Mit Volldampf durch China – Vier Wochen in den letzten Dampfparadiesen des Fernen Osten
Teil 10b: Gegen Ende drehen wir uns im Kreis – Kunterbuntes rund um den Tagebau
Wir befinden uns auf der Reise durch die letzten Dampfparadiese Chinas noch immer im Kohletagebau von Sandaoling. Im
letzten Bericht hatten wir einen herrlichen Morgen im Bahnhof Xibolizhan erlebt. Jetzt drehen wir uns im Kreis und zwar im Uhrzeigersinn. Wir wechseln von Xibolizhan zu den Untertageminen Yijing und Erjing, der großen Kurve im Tagebau sowie der Kohlewäsche in Xuanmeichang. Hier noch eine Übersichtskarte des Streckennetzes in der Kohlemine von Sandaoling. Die Schienen im Tagebau und auf den Abraumhalden sind nur schematisch eingezeichnet, das sich deren Lage naturgemäß ständig ändert:
Bild 1: Übersichtskarte des Tagebaus von Sandaoling. Die Kohle wird mittlerweile per Förderband zur Kohleverladeanlage zwischen den Bahnhöfen Xikeng und Dongkuang auf halber Höhe der Grube transportiert. Dort erfolgt die Umladung in die Kohlenzüge, die dann in Form eines umgekehrten S über Kengkongzhan und Dongbolizhan („Ostbahnhof“) entweder zur Kohlewäsche nach Xuanmeichang oder zur Kohleentladestelle kurz vor dem Bahnhof Nanzhan („Südbahnhof“) fahren. Zwischen Dongkuang und Xibolizhan ist die Strecke zweigleisig. Nach erfolgter Kohlenwäsche erfolgt in Nanzhan die Umladung in Waggons der Staatsbahn, die beladenen Waggons werden dann mit Dieselloks abgeholt und zum Anschlussbahnhof an der Staatsbahnstrecke (außerhalb der Karte rechts unten) gebracht. In Nanzhan befindet sich auch ein größerer Rangierbahnhof.
Der Abraum aus den oberen Ebenen des Tagebaus wird direkt nach Xibolizhan („Westbahnhof“) gebracht, in den tieferen Ebenen müssen die Abraumzüge erst mit einer 180°-Kurve auf die andere Seite des Tagebaus in den Bahnhof Xikeng fahren. Dort machen die Abraumzüge Kopf und werden nach Xibolizhan geschoben. Die Strecke zwischen Xikeng und Xibolizhan ist ebenfalls zweigleisig. Hinter Xibolizhan verzweigt sich die Strecke auf mehrere Gleise hinauf zu den Abraumhalden westlich und südlich des Bahnhofs.
Auf der Verbindung zwischen Dongbolizhan und Xibolizhan verkehren nur Arbeits- und Arbeiterzüge zum Schichtwechsel.
In Jichangzhan befindet sich eine große Werkstätte. Die Bekohlung und das Wasserfassen erfolgen meistens in Dongbolizhan, obwohl die dortige Großbekohlungsanlage schon länger stillgelegt ist. Stattdessen erfolgt die Bekohlung meist einfach per Schaufellader.
In Yijing („erste Mine“) und Erjing („zweite Mine“) gibt es noch Untertageminen, die ebenfalls an das Schienennetz angeschlossen sind (Abzweig in Nanzhan).
2014 endete dann die Dampfherrlichkeit in weiten Teilen. Nordwestlich des Tagebaus wurden neue Untergrundminen erschlossen (links außerhalb der Karte). Die wurden zwar auch von Nanzhan ausgehend an das Bahnnetz angebunden, der Transport obliegt aber komplett Dieselloks (Strecke ist nicht in Karte eingezeichnet). Im Gegenzug wurde der weitere Abbau von Deckgestein im Tagebau eingestellt und das gesamte Schienennetz westlich von Dongkuang und Dongbolizhan abgebaut. Es wird jetzt lediglich die noch verbliebene Kohle im Tagebau mit Dampfloks abtransportiert, spätestens 2017 soll der Tagebau samt Dampfbetrieb dann komplett stillgelegt werden.
In diesem Bericht halten wir uns an den Untertageminen in Yijing und Erjing, der großen Kurve zwischen den Bahnhöfen Dongkuang und Kengkongzhan sowie der Kohlewäsche in Xuanmeichang auf.
