Interrail 2011: EU-Mitte-Nord – Teil 18 (Hamburg-Mannheim-Forbach-Paris)
Alle bisherigen Teile:
Teil 1: Wien-Prag
Teil 2: Prag
Teil 3: Prag-Berlin
Teil 4: Berlin
Teil 5: Berlin
Teil 6: Berlin
Teil 7: Dresden
Teil 8: Stettin
Teil 9: Berlin-Malmö
Teil 10: Malmö-Køge
Teil 11: Helsingør
Teil 12: Roskilde/København
Teil 13: Göteborg
Teil 14: Skjoldenæsjholm-Næstved
Teil 15: Køge-Aarhus
Teil 16: Skagen
Teil 17: Odense-Hamburg
Dienstag, 26. Juli 2011: Hamburg-Mannheim-Forbach
Fahrplan:
08:01 ab Hamburg Hbf ICE73
12:42 an Mannheim Hbf
18:48 ab Mannheim Hbf IC 2052
20:19 an Saarbrücken Hbf
Bahn: 733 km
Heute ist eine Zäsur: der zentrale Teil des Urlaubs geht zu Ende, es folgt sozusagen die Abrundung, der Besuch einiger Verwandter und Freunde. Aber auch dort hab ich durchaus Zeit für das Hobby Eisenbahn und Straßenbahn.
Meine erste echte ICE-Fahrt in Deutschland (Hamburg-Mannheim)
Nach dem Frühstück geht es zu Fuß zum nahen Bahnhof. Mein Zug ist der ICE73 von Kiel nach Zürich. Ein großer Teil der Sitzplätze ist reserviert, ich finde daher nur mehr einen Gangplatz, aber das ist mir eigentlich egal. Die jetzige Fahrt dient in erster Linie der Entfernungsüberbrückung. Aber es ist zugleich auch meine erste ICE-Fahrt über richtige Hochgeschwindigkeitsstrecken. Zwar fällt mir schon auf, daß es auch einige Abteile gibt, aber die sind entweder reserviert oder schon besetzt. Eingesetzt ist ein ICE1, Garnitur 401 072. Die Sitze sind nicht verstellbar, das heißt: nur die Sitzfläche kann man nach vor schieben, die Lehne jedoch neigt sich nicht. Bis Hannover hab ich eine Vierersitzgruppe für mich allein. Ich befinde mich hier in einer Stillezone, aber zwei dunkelhäutige Mädchen setzen sich in meine Vierergruppe (wohl um die Eltern nicht zu stören) und machen ziemlich viel Lärm und spielen sehr intensiv. Es sieht so aus, als hätte die Mutter sie nach vor geschickt, um ihre Ruhe zu haben. Die ist dafür hier nicht mehr gegeben. Prinzipiell hab ich da nichts dagegen, aber ausgerechnet hier, wenn es eine Stillezone sein soll? Ab Hannover sind dann diese drei Sitze für eineinhalb Stunden besetzt, die Mädchen sind weg, es wird ruhiger.
Nach einigen Stunden bemerke ich, daß die Sitze nicht wirklich bequem sind für lange Fahrten. Außerdem ist die Klimaanlage viel zu kalt, sodaß ich nach kurzer Zeit meine Jacke anziehen muß. Die Stationsabstände sind aber angenehm, das heißt: weit genug auseinander, sodaß man nicht das Gefühl hat, in einem Bummelzug zu sitzen wie in Dänemark. Und es kommen nicht ununterbrochen Platz suchende Reisende durch den Gang – obwohl genau das in einem Großraumwagen auch in diesem Zug immer ziemlich lästig ist. Eine Unruhe erfaßt dann den ganzen Wagen. Der Lauf des Wagens ist auch angenehm ruhig, selbst auf der HG-Strecke.
Mir fällt auch eine neue Fahrkartenart auf, die es vielleicht schon lange gibt, die ich aber noch nicht kenne und noch nicht beobachten konnte. Da sind Reisende mit einem riesigen Blatt Papier – ein PC-Ausdruck vermutlich. Der Schaffner hat ein Gerät, mit dem er etwas von diesem Formular abliest. Dann wird die Scheckkarte des Fahrgasts durch sein Gerät gezogen. Wie das ganze wirklich funktioniert, weiß ich jedoch nicht.
