Aktivurlaub auf der Abraumhalde („Aua dA“)
Teil 15: Avatar in den Wolken - Ein All-Inclusive Ausflug ins ländliche China mit freundlicher Unterstützung der chinesischen Regierung
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Inhalten wird daher dringend vom weiteren Genuss des Beitrags abgeraten. |
Im
letzten Bericht hatten wir eine Pilgerfahrt zum Geburtsort Maos unternommen, in diesem Bericht geht es weiter ins ländliche China. Die Eisenbahnbilder folgen diesmal zwischendurch, ich wünsche trotzdem (oder gerade deswegen) viel Spaß bei der Lektüre.
Meine Frau behauptete, dass es in Hunan noch Dörfer ohne Strom und Internet geben würde. Das wollte ich ihr nicht glauben und so machten wir die Probe auf’s Exempel. Der Bekannte meiner Frau gab ihr einen Tipp für eine abgelegene Gegend im äußersten Nordwesten Hunans. Also machten wir uns auf dem Weg. Eine Anreise per Zug wäre möglich gewesen und hätte wohl genauso lange wie die Busfahrt gedauert, allerdings wäre der Zug schon um sieben Uhr morgens gefahren. Ich war in diesem Urlaub schon fast jeden Tag vor sechs Uhr aufgestanden und ließ mich leichtfertig von meiner Frau überreden, erst um neun Uhr mit dem Bus zu fahren. Ein schwerer Fehler, aber dazu später mehr.
So ging es mit dem Taxi zur Busstation. Ich hatte am Vortag mal wieder zu viel zu scharfes Essen zu mir genommen und litt unter Durchfall. Am alten Busbahnhof gab es nur eine viel zu kleine Toilette und ich krümmte mich in der langen Schlange vor der Toilette vor Schmerzen. Ich war nicht der Einzige mit Durchfall, einige Chinesen in der Schlange hielten es nicht mehr aus und kackten direkt vor die Toiletten, was aber aufgrund der katastrophalen hygienischen Verhältnissen auch keinen Unterschied mehr machte. Die Auswahl an Frühstücksmöglichkeiten am Busbahnhof war sehr eingeschränkt, schließlich landeten wir bei Mc Donalds. Der Hamburger saugte das verbliebene Capsaicin auf und beruhigte zunächst meinen Verdauungstrakt. So konnte ich beruhigt den Reisebus besteigen, der uns in gut vier Stunden zu unserem ersten Ziel Zhangjiajie bringen sollte. Die rund 300km lange Fahrt mit dem Bus kostete satte 120Yuan, knapp 20€. Da ist der Fernbus in Deutschland aber mittlerweile billiger (bitte hier jetzt keine Fernbus-Diskussion anfangen, dafür gibt’s ein extra Unterforum)...
Bild 1: Der Busbahnhof von Changsha. Die moderne Umgebung täuscht, der Busbahnhof selbst ist noch ziemlich alt. Ein neuer ist aber bereits nebenan in Bau und wird wohl in Kürze öffnen.
Die Fahrt verlief unspektakulär über eine hervorragend ausgebaute Autobahn. Viel spektakulärer war die Landschaft. Schroffe Felsen und tiefe Schluchten wechselten sich mit sanften Hügellandschaften, in denen kleine Dörfer inmitten von Reisfeldern, Bambushainen und blühenden Rapsfelder lagen, ab. Damit nicht genug, die Eisenbahnlinie verlief noch spektakulärer mitten durch die Schluchten und die Reis und Rapsfelder. Spätestens jetzt begann ich meine Entscheidung für die Busfahrt zu verfluchen.
In Zhangjiajie angekommen hieß es umsteigen. Zunächst besorgten wir uns Fahrkarten für die Weiterfahrt ins 80km entfernte Furong. Kostenpunkt diesmal 30 Yuan plus 2 Yuan für eine obligatorische Versicherung, die im Falle eines Unfalls mit Todesfolge unseren Hinterbliebenen 10.000 Yuan bezahlen würde. Wenn man jetzt der Versicherung eine 50%ige-Marge unterstellt, heißt dass, das die Versicherung statistisch gesehen pro 7.500 Fahrgästen mit einem Todesfall rechnet. Ich fühlte mich vor Busfahrten schon mal besser. Der Bus war ein Ford-Transit, wir waren die einzigen Passagiere, und der Busfahrer beschied uns, dass der Bus abfahren würde, wenn genügend Fahrgäste an Bord seien. Nach fast einer Stunde waren wir noch immer die einzigen Fahrgäste und wir zweifelten daran, dass der Bus heute überhaupt noch fahren würde. Plötzlich strömten die Fahrgäste aber nur so herbei und unser Bus war im Nu nicht nur voll, sondern übervoll. Ich musste unser gesamtes Gepäck sogar auf den Schoß nehmen.
Bild 2: Willkommen bei Tank & Rast, Sektion China. Sah toll aus, aber was Gescheites zum Essen oder Trinken
fand ich in dieser Autobahnraststätte leider nicht. Immerhin waren die Toiletten halbwegs sauber und umsonst.
