Aktivurlaub auf der Abraumhalde („Aua dA“)
Teil 10a: Im Heckeneilzug dabei, einmal quer durch die Mandschurei in die Innere Mongolei (1.Etappe)
Im
letzten Bericht hatten wir unseren Aktivurlaub in der Clubanlage von Fuxin zu unserer vollsten Zufriedenheit beendet. Der Cluburlaub war damit aber nicht zu Ende, vielmehr sollte es weiter zur nächsten Clubanlage in der Inneren Mongolei gehen. Stilgerecht erfolgte der Transfer natürlich mit dem Zug. Und im Gegensatz zur Anreise nach Fuxin mit dem Hochgeschwindigkeitszug sollte es diesmal das andere Extrem sein: eine Fahrt mit dem Heckeneilzug einmal quer durch die Mandschurei. Genießt in diesem Bericht also eine Fahrt mit der Eisenbahn, wie sie sein sollte: Füße hochlegen, Sonnenblumenkerne zum Knabbern auf den Tisch legen und einfach zum Fenster rausschauen, wo Landschaft und Menschen langsam vorüberziehen …
Zunächst einmal noch ein paar Worte zu Zuggattungen in China. Nahverkehrszüge gibt es in China eigentlich nicht (wenn man von ganz wenigen Ausnahmen absieht). In den großen Städten gibt es U-Bahnnetze, in den kleineren Städten und auf dem Land Busse, Taxis, Motorräder und Lastwagen für den Nahverkehr. Es gibt aber neben den vielen Schnellzügen auch langsame Züge abseits der Magistralen, die aber durchaus ziemlich lange Läufe haben können und damit durchaus an die bei uns längst ausgestorbene Gattung der Heckeneilzüge erinnern (daher auch die Überschrift). Diese Züge haben meist nur Sitzwagen der zweiten Klasse, kein Gepäck- und/oder Speisewagen und halten an jeder „Reisschüssel“. Das soll jetzt nicht heißen, dass der Zug alle zehn Minuten hält. Vielmehr kann es sein, dass der Zug auch mal zwei Stunden fährt, ohne ein einziges Mal zu halten. Dann gibt es neben den Schienen eben nicht einmal eine Reisschüssel.
Unser Zug „K7562“ hatte sogar die Gattung „K“ (Kuaisu = schnell), entsprach aber sowohl von Wagenmaterial, als auch von Reisegeschwindigkeit eher einem Zug der niedrigsten Gattung. Zunächst ein Blick auf den Zuglauf von „K7562“:
Bahnhof | Ankunft | Abfahrt | km |
Shenyang | | 10:12 | 0 |
Xiaodong | 11:42 | 11:44 | 107 |
Xinlitun | 11:59 | 12:02 | 121 |
Daba | 12:23 | 12:25 | 141 |
Ajin | 12:58 | 13:00 | 170 |
Fuxin | 13:15 | 13:19 | 182 |
Qinghemen | 13:51 | 13:53 | 216 |
Yi County | 14:27 | 14:30 | 253 |
Zhoujiatun | 14:49 | 14:55 | 271 |
Shangyuan | 15:06 | 15:08 | 281 |
Beipiao Nan | 15:39 | 15:43 | 301 |
Nenjia | 16:00 | 16:02 | 317 |
Chaoyang | 16:29 | 16:33 | 342 |
Dapingfang | 17:14 | 17:16 | 373 |
Gongyingzi | 17:57 | 17:59 | 407 |
Yebaishou | 18:21 | 18:25 | 427 |
Shahai | 18:58 | 19:04 | 450 |
Tianyi | 19:19 | 19:21 | 465 |
Pingzhuang Nan | 20:24 | 20:26 | 510 |
Pingzhuang | 20:35 | 20:38 | 519 |
Yuanbaoshan | 21:03 | 21:05 | 547 |
Chifeng | 21:35 | | 574 |
Bild 0: Zug „K7562“ startet in Shenyang, der Hauptstadt der Provinz Liaoning und endet in Chifeng, einer der größten Städte in der Autonomen Region „Innere Mongolei“.
