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Mit Volldampf durch China – Vier Wochen in den letzten Dampfparadiesen des Fernen Osten

Teil 12: Wie eine Fata Morgana, so nah und doch so fern – Vom ersten Versuch, einen Dampfzug in der Wüste zu fotografieren



Wir sind noch immer in der Wüste im tiefen Nordwesten Chinas auf dem Streifzug durch die letzten Dampfparadiese. Im letzten Bericht hatte ich die Frage gestellt „Yamansu, was bist du?“. Dass es sich um eine dampfbetriebene Anschlussbahn an eine Erzgrube in der Wüste Xinjiangs handelt, hatten wir dann ja im letzten Bericht geklärt. Die Frage war jetzt nur noch, ob wir den Dampfbetrieb dort ablichten können. Der von der EAV entliehene Titel und die Betonung auf erster Versuch, einen Dampfzug in der Wüste abzulichten, impliziert ja bereits, dass die Frage an diesem Tag wahrscheinlich eher negativ zu beantworten war. Aber lest am besten selbst.

Zur besseren Übersicht wie immer zunächst Karten:

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Bild 1: Die Minenbahn von Yamansu zweigt am Bahnhof Shankou von der Staatsbahnlinie Ürümqi – Hami – Lanzhou ab. Der Bahnhof Shankou ist lediglich ein kleiner Betriebsbahnhof inmitten der Wüste ohne jegliches, weiteres Anzeichen von Zivilisation. Die Strecke führt in südwestlicher Richtung durch hügeliges Gelände. Nach ca. 9km Streckenlänge muss ein Tal durchquert werden. Die Strecke fällt in das Tal hinab, überquert es auf einer Brücke und führt anschließend in stetiger Steigung wieder aus dem Tal heraus direkt in südwestlicher Richtung auf Yamansu zu. Kurz vor Yamansu wird der Scheitelpunkt erreicht, die Strecke macht einen Schwenk nach Westen und führt hinab nach Yamansu. Dort befinden sich neben der Erzgrube auch eine kleine Bergarbeitersiedlung, ein kleines BW samt angeschlossener Werkstatt und ein Gleisdreieck.
Die Loks der Minenbahn holen die leeren Waggons in Shankou ab und ziehen sie Schornstein voraus nach Yamansu. Die beladenen Waggons werden dagegen Tender voraus nach Shankou gezogen.


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Bild 1b: Karte des Bahnhofs von Yamansu.



14.11.2010
Noch bei der Fahrt aus Hami heraus hatten sich ja unsere beiden Kleinbusse trotz des praktisch nicht vorhandenen Verkehrs aus den Augen verloren. So verstrich wertvolle Zeit, gleichzeitig erreichte uns per Telefon die Nachricht, dass eine Dampflok mit einem Leerwagenzug den Bahnhof von Shankou bereits in Richtung Yamansu verlassen habe. Da oft nur einmal in der Woche ein Zug verkehrt, stellten wir uns die Frage, ob es überhaupt noch Sinn machen würde nach Yamansu zu fahren. Wir beschlossen weiterzufahren, verließen irgendwann die gut ausgebaute Straße und erreichten nach gut 30km Fahrt über eine stellenweise grob geteerte Staubpiste am frühen Vormittag Yamansu. Im Depot erblickten wir Lok JS 8152, die heute Morgen die leeren Waggons aus Shankou nach Yamansu gebracht hatte.

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Bild 2: Das wäre unser Objekt der Begierde am heutigen Morgen gewesen: JS 8152. Als wir sie hier am kleinen BW von Yamansu entdeckten, hatte sie leider schon den Zug mit leeren Waggons aus Shankou nach Yamansu gebracht.


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Bild 3: Nach getaner Arbeit sonnt sich JS 8152 an der Bekohlungsanlage. Hinter ihr steht kalt abgestellt JS 6495.


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Bild 4: Der Tender ist schon wieder bestens gefüllt. Ob die Dame heute noch was vor hat? Eigentlich hatte sie heute ja schon genug gearbeitet und normalerweise fährt in Yamansu oft erst Tage später der nächste Zug. Aber man soll die Hoffnung ja nicht aufgeben.



Solange unsere chinesische Reisebegleitung in Erfahrung brachte, ob die Lok vielleicht heute nochmals zum Einsatz kommen würde, schaute ich mich im BW-Gelände und der angeschlossenen Werkstatt um.

