Schrankenwindenverschluss schrieb:
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> Bisher veröffentlicht:
> Teil 1: Internationaler Tag der Anreise
> Teil 2: Regionaltypisch rumänisch reisen
> Teil 3: Auf den Spuren der spätrumänischen
> Treidelbahn
> Teil 4: Vom Eisernen Tor ans Ende der Welt
> Teil 5: Lieblinge und zärtliche Lokomotiven
>
> Tag 6 (24.06.2014): Malaxa macht müde Männer
> munter
Grüss Dich,
vielen Dank für die interessante Fotoberichtserie.
>
> Nachdem wir am Vorabend im Vorbeifahren bereits
> eine Malaxa- und eine Ferkeltaxi-Einheit gesehen
> hatten, scharrt nun ein Teil der Gruppe schon vor
> dem Frühstück mit den Hufen und startet ohne
> selbiges in Richtung Bahnhof. Da völlig unklar
> ist, auf welchen Strecken die begehrten Fahrzeuge
> eingesetzt werden, heißt es auf gut Glück die
> Bahnsteige abklappern und dann spontan
> entscheiden. Bei dem dünnen Fahrplan gibt es aber
> auch nur wenige Möglichkeiten. Der Zug nach Vrsac
> (Serbien) ist ein Desiro in übelstem Zustand, das
> kommt schon mal nicht infrage. Aber auf einem
> anderen Gleis tut sich etwas…
>
> [
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> Er wird an den Bahnsteig rangiert!
> *hechel-hechel*
>
> [
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> So sieht das gute Stück von innen aus.
>
> [
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> Die patentierte Malaxa-Innenbeleuchtung. Man
> streitet sich allerdings noch mit den Erfindern
> der Fahrplanbeleuchtung aus Resita Nord (vgl. Teil
> 4,
> [
www.drehscheibe-online.de]
> ,7002910) über die Rechte.
>
> [
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> Wir haben Carpinis erreicht. Von hier erfolgt eine
> Kurzwende zurück nach Timisoara, diesmal leider in
> einem Desiro. Aber es gibt keine Alternative, will
> man nicht stundenlange Wartezeiten in Kauf
> nehmen.
>
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> Spatzen und Menschen überqueren noch die Gleise,
> während der Desiro heranrollt. Aber so wirklich
> bedrohlich wirken die Züge angesichts ihrer
> Geschwindigkeiten in dieser Gegend ohnehin nicht…
>
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> Blick aus dem Desiro-Fenster. Kaum zu glauben,
> aber das sieht wirklich so aus, und es ist nicht
> das einzige Fenster in diesem Zustand. Ob es sich
> hier um Einschusslöcher handelt oder ob die
> Einheimischen das Fahrzeug (vielleicht aus Frust
> über Unkomfort und Unzuverlässigkeit?) mit Steinen
> bewerfen, können wir nicht so recht beurteilen.
Naja, wohl eher Steinwurf von aussen. Vandalen gibt es leider immer und überall.
>
> Der weitere Vormittag wird in unterschiedlicher
> Gruppenzusammensetzung mit dem Besuch eines
> Kaffeehauses im Stadtzentrum oder eines
> „ÖPNV-Museums“ verbracht. Letzteres besteht aus
> einem ehemaligen Betriebshof, vor dem schrottreif
> wirkende Busse und Straßenbahnen herumstehen und
> in dem an Fahrzeuge gearbeitet wird. Wir schauen
> uns ein wenig um. Da die Fahrzeuge offensichtlich
> mit dem Ziel der maximalen Platzausnutzung
> aufgestellt wurden, sind kaum sinnvolle Fotos
> möglich. Ein Touri-Infoblatt gibt den Hinweis:
> Besichtigungen sind nur nach Vereinbarung möglich.
> Wirklich einladend sieht das irgendwie trotzdem
> nicht aus. Aber wir wollen nicht vorschnell
> urteilen, vielleicht befindet sich das Museum noch
> im Aufbau…
War es evtl. geschlossen, wenn es abgesperrt ist, oder kamt Ihr da schon herein?