Benutzt werden dabei fast ausschließlich eingleisige, nicht elektrifizierte Nebenstrecken abseits der wichtigen Magistralen. Für die 574km benötigt der Zug 11:23 Stunden,
macht eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von ca. 50km/h. Ich reiste mit diesem Zug nur 392km und gut sieben Stunden von Fuxin nach Pingzhuang,
daher habe ich auch nur den Abschnitt von Fuxin nach Pingzhuang in der Karte schwarz eingezeichnet. Shenyang liegt übrigens ganz rechts in der Karte.
Bild 1: Die Fahrt verläuft von Fuxin zunächst in südwestlicher Richtung bis Yixian (Yi County). Dort zweigt die Strecke in westlicher Richtung nach Chaoyang ab.
Chaoyang ist die größte Stadt zwischen Fuxin und Pingzhuang. Von Chaoyang geht’s es weiter in Richtung Westen bis Yebaishou (Jining). Dort zweigt die Strecke
Richtung Norden nach Chifeng ab. Kurz vor Chifeng haben wir dann Pingzhuang (Yuanbaoshan) in der Autonomen Region „Innere Mongolei“ erreicht.
Bild 2: Meine Fahrkarte für die Fahrt von Fuxin nach Pingzhuang. Der Spaß beginnt um 13:19 auf Platz 002 in Wagen 8 und kostet gerade mal 28,50 Yuan (umgerechnet knapp 4€).
Für den Preis komme ich mit der S-Bahn von meinem Wohnort nicht einmal zum 15km entfernten Hauptbahnhof in Frankfurt. Die Hinfahrt im HGV war mit 0,30 Yuan/km ebenfalls viel
teurer wie die jetzige Weiterfahrt mit 0,07 Yuan/km (umgerechnet ca. 1 Cent/km). Warum auf der Fahrkarte nur meine Passnummer und nicht auch mein Name steht, konnte mir niemand erklären.
Genug der Theorie, hinein in die Praxis. Mr. Gu fuhr uns zum Bahnhof, der vor wenigen Jahren im typisch chinesischen Neubaustil mit viel Glas, Beton und Stahl neu gebaut wurde. Für die gerade mal gut zehn Züge pro Tag und ein einziges Bahnsteiggleis ist das Gebäude definitiv überdimensioniert. Der Abschied von Mr. Gu fiel herzlich aus verbunden mit dem Wunsch auf ein baldiges Wiedersehen. Ich betrat mit Jun nach der obligatorischen Gepäck- und Fahrkartenkontrolle die überdimensionierte Wartehalle und setze mich. Zehn Minuten vor Ankunft des Zuges bildete sich an der Bahnsteigsperre eine Schlange, in die wir uns einreihten. Wir mussten allerdings länger als geplant warten, denn unser Zug hatte bereits knapp zehn Minuten Verspätung und selbst an diesem kleinen Bahnhof darf man den Bahnsteig erst betreten, wenn der eintreffende Zug zum Halt gekommen ist.
Bild 3: Schlange vor der Bahnsteigsperre im Bahnhof von Fuxin.
Bild 4: Alles muss mit. Und anstatt von Rollköfferchen, wie sie mittlerweile auch in China
in den HGV-Zügen am weitesten verbreitet sind, erfolgt der Transport in den „normalen“
Zügen noch immer größtenteils in Säcken. Man beachte übrigens auch die Vase mit den
Plastikblumen vor jedem Fenster im Hintergrund. Sie verleihen dem ansonsten sehr spröden
Bahnhof eine heimelige Atmosphäre und erzeugen beim Fahrgast ein Gefühl der Geborgenheit.
Schließlich rumpelte der Zug, gezogen von einer DF4D, mit einer langen Wagenschlange in den Bahnhof und wir konnten uns auf die Suche nach unserem Wagen machen. Hat bei den Schnellzügen jeder Wagen einen Schaffner, sind bei den langsamen Zügen meist zwei oder mehr Waggons unter der Fuchtel einer Schaffnerin/eines Schaffners. So konnten wir in unseren Wagen acht gar nicht einsteigen, sondern mussten über Wagen zehn den Zug besteigen. Aufgrund der durchaus doch recht großen Menschmasse, die in Fuxin den Zug bestieg, ging ich von einem vollen Zug aus. Die Masse verteilte sich aber gut auf die gesamte Zuglänge und unser Wagen war zu nicht einmal einem Viertel besetzt. So suchten wir auch nicht nach unseren Plätzen, sondern fläzten uns auf eine der geräumigen, mit Kunstleder überzogenen Sitzgruppen. Endlich mal keine Hartschalensitze mit Kratzbürstenbezug. Kindheitserinnerungen an Fahrten in den damals schon immer seltener werdenden Silberlingen wurden geweckt: geöffnete Fenster, verschwitze Oberschenkel, die im Sommer immer so schön auf den weinroten Kunstledersitzen klebten, vorbeigleitende Telegrafenstangen, das Klack-Klack der Schienenstöße... Damals hat Zugfahren in Deutschland noch Spaß gemacht…
Bild 5: Am Bahnsteig von Fuxin.