Der Fahrer fuhr für asiatische Verhältnisse verhältnismäßig zivilisiert über die gut ausgebaute Landstraße, so dass wir nach gut einer Stunde unser Ziel erreicht hatten. Es war später Nachmittag und wir waren schon recht müde, so ließen wir uns von einer Schlepperin in ein Hotel am Rande der Altstadt von Furong schleppen. Zimmer und Preis waren OK und so konnten wir uns noch auf Entdeckungstour machen. Furong liegt an einem Fluss und war einst ein recht wichtiges Handelszentrum, später hauptsächlich ein Räubernest. Bis vor kurzem war es noch ein idyllisches, verschlafenes, kleines Städtchen. Seit hier aber mehrere chinesische Historienschinken und Fernsehserien gedreht wurden, wird das kleine Städtchen von chinesischen Touristen überflutet. Geschäftstüchtig wie die Chinesen sind, hat jeder sein Erdgeschoss in ein Souvenirgeschäft umgewandelt, da wir aber in der absoluten Nebensaison auftauchten, waren viele der Geschäfte geschlossen.
Wir wanderten die am Berg gelegene Altstadt bis zum Fluss hinab, um die Weiterfahrt für den nächsten Tag zu organisieren. Wir wollten zu einem Dorf in den Bergen, in dem es angeblich keinen Strom gibt und das nur per Boot über den Fluss zu erreichen ist. Am Ufer waren mehrere Boote vertäut, auf die Frage hin, wann das Boot morgen ablegen würde, bekamen wir von unterschiedlichen Personen zwischen zehn und 14 Uhr praktisch sämtliche Uhrzeiten genannt, am häufigsten wurde noch 13 Uhr genannt. Wir setzen unseren Bummel durch das Städtchen fort und suchten nach einer Essensmöglichkeit. Aber außer ein paar Touri-Restaurants war alles andere geschlossen. Halb verhungert fanden wir dann noch eine Straßenküche direkt an der Hauptstraße, wo wir ein reichhaltiges und sehr leckeres Essen vorgesetzt bekamen. Mit Anbruch der Dunkelheit bekam meine Frau dann Angst vor Räubern (die es hier gar nicht mehr gibt; aber sie schaut eben gerne die Fernsehserien an, die hier gedreht wurden) und wollte zurück ins Hotel. Ich konnte sie noch ein bisschen zum Bleiben überreden, bevor es zurück ins Hotel ging.
Bild 3: Bob Ross „The joy of painting” meets Rob Boss “The joy of copper framing”. Nettes Detail in unserem heimeligen Hotelzimmer.
Bild 4: Das Städtchen Furong liegt idyllisch an einem Wasserfall. In dem großen, weißen Haus befand sich übrigens unser Hotel .
Bild 5: Aus einer etwas anderen Perspektive sieht man auch noch den großen Fluss, an dem Furong liegt. Über diesen Fluss sollte es den nächsten Tag per Boot weitergehen.
Bild 6: Abendstimmung am Oberlauf des Nebenflusses. Hinter mir stürzt das Wasser über den Wasserfall in den großen Fluss.
Bild 7: Handbestickte Kissen in der Auslage eines Souvenirshops. Furong liegt im Zentrum des Minderheitengebiets der Tujia.
Wem die Muster aus Südostasien bekannt vorkommen, dann ist das kein Zufall oder Kopie. Die Tujia sind mit südostasiatischen
Völkern verwandt und sprechen eine Sprache, die zur tibeto-burmanischen Sprachgruppe gehört.
Bild 8: Eine Katze beäugt kritisch diese komische Langnase, die hier aber auch jeden Scheiß fotografieren muss.
Bild 9: Wie fast überall in China treffen sich gegen Abend Frauen etwas älteren Semesters auf zentralen Plätzen.
Eine Anführerhin tanzt zu chinesischem Techno-Bum-Bum, die anderen versuchen den „moves“ der Anführerin zu folgen.
Bild 10: Sport macht bekanntlich hungrig und auch wir suchten verzweifelt nach etwas Essbarem.
Außerhalb der Touri-Saison kein einfaches Unterfangen. Der getrocknete Fisch traf nicht so ganz unseren Geschmack.
Bild 11: In dieser Küche hätte ich mich gerne bekochen lassen. Leider hatte diese Küche aber auch schon geschlossen.
Bild 12: Hier waren die Nudeln noch nicht trocken.
Bild 13: Endlich fanden wir noch eine Straßenküche, wo das Essen im Freien frisch für uns zubereitet wurde.
Bild 14: Abendlicher Besuch beim Friseur.
Bild 15: Eine nächtlich beleuchtete Holzbrücke. Es hätte noch viele schöne Nachtmotive gegeben, aber meine Frau wollte zurück ins Hotel.