Je näher wir Hessen kommen, umso mehr gibt es Hügel und Tunnels. In Kassel sehe ich einen DSB-IC4, eingereiht in einen Güterzug. Es fallen mir auch mehrere Güterzüge mit diversen privaten Loks auf (MRCE, Crossrail, SBB-Cargo usw.). In Kassel halten wir viel zu lange, im Lautsprecher wird durchgesagt, daß der Grund ein verspätet vorauslaufender ICE nach Innsbruck die Ursache ist. Von den schlechten Sitzen bekomme ich Kreuzweh, vermutlch von der Klimaanlage auch etwas Kopfschmerzen. In der Gegend von Fulda schleichen wir plötzlich langsamer als die Autos auf der parallelen Autobahn. Das Wetter draußen bessert sich und die Temperatur im Zug wird nun auch erträglicher (wärmer). Ich beschließe, mir ein Mittagessen zu gönnen und den Speisewagen aufzusuchen. Dort bleibe ich beim Stehbüffet und nehme ein Frikadellenbrötchen und dazu Wasser. Das Ambiente ist angenehm, die Bedienung sehr freundlich und kompetent – so wie es mir scheint. Ich fühle mich jedenfalls wohl. Auf einem der Bildschirme kann ich erkennen, daß wir derzeit (außerhalb der HG-Strecke) mit 130 bis 160 km/h unterwegs sind. Die Landschaft in Hessen erinnert mich nun doch mehr an daheim, der Stil der Häuser, die Dörfer usw. Ich vermute, wir haben den „Weißwurstäquator“ überschritten. ;-)
Unser Zug ist noch immer verspätet, 16 Minuten werden kurz vor Frankfurt angesagt. Außerdem auch: „Der IC soundso um XX Uhr wird leider nicht erreicht!“ Aha, so macht man das also heutzutage. Gut, daß ich in Mannheim nicht umsteigen muß, sondern jede Menge Zeit habe. Ein Mädchen sitzt vor mir und schreibt pausenlos ins iPad (auf Facebook). Solche Dinge kann ich ja eigentlich selten beobachten. Bis heute hab ich mich immer gewehrt, Facebook auch nur einmal zu öffnen.
Frankfurt wäre eigentlich auch mal wieder einen Besuch wert, obwohl ich mich nicht mehr so leicht zurechtfinden würde mit all den neuen U-Bahnen und veränderten Straßenbahnen. Wir kommen mit +15 Minuten an und fahren auch mit +15 Minuten wieder ab.
Straßenbahnen und Züge in Mannheim
In Mannheim kommen wir mit 19 Minuten Verspätung an. Mein Gepäck verschwindet in einem Schließfach für 4 Euro und sodann begebe ich mich auf die Bahnsteige, um das Betriebsgeschehen zu beobachten und Züge zu fotografieren. Neu für mich sind vor allem die S-Bahn-Garnituren Reihe 425. Da ich ja doch selten zum Züge beobachten komme, staune ich über zwei neue Lackierungsvarianten bei SBB-Wagen (schwarzes Fensterband, rote Enden, weiße Schürze, sowie dunkelgraues Fensterband, hellgraue Schürze), einige haben noch den Lack der Cisalpino-Garnituren. Mehrere ICE Reihe 403 kann ich beobachten und einen der Reihe 411.
Das einzige Fahrzeug, das wirklich außergewöhnlich ist, ist diese Lok von „WIMR“ (212 903).
Nach etwa einer Stunde, in der ich auch den ICE nach Paris gesehen habe (der wurde sogar auf Französisch angesagt!), mit dem ich in einigen Tagen ja fahren werde, gehe ich den Kaiserring entlang Richtung Wasserturm, um wieder mal – wie schon so oft – die hiesigen Straßenbahnen zu fotografieren. Auffallend sind zunächst die neuen rnv-Nummern: Die dreistelligen Nummern der einzelnen Betriebe bekamen eine Tausenderstelle vorgesetzt: RHB: 1000er, VBL: 2000er, HSB: 3000er, OEG: 4000er, MVG: 5000er. Natürlich sind schon viele Fahrzeuge in der neuen Farbgebung Orange/Weiß/Blau gehalten, die mir überhaupt nicht gefällt. Das Rot und türkis von VBL und MVG gefiel mir weit besser. Aber mich fragt ja keiner… Weiters auffällig ist, daß Mannheimer Wagen nach Bad Dürkheim fahren, die langen RHB-Züge hingegen verkehren auf Linie 1.