Bild 6: Der Wagenverband unseres Zuges hatte sogar noch einen längeren Lauf. Unser Zug lief von Shenyang nach Chifeng,
die Wagen kamen vorher sogar noch mit Zug 4205 aus Nanfen (das liegt an der Strecke von Shenyang nach Sinuiju in Nordkorea).
Bild 7: Für Wagenfetischisten hier noch die Wagennummer. UIC-Nummer? In China? Die Wagen haben übrigens schon die neue
Lackierung in schwarz mit gelben Zierstreifen. Diese Farbgebung soll die seit Jahrzehnten verwendete grün-gelb Lackierung ablösen.
Bild 8: Im Inneren des Wagens sah es dann übrigens so aus.
Bild 9: Blick auf den im Waggon ausgehängten Fahrplan mit ausgewählten Zügen.
Bild 10: Und wenn wir schon bei der Inneneinrichtung sind: hier noch ein Blick in die Toilette.
Bild 11: Am Bahnhof von Fuxin standen einige interessante Wagen herum. Sieht irgendwie nach Kühlwagen samt Begleitwagen aus.
Bild 12: Es heißt Abschied nehmen von Aktivurlaub auf der Abraumhalde in Fuxin. Während unser Zug Richtung Pingzhuang langsam aus dem Bahnhof gleitet, fällt der Blick auf
die Abraumhalde, von der gerade eine Dampflok unter voller Rauchentwicklung wieder in Richtung Mine zurückkehrt, um die nächste Fuhre Abraum wieder auf die Halde zu schieben.
Die Fahrt ging zunächst durch pottebene Landschaft, geprägt von kleinparzelligen, abgeernteten Maisfeldern und kleinen Dörfern mit einstöckigen Häusern aus Lehmziegeln. Unterbrochen wurde das Einerlei nur ab und an von Kohleminen, von Ein-Mann-Betrieben mit gerade mal fünf Meter hohen Fördertürmen bis hin zu gigantischen Großanlagen, und Abraumhalden. So mancher Bahnhofsname klang vertraut, gab es hier doch einst ebenfalls Zechenbahnen mit jeder Menge Dampf. Aber außer Fuxin und unserem heutigen Reiseziel Pingzhuang hat es sich in dieser Gegend schon länger „ausgedampft“.
Bild 13: So sieht es in weiten Teilen der Provinz Liaoning aus. Abgeerntete Maisfelder, dazwischen ducken sich einstöckige
Wohngebäude aus Lehmziegel, im Hintergrund der blaue Förderturm einer Kohlezeche und die imposanten Abraumhalden.
Bild 14: Neben den großen Zechen gibt es vielerorts auch kleine Gruben, oftmals nur Familienbetriebe. Hier lag eine solche Mine direkt neben den Bahngleisen.
Einen Bahnanschluss oder gar eine eigene Dampflok hat die Familien-Mine natürlich nicht. Trotzdem würde ich auch so eine Mine mal gerne anschauen.
Bild 15: Auf die kleinen Familienzechen folgen wieder die Großbetriebe mit ihren hohen Fördertürmen und mächtigen Abraumhalden (im Hintergrund).
Zwischen den Häusern wird jeder freie Quadratzentimeter zum Anbau von Mais benutzt. Typisch sind die einstöckigen Gebäude aus Lehmziegeln mit den
großen Innenhöfen, die insbesondere im Winter Schutz vor den eisigen Winden bieten, die direkt aus Sibirien hier herunter blasen.
Bild 16: Typisch chinesischer Dorfbahnhof. Man beachte insbesondere die Bambi-Statue am linken Bildrand, die über den grob mit
Platten befestigten Bahnsteig wacht. Der Bahnhof war allerdings so unbedeutend, dass nicht einmal unser Bummelzug hier anhielt.