Am nächsten Morgen ging es dann wieder zu Fuß hinunter zum Bootsanleger, ich durfte den 25kg schweren Koffer mehrere hundert Treppenstufen hinuntertragen. Dort angekommen sahen wir, wie gerade ein Boot angekommen war. Es war das Boot aus dem Dorf, in das wir fahren wollten. Uns wurde gesagt, dass das Boot um 13 Uhr zurückfahren würde, solange hatten die Dorfbewohner an Bord Zeit, um ihre Geschäfte in Furong zu erledigen. Wir suchten eine Nudelküche in der Nähe und frühstückten erst einmal gemütlich. Anschließend saßen wir die Zeit am Bootsanleger ab. Das Boot füllte sich langsam wieder und so begaben wir uns auch an Bord. An Bord wurde sogleich ein Tisch aufgebaut und es wurden Mah-Jongg-Steine herausgeholt. Glücksspiel ist in China streng verboten, dennoch lagen die Einsätze pro Spielrunde bei 20 Yuan (ca. 3€). Bei mehr als hundert Spielrunden kam da schon ein ordentlicher Umsatz zustande. Gesetzliche Konsequenzen hatten die Spieler aber nicht zu fürchten, schließlich war der Dorfpolizist einer der Mitspieler.
Bild 16: Über dutzende von Treppen wie diesen musste ich unseren 25kg schweren Koffer
zum Bootsanleger hinunterschleppen. Damit nicht genug musste ich mir auch noch blöde
Sprüche von meiner Frau anhören: „Stell dich nicht so an.“ „Du bist zu alt und zu langsam“…)
Bild 17: Ein kleiner Junge hatte tierischen Spaß dabei, die Schnapsflaschen in der Auslage des Souvenirstandes seiner Mutter auszuräumen, während selbige bei der Nachbarin saß und schäkerte. Ich hätte gerne eine Flasche von dem farbigen Schnaps gekauft, aber meine Frau war strikt dagegen.
Bild 18: Wir waren nicht die einzigen, die am Bootsanleger warten mussten.
Bild 19: Ein Fischer hängt nach der morgendlichen Arbeit seine Netze zum Trocknen auf.
Bild 20: Eine Großmutter trägt ihre Enkelin im Rucksack spazieren.
Bild 21: Bis zur Abfahrt des Bootes blieb noch Zeit, daher erklomm ich einen Berg, an dessen Spitze die Ruine einer Seilbahnstation stand. Die Arbeiten waren schon weit
fortgeschritten, dann ist der Investor aber wohl abgesprungen. Am gegenüberliegenden Hügel fand sich nochmals eine Seilbahnstation, allerdings ebenfalls eine Bauruine.
Bild 22: Nach und nach kamen die Dorfbewohner wieder von ihren Einkäufen zurück und bestiegen das Boot.
Man beachte auch die Waschmaschine links neben dem alten Mann. Die Bootsbesitzerin lebt mit ihrem Sohn auf dem Boot.
Bild 23: So langsam füllte sich das Boot. Die vielen Rettungswesten waren für mich nicht gerade vertrauenserweckend.
In der Mitte steht schon der Tisch zum Mah-Jongg-Spielen, der kurz darauf auch in Beschlag genommen wird.
Bild 24: Eigentlich ist Glücksspiel in China verboten. Aber was soll schon passieren, wenn selbst der Dorfpolizist mitspielt.
Bild 25: Der Sprit reicht wohl hoffentlich bis zum Ziel. Selbst gemäß chinesischen Verordnungen ist diese Art der Lagerung mitten im Passagierraum illegal,
zumal die männlichen Passagiere direkt nebenan Kette rauchten. Aber was soll schon passieren, wenn selbst der Dorfpolizist mit an Bord ist.
Kurz nach 13 Uhr startete die Kapitänin den Dieselmotor, der sich in einem Holzverhau mitten im Passagierraum verbarg. Die durch die Kettenrauchenden Männer (in den knapp vier Stunden Fahrtzeit wurden mehrere hundert Zigaretten geraucht) ohnehin schlechte Luft wurde vollends ungenießbar. Nach draußen durften wir aber auf Anweisung der Kapitänin nicht. Der Nordwesten Hunans wird hauptsächlich von Angehörigen der Tujia-Minderheit bewohnt. Sie sind mit ca. 8 Millionen Angehörigen die achtgrößte Minderheitengruppe in China, sprachen einst eine Sprache, die mit dem Tibetischen und Burmesischen verwandt ist und werden für ihre Sanges- und Kompositionskünste in ganz China gepriesen. Zudem gelten die Frauen als extrem hübsch (kann ich absolut bestätigen) und sie haben die Hosen an, da hier noch immer matriarchalische Strukturen herrschen. Daher hatten wir auch eine Kapitänin und keinen Kapitän. Bereits nach wenigen Minuten hielten wir an einer Anlegestelle, die im Gegensatz zum Startpunkt in Furong mit dem Auto erreichbar war. Dementsprechend stiegen hier noch zahlreiche Fahrgäste mit viel Gepäck ein, u.a. wurde auch ein motorisierter Handpflug verladen. Das Boot war nun rappelvoll und tuckerte gemütlich weiter in Richtung Dorf.
Bild 26: Kaum hatten wir abgelegt, mussten wir auch schon wieder anlegen. Spätestens jetzt wurde es im Boot so richtig kuschelig.
Wir passierten zunächst die Baustelle für eine imposante, in Bau befindliche Autobahnbrücke. Hier wird mitten durch stark zerklüftetes Gebirge eine Autobahn geschlagen. Kurz danach kam die Eisenbahnbrücke in Sicht. Jetzt noch ein Zug und das erste Eisenbahnbild des Tages wäre im Kasten. Leider kam aber kein Zug bis wir die Brücke passierten. Enttäuscht packte ich die Kamera wieder weg, als ich ein Geräusch vernahm. Das ist doch nicht noch etwa ein Zug? Tatsächlich, da bretterte doch gerade ein Zug auf die Brücke.