>
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> Straßenbahnen hinter Gittern.
>
> [
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> Bus unbekannter Herkunft.
>
> [
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> Dto.
>
> Der Großteil der Gruppe findet sich zur
> Mittagszeit wieder am Bahnhof Timisoara ein. Wir
> hoffen auf einen weiteren Malaxaeinsatz oder
> wenigstens ein Ferkeltaxi. Aber nichts
> dergleichen. Zwar steht der Malaxa noch am Ende
> eines Bahnsteigs, aber der Lokführer beantwortet
> unsere Frage nach dem nächsten Fahrtziel mit einem
> „Nu stiu“ – „Ich weiß es nicht“. Entweder mag er
> keine Fuzzis oder die Einsatzplanung erfolgt hier
> tatsächlich so kurzfristig. Jedenfalls wird das
> Fahrzeug nach einer Weile wegrangiert, während wir
> planlos auf dem Querbahnsteig herumstehen.
Oder aber sie sind nicht immer über die Umläufe informiert. Das soll es auch geben.
>
> [
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> RegioTrans-Triebwagen zweier Generationen (alt und
> noch älter) in trauter Zweisamkeit. Bemerkenswert:
> Beim rechten Fahrzeug hat die Gesichtserkennung
> der Kamera ausgelöst. Triebwagen mit menschlichem
> Antlitz, sozusagen.
:)
>
> Da in den nächsten Stunden offenbar nichts mehr
> Brauchbares gefahren kommt, entschließen wir uns
> zum Erwerb einer ÖPNV-Tageskarte, um ein bisschen
> Straßenbahn zu fahren. Der Fahrscheinkauf ist gar
> nicht so einfach, da die Zeitungskioske nur
> Einzelfahrten verkaufen. „Bilet o zi“ gibt es nur
> an einem klitzekleinen Schalterfenster, zu dem wir
> uns nach und nach durchfragen. Wie sollte es
> anders sein, hängt dort ein Schild „Vin imediat“.
> Nach rund zehnminütiger Wartezeit kommt die
> Verkäuferin tatsächlich zurück und verkauft uns
> die gewünschten Tickets für 10 Lei/Person. Somit
> lohnt sich die Tageskarte ab sechs Fahrten, die
> einzeln 2 Lei kosten.
Also erst etwas ab vielen Fahrten. Wahrscheinlich verkaufen deswegen die ganzen Kioske die Dinger nicht, da sie auf diese Weise wohl kaum nachgefragt wird, oder? Eine Gruppenkarte gab es nicht? Diese gab es unter Garantie nur bei bestimmten Stellen, sofern es sie überhaupt gibt.
>
> Vorher gehen wir uns allerdings noch stärken und
> nehmen eine Imbissbude vor dem Bahnhof in
> Anspruch. Die sehen zwar allesamt wenig
> vertrauenserweckend aus, aber wir wollen uns ja
> regionaltypisch ernähren, also lassen wir uns vom
> ersten Eindruck nicht abschrecken.
>
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> Bowu, va rog!
>
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> Banater Burger. Sehr lecker – ganz im Gegensatz
> zur Bowu, die eher nach Wasserleiche schmeckt.
>
> Die nächsten Stunden fahren wir ziellos in der
> Gegend herum. Anhand vereinzelt noch vorhandener
> Zielfilme stellen fest, dass die Straßenbahnen
> hier überwiegend aus Bremen stammen, vermutlich
> aus den frühen 1960-er Jahren. Bemerkenswert, was
> man den Fahrgästen hier zumutet. Mangelnder
> Komfort wird immerhin durch zügige Beförderung
> ausgeglichen: ein großer Teil der von uns
> bereisten Strecken weist besondere Bahnkörper oder
> zumindest abmarkierte Verkehrsflächen für die
> Straßenbahn auf, sodass man kaum im Stau steht.
> Und der Fahrstil der Straßenbahnfahrer tut sein
> übriges.
Es lebe Rumänien. Dort ist man das gewöhnt und kennt es gar nicht anders.
