Hallo,
als Fortsetzung von
hier soll nun die eigentliche Fahrt beginnen. Dabei geht es um den grün unterlegten Abschnitt. Alle Unterwegsbahnhöfe sind hier aufgelistet:
Tirana ab 13.10 Uhr
Vorë
Budull
Ishem
Mamuras
Lac
Milot
Lezhë
Baqël
Mjëde
Shkodër an 17.00 Uhr
Für die knapp hundert Kilometer Fahrt werden wir fast vier Stunden brauchen, tatsächlich werden es sogar mehr.
Vorweg die Fahrkarten und der Streckenverlauf für die unter euch, die sich in Albanien nicht auskennen:
Die Fahrt nach Shkoder kostet etwas mehr als einen Euro. Ein unschlagbares Argument für die Bahn, denn der Bus kostet 2 - 3 Euro, der Furgon ca. 4€. Für die arme Bevölkerung ein wichtiges Argument, den Zug zu nehmen. Somit hat die HSH auch weiterhin trotz des desolaten Zustands eine Existenzberechtigung.
Wir suchen uns für die Fahrt den moderneren der zwei Ex-FS-Wagen aus, der noch am Zugschluss hängt, aber nach dem Kopfmachen in Vore an der Spitze laufen wird. Allerdings lässt sich kein Fenster öffnen. Entweder sind sie am Rahmen festgeschraubt und mit diesem mit einem Draht verknotet. Jedoch finden wir ein Abteil, bei dem das obere Fenster fehlt. Das Abteil ist verschlossen, wird für uns jedoch geöffnet. Und es befindet sich auf der linken Seite, nach dem Fahrtrichtungswechsel auf der rechten und somit auf der richtigen.
Bei dem milden Frühlingswetter betrachte ich die Weichenlaterne, die genau vor unserem Fenster im milden Wind klappert. Man hängt seinen Gedanken nach. Der Zug füllt sich zunehmend und wird richtig voll.
Tirana verlassen wir pünktlich und passieren auf der linken Seite das Stellwerk des Bahnhofs. Allerdings gibt es hier nichts mehr zu stellen, da die Signale während der Unruhen 1997 geplündert worden sind und die Weichen sowieso per Hand gestellt werden.
Die Strecke bin ich seit einem Jahr nicht mehr gefahren. Zugenommen hat äußerst massiv, den Zug mit Steinen zu bewerfen. Die Züge werden regelrecht von Kindern in den Siedlungen am Rand der Strecke aufgelauert und dann geht das Bombardement los. Würde die HSH nicht mittlerweile Sicherheitsglas benutzen, gäbe es unzählige Verletzte und nach jeder Fahrt wäre die Hälfte der Scheiben im Eimer. So bleibt es bei Sprüngen und Einschlägen, aber das Glas hält.
Wir passieren den Bahnübergang in Kashar. Hier zweigte die mittlerweile stillgelegte und weitgehend abgebaute Nebenbahn nach Yzberish ab: [
www.drehscheibe-foren.de]
T669.1054 auf dem Bahnübergang in Kashar im April 2011 mit ihrem Zug nach Durres
Vore erreichen wir eine halbe Stunde später. Nach unserer Einfahrt kreuzt uns T669.1041 mit ihrem Zug aus Durres nach Tirana (ab 13.00 Uhr, an 14:00 Uhr). Dieser Zug ist ebenfalls Umsteigeverbindung für die Fahrgäste aus Durres, die weiter nach Shkoder wollen. Auf der linken Seite steht ein Güterzug aus Montenegro, der Holz geladen hat und gerade entladen wird. Vore fungiert als Güterbahnhof Tiranas, seitdem die Hauptstadt seit Jahren nicht mehr von Güterzügen angefahren wird.
Güterwagen aus Montenegro "Montecargo" klingt doch sehr nach Monte Carlo
Güterwagen der MAV in Vore, April 2011
Güterwagen der ÖBB in Vore, April 2011
Unsere Maschine muss in Vore umsetzen und setzt sich somit direkt vor unseren Wagen.
In Vore zweigt übrigens ein längeres Industriegleis ab, das einen Steinbruch und ein verfallenes Kombinat angebunden hat. Besonderheit war, dass Züge aus Vore die Anlagen anfahren konnten und ohne Umsetzen zu müssen über eine Wendeschleife über die Strecke nach Shkoder in den Bahnhof Vore zurück fahren konnten. Die Lage ist hier mit einem blauen Pfeil markiert und auf dem folgenden Link gut nachvollziehbar.
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wikimapia.org]
Bevor wir weiter nach Budull fahren, hier noch der Zug nach Shkoder mit der ursprünglichen Wagengarnitur im April 2011 und das entsprechende Video:
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www.youtube.com]
Mit ca. 10 km/h fahren wir weiter in Richtung Budull und lassen die Strecke nach Tirana rechts liegen. An der gut ausgebauten Straße lässt sich das Missverhältnis Bahn/Straße gut nachvollziehen und die Straßen werden in Albanien immer besser.
Nach schleichender Fahrt erreichen wir den Bahnhof Budull um 14:07 Uhr. Man hätte auch neben dem Zug herlaufen können.
In Budull zweigt die Nebenbahn nach Fushë-Krujë ab, die einen Steinbruch und ein Zementwerk anbindet. Sie ist neben den Strecken Fier - Ballsh und Vlore – Vlore Hafen, die einzige Nebenbahn, die heute noch in Albanien in Betrieb ist. Und an den blanken Gleisen sieht man, dass hier noch regelmäßig Güterzüge fahren. Zur Lage, vgl. Übersichtskarte oben (schwarzer Pfeil):
Ursprünglich wollte ich nach der Rückkehr aus dem Kosovo eine Woche später hier in Budull noch einen Stopp an der Strecke einlegen, aber nach dem dann auch in Albanien einsetzenden Sauwetter habe ich es gelassen. So müssen zwei Bilder von der Strecke aus dem Jahr 2011 kurz vor Fushë-Krujë herhalten:
Strecke Budull – Fushë-Krujë mit Blick nach Budull im Jahr 2011
Strecke Budull - Fushë-Krujë mit Blick nach Fushë-Krujë im Jahr 2011
In der ländlichen Gegend wird der Zug nicht mehr mit Steinen beworfen. Die sozialen Probleme der Urbanität der Vorstädte in der ungleichen Stadt Tirana haben wir hinter uns gelassen. Auf dem Land geht es gemütlicher und traditioneller zu. Die Landschaft ist schön, die Streckenführung unspektakulär.
Fortsetzung folgt.
Grüße
Alex
Verzeichnis (Albanien, Kosovo, Mazedonien 2012): [
www.drehscheibe-foren.de]
Mehr von der HSH: [
www.drehscheibe-foren.de]
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:04:22:11:55:25.