Bild 27: Die in Bau befindliche Autobahnbrücke, im Hintergrund befindet sich Furong.
Bild 28: Die nächste Brücke war die Eisenbahnbrücke. Und ich hatte Glück. Kurz bevor das Boot um die nächste Flussbiegung bog, kam doch tatsächlich ein Zug.
Die Eisenbahnstrecke folgte noch eine Weile dem Flusstal, bis sie sich ein Seitental verzog. Jetzt waren wir wieder alleine, nur ab und begegnete uns ein Boot oder an den Berghängen sah man ein kleines Dorf. Eine Straße dagegen gab es nicht mehr. Als die Bootsfahrt langweilig geworden war, bog unser Boot plötzlich in ein kleines Seitental und mäanderte immer tiefer in die Bergwelt hinein. Schließlich kam ein Bootsanleger in Sicht und alle stiegen aus. Schnell ergatterten wir noch die beiden letzten Plätze in einem Minibus und tuckerten los. Auf einem Betonweg ging es durch ein tief eingeschnittenes und mit dichtem Dschungel bewachsenes Tal noch tiefer in die Bergwelt hinein. Die Nebensitzerin meiner Frau fragte ganz erstaunt, was wir denn hier machen würden und wo wir heute Nacht denn überhaupt schlafen wollen. Meine Frau bekam Panik, ich dagegen fühlte mich immer besser. Eine herrliche, abgelegene Bergwelt, gewürzt mit etwas Abenteuer. So einen Urlaub hatte ich schon seit über drei Jahren nicht mehr. Ganz so schlimm war es dann aber doch nicht. Als wir das Dorf am Ende des Tales erreicht hatten und auf dem winzigen Dorfplatz ausstiegen, standen wir direkt vor dem „Homestay“ einer Bauernfamilie. Die Bäuerin wartete schon auf Kundschaft und zeigte uns das Zimmer, eine kleine, modrige Holzkammer auf Stelzen direkt über dem rauschenden Gebirgsbach und dem Schweinestall mit Sau und fünf Ferkeln. „Super, so eine Unterkunft hatte ich schon lange nicht mehr. Ich will mindestens zwei Tage hier bleiben“, sagte ich. „Ich will sofort nach Hause“, sagte meine Frau mit Tränen in den Augen. Letzteres ging aber schlecht, denn das nächste Boot für die Rückfahrt würde erst am nächsten Morgen um sieben Uhr ablegen.
Bild 29: Und wenn wir schon bei Eisenbahn sind, hier noch ein kleines Suchbild. Wer findet den Güterzug?
Bild 30: Immer wieder passierten wir kleine Dörfer am Flussufer. Irgendwo in den Bergen im Hintergrund lag unser Ziel.
Bild 31: In China ist man selbst in den abgelegensten Regionen nie alleine.
Bild 32: Hier endete unsere Bootsfahrt. Am Ziel angelangt waren wir aber noch nicht.
Bild 33: Unsere Unterkunft bei einer Bauernfamilie für die folgenden zwei Tage.
Bild 34: Einfach, aber zweckmäßig. Genau nach meinem Geschmack. Die Gerüche aus dem darunter liegenden Schweinestall kommen auf dem Foto leider nicht zur Geltung.
So machten wir zunächst einen Rundgang durch das Dorf, wobei wir viele Tiere sahen, was meine Frau wieder etwas versöhnlicher stimmte. Zudem war unübersehbar, dass alle Häuser einen Telefon- und Stromanschluss hatten. Das stimmte mich versöhnlich, schließlich hatte ich unsere Wette gewonnen. Am Ende des Dorfes entdeckten wir dann einen betonierten Wanderweg, dem wir für einige Zeit folgten. Allerdings kehrten wir vor Anbruch der Dämmerung wieder um. Meine Frau konnte ich zwischenzeitlich umstimmen und so konnten wir für eine weitere Nacht hier bleiben.
Bild 35: Eine Bäuerin kehrt von der Tagesarbeit auf dem Feld zurück und bringt gleich noch
ein bisschen Brennholz mit nach Hause. Die Kleidung sieht aber eher nach Laufsteg als nach
Feldarbeit aus. Ein Phänomen, das man des Öfteren im ländlichen China beobachten kann.
Bild 36: Am Ende des Dorfes führte ein betonierter Wanderweg in die Wildnis, dem wir noch ein Weilchen folgten, bis die Dämmerung hereinbrach und wir umkehren mussten.
Bild 37: Das idyllisch gelegene Bergdorf. Mit Strom und Telefonanschluss. Wette gewonnen!
Bild 38: Der örtliche Waschsalon befindet sich mitten auf der Dorfstraße.
Bild 39: Eine (etwas rustikal geratene) KTV-Lounge darf natürlich auch nicht fehlen.
