Hallo Gemeinde,
letzte Woche war ich als Reiseleiter für die Tanago-Gruppe in Wales. Ziel waren 4 walisische Schmalspurbahnen: von der „riesigen“ Spurweite der WHR/FR mit 597 mm über die Talyllyn-Bahn bis zu 381 mm bei der Fairbourne Railways war alles dabei.
An jedem Tag der Reise standen unterschiedliche Fotozüge auf dem Programm: auf der WHR eine Doppel-NGG16-Garratt-Bespannung eines aus südafrikanischen Güterwagen gebildeten Zuges, dazu noch ein kurzer GmP mit der K1 an ihrem aller-allerletzten Arbeitstag, dann diverse Züge auf der Festiniog Railways, eine über 150 Jahre alte Zuggarnitur bei der Talyllyn Railways, plus ein Güterzug bei der Fairbourne Railways... um allen Freunden der 381 mm-Spur gleich das Weiterlesen zu vermiesen, sei gesagt: der Besuchstag bei der Fairbourne Railways war der einzige Tag, an dem es fast durchgehend regnete! Wir machten also eine proforma-Fahrt über die Strecke, stiegen in Fairbourne wieder in den Bus ein, fuhren nach Porthmadog zurück und erlebten dort einen herrlichen sonnigen Spätnachmittag mit einer echten Überraschung... doch dazu später mehr.
Grundsätzlich sei gesagt: es gab an 5 von 7 Fototagen Sonne. Nicht immer Sonne satt, aber genug, um einmalige und ich glaube, ganz vernünftige Bilder hinzukriegen. Einziges Manko: am Aberglaslyn-Paß gelang uns an 2 Tagen keinen einziges Sonnenbild, dafür gab es an anderen Fotostellen einfach nur perfektes Sonnenwetter mit klarer Luft, Regenbögen, Streiflicht, und und und. Wenn da nur die völlig übernäßten Wiesen nicht gewesen wären... und irgendein Regenbild mußte sein, damit wir den Spott der zuhausegebliebenen Besserwisser auch füttern konnten: „Was, Du fährst nach Wales? Wo es IMMER REGNET? Na dann viel Spaß!“, verbunden mit einem mitleidigen Lächeln ob soviel Irrwitz des Unterfanges.
Mal schauen, wer es wagt, auf die Neuauflage der Tour, nein, eher eine weiterentwickelte Version mit noch besseren Fotozügen, im November 2015 mitzukommen? Obwohl... haben wir dann auch so viel Sonnenglück?
Der erste Tag fing morgens früh um 08:00 in Dinas an: unsere Truppe versammelte sich am Bahnhof der Welsh Highland Railways und schaute der NGG16-Garratt 137 beim Zusammenrangieren der Güterwagen zu. Very British war das Einsteigen in die Personenwagen noch nicht erlaubt: dazu mußte der Zug erst mit einer Aufsicht besetzt werden – ob die Wagen nun am Bahnsteig standen oder nicht. Gottseidank REGNETE es nicht!
Irgendwann war dann das Rangieren beendet und wir fuhren los. Und immer weiter. Vor uns dampfte die Garratt, hinter uns dröhnte der Schubdiesel. An den Fotohalten wurde der Zug dann getrennt: Dampflok und Güterwagen für die Fotografen, Diesel und Personenwagen verblieben „unsichtbar“ im Bahnhof oder auf der Strecke.
Es REGNETE immer noch nicht! Was war los in Wales?
Natürlich änderte sich dies prompt, als wir zum ersten Fotohalt antraten: Wolke, Sonne, wieder Wolken. Aber nicht lange genug. Der starke Wind trieb die Wolken vor sich her, riß sie auch immer wieder auf und eröffnete so ziemlich kurzfristige Fotomöglichkeiten. Aber das mit der Kurzfristigkeit war so eine Sache: unser Dampfzug war halt foto- und videofreundlich etwas weiter weg geparkt, bis dann die Kommunikation zwischen Funkgerät und Lokmannschaft aufgebaut war, flog schon wieder der nächste Wolkenschatten über den Berg.
Nach gefühlten Stunden des Wartens dann endlich ein unglaublich großes blaues Loch. Jetzt aber! Erster Versuch: zu viel Wind – der Abdampf der Loks legte sich zu tief über den Zug. Außerdem dampfte die führende Garratt aus den falschen Öffnungen: oben kam teils weniger Dampf raus als unten...
Also wieder zurück, und nochmals angefahren. Klappte besser! Immer noch Sonne satt. Also zum dritten Mal. Herrje: immer noch keine Wolke zu sehen. Nochmals zurück. Und dann passierte es: aus dem Nichts raste eine pechschwarze Wolke heran, unser Güterzug stand noch in Warteposition, unsere Personenwagen irgendwo auf der Strecke – und es begann zu REGNEN! Zuerst nur wenige Tropfen, und dann wolkenbruchartig. Es gibt Momente, wo ich mir Briefmarkensammeln als Hobby vorstellen kann.
Wir sehnten das nächste blaue Loch herbei. Erste Wetten kursierten: würde die Sonne hinter den Wolken bleiben, oder sich im blauen Himmel zeigen? Blau gewann. Die letzte Scheinanfahrt an dieser Position war im Kasten.