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Bild 5: Auf dem Weg zur Werkstatt passieren wir die kalt abgestellte JS 6495. Sie ist die älteste in Yamansu gesichtete Lok, schließlich ist sie das einzige Exemplar, das in der zweiten Bauserie bis 1986 entstand. Ihre Kolleginnen stammen alle aus der 8000er-Serie, die zwischen 1986 und 1988 gebaut wurde.

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Bild 6: Vor der Werkstatt standen sich alte Radsätze die Füße platt. Im Hintergrund die Bekohlungsanlage, an der noch immer JS 8152 steht.


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Bild 7: Blick in die Werkstatthalle, wo noch die beiden Loks JS 8023 und JS 8423 standen.


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Bild 8: JS 8423 war am Ende der Halle aufgebockt und teilweise ihrer Radsätze beraubt. Dennoch habe ich abgedrückt, ist JS 8423 doch ein ganz besonderes Exemplar. Es ist die JS mit der höchsten Nummer (Baujahr 1987).


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Bild 9: Der Blick vom Ende der Halle Richtung JS 8023. Verschiedenste Radsätze sind in der Werkstatthalle verteilt.


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Bild 10: Der Treibradsatz einer JS glänzt im Sonnenlicht. Ob er jemals nochmal eingebaut wird?



Zwischenzeitlich bekamen wir die Info, dass die draußen stehende Lok gleich nochmals losfahren würde, um einen voll beladenen Erzzug nach Shankou zu überführen und im Anschluss wieder Leerwaggons nach Yamansu zu bringen. Dass einmal am Tag ein Zug in Yamansu fährt, kommt nicht allzu oft vor. Dass aber gleich zweimal am Tag ein Zug in Yamansu fährt, kommt eigentlich sehr selten vor. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Vor lauter Rumtreiberei in der Werkstatt hatten wir aber gar nicht mitbekommen, dass sich die Lok schon auf den Weg Richtung Erzverladeanlage gemacht hatte. Also nichts wie raus aus den Hallen und ab an die frische Luft. Während wir noch nach dem optimalen Fotostandpunkt für die Ausfahrt des Zuges aus Yamansu rätselten, kam uns schon die Lok entgegen. Allerdings ohne Waggons. Zielstrebig machte sie sich wieder auf den Weg Richtung BW. Alles nur eine Fata Morgana?

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Bild 11: JS 8152 kommt von der Erzverladeanlage zurück. Wider Erwarten aber ohne Waggons. Stattdessen …


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Bild 12: … passiert sie die Formsignale an der Bahnhofsausfahrt von Yamansu und macht sich auf den Weg Richtung BW. Dort nimmt sie direkt Kurs …


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Bild 13: … auf das Werkstattgebäude. Oh je, das sah jetzt aber nicht gut aus.


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Bild 14: JS 6495 war leider keine Alternative. Sie hätte man erst einmal anheizen müssen (vorausgesetzt, dass sie überhaupt fahrfähig gewesen wäre). Jetzt hätte man ausgerechnet die Chance auf zwei Zugpaare an einem Tag, und dann ist die Lok kaputt.



Ein Wechselbad der Gefühle. Oder doch alles nur eine Fata Morgana? Aber was will man machen, man muss die Dinge eben so nehmen, wie sie kommen. Vor allem hier inmitten der Wüste weitab jeglicher Zivilisation. Während sich Lok- und Werkstattpersonal an die Reparatur der Lok machten, streifte ich auf der Suche nach Fotomotiven durch das Gelände. Anstatt mit Betriebsaufnahmen müsst ihr daher jetzt eben mit Standaufnahmen vorlieb nehmen.

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Bild 15: Erstes Fotomotiv war natürlich JS 8152 in der Werkstatthalle. Das seitlich einfallende Licht und der Dampf ergaben schöne Stimmungsbilder.


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Bild 16: Das Werkstattpersonal macht sich an die Arbeit und trägt dabei sogar Arbeitsschutzkleidung und Helme. 2010 war das in chinesischen Lokwerkstätten ein noch eher seltenes Bild. Oder hatte man die Helme nur zu Ehren des sehr seltenen Langnasenbesuches aufgesetzt?


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Bild 17: Ob das Problem trotz der vernebelten Atmosphäre gefunden und behoben werden kann?


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Bild 18: Der Radsatz muss hoffentlich nicht ausgetauscht werden. Sonst hat sich das Thema Betriebsaufnahmen für den heutigen Tag erledigt.