Bild 40: Der örtliche Supermarkt hat ein übersichtliches Angebot, das aber alle Bedürfnisse abdeckt. Links neben der Waage gab es auch Saatgut zu kaufen. Wir kauften eine Tüte Schlangenbohnensamen für unseren Garten in Deutschland. Große Hoffnungen hatten wir nicht, zumal der Sommer 2015 in Deutschland ja viel zu heiß und zu trocken war, hier in Hunan ist ja eher fast das ganze Jahr hinüber feuchtwarm. Aber Chinesen sind hart im Nehmen. Wir ernteten mehr als 20kg der bis zu einen Meter langen Bohnen. Noch heute ist unsere Tiefkühltruhe voll davon.
Bild 41: Und selbst in den allerletzten Winkeln finden sich Propagandatafeln zum Thema Familienplanung. Im Dorf leben ausschließlich Angehörige der Tujia-Minderheit und die Ein-Kind-Politik galt ja noch nie für Minderheiten. Aufstiegschancen hat der lokale KP-Fürst aber nur, wenn er die aus Peking vorgegebenen Planzahlen erreicht. Da kann er dann schon mal ein paar Yuan in ein paar Propagandatafeln investieren.
Bild 42: Bei der Rückkehr konnte ich noch einen Blick in das Wohnzimmer unserer Gastgeber werfen. Die Wände sind tapeziert mit Postern diverser KP-Führer
und Generälen der Volksarmee. Die Fernseher mögen nicht mehr die modernsten sein. Dafür gibt es Internet und W-LAN, sogar schneller wie zuhause in Deutschland!
Am nächsten Morgen begannen wir mit der Erkundung der Umgebung. Es gab mehrere Wanderwege, allesamt wie in China betoniert und mit vielen Treppen. Trotzdem war es recht abenteuerlich, denn wir waren weit und breit die einzigen Wanderer, die Wege waren oft mit feuchtem Moos überwuchert und entsprechend rutschig. An steilen Stellen hatte man Stege und Treppen aus Eisen errichtet, die aber teilweise schon komplett durchgerostet waren. Zum Mittagessen kehrten wir wieder ins Dorf zurück und speisten in einem neuen Restaurant mit mehreren Tischen. Zuvor war uns schon die rege Bautätigkeit im Dorf aufgefallen. Wir waren ganz allein und fragten die Besitzerin daher, ob sich das Restaurant überhaupt tragen würde. Sie meinte dann, dass im Sommer schon die Hölle los wäre und die Touristen teilweise auf der Straße schlafen müssten. Seit zwei Jahren gäbe es Strom und Telefon und die Betonstraße hätte letztes Jahr das Dorf erreicht (die Anfahrt mit dem Boot ist aber noch immer schneller und weitaus billiger). Daher kämen jetzt immer mehr Touristen, was auch den Bauboom erklärt. Wenn erst einmal die Autobahn ins nicht weit entfernte Chongqing mit seinen 40 Millionen Einwohnern (die Baustelle der Brücke habe ich euch ja schon gezeigt) eröffnet wird, ist es mit der Idylle hier wohl endgültig vorbei.
Zum Abendessen kochte uns die Bäuerin ein einfaches, aufgrund der frischen Zutaten aber extrem leckeres Abendessen. Zum Nachtisch gab es dann noch etwas aus der hauseigenen Räucherkammer der Hausherrin. Mit Bier und Sonnenblumenkernen setzten wir uns auf die Veranda und genossen das Dorfleben. Die Männer zogen sich bald in die Hinterzimmer zum Mah-Jongg-Spielen zurück (auch der Dorfpolizist war wieder dabei), die Frauen trafen sich dagegen mit Kindern und Babys zum Tratschen auf der Straße. Niemand schaute fern oder starrte auf sein Smartphone, obwohl die Internetverbindung besser wie meine Verbindung in Deutschland war (wo ich Bewohner eines 2013 erschlossenen Neubaugebietes bin, die Telekom aber trotzdem nur 1 Mbit/s anbieten kann).
Bild 43: Unsere Wanderung führte uns unter anderem entlang dieses idyllischen Gebirgsbaches.
Bild 44: Der Wanderweg war entweder komplett betoniert oder führte auf Stahlstegen dem Gebirgsbach entlang. Sonderlich vertrauenserweckend war der Zustand des Wanderwegs allerdings nicht, ein einfacher Pfad wäre mir lieber gewesen.
Bild 45: Klares Wasser sieht man in China auch nicht mehr so oft ...
Bild 46: Ein Blick in die Räucherkammer unserer Hausherrin.
Ich hätte noch Tage hier verbringen können, aber am nächsten Morgen sollte ja bereits um viertel nach sechs der Minibus zum Bootsanleger fahren. Unsere Gastgeberin zeigte uns noch stolz Bilder ihrer beiden bildhübschen Töchter (die Bäuerin gehört ebenfalls der Tujia-Minderheit an), die in der großen Stadt studieren bzw. arbeiten, ihren Mann hatte sie längst vom Hof gejagt, dafür wohnte ihr Bruder wieder bei ihr, nachdem dieser ebenfalls von seiner Frau vom Hof gejagt wurde. Das Matriarchat lässt grüßen. Wir bezahlten noch unsere Rechnung, für zwei Übernachtungen incl.