Nur um uns zu zeigen, wer hier wirklich das Sagen hat, schickte der Wettergott nochmals einen kurzen REGEN-Schauer zu uns, während wir auf die Zuführung unseres Personenzuges warteten. Die Briefmarkensammlung wurde wieder sehr attraktiv...
Nächster Fotohalt, gleiches Spiel: aussteigen, 500 Meter vom rettenden Wartehäuschendach entfernt sein, geduldig auf Zug und REGEN warten. Ich muß gestehen, ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß sich ein schwarzer Himmel so schnell in lockeres Weiß-Blau verwandeln kann. Fast ohne Feuchtigkeit von oben konnten wir unsere gefühlt Hunderte von Scheinanfahrten zelebrieren. Von unten, von oben, dicht dran, weiter weg, mit und ohne Schafe. Wer da nicht zum Schuß kam, machte definitiv etwas falsch. Dummerweise führte uns der Weg zu fast allen Fotostandorten immer durch eine mehr oder minder nasse Wiesen- und Hochmoorlandschaft. Eher mehr. Was wir oben sparten, setzte uns unten zu. Eine der Fotografen schaffte es sogar, auf der Suche nach einem total exklusiven Punkt bis zum Oberschenkel in einem Wasserloch zu versinken. Während es bei der A-Note Abzüge gab (ohne Salto und Drehung einfach so in ein Wasserloch treten), war die Haltungsnote mit krampfhaft nach oben gereckter Kamera nicht mehr verbesserungsfähig! Ich sammelte Bonuspunkte, als ich (Nikon-Fuzzer) mithalf, diesem Canon-Fotografen aus seiner etwas unpäßlichen Lage rauszuhelfen.
Sichtbar manipuliert...
So... wer findet den Beweis meiner schlecht umgesetzten künstlerischen Fantasie?
Tja, dann kam der Aberglaslyn-Paß. Was soll ich sagen: dunkel. Sehr dunkel. Die ISO-Werte schnellten nach oben. Die Feuchtigkeitswerte auch. Es gab aber auch nicht den Hauch einer Chance auf Sonne, eine solide grau-schwarze Wolkendecke hing über uns – und der Wind führte immer wieder neues Material aus Irland herbei. War ganz interessant: die wahren Wetterprofis schauten sich nicht die Vorhersage für, sagen wir mal, Porthmadog an, sondern die der östlichst gelegenen irischen Wetterstation. So wußten sie bereits eine Stunde vorher, was uns bei vorherrschendem Westwind erwartete. Nicht dumm!
Man sagte mir, ich solle "nicht immer so´n Photoshop-Scheiß" machen. Ok. Also nur 3 Spielereien für diese Session :-)
Der vorletzte Photoshop-Exzeß heute
Mittlerweile hatten sich eine Vielzahl von Wanderern in der Schlucht versammelt, die natürlich alle auf den Felsen im Vordergrund rumturnen mußten. GRRRRRRRRR.
Vom Paß in die Ebenen vor Portmadog heruntergerollt, blieb unser Zug dann auf freier Strecke stehen: der Generalsstab tagte. In der Ferne war ein heller Streifen unter dem dunklen REGEN-Wolken zu sehen, der sich stetig in unsere Richtung bewegte. Was tun? Hier warten? Weiterfahren zur nächsten Schlammwiese? Oder durchfahren und auf Streiflicht auf dem Cob, dem Damm zwischen Porthmadog Hafenbahnhof und der gegenüberliegenden Seite der Bucht, hoffen?
„Hier warten“ und „Cob“ waren schnell aus dem Rennen. Also auf zur nächsten Schlammwiese. Die machte ihrem Namen auch wirklich alle Ehre. Es war einfach matschig. Und selbst wenn man auf etwas Grünes trat, quoll das Wasser nur so unter den Füßen hervor. Aber die Position war natürlich super: es gab ein Weidegatter, das zwei mehr oder minder nasse Wiesen miteinander verband, Fotos waren von beiden Seiten möglich. Es kam, wie es kommen mußte: erst fuhren unsere Personenwagen weg, dann kam der Regenguß, dann die Sonne, dann der Regenbogen, dann der Dampfzug. Perfekt!
Ein Versuch war es wert, auch mal die andere Seite des Bahndamms zu beehren. War aber nicht soooo berauschend, also wieder zurück zur ursprünglichen Wiese.
Vier Wiederholungen, bis alle Fotografen glücklich waren – und die Sonne auch, die verschwand nämlich ziemlich unspektakulär hinter der üblichen Abendwolke. Wir kuppelten also alle Zugteile zusammen und dampften in der schnell einsetzenden Dunkelheit wieder nach Norden. Wir Zugfahrer waren jedenfalls recht naß, aber glücklich, als wir endlich in unseren Hotel ankamen. Jetzt noch schnell typisch britisch gespeist (auf der ganzen Reise kein Fish&Chips!), dann ab ins Heia-Bettchen, und auf den nächsten Tag gefreut, über den ich dann in Folge 2 berichten werde. Da geht’s dann hauptsächlich um die K1...
Diolch i chi am eich amynedd! Meint jedenfalls die Online-Übersetzung :-)
Peter
Teil 2 lest Ihr
hier!
Mein Traum von der perfekten DSO:
gutes Deutsch & gute Bilder!
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:11:15:11:44:49.