Bild 17: Durchfahrt eines typischen Bauerndorfes. Vor den niedrigen Häusern aus Lehmziegeln lagern die getrockneten Stängel der letzten Maisernte.
Sie dienen als Tierfutter und Brennmaterial. Die Moderne hat allerdings in Form von Stromleitung und Solarkollektor auf dem Dach bereits Einzug gehalten.
Bild 18: Während die großen Zechen die Kohle meist direkt per Bahn verfrachten, wird die Kohle aus den kleinen Zechen meist auf Kohlensammelplätzen wie diesem
gesammelt und teilweise schon zu Briketts verarbeitet. Vor allem auf dem Land wird in China noch immer mit Kohle gekocht und geheizt. Die Anlieferung erfolgt mit
kleinen LKW, an den Sammelplätzen werden dann große LKWs beladen, die Kohle und Briketts entweder direkt zum Kunden oder bis zum nächstgrößten Verladebahnhof bringen.
Bild 19: Bauernfamilien mit kleinteiligen Parzellen bilden in China noch immer das Rückgrat der landwirtschaftlichen Produktion, selbst Traktoren
sind als Hilfsmittel nur sehr selten zu sehen. Großbetriebe und Massenzucht, wie es sie bei uns in Deutschland fast ausschließlich gibt, sind in China
noch eher selten. Im Hintergrund nutzt eine Bauernfamilie das warme und trockene Wetter zum Trocknen von Maiskolben auf dem Dach ihres Hauses.
Bild 20: An einem weiteren Dorfbahnhof überholten wir einen wartenden Güterzug, der von einer Diesellok der Baureihe HXn3 gezogen wurde. Die Baureihe HXn3
wurde ursprünglich von EMD entwickelt, mittlerweile erfolgt der Bau aber komplett in China bei Dalian Locomotive Works. Seit 2008 wurden 332 Exemplare gebaut,
die dieselelektrischen Loks der Achsfolge Co’Co‘ wiegen 150t und schaffen bei einer Leistung von 4,7MW eine Höchstgeschwindigkeit von 120km/h. Eingesetzt
werden sie praktisch ausschließlich im Güterverkehr sowie bei der Bauvariante mit nur einem Führerhaus (30 Exemplare) in Doppeltraktion auf der Tibetbahn.
Bild 21: Leider entdeckte ich das Pferdegespann auf dem Weg zum Bahnübergang in einem kleinen Dorf zu spät, so dass mir trotz des
gemächlichen Zugtempos nur noch eine suboptimale Aufnahme gelang. Auf dem Dach im Hintergrund werden wiederum Maiskolben getrocknet.
Bild 22: Einer der zahlreichen Flüsse (in diesem Fall der Daling-Fluss), die die Ebene meist von Nord nach Süd durchziehen. Über die Straßenbrücke im Hintergrund
waren wir vor einer Woche nach Fuxin gekommen. Die weiße Färbung des Wassers in der Mitte ist übrigens kein Schaum aus den Abwässern, wie man aufgrund des
Industriekombinats im Hintergrund vermuten könnte, sondern Eis. Obwohl die Tagestemperaturen Ende März oft schon bei +10° liegen, hält sich das Eis in den Flüssen
noch lange. Ein Zeichen, wie tief die Temperaturen hier im Winter fallen können, obwohl das Meer gerade mal 100km entfernt ist und die Gegend auf der gleichen
geografischen Breite wie der Mittelmeerraum liegt. Aber es gibt eben kein Gebirge oder große Gewässer, die die arktischen Luftmassen aus Sibirien auf ihrem Weg nach Süden aufhalten könnten.
Bild 23: Nach gut einer Stunde Fahrtzeit haben wir wieder die erste Stadt seit Fuxin erreicht: Yixian. Wie in Fuxin hat auch hier der Immobilienrausch Einzug gehalten.
Die Neubauten sind zwar etwas niedriger, aber auch hier gibt es wie in Fuxin eigentlich keinerlei Bedarf. Die Bevölkerung schrumpft und die jungen Leute zieht es in die
großen Städte. Nachdem die Regierung den Immobilienboom in den großen Städten mit vielen Zwangsmaßnahmen eingedämmt hat, weichen die Spekulanten auf die kleinen
Städte in der Provinz aus. Hoffentlich wird dieser Boom nicht so schnell zu Ende sein, sonst droht hier die nächste Weltwirtschaftskrise, die uns auch in Deutschland massiv treffen wird.