Da die Bilder von heute wohl nicht besonders spektakulär sind, verzichte ich auf ein Zeigen. Zwei teilweise historische Berichte (1973 bis 2009) von diesen Betrieben gibt es hier zu sehen:
Straßenbahnen im rvn-Gebiet-Teil1
Straßenbahnen im rvn-Gebiet-Teil2
Es ist aber dann doch wieder regnerisch, und ich finde – wie schon bei einem früheren Besuch – wieder das bekannte Internet-Lokal und setze mich eine Weile hinein, um meine Mails abzurufen und Nachrichten betreffend Eisenbahn nachzuschlagen. Jetzt hab ich ja Zeit dafür, die vielen ungelesenen Postings nachzuschlagen. Mit einer kleinen Jause am Bahnhof und weiteren Fotos unter den vom Regen schützenden Bahnsteigdächern beschließe ich meinen Aufenthalt in Mannheim. Dabei habe ich das Glück eine Sonderlackerung der hiesigen S-Bahn zu sehen:
425 260 ist für die Frauen-Fußball-WM beklebt.
Fahrt nach Saarbrücken im IC – eine tolle Bahnfahrt!
Um 18:48 Uhr fährt mein IC nach Saarbrücken, es geht via Ludwigshafen, dessen seltsamen Bahnhof ich noch nie im Zug passiert habe. Überhaupt ist die Strecke von hier nach Saarbrücken für mich eine Erstbefahrung. Und die Tatsache, daß es ein (alter) IC-Zug ist, wird sich als Glücksfall erweisen. Der Zug wird von der 120 124 gezogen, der Wagen (51 80 22-91 327-2) sieht interessant aus: es ist eine Kobination von Abteilen und Quasi-Abteilen (Seitengang, aber teilweise offen). Wenn überhaupt, hab ich sowas schon ewig lange nicht mehr gesehen. Zwar sehen die Sitze in meinem Abteil irgendwie aus, als wären es nur Notsitze (weil teilweise Klappsitze), es sind außerdem nur fünf Sitze im Abteil, aber immerhin: es ist ein Abteil und das Fenster kann man öffnen. Natürlich habe ich absichtlich einen Abteilwagen gesucht.
Der Blick in den Seitengang zeigt die unterschiedliche Innenausstattung des Wagens.
Sieht zwar nicht nach Komfort aus, ist aber recht bequem! Hier sind nur zwei Sitze ...
... Auf der anderen Seite sind schon drei Sitze.
Es ist sehr heiß im Wagen, aber dafür kann man das Fenster öffnen, es ist eine höchst angenehme Fahrt! Die Sitze sind – obwohl klappbar – die bequemsten auf meiner ganzen Reise bisher. Ich bin wohl einfach schon zu alt für die „neue Bahn“, oder? Was ist der Grund, daß mir die alten Wagen und Sitze besser gefallen? Keine Ahnung! Jedenfalls genieße ich die letzten Kilometer meiner Fahrt sehr. In Kaiserslautern sehe ich DB-Talente (Reihe 643) und wir kreuzen hier auch einen TGV. Das Tempo kommt mir recht hoch vor, vielleicht ist das aber nur subjektiv ein Eindruck, weil der Wagen älter ist und die Fenster zum Öffnen sind. Ich vermute dennoch, daß wir an die 160 km/h gefahren sind. In Saarbrücken kommen wir pünktlich an, im Bahnhofsgebäude werde ich schon von den Verwandten erwartet. Mit dem Auto geht es die wenigen Kilometer nach Forbach.
Dann gibt es Abendessen, und zwar wie üblich ein tolles Abendessen. So ißt man eben nur in Frankreich und Japan! Die Cousine kocht vorzüglich. Es gibt winzige Porzellanschälchen, auf denen fünf verschiedene Häppchen zu finden sind: einmal Gänseleberpastete mit Feigenchutney, einmal Lachs mit Frischkäse und Kaviar, einmal Eierspeis mit spanischer Hartwurst, einmal Russische Keks mit Mozarella und Schinken, und einmal Schafskäse mit Tomaten in Olivenöl. Danach gibt es ein hausgemachtes Mousse au chocolat, und dazu natürlich jeweils ein köstlicher Wein und einen Rosé-Champagner. Jaja, ich möchte Euch Lust auf die französische Küche machen... ;-)
So toll angerichtete Speisen kenne ich nur aus Frankreich und Japan!
