pier Heads mit dem neuerbauten „Museum of Liverpool“.
Spielereien mit Spiegelungen und gummibereiften Verkehrsmitteln.
Blick in das Canning Dock.
Jetzt geht's los. Die Isle-of-Man-Fähre „Mannanan“ ist soeben eingetroffen und Porky freut sich säuisch an Bord gehen zu dürfen.
Fast drei Stunden benötigt der Katamaran bis zu seinem Zielhafen Douglas. Die in Australien gebaute Schiff war vor seinem Einsatz in der Irischen See Kriegsschiff bei der US Navy (Wikipedia-Artikel auf Englisch).
Nicht nur bei Eisenbahnfreunden ist die Isle of Man ein Begriff. Unter Bikern gilt die Insel als Motorradmekka, da hier jährlich das weltbekannte
Tourist Trophy stattfindet.
Die letzte TT fand in diesem Jahr bereits statt. Trotzdem waren unglaublich viele Motorradfahrer unterwegs auf die Isle of Man. Des Rätsels Lösung ergab sich später auf der Insel...
Die Mannanan hat abgelegt. Noch einmal ein Rückblick auf Liverpool.
Auch wenn es sich nicht vergleichen lässt, trotzdem erinnert mich die Hafenausfahrt ein wenig an Hamburg bei einer Fahrt elbabwärts.
Auf offener See gibt der Katamaran richtig Gas.
Zwei Stunden später ist Land in Sicht. Noch wird es eine knappe Stunde dauern, dass wir Douglas erreicht haben werden. Bei meiner ersten Reise kam ich mit einer kleinen Propellermaschine von Manchester auf die Insel.
Ankunft am Sea-Terminal in Douglas. Beim abendlichen Anblick der Uferpromenade von Douglas freue ich mich auf die nächsten Tage vor Ort.
Mit dem Taxi geht es zum Hotel, in dem wir von unserem englischen Kumpel – und inzwischen pensionierten Berlin-/Londoner U-Bahn-/Tubefahrer – herzlich begrüßt werden. Im Hotelpub gönnen wir uns noch einen Feierabendpint, danach geht es – nach 17 Stunden (inkl. Zeitumstellung) – nur noch ab ins Bett.
Fahrkartenkontrolle
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3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:07:24:01:20:58.