Halbpension, Bier und Reiseproviant für die Rückfahrt bezahlten wir nicht einmal 40€. Am nächsten Morgen ging es dann wie geplant mit dem Minibus zum Bootsanleger. Die Bootsfahrt verlief genauso wie die Hinfahrt mit der Ausnahme, dass an Bord anstatt Mah-Jongg Karten gespielt wurde, die Einsätze betrugen allerdings wieder 20 Yuan pro Runde. In Furong musste ich dann den schweren Koffer mehrere hundert Treppen hochschleppen, mit einem Sammeltaxi ging es zum Busbahnhof, von wo aus wir nach einer längeren Verzögerung aufgrund eines heftigen Gewitterschauers mit genau gleichem Bus und Fahrer wie bei der Hinfahrt zurück nach Zhangjiajie fuhren.
Bild 47: Auf dem Rückweg mit dem Boot fuhr leider gerade kein Zug über die Brücke.
In Zhangjiajie wurden wir vom Chauffeur eines Freundes des Bekannten meiner Frau abgeholt. Der Freund war verantwortlich für alle regierungseigenen Informationsdienste vor Ort und hatte dementsprechenden Einfluss, was wir da eine oder andere Mal noch zu spüren bekamen. Zhangjiajie ist zwar nur ein kleines Städtchen, aber eines der wichtigsten Touristenzentren Chinas. Die Touristen kommen vor allem wegen der spektakulären Felsformationen, die angeblich auch die Macher von Avatar zum Vorbild nahmen (daher wird der Ort auch gerne als „Avatar Mountain“ vermarktet). Zunächst ging es ins Hotel, wo wir warten mussten, bis der Freund Zeit hatte.
Das Wetter hatte sich gebessert und zum ersten (und einzigen) Mal während unseres einwöchigen Aufenthaltes in Hunan schien kurz die Sonne. Ich plädierte daher trotz der bereits fortgeschrittenen Uhrzeit für den Besuch des „Tianmen Mountain“ (was so viel wie Himmelsberg bedeutet), zumal für den morgigen Tag grausames Wetter vorhergesagt war. Das wurde von unserem Gastgeber aber abgeschmettert, stattdessen wurden wir in das Museum der Minderheiten gekarrt. Mir schwante Übles. In Peking gibt es einen Minderheitenpark mit einer Abteilung für jede staatlich anerkannte Minderheit. Dort kann man dann Selfies mit Angestellten (alles Han-Chinesen und keine Angehörigen der Minderheiten) in der jeweiligen Minderheitentracht machen, über die Minderheit selbst sowie deren Bräuche und Tradition erfährt man gar nichts. Ganz so schlimm war es nicht. Es war eine Art Freilichtmuseum (mit u.a. dem laut Guinness Buch der Rekorde größten freitragenden Holzgebäude ohne Nagel), die Angestellten waren durchweg tatsächlich Angehörige der Minderheit und man erfuhr doch das eine oder andere über die Traditionen der Tujia- und Miao-Minderheiten. Hätte uns aber unser Gastgeber nicht nach einem kurzen Gespräch mit dem Leiter des Museums kostenlos reingebracht, wäre es aufgrund des Eintrittspreises von knapp 20€(!) pro Person rausgeschmissenes Geld gewesen.
Bild 48: In den Häusern besonders reicher Angehöriger der Tujia-Minderheit gab es früher ein spezielles Hochzeitszimmer. Jedenfalls lassen die chinesischen
Zeichen darauf schließen, die stehen nämlich für Hochzeit. Genauer gesagt ist es zweimal das Zeichen für Glück. Und doppeltes Glück bedeutet in China Hochzeit.
Weiter ging es dann in den alten Holzpalast eines ehemaligen Großgrundbesitzers. Hier galt das gleiche: schweineteurer Eintritt, für uns wiederum kostenlos. Man hatte sich zwar ein bisschen mehr Mühe wie sonst gegeben, um den Beton zu kaschieren. Aber auch so war deutlich ersichtlich, dass in der Kulturrevolution alles kurz und klein geschlagen wurde und erst vor wenigen Jahren halbwegs originalgetreu wieder aufgebaut wurde. Wenigstens gab es am Schluss noch eine eindrückliche Gesangsperformance. Die Tujia werden ja wie schon oben beschrieben für Aussehen und Gesangskunst in China gerühmt, nachdem ich das mit dem Aussehen die Tage zuvor bereits verifizieren konnte, folgte selbiges nun auch für die Gesangskünste.
Nach einem kurzen Abendessen folgte dann der vermeintliche Höhepunkt des Tages. Ein Open-Air-Musical vor der atemberaubenden Kulisse des „Tianmen Mountain“. Wiederum bekamen wir kostenlosen Eintritt und sogar überdachte VIP-Plätze. In alten Kunstledersesseln thronten wir über dem einfachen Volk, das tief unter uns auf billigen Plastiksitzen im Freien Platz nehmen musste, ich fühlte mich fast schon wie ein Angehöriger der nordkoreanischen Kim-Dynastie, die thronen auf Fotos auch oft auf solchen Kunstledersesseln. Das Musical war dann eher durchwachsen: das Bühnenbild spektakulär, die schauspielerische Leistung akzeptabel, die Musik so lala und die Handlung eigentlich nicht vorhanden (gottgleiche menschliche Jadefüchsin verliebt sich in armen, menschlichen Holzsammler, Hochzeit nicht möglich, nach 100 Jahren Wartezeit dann warum auch immer doch, es folgen zwei Kinder und Schluss).