Das Motto des heutigen Tages könnte man mit „einmal im Uhrzeigersinn rundherum um den Tagebau“ bezeichnen, wobei der Fokus insbesondere auf den Orten liegen sollte, die wir bislang nicht besucht hatten. Nachdem wir uns bisher also fotografisch hauptsächlich dem Tagebau gewidmet hatten, war der restliche Vormittag zunächst für die beiden Untertageminen „Yijing“ („Mine Nr. 1“) und „Erjing“ („Mine Nr. 2“) vorgesehen. Normalerweise wurde zumindest eine der Minen vormittags von einem Zug bedient. Wir hatten großes Glück und bekamen ohne große Wartezeit in beiden Minen ausfahrende, voll beladene Kohlenzüge vor die Linse. Aber von Anfang an. Schon von weitem konnten wir an der Mine Nr. 2 („Erjing“) eine Dampffahne erblicken. Also mit einem Affenzahn mit dem Bus über unbefestigte Wege und im Schweinsgalopp aus dem Bus. So konnten wir gerade noch erspähen, wie die Dampflok gerade damit beschäftigt war, leere Waggons unter die Verladestation zu schieben.
Bild 2: Die leeren Waggons werden gerade unter die Kohleverladeanlage geschoben.
Bild 3: Die Gesamtansicht der Verladeanlage. Die beiden Gleise rechts und links sind jeweils Ladegleise, das mittlere Gleis führt weiter zur Mine Nr. 1 („Yijing“).
Bild 4: Die Waggons wurden komplett unter die Verladeanlage geschoben. Jetzt heißt es erst einmal warten.
Der Ladevorgang dauerte natürlich einige Zeit und so waren wir zunächst zum untätigen Warten verdammt. Ein vollkommen ungewohntes Gefühl, rauschen doch an den meisten bisher besuchten Stellen in Sandaoling die Dampfzüge fast schon im Fünf-Minutentakt an einem vorbei. Aber die Langeweile sollte nicht lange anhalten.
Bild 5: Wenn gerade Mal keine Züge fahren, dann fotografiert man halt Land und Leute. Ergibt manchmal auch ganz nette Motive und ganz im Hintergrund ist ja auch noch eine Dampflok zu sehen. Aber halt, was pfeift denn da?
Bild 6: Da kommt doch glatt schon der nächste Zug. Aber was will der denn hier machen?
Bild 7: Er rollt auf dem Streckengleis Richtung Mine Nr. 1 an uns vorbei und …
Bild 8: … bleibt dann plötzlich stehen. Sehr rätselhaft!
Bild 9: Jetzt koppelt die Lok auch noch ab und …
Bild 10: … fährt auf dem dritten Gleis wieder an uns vorbei. So langsam wird uns der Zweck des Manövers klar.
Bild 11: Die Lok setzt sich vor die leeren Wagen und …
Bild 12: … schiebt die Wagen an unserer Fotoposition und …
Bild 13: … ihrer Kollegin vorbei in Richtung Mine Nr. 1. Da diese ja am Ende der Strecke liegt und es dort keine Möglichkeit zum Umsetzen gibt, macht das Manöver auf den Gleisanlagen von Mine Nr. 2 Sinn. Man hätte natürlich den Zug auch gleich von Nanzhan aus schieben können…
Wir konnten unser Glück kaum fassen. Gleich zwei Züge und dann auch noch perfekt getimed. Während der gerade eben vorbeigefahrene Zug nach Yijing fahren und dort Kohle laden würde, hätten wir genügend Zeit, um den Zug an der Mine Nr. 2 bei der Ausfahrt abzulichten. Anschließend könnte man einen Stellungswechsel vornehmen und die Ausfahrt des Zuges an der Mine Nr.1 dokumentieren. Bei einer arrangierten Fotofahrt hätte man es nicht besser machen können.
Der Glückshormonausstoß vernebelte mir aber leider ein bisschen die Sinne und den Verstand. Für die Ausfahrt des Kohlenzuges aus der Mine Nr. 2 gab es zwei Optionen. Entweder vom Stellwerk aus die Ausfahrt mit der Mine als Hintergrund oder an der Strecke mit den Bergen im Hintergrund. Ich entschied mich gegen den Trend für die erste Option. Im Nachhinein gesehen wohl ein Fehler, aber was will man machen?
Bild 14: Der voll beladene Zug verlässt langsam die Ladeanlage und …
Bild 15: … kommt in Richtung Stellwerk, wo ich mich für einen erhöhten Standpunkt entschieden habe.