Bild 24: Den Bahnhof von Yixian hat der Modernisierungswahn noch nicht ergriffen. Der Wasserturm steht noch und von Bahnsteigüberdachungen und Bahnhofgebäuden mit viel Glas,
Stahl und Beton ist (noch) nichts zu sehen. Praktisch alle freien Gleise sind mit Güterzügen belegt, die entweder volle Kohlewaggons oder in Gegenrichtung Leerwaggons am Haken haben.
Bild 25: Die Weichenwärter an der Bahnhofsausfahrt von Yixian genießen die warmen Sonnenstrahlen. Während ihre Bude wohl noch aus
der Anfangszeit des Eisenbahnbaus stammt, kann man das von den Wohnhäusern im Hintergrund nicht unbedingt behaupten.
Yixian bedeutet übrigens „Gebiet der Gerechtigkeit/Rechtschaffenheit“ oder „Bedeutendes Gebiet“. Ob das noch immer stimmt?
Nach einiger Zeit verließen wir dann die Ebene und es wurde hügeliger. Auf halber Ebene schlängelte sich der Zug an Hängen von ausgedehnten Flusstälern entlang. Die putzigen Bahnhofsgebäude entlang der Strecke stammen allesamt noch aus der Zeit des Bahnbaubeginns, die Bahnübergänge sind selbst bei kleinsten Feldwegen noch mit einem Schrankenwärter besetzt, Eisenbahnerherz, was willst du mehr? Ich hätte noch das Fenster öffnen können und den Kopf in den Fahrtwind stecken können, aber dazu war es trotz des strahlend blauen Himmels zu kalt. Teilweise waren die Bahnhöfe, an denen wir hielten, so klein, dass es nicht einmal Bahnsteige für die gesamte Zuglänge gab. So musste ausgerechnet an solch einem Bahnhof ein älteres Ehepaar aus unserem Wagen steigen. Gemeinsam mit dem Schaffner trugen wir die beiden aus dem Zug, denn von der letzten Stufe des Wagens bis zum Boden war mangels eines Bahnsteigs noch über ein Meter Höhendifferenz zu überwinden! Und da beschwert man sich in Deutschland über Bahnsteige, die 10cm zu hoch oder zu niedrig sind…
Bild 26: In Ziegeleifabriken wie dieser werden die Lehmziegel hergestellt, mit denen auf dem Land noch immer fast alle Gebäude gebaut werden.
Die bisher pottebene Landschaft weicht jetzt mehr und mehr einer Hügellandschaft, durch die sich unser Zug gemächlich schlängelt.
Bild 27: Die Landschaft ändert sich, die typischen Bauerndörfer bleiben aber die gleichen.
Bild 28: Wir halten am herausgeputzten Bahnhof von Shangyuan. Irgendwie erinnert mich die Architektur an Frankreich, allerdings waren die Franzosen nicht hier im hohen
Norden, sondern nur tief im Süden China einst im Eisenbahnbau tätig. In der Mandschurei erfolgte der Bau der Eisenbahn zunächst unter russischer, später japanischer Führung.
Bild 29: Mit Ausnahme der Kabel, der Fensterscheiben und dem Stern am
Giebel präsentiert sich das Bahnhofsgebäude noch im Originalzustand.
Bild 30: Die typischen, alten Bahnhofsschilder aus gegossenem Beton geben neben dem Bahnhofsnamen auch die jeweils nächsten
Bahnhöfe in beiden Richtungen an. „Shang“ bedeutet übrigens oben, „yuan“ bezieht sich in diesem Fall auf die einstige Yuan-Dynastie.
Bild 31: Im nächsten Flusstal dann wieder die typischen Behausungen. Die roten Schriftzüge an den Eingängen stammen noch vom chinesischen Neujahr,
das knapp einen Monat zuvor begrüßt wurde, und wünschen natürlich alles Gute für das neue Jahr. Besonders gut ist 2015 aber nicht, es ist das Jahr der
Ziege/des Schafes und damit das mit Abstand schlechteste Jahr im 12-jährigen Zyklus. Das beste Jahr ist das Drachenjahr, das letztmalig 2012 gefeiert wurde.