Bild 49: Die Ahnentafel des Großgrundbesitzers. Im alten China hatten reiche Familien ein eigenes Gebäude für Feste, an dessen Wand eine große Ahnentafel die Geschichte der Familie über mehr als zehn Generationen darstellt. Dieses Bild zeigt nur einen Ausschnitt. Familie Mao hatte in Shaoshan ebenfalls so ein Gebäude, ich hatte euch im letzten Bericht aber kein Foto davon gezeigt.
Bild 50: Eine Panoramaaufnahme der Bühne des Open-Air-Musicals.
Der Wetterbericht sollte Recht behalten, am nächsten Tag war der Himmelsberg in den Wolken verschwunden. Trotzdem ging es zur Seilbahnstation. Eintritt für den Nationalpark und die
Seilbahnfahrt betragen weit über 100€ pro Person, daher mussten wir unserem Gastgeber zunächst in das Büro des Chefs der Seilbahn folgen. Nach ein paar warmen Worten wurden wir direkt über einen Seiteneingang zum Gondeleinstieg gelotst, wir mussten weder die teuren Eintrittskarten erwerben noch in der mehrere hundert Meter langen Schlange anstehen. Langsam wurde es mir fast schon peinlich. Die Seilbahn, übrigens ein Schweizer Fabrikat, brachte uns schnell auf den Gipfel. Dort herrschte Nebel mit Sichtweiten von maximal 20 Metern, Nieselregen, starker Wind und Temperaturen unter 10 Grad. Wir umrundeten einmal den Berg, u.a. auch den sehr bekannten Abschnitt, wo man einen Glasplattenweg direkt an die steile Felswand gebaut hatte. Bei dem Wetter war das aber witzlos, wer Bilder bei gutem Wetter sehen will, der klicke
hier. Mit dem Bus ging es dann über die ebenfalls sehr berühmte und atemberaubende Passstraße der 99 Kehren (Bilder
hier ) zum ebenfalls sehr berühmten Felsentor, durch das mehrere Wingsuit-Flieger bereits flogen. Aufgrund des Nebels konnte man das Tor aber allerhöchstens erahnen (Bilder bei gutem Wetter siehe
hier). Höhepunkt des Tages war die Rückfahrt mit der Seilbahn. Zum einen hatte man einen guten Panoramablick über den Bahnhof von Zhangjiajie, zum anderen saß gegenüber von mir eine Reiseleiterin für eine südkoreanische Reisegruppe (Südkoreaner können ohne Visum nach Zhangjiajie reisen), die vielleicht schönste Frau, die mir bis jetzt in Asien begegnet ist (außer meiner Frau natürlich ;-) ).
Bild 51: Und ab mit der Seilbahn in die Nebelsuppe. Zum Glück hatte die örtliche KP-Vertretung unseren Trip „gesponsert“,
ansonsten wäre ich wegen der weit über 100€ teuren Eintrittskarte für den Tianmen-Berg Amok gelaufen.
Bild 52: Absolutes Highlight auf dem vernebelten Berg waren die englischsprachigen Übersetzungen der Hinweisschilder. Man soll irgendwie keine Bänke in den See werfen,
das Symbol passt aber irgendwie nicht dazu. Mal abgesehen davon, dass es auf dem Berg weder (tragbare) Bänke noch einen See gegeben hätte ...
Bild 53: Höhepunkt des Ausfluges zum Tianmen-Berg war für mich die Seilbahnfahrt über den Bahnhof von Zhangjiajie.
Bild 54: Fast schon wie der Blick auf eine Modellbahn.
Bild 55: Das Bahnhofsgebäude von Zhangjiajie, ein Neubau, wie er so typisch für chinesische Bahnhöfe ist. Seine imposante Größe verdankt der Bahnhof auch nur dem Tourismus.
Zum Abendessen wurden wir dann von unserem Gastgeber abgeholt, im Schlepptau seine Assistenten und der örtliche Chef des staatlichen Tourismusbüros samt Entourage. Selbiger lud uns nochmal zu einem zweiten Besuch ein, schließlich hätten wir diesmal so Pech mit dem Wetter und viel zu wenig Zeit gehabt. Schau mer mal, würde der Kaiser sagen. Um neun Uhr abends sollte unser Flug zurück nach Peking gehen, der Chef des Tourismusbüros persönlich (bzw. sein Chauffeur) ließ es sich nicht nehmen, uns zum örtlichen Flughafen zu fahren. Als der Parkplatzwächter doch glatt Geld verlangte, bevor er die Schranke zum Parkplatz öffnete, bellte der Chef des Tourismusbüros ein paar scharfe Worte und schon öffnete sich die Schranke ohne Bezahlung. Wir hatten nur Economy-Class-Tickets, trotzdem wurden wir unverzüglich in die First-Class-Waiting-Lounge geleitet. Das hört sich jetzt toll an, aber außer ein paar Sesseln, Orangensaft und Keksen gab es nichts anderes, zumal der Flughafen schon erheblich in die Jahre gekommen war. Aber immer noch besser, als draußen auf dem Boden zu sitzen, denn der Flughafen war nicht nur in die Jahre gekommen, sondern mit der Touristenmasse heillos überfordert, und das in der Nebensaison. Kurz vor Abflug wurden wir in die Wartehalle des gemeinen Volkes geleitet. Viel Zeit sollten wir dort aber nicht verbringen, denn nach zehn Minuten folgte die Durchsage, dass alle Flüge nach Peking und Shanghai (insgesamt sechs Flüge) aufgrund von Überlastung an den Zielflughäfen auf unbestimmte Zeit verschoben würden. Willkommen im innerchinesischen Flugverkehr. Der vom Militär kontrollierte Luftraum ist überlastet und so werden die unwichtigsten Flüge als erste gestrichen. Also zurück in die First-Class-Lounge und dank W-LAN stundenlanges Surfen auf DSO. Ich übte schon mal verschiedene Liegepositionen auf dem Sessel aus, die Hoffnung auf einen Rückflug nach Peking hatte ich längst aufgegeben. Ich triezte meine Frau, schließlich hatte ich ja den Zug als Rückreiseoption vorgeschlagen. Mit dem wären wir jetzt schon zurück in Peking.