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Bild 19: Sonderlich überzeugend schaut das Werkstattpersonal nicht. Also lassen wir sie lieber mal werkeln und begeben uns wieder ins Freie.



Wir stärkten uns erst einmal mit einem zweiten Frühstück und harrten dann der Dinge. Außer Dampfloks gibt es in Yamansu eigentlich nichts zu sehen und die einzige fahrbereite Lok stand gerade in der Werkstatt zur Reparatur. Ein Abstecher in die nahe Bergarbeitersiedlung mit ihrer erhaltenen, sozialistischen Architektur hätte mich schon gereizt, auch wenn es dort keine Eisenbahnmotive gegeben hätte. Es war aber völlig unklar, wie lange die Reparatur dauern würde. Also hielten wir Stellung, nach den Pannen am frühen Morgen wollten wir nicht nochmal eine einzigartige Chance verpassen. Plötzlich vernahmen wir einen Pfiff und danach stampfte doch tatsächlich JS 8152 aus der Werkstatt.

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Bild 20: Erstaunlich schnell war das Problem behoben. Ob die Reparatur erfolgreich war, wird sich gleich zeigen. Zunächst aber dampft JS 8152 …


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Bild 21: … an unserem Fotostandpunkt und ihrer älteren Schwester JS 6495 vorbei, …


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Bild 22: … würdigt die Bekohlungsanlage keines Blickes (schließlich hatte sie ja schon vor der Reparatur ordentlich Kohle gefasst) und dampft in ...


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Bild 23: … Richtung Erzverladeanlage ab, um dort die gut gefüllten Erzwaggons im zweiten Anlauf an den Haken zu nehmen.



Schnell wurde der Kriegsrat einberufen. Bereits zweimal hatten wir die Chance auf ein gutes Betriebsmotiv verpasst. Am frühen Morgen machten uns die Busfahrer einen Strich durch die Rechnung, am späten Morgen die defekte Lok. Nach der Reparatur stellte sich also die Frage: Wo erlegen wir die Lok? Nochmals hier am Bahnhof mit den Formsignalen oder etwas außerhalb vom Bahnhof Yamansu. Denn gleich nachdem die Strecke den Bahnhof von Yamansu verlässt, geht es eine Steigung hinauf und in einen Einschnitt am Scheitelpunkt. Die Dampflok mit dem schweren Erzzug in der Steigung, als Hintergrund die Erzmine, das sollte doch ein gutes Fotomotiv ergeben, auch wenn die Lok Tender voraus verkehren würde. Also vereinbarten wir mit den Lokführern, dass sie erst losfahren sollten, wenn wir ihnen per Funk Bescheid sagen würden (unsere Reiseleitung hatte vorab das Lokpersonal mit seinen Funkgeräten ausgestattet). So stiegen wir schnell in die Kleinbusse und fuhren in Richtung Scheitelpunkt der Strecke. Aber noch bevor wir das Ziel erreicht hatten, sahen wir schon die Dampffahne herannahen. Die Lok war gleichzeitig mit den Kleinbussen abgefahren. Wäre ja auch ein Wunder gewesen, wenn das auf Anhieb geklappt hätte. Dritte verpasste Chance am heutigen Tag, denn statt Traummotiv gab es nur noch eine Notschlachtung.

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Bild 24: JS 8152 hat soeben den Einschnitt am Scheitelpunkt der Strecke passiert und rollt nun hinab in Richtung Shankou. Hinter den Hügeln liegt Yamansu. Eigentlich wollten wir von den Hügeln hinab die schwer arbeitende Lok auf ihrem Weg Richtung Scheitelpunkt mit der Mine im Hintergrund aufnehmen. Das Lokpersonal hatte uns aber einen Strich durch die Rechnung gemacht.


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Bild 25: Der Nachschuss offenbart die endlose Wüstenlandschaft fernab jeglicher Zivilisation.


Ziemlich frustriert ging es zurück nach Yamansu, wo es im einzigen vorhandenen Restaurant leckere uigurische Nudeln und ein kühles Bier gab. Während des Essens wurde der Schlachtplan für den restlichen Tag ausgeheckt. Geplant war ein Fotomotiv inmitten der Wüste in der Nähe der Brücke über das ausgetrocknete Flusstal. Sollten wir darauf vertrauen, dass wir per Funk informiert werden, bevor der Zug abfährt und solange in Yamansu warten? Nach den Erfahrungen von eben lieber nicht. Also schnell die Biervorräte im einzigen Laden des Ortes aufgefrischt und ab mit den Kleinbussen in die Wüste.