Bild 32: Der Weichenwärter an der Einfahrt in den Bahnhof von Beipiao Nan scheint nicht besonders glücklich zu sein, dass ihn unser Zug in seiner Ruhe gestört hat.
Bild 33: Das Bahnhofsgebäude des Südbahnhofs von Beipiao ist auch nicht gerade modern, aber weitaus jünger als die bisherigen Bahnhofsgebäude
entlang der Strecke. Das liegt sicherlich auch daran, dass rund um Beipiao einige große Minen und Industrieanlagen mit eigener Bahn liegen.
Bild 34: Der eine oder andere Eisenbahnfreund wir den Namen Beipiao (sowie des nicht weit entfernten Nanpiaos) vielleicht schon einmal gehört haben,
denn hier verkehrten auf den Industriebahnen auch noch lange Dampfloks. Mit der Dampfherrlichkeit ist es hier aber auch schon wieder einige Jahre vorbei.
„Piao“ bedeutet übrigens Fahrkarte oder Banknote, „Bei“ ist der Norden und „Nan“ der Süden. „Bei Piao Nan“ ist also der südliche Bahnhof (der eigentliche
Bahnhof von Beipaio liegt an der nicht von der Staatsbahn bedienten Industriebahn) der nördlichen Fahrkarte/Banknote.
Bild 35: Statt Dampfloks stehen in Beipiao leider moderne Dieselloks herum, hier wiederum eine dieselelektrische Lok der Baureihe HXn3
(nähere Beschreibungen zu der Baureihe siehe Bild 20). Die ausgedehnten Gleisanlagen und die abgestellten Kesselwagen deuten darauf hin,
dass auf der Industriebahn von Beipiao zwar keine Dampfloks mehr, dafür aber noch immer reichlich Güterzüge mit Dieselloks verkehren.
Bild 36: Beipiao liegt in einem ausgedehnten Flusstal, in dem sich die abgeernteten Maisfelder bis zum Horizont erstrecken.
Bild 37: Unser Zug durchquert das Flusstal und schlängelt sich entlang der Hügelkette, um selbige irgendwann zu überqueren und in das nächste Tal hinabzufahren.
Im Hintergrund fressen Schafe die letzten Überbleibsel von den abgeernteten Maisfeldern. Wenn man diese trockene, graubraune Landschaft sieht mag man gar nicht glauben,
dass es hier im Sommer sattgrün ist. Ähnliches kennt man ja auch vom berühmten Jingpeng-Pass, der gar nicht so weit entfernt von hier liegt.
Bild 38: Einer der unzähligen Bahnübergänge an der eingleisigen Strecke. Jeder noch so kleine Feldweg hat seinen eigenen Bahnübergang und alle, wirklich alle Bahnübergänge sind besetzt!
Bild 39: Anstatt Pferden werden hier oben im Nordosten Chinas die noch robusteren Esel als Arbeits- und Zugtiere sowie als Fleischquelle
(schmeckt übrigens gar nicht so schlecht) gehalten. Im Winter müssen sich die Esel mit den getrockneten Maisstängeln als Futter zufrieden geben.
Bild 40: Ich weiß, so langsam gehe ich euch mit den Bildern der Bauerndörfer entlang der Strecke auf den Sack.
Bild 41: Auf den „modernen“ Bahnhof Beipiao folgt der wiederum altertümliche Bahnhof von Nenjia. Hier waren die Bahnsteige übrigens so kurz,
dass wir ein älteres Ehepaar, welches hier aussteigen wollte, auf praktisch freier Strecke aus dem Wagen hieven mussten.
Bild 42: Der örtliche Fahrdienstleiter steht stramm, während unser Zug langsam in seinen Bahnhof rollt.
Bild 43: Ein weiterer Fahrdienstleiter steht stramm, als unser Zug seinen Bahnhof passiert. Nur die Turnschuhe passen irgendwie nicht zum Gesamterscheinungsbild.
Damit endet dieser Bericht zunächst. Den zweiten Teil der Fahrt bis zum Etappenziel Pingzhuang gibt es dann im nächsten Bericht. Aussteigen während der Fahrt ist trotz der geringen Geschwindigkeit nicht erlaubt, deswegen seid Ihr alle beim nächsten Bericht wieder dabei!
Inhaltsverzeichnis Aktivurlaub auf der Abraumhalde („Aua dA“)