>
> [
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> Angesichts der Farbgebung fragen wir uns, ob der
> Straßenbahnbetrieb einen Werbevertrag mit einem
> Schokoladenhersteller plante, der dann kurzfristig
> scheiterte. Mit dieser geschmacklich fragwürdigen
> Gestaltung fahren hier viele Fahrzeuge herum. Das
> grüne Ungetüm rechts im Bild ist übrigens ein
> Fahrleitungsmast.
Ich könnte mir vorstellen, dass die meisten Dinger in der Ursprungsfarbgebung umherfahren. Aus diesem Grund gibt es wohl eine ziemliche Farbdiversität, oder?
>
> [
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> Diese Relikte aus Zeiten des Vordereinstiegs hat
> man wohl deshalb nicht abgebaut, weil sie
> gleichzeitig zum Öffnen der Türen von innen
> dienen. Außen gibt es aber (nachgerüstete?)
> Türöffnungstaster. Vor allem die älteren
> einsteigenden Fahrgäste nutzen die aufzuklappenden
> Schranken, um sich daran festzuhalten und über die
> Stufen in das Fahrzeug hochzuziehen. Vielleicht
> ein weiterer Grund für den Verbleib dieser
> Einrichtungen, Motto: Barrierefreiheit durch
> Barrieren?
Man hat sie einfach im Ursprungszustand belassen, und nur das Nötigste herumgebastelt. Was man nicht braucht, aber nicht stört, lässt man halt dran. Diese Mentalität herrscht noch viel in Osteuropa.
>
> [
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> Eine der typischen rumänischen
> Widersprüchlichkeiten: in den heruntergekommenen
> Straßenbahnfahrzeugen gibt es Automaten für das
> E-Ticketing, das von den meisten Fahrgästen
> genutzt wird.
Gibt es das da auch schon? :) Dafür haben sie dann doch Geld, ansonsten aber macht man nur das, was nötig ist. Und das ist anscheinend nötig.
>
> [
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> Rum-änisches Eis. Klar, dass uns solche Wortspiele
> gefallen. Leider ist nur Rum-Aroma drin, kein
> echter.
>
> An der Endhaltestelle Ronat der Linie 5 entdecken
> wir eine Fußgängerbrücke über zahlreiche
> Eisenbahngleise, die sich hervorragend als
> Fuzzifotostandort eignet. Theoretisch jedenfalls.
> Leider kommen keine Züge. Übrigens werden wir von
> den Einheimischen sehr seltsam angeschaut, denn
> normalerweise benutzt keiner diese Brücke, sondern
> alle laufen über die Gleise. Das erklärt auch den
> erbärmlichen Zustand dieses Bauwerks.
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> Die Brücke ermöglicht uns wenigstens diesen Blick
> in das RegioTrans-Depot.
>
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> Wenn man hier nicht aufpasst, erwartet einen etwa
> 1 m tiefer die Oberleitung mit 25 kV
> (Schutzabstände werden überbewertet) und weitere 5
> m tiefer das Hauptgleis (wo allerdings sowieso
> kaum Züge fahren).
Uuuupps. Da würden ja bei uns die Sicherheitsbehörden die Krise bekommen. Dort scheint das niemanden zu interessieren.
>
> Nach einem neuerlichen abendlichen Besuch im
> Restaurant „Timisoreana“ (Krautwickel = top,
> geräuchertes Bein = flop) versuchen wir nochmals
> unser Glück am Bahnhof. Es zahlt sich aus: es
> steht eine vierteilige Ferkeltaxi-Einheit zur
> Fahrt nach Jimbolia bereit!
>
> Ein Teilnehmer mit ferrosexueller Orientierung ist
> so begeistert, dass er pufferküssermäßig im besten
> Wortsinne mit seiner Kamera bis in den
> Intimbereich des Fahrzeugs vordringt. Auf
> Nachfrage gibt er natürlich vor, lediglich das
> Fabrikschild fotografieren zu wollen, aber dieses
> Verhalten ist typisch für Personengruppen mit
> solchen Neigungen (vgl. Berger, Erika; Preuß,
> Erich: Kompendium Eisenbahnsexualität,
> Steiger-Verlag, 1985).