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Bild 26: Downtown Yamansu. Es gibt sicher schönere und lebenswertere Innenstädte auf der Welt. Da fahren dann allerdings keine Dampfloks durch die Wüstenlandschaft…

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Bild 27: Das Restaurant bestach durch seine Sachlichkeit bezüglich Einrichtung und Ambiente, das Essen selbst war sehr einfach, aber auch sehr lecker.



Um zur geplanten Fotostelle zu gelangen, mussten wir die Staubpiste verlassen und fuhren quer durch die Steinwüste, die aber immer wieder mit sandigen Stellen durchsetzt war, die sich direkt unter der Geröllfläche verbargen. Äußerst tückisch und prompt blieben wir natürlich auch im Sand stecken. Also alle aussteigen und schieben. Aber noch kein Grund zur Sorge, wir bekamen den Kleinbus schnell wieder flott und von der Dampflok war weit und breit noch nichts zu sehen. Wir ließen die Kleinbusse dann im ausgetrockneten Tal stehen und machten uns auf die umliegenden Hügel auf der Suche nach der perfekten Fotostelle. Per Funk kam die Meldung, dass die Staatsbahn gleich 53 leere Waggons angeliefert hätte. Da pro Zug aber maximal 23 Waggons transportiert werden können, waren zunächst umfangreich Rangiermanöver in Shankou erforderlich. Mangels Eisenbahnmotiven mussten wir also zunächst nach Alternativen Ausschau halten.

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Bild 28: Mitten in der Wüste ließen wir die beiden Busse parken und machten uns auf die Suche nach dem perfekten Fotostandpunkt. Im Vordergrund kann man gut erkennen, wie sich unter der dünnen Schotterschicht purer Sand befindet. Kein Wunder, dass wir einmal mit unseren Bussen stecken blieben.


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Bild 29: Und noch so ein off-topic Foto. Wobei nicht ganz. Im Hintergrund erkennt man eine Mauer aus aufgestellten Holzschwellen, direkt dahinter verläuft die Bahnlinie. Die Holzschwellen sollen die Bahnstrecke vor Sandverwehungen schützen. Die Hügel im Hintergrund bilden die typische Landschaft rund um Yamansu. Wir machen uns jetzt also zu Fuß auf den Weg in Richtung der Hügel, um den perfekten Fotostandpunkt zu suchen.


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Bild 30: Zunächst passieren wir aber die Telegrafenleitung, die mit etwas Abstand parallel zur Bahnstrecke verläuft.


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Bild 31: Wir suchten und fanden schließlich eine Lücke in der schier endlosen Kette von Holzschwellen.


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Bild 32: Schnell hindurchgeschlüpft und ...


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Bild 33: ... und über die Bahngleise hinauf in die Hügel.


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Bild 34: Oben angekommen bot sich ein herrlicher Blick über die umliegende Wüstenlandschaft. Jetzt müsste nur noch irgendwo zwischen den schwarzen Hügeln eine weiße Dampfwolke auftauchen, und der bisher bescheidene Tag würde noch ein gutes Ende nehmen…



Immer wieder kamen über Funk Meldungen, dass der Zug in einer halben Stunde abfahren würde, jeweils nach einer halben Stunde gefolgt von Meldungen, dass es nochmals eine halbe Stunde dauern würde. Das ist ja fast schon wie bei Die Bahn. Kopieren die Chinesen mittlerweile sogar deren Informationspolitik? Mittlerweile senkte sich die Sonne mehr und mehr in Richtung Horizont und von einem Zug war weit und breit noch immer nichts zu sehen. Wenigstens war der Biervorrat noch nicht komplett geplündert.

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Bild 35: Die Schatten wurden immer länger, aber von einem Zug war noch immer weit und breit nichts zu sehen. Weiteres Warten hier oben machte keinen Sinn, also Zelte abbrechen und Abstieg hinunter ins Basislager.


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Bild 36: Dort könnte es vielleicht noch die Chance auf eine Streiflichtaufnahme samt Telegrafenleitung geben. Aber ihr könnt es euch denken: die Sonne verschwand hinter dem Hügel, von einem Zug war weit und breit nichts zu sehen.