Bild 56: Die First Class Waiting Lounge im Flughafen von Zhangjiajie.
Bild 57: In diesen bequemen Sesseln arbeite ich die DSO-Auslandsforumhistorie der vergangenen drei Wochen auf. Zeit genug hatte ich ja.
Kurz nach Mitternacht klingelte dann das Handy meiner Frau. Unser Gastgeber meinte, dass unser Flug als einziger der sechs Flüge noch abheben würde. Wir sollten direkt rauskommen, dort würde der VIP-Bus schon auf uns warten. Die Damen am Schalter und der VIP-Sicherheitskontrolle waren sehr überrascht, kannten sie die Info doch nicht, aber sie ließen uns gewähren. Draußen stand tatsächlich der Bus und wir stiegen ein.
Nach hundert Metern hielt der Bus an einer schwarzen Audi A8 Limousine. Ich traute meinen Augen kaum. Unser Gastgeber entstieg der Limousine, öffnete zunächst einen Regenschirm und dann die hintere Türe. Ein Mann stieg aus und kam mit unserem Gastgeber, der als Regenschirm- und Kofferträger fungierte, in den Bus. Der Mann wurde mir als Bürgermeister von Zhangjiajie vorgestellt. Er war zum Appell nach Peking einbestellt und war zum Glück auf den gleichen Flug wie wir gebucht. Daher durfte unser Flug als einziger noch abheben. „Nice to meet you“, sagte er und schüttelte mir die Hand. Was sagt man nun dem Bürgermeister einer der wichtigsten Touristenstädte Chinas? Ich lobte seine saubere, grüne und moderne Stadt, unser Gastgeber übersetzte und der Bürgermeister lächelte. Weitere Konversation ergab sich nicht, zumal wir bereits das Flugzeug erreicht hatten.
Der Bürgermeister mag genügend Macht haben, um einen eigentlich abgesagten Flug nach Peking durchzudrücken. Die vom Präsidenten Xi Jinping gepredigte Enthaltsamkeit für Beamte wirkt aber inzwischen bis in die Provinz, der Bürgermeister durfte auch nur Economy fliegen und nahm zwei Reihen hinter uns Platz. Kurz nach drei Uhr nachts erreichten wir mit über vierstündiger Verspätung Peking. Die Gepäckarbeiter waren wohl schon alle schlafen, jedenfalls warteten wir mit vielen anderen Passagieren, die mit Flügen aus anderen chinesischen Städten, deren Namen ich zuvor nie gehört hatte, angekommen waren, fast eine Stunde auf das Gepäck. Immer wieder wurden andere Gepäckbänder angezeigt, die aber allesamt still standen. Wir hatten noch Glück, denn mein Schwiegervater hatte sich erbarmt und holte uns mitten in der Nacht ab. Die südkoreanischen Passagiere mussten nach Schlafplätzen suchen, hatten sie doch ihre Anschlussflüge in die Heimat längst verpasst. Die einheimischen Passagiere fluchten, denn U-Bahnen und Busse fuhren erst wieder um sechs Uhr und am Taxistand standen schon mehr als 200 Leute, Taxis dagegen waren weit und breit nicht zu sehen.
Was bleibt also von diesem Ausflug in die chinesische Provinz? In Hunan gibt es tolle Möglichkeiten für spektakuläre Eisenbahnfahrten und Eisenbahnfotos. Dörfer ohne Strom und Telefon gibt’s in China nicht mehr. Ich habe jetzt mehr Argumente in der Hand, um meine Frau zukünftig von Eisenbahnfahrten in China zu überzeugen. Und ich habe gelernt, dass organisierte All-Inclusive-Reisen unter Führung der kommunistischen Partei Vor- und Nachteile haben.
Nachdem ihr in den letzten beiden Berichten viel Off-Topic tapfer ertragen musstet, wird es in den nächsten drei Berichten wieder besser. Ich stelle euch das das chinesische Eisenbahnmuseum und das U-Bahnsystem von Peking ausführlich vor. Ich hoffe, dass ihr dann wieder dabei seid.
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