>
> [
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> Der Kollege, der so schön im Bild steht, ist einer
> von drei Bahnmitarbeitern, die sich bei der
> Abfahrt im Führerstand befinden werden. Dazu kommt
> noch mindestens ein Zugbegleiter. Personal scheint
> bei der CFR mehr als reichlich vorhanden zu sein.
> Oftmals haben wir den Eindruck, es handelt sich um
> Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.
Früher ging es bei uns auch viel personalintensiver zu. Auf der anderen Seite ist das Personal dort noch viel billiger als bei uns, da leistet man es sich, bzw. kann es sich leisten. Auf der anderen Seite habe ich auch von RO schon gehört, dass sie ordentlich Personal abgebaut haben. Sie rationalisieren auch.
Ich könnte mir vorstellen, dass dort es teilweise noch Standard ist, zwei Mann auf der Lok zu haben. Der dritte Mann könnte jemand im Feierabend sein, ein Instruktor, Überwacher ... Das gibt es bei uns auch, dass das Lokpersonal hier und da mal Besuch von den Vorgesetzten oder aber Kollegen bekommt und die dann mal ein Stück mitfahren.
>
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> Wir kommen wieder einmal in Carpinis an. Wie
> überall in Rumänien weht auch hier die EU-Flagge.
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> Kleiner Tipp, falls mal jemand den
> Fahrkartenschalter in Carpinis sucht: Man begebe
> sich in das Empfangsgebäude, gehe bis ans Ende des
> ersten Raumes und biege dann nach links durch
> diese Tür ab. An dem Fensterchen hinten in der
> nächsten Tür gibt’s dann die Fahrscheine.
> Manchmal.
>
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> Mit dem nächsten Zug wollen wir zurück nach
> Timisoara. Und was kommt da gefahren? Tatsächlich,
> ein Malaxa! Unsere Begeisterung ist kaum noch zu
> übertreffen.
> Die Strecke zwischen Carpinis und Timisoara ist
> unspektakulär, um nicht zu sagen: langweilig.
> Vielleicht gibt es hier Weltmeisterschaften im
> Geradeausfahren? Der Nachbau im Modell als
> Modulanlage wird erheblich erleichtert: Man
> erstelle ein Modul mit Gleis, Telegrafenmast und
> Feld, kopiere es hundertmal und füge es
> aneinander. Fertig.
>
> [
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> Ein letzter sehnsuchtsvoller Blick, während er in
> Timisoara Nord von dannen rangiert.
> Der tschechische Teil unserer Reisegruppe hat
> nachmittags und abends als Alternativprogramm
> einen Ausflug in den westlichsten Zipfel Rumäniens
> bis zur ungarischen Grenze absolviert. Davon
> sollen nachfolgend noch ein paar Eindrücke
> übermittelt werden.
>
> [
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> Was ist denn hier nun schief? Das Signal? Die
> Telegrafenmasten? Die Strommasten? Die Gleislage?
> Der Triebwagen? Der Fotograf? Man wird es wohl
> nicht mehr herausfinden…
Das fiel mir vor Jahren auch stellenweise auf, dass da die Masten und alles teilweise völlig schief ist. Das scheint niemanden zu interessieren und kein Problem zu sein. Hauptsache es funktioniert.
>
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> Cenad, Endpunkt der Strecke von Sannicolau Mare.
>
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> Rangieren im Eisenbahnknotenpunkt Periam.
>
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> Merke: Will ein Franzose ne neue Frisur, geht er
> ganz einfach auf Triebwagentour.
>
> Mit den Eindrücken dieses Tages begeben wir uns
> wieder ins Hotel. Morgen früh steht bereits unsere
> Rückreise in die Herkunftsländer an. Aber auch
> dort haben wir noch einen interessanten
> Programmpunkt vorgesehen, von dem wir im letzten
> Teil berichten werden.
Vielen Dank für das Teilen.
Herzliche Grüsse
Martin