Bild 16: Ist ja ein ganz nettes Motiv, aber noch besser wäre ein Motiv mit den schneebedeckten Bergen und dem Stellwerk selbst gewesen.
Bild 17: Dazu hätte ich mich wie die anderen im Gebüsch neben der Strecke platzieren müssen.
Bild 18: So bleibt mir halt nur der Nachschuss. Im Nachhinein ist man eben immer klüger.
Viel Zeit zum Grämen blieb aber sowieso nicht. Schnell ging es zurück zum Bus und weiter zur Mine Nr. 1. Dort war der Verladevorgang mittlerweile schon fast abgeschlossen. Also schnell einen halbwegs erhöhten Fotostandpunkt auf einem kleinen Schutthügel gesucht. Gerade noch rechtzeitig, denn der Zug setzte bereits zur Abfahrt an.
Bild 19: Zunächst noch ein kurzer Blick hinüber zum Kraftwerk am Rande von Sandaoling, das einst auch einen Gleisanschluss hatte. Aber wir sind ja nicht wegen dem Kraftwerk da, sondern …
Bild 20: … wegen der Eisenbahn. Der Ladevorgang an der Mine Nr. 1 („Yijing“) ist abgeschlossen und JS 8314 …
Bild 21: … zieht den voll beladenen Kohlenzug aus dem Ladegleis heraus.
Bild 22: Dabei passiert er das Signal des ehemaligen Anschlussgleises zum Kraftwerk, das …
Bild 23: … im Hintergrund ebenfalls gut zu erkennen ist.
Bild 24: Gleich hat die Lok die illustre Langnasengruppe auf dem Schutthügel passiert, was ...
Bild 25: … Heizer und Lokführer sichtlich amüsiert. Die spinnen, die Langnasen! Drängen sich auf einem kleinen Hügel und fotografieren wie wild so eine olle Dampflok.
Wenn man sich die Ausbeute des Morgens (siehe letzter Bericht) und die des Vormittags anschaut, so war das Soll mehr als erfüllt. Daher gab es jetzt wie am Vortag die Option zwischen einem (eigentlich mehr als verdienten) Mittagessen und einer Fotosession an der Strecke zwischen Dongkuang und Kengkongzhan. Nur wenige entschieden sich daher verständlicherweise für die zweite Option, ich war darunter, wie die folgenden Bilder beweisen. Schließlich sind wir ja nicht zur Erholung da, zumal es ja auch gleichzeitig der letzte Tag in Sandaoling sein sollte. Kaum hatten wir die Abbruchkante an der Kurve erreicht, kam auch schon der erste Kohlenzug.
Bild 26: Die Abbruchkante im Hintergrund ist schon sichtlich erodiert. Das stört den Kohlenzug aber wenig. Er nimmt nochmals Schwung auf, um …
Bild 27: … sich gleich in die Kurve zu legen und …
Bild 28: … die letzten Meter Richtung Bahnhof Kengkongzhan zurückzulegen. Eigentlich hat ein Bild mit solchem Gegenlicht hier nichts verloren, es kommen aber ganz gut die Ausmaße des Tagebaus zur Geltung.
Von der Abbruchkante sollte es nochmals eine Ebene tiefer gehen. Noch während des Abstiegs kündigte sich der nächste Kohlenzug an. Lichttechnisch hätten wir die Gleise eigentlich noch überqueren müssen, alleine die Zeit hat dafür nicht mehr gereicht.
Bild 29:
Bild 30:
Nach der Durchfahrt hatten wir endlich Zeit, die Gleise zu überqueren. Nachdem aber gerade eben erst zwei Kohlezüge gekommen waren, war jetzt auf dem bergwärts führenden Gleis zunächst nicht mit weiteren Kohlenzügen zu rechnen, dafür rollten die Züge mit leeren Waggons wieder in den Tagebau hinab.
Bild 31: Als allererstes kam jedoch ein Leerzug. Da hätte ich normalerweise nicht abgedrückt, wenn es nicht eine der in Sandaoling sehr seltenen SY-Baureihe gewesen wäre.
Bild 32: Es folgte der erste Zug mit leeren Waggons, der …
Bild 33: … seinem Ziel in Form der Kohleverladeanlage auf halber Höhe des Tagebaus entgegenrollte.
Bild 34: Vom zweiten Zug mit leeren Waggons gönne ich euch nur die Lok.