Alles, was uns jetzt noch blieb, war ein letzter verzweifelter Stellungswechsel für eine Gegenlichtaufnahme an der Brücke über das Tal. Aber auch hier blieben wir ohne Erfolg. Die Sonne war längst weg und der Zug war noch immer nicht abgefahren. Leicht frustriert machten sich die Fotografen zurück zum Kleinbus, wenig später kamen auch die Videofilmer unverrichteter Dinge zurück.

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Bild 37: Gegenlichtaufnahme an der Brücke über das Tal. Die Silhouette der Dampflok müsst ihr euch jetzt einfach vorstellen. Gelingt euch nicht? Gelang uns damals trotz des nicht unerheblichen Bierkonsums auch nicht.



Äußerst frustriert machten wir uns auf den Rückweg Richtung Yamansu, glücklicherweise ohne weiteres Steckenbleiben im Sand. Das hätte jetzt gerade noch gefehlt. Bei tiefster Dunkelheit und mittlerweile Temperaturen um den Gefrierpunkt in der gottverlassenen Wüste zu stranden. Und der weitere Verlauf des Abends brachte zunächst keinerlei Besserung. Als erstes gab es eine äußerst dünne Nudelsuppe zum Abendessen, dann bezogen wir das beste Haus am Platz in Yamansu, ein Etablissement der „Zwei-Loch-Kategorie“ gemäß der Kategorisierung unseres Reiseveranstalters (die Lochkategorie ist spiegelbildlich zur sonst üblichen Sterne-Kategorisierung von Hotels zu verstehen). Sprich uns erwartete Mehrbettzimmer ohne Heizung, aber defekten Fenstern, dafür Holzgestelle ohne Matratzen, Kissen oder Decken. Immerhin gab es fließend kaltes Wasser auf dem Stockwerk im Gemeinschaftsbad/WC. Eine eiskalte Nacht auf harter Holzunterlage stand uns also bevor. Dabei hatte uns der Tag eigentlich schon genug abgestraft. Da fährt ausgerechnet gleich ausnahmsweise zweimal am Tag ein Dampfzug in Yamansu, und trotzdem hatten wir keine Chance auf ein gutes Fotomotiv. Der absolute Tiefpunkt der bisher so gut verlaufenen Reise war erreicht. Einziger Vorteil: vom absoluten Tiefpunkt aus gesehen kann es eigentlich nur noch aufwärts gehen…

Zunächst war aber erst einmal Frustbewältigung angesagt. Also stürzte sich ein kleiner Teil der Reisegruppe nochmals ins Nachtleben von Yamansu. Außer einer von Uiguren betriebenen kleinen Kaschemme, in der wir bereits unser Abendessen eingenommen hatten, fanden wir keinerlei Leben in dem verschlafenen Bergarbeiterdorf. So machten wir es uns unter einem riesigen Bild der Moschee von Mekka gemütlich. Die Betreiber waren überglücklich, dass endlich mal ein bisschen Abwechslung in diesem abgelegenen Ort Einzug einhielt. Langnasen verirren sich nur äußerst selten nach Yamansu und noch viel seltener in diese Kaschemme. Schnell war Bier aufgetischt, direkt unter dem riesigen Bild der Moschee von Mekka. Ein türkischer Freund hatte mir mal erklärt, warum auf türkischen Hochzeiten erst nach Einbruch der Dunkelheit reichlich Whiskey-Cola ausgeschenkt wird. „Na ganz einfach“, sagte er „wenn es dunkel wird, legt sich Allah schlafen und sieht nichts mehr.“. Das galt wohl erst recht hier in dieser gottverlassenen Gegend in der Wüste Xinjiangs. Die uigurischen Besitzer machten uns mit Händen und Füßen klar, was sie von Han-Chinesen (Daumen runter) und Alemaniya (Daumen hoch) hielten (die uigurische Sprache entspricht fast 1:1 der türkischen Sprache).