Nach etwas Wartezeit folgte dann wieder ein Pärchen Kohlenzüge. Dazu wechselte ich nochmals leicht den Standpunkt, da sich die Sonne und damit das Licht ja auch weiter nach Westen bewegt hatten.
Bild 35: Der erste Kohlenzug naht, im Hintergrund die bereits stark erodierte Abbruchkante. Dort begann vor ca. 50 Jahren der Abbau.
Bild 36: Das Gleisbett ist von der herabfallenden Kohle tief schwarz gefärbt.
Bild 37: Bereits in den oberen Gesteinsschichten verlaufen dünne Kohleflöze. Das richtig dicke und abbauwürdige Flöz liegt allerdings runde 100 Meter tiefer.
Bild 38: Beim zweiten Kohlenzug habe ich versucht, die Berge im Hintergrund noch mit auf das Motiv zu nehmen.
Bild 39: Für eine Dampfentwicklung ist es leider schon wieder zu warm.
Bild 40: Die Zuglok des zweiten Kohlenzuges nochmals im Detail.
Inzwischen war der Rest der Gruppe vom Mittagessen zurückgekehrt und es ging wieder gemeinsam auf Fotopirsch. Wir drehen uns in dieser Folge ja im Kreis und nachdem wir schon am ersten Tag den ersten Berührungspunkt mit den Dampfloks in Xuanmeichang hatten, kehrten wir jetzt nochmals dorthin zurück, um die Kohlenentladung ebenfalls fotografisch festzuhalten. Und wie schon am Vormittag hatten wir jetzt auch nachmittags ein perfektes Timing. Ein Kohlenzug war gerade an der Entladestation angekommen und entledigte sich seiner Fracht.
Bild 41: Als wir auf den Bahndamm hochgekraxelt waren, wurde der Entladevorgang schon begonnen.
Bild 42: Soeben wir der Wagen am Zugende entladen. Auf dem Rückweg in den Tagebau wird der Wagen am Zuganfang laufen, da die Loks ja nicht umsetzen. In der angeflanschten Kabine sitzt dann wieder das Fahrpersonal und signalisiert über das Formsignal auf dem Dach dem Lokführer die Fahrtbefehle.
Bild 43: Der Entladevorgang ist beendet und die Lok schiebt den Zug mit den jetzt leeren Waggons wieder in Richtung Tagebau, um Nachschub zu holen.
Bild 44: Da in Richtung Tagebau zunächst noch eine kleine Steigung zu erklimmen ist, bevor der Zug wieder hinabrollen kann, öffnet der Lokführer nochmals ordentlich den Regler.
Bild 45: Und während der eine Zug auf dem Weg in Richtung Tagebau ist, wartet schon der nächste Kohlenzug vor der Kohlenwäsche.
Bild 46: Die Strecke zur Kohlenwäsche ist eingleisig, kurz vor der Kohlenwäsche gibt es aber ein Ausweichgleis. Die Kohlewäsche selbst hat auch zwei Entladegleise, der weniger als 10m kurze Abschnitt zwischendrin ist aber wiederum nur eingleisig.
Bild 47: Der zweite Kohlenzug fährt in das Entladegleis der Kohlenwäsche ein.
Damit hatten wir erst einmal genug von der Kohlenwäsche. Um den Kreis zu schließen (zur Erinnerung: das Motto des heutigen Tages lautete ja „Kunterbunt im Kreis herum“) ging es wieder zum westlichen Eingang des Tagebaus am Bahnhof Xibolizhan, wo der heutige Morgen ja begonnen hatte. Dort galt es erneut reiche Beute zu machen. Das würde allerdings den Umfang dieses Beitrags sprengen und daher müsst ihr euch leider bis zum nächsten Teil gedulden, der dann auch gleichzeitig der letzte Beitrag aus Sandaoling sein wird.
Zugliste
Datum | Zugnummer | Von | Nach | km | Traktion | Spurweite |
07.11. | Zug 2 | Shixi | Huangcunjing | 18 | Dampf | 762mm |
07.11. | Zug 4 | Jioba | Yuejin | 10,3 | Dampf | 762mm |
08.11. | Zug 1 | Yuejin | Bagou | 12,1 | Dampf | 762mm |
08.11. | Zug 4 | Caiziba | Mifengyan | 1,9 | Dampf | 762mm |
10./11.11. | K9782 | Ürümqi | Hami | 556 | Diesel | 1.435mm |
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:02:23:13:37:05.