Zwischenzeitlich kam dann per Funk die Meldung herein, dass der Zug noch immer in Shankou stehen würde, die Staatsbahn aber schon wieder Leerwaggons angeliefert habe und deshalb morgen nochmals ein Zug verkehren würde. Darauf zunächst ein kräftiges Prosit! Ich machte dann aber einen strategischen Rückzug in Richtung Zwei-Loch-Unterkunft, um meinen müden Gliedern wenigstens ein paar Stunden Ruhe auf der harten Holzpritsche zu gönnen. Der Rest blieb noch und verbrachte eine lange Nacht mit Trink- und Tanzeinlagen mit den neu gewonnenen, uigurischen Freunden. Mitten in der Nacht hörte ich dann noch, wie die Dampflok unter lautem Pfeifen in den Bahnhof von Yamansu einfuhr. Auf Nachtaufnahmen am Bahnhof hatte ich aber verständlicherweise keine Lust …

Ob wir am nächsten und auch schon wieder letzten Tag in Yamansu mehr Glück haben sollten, erfahrt ihr im nächsten Bericht. Ich hoffe, dass ihr dann wieder alle dabei seid.





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Rätsel: Was gehört hier zusammen? Und wo? Und überhaupt…
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Teil 1: „Das ist normal in China“ - Ein Abstecher in die Touristenhölle der chinesischen Alpen
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Teil 2: Von der Hochzeit zur Schmalspurbahn – Die Schmalspurbahn von Shibanxi stellt sich vor
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Teil 3a: Eine Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert – Minenbetrieb wie vor 200 Jahren
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Teil 3b: Eine Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert – Schnapsproduktion wie vor 200 Jahren
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Teil 4a: Motorrad vs. Dampflok – Auf eine Kollision im Tunnel folgt Sonnenschein
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Teil 4b: Dampfzüge bis der Arzt kommt – Nachtwanderung entlang der Schienen zum Onkel Doc
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Teil 5a: Verpasste Chancen gefolgt von einer Schlammschlacht - Ein ganzer Morgen voll Pleiten, Pech und Pannen
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Teil 5b: Vom Fotomotiv zum Biergarten und zurück – Eine ethanol-getriebene Wanderung entlang der Schienen
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Teil 6: Total vernebelt, und das ohne Droge (Dampf) – Ob die Reise trotzdem (weiter)geht?
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Teil 7: Es gibt (ausgerechnet am 11.11.) kein Bier mehr in Xinjiang – dafür aber jede Menge Dampf
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Teil 8: Tief im Westen, wo die Sonne mit Dampf untergeht – Ein Tag im Kohletagebau von Sandaoling
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Teil 9a: Von oben nach unten und zurück – Ein Morgen zwischen Abraum- und Kohlehalden
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Teil 9b: Werkstatt statt Essen – Mit leerem Magen durch die Lokwerkstatt
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Teil 9c: Blitz mit Dampf aber ohne Donner – Ein sehr langer Abend im Tagebau
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Teil 10a: Zum Abschluss drehen wir uns im Kreis – Morgenstund hat Gold und Dampf im Mund
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Teil 10b: Gegen Ende drehen wir uns im Kreis – Kunterbuntes rund um den Tagebau
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Einschub 1: Nachwuchsgewinnung für DSO – Familien-Trainspotting in Thailand und Taiwan
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Einschub 2a: Willkommen im Jahr des Brathähnchens – Gedämpfte Züge zwischen Feuer-Affe und Feuer-Hahn
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Einschub 2b: Willkommen im Jahr des Brathähnchens – Gedämpfte Züge zwischen Feuer-Affe und Feuer-Hahn
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Teil 10c: Der Kreis schließt sich – Dampfgesättigter Sundowner an den Abraumhalden von Xibolizhan
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Teil 11: Yamansu, was bist du? - Steinreiche Wüste, aber mit oder ohne Dampf?
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Teil 12: Wie eine Fata Morgana, so nah und doch so fern – Vom ersten Versuch, einen Dampfzug in der Wüste zu fotografieren
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Zugliste
Datum Zugnummer Von Nach km Traktion Spurweite
07.11. Zug 2 Shixi Huangcunjing 18 Dampf 762mm
07.11. Zug 4 Jioba Yuejin 10,3 Dampf 762mm
08.11. Zug 1 Yuejin Bagou 12,1 Dampf 762mm
08.11. Zug 4 Caiziba Mifengyan 1,9 Dampf 762mm
10./11.11. K9782 Ürümqi Hami 556 Diesel 1.435mm






1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:04:06:13:21:29.

Macht Lust - trotz Frust! :0) (o.w.T)

geschrieben von: Roni

Datum: 06.04.17 13:59

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)
lg, Roni - [raildata.info] - Meine DSO-Reportagen Teil 1 (2005 bis 06/2019): [www.drehscheibe-online.de] - Meine DSO-Reportagen Teil 2 (neueste): [www.drehscheibe-online.de]
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