Mittwoch, 27. Juli 2011: Forbach-Sturzelbronn-Forbach
Ich habe wunderbar geschlafen, das Bett ist super, der Polster ist super, alles ist super! Das ist Frankreich!!
In der Früh gehen wir zunächst spazieren. Ich teile meinen Verwandten meinen Wunsch mit, daß ich gerne bei Hombourg-Haut Züge fotografieren würde, denn ein ICE oder TGV müßte jetzt am Vormittag dort vorbeikommen. Und genauso machen wir es auch. Wir fahren mit dem Auto Richtung Westen, parken neben dem Bahnübergang und finden sogar einen Spazierweg direkt neben der Bahntrasse. Von hier hat man einen schönen Ausblick auf die Kirche (14. Jahrundert) von Hombourg-Haut. Zunächst kommt der TGV, danach ein Güterzug mit einer E186 von EuroCargoRail, das ist schon einmal etwas Besonderes. Dann kommt ein TGV in der Gegenrichtung. Ich habe eigentlich einen ICE erwartet und hätte gerne einen in Frankreich fotografiert. Aber leider.
E186 317 in Hombourg-Haut.
TGV 4404 auf der Fahrt von Frankfurt (?) nach Paris in Hombourg-Haut.
Danach fahren wir hinauf zur Kirche, die heute überraschenderweise offen ist. So kann ich diese alte Kirche also auch mal innen besichtigen. Das letzte Mal war sie ja leider zu. Ich mache natürlich einige Aufnahmen.
Die Vorderseite haben wir von unten schon gesehen, so sieht die Rückseite aus.
In Frankreich kann es oft passieren, daß unscheinbare Kirchen trotzdem etwas Besonderes sind.
Und in Lothringen trifft man nicht nur viele Deutsch sprechende, sondern auch mal alte deutsche Aufschriften.
Ich rechne ich mir aus, daß wir beim Hinunterfahren genau zurecht kommen müßten für einen TER. Wir kommen gerade zu der Kurve, wo ich aussteigen will, ich gehe die paar Schritte zur Brüstung und genau in dem Moment kommt auch schon der Zug, es ist ein Z24500. Also wieder mal Glück gehabt!
Z24637 auf der Durchfahrt in Hombourg-Haut.
Danach geht es nach Hause und wir haben ein köstliches Mittagessen. Alles paßt: das Besteck, die Teller, die Servietten, der Wein, es ist nicht zu fassen.
Es gibt eine Vorspeise (Avocado und Lachs mit Garnitur), danach Fisch mit Fenchelgemüse und Zucchinigemüse, Naturreis, Vinaigrette aus Tomaten-Olivenöl. Danach Salat und Käseteller. Das Dessert besteht aus Weichseln und Eis. Und ein Kaffee kommt auch noch. Das Essen dauert etwa 2 Stunden, oder waren es mehr? Wir genießen es. Es gibt immer Pausen, weil alles frisch bereitet wird. Einfach urgemütlich! Das ist Frankreich!!
Lachs mit Avocado...
..Fisch mit Gemüse und Naturreis.
Jaja, ich weiß, das hier ist ein Eisenbahnforum. Heute werden wir aber keine Eisenbahnen mehr sehen. Aber das hier ist auch ein Reisebericht. Der soll zeigen, daß es überall schön und interessant sein kann!
Ausflug nach Sturzelbronn und Fleckenstein
Am Nachmittag steht ein Ausflug mit dem Auto auf dem Programm. Unser Ziel ist zunächst Sturzelbronn (früher auf Deutsch Stürzelbronn). Der winzige Ort mit nicht einmal 200 Einwohnern liegt ganz an der Grenze zu Deutschland. Hier gab es einmal eine Zisterzienserabtei (1135-1799), von der kaum mehr was übrig ist, gerade mal die Toreinfahrt. Wir treffen Leute, die Deutsch (nein: Elsässisch oder Lothringisch) sprechen, jedenfalls den hier üblichen deutschen Dialekt, der in Frankreich noch immer existiert. Die Kirche von 1764 ist leider geschlossen, aber trotzdem ist die Umgebung hier ganz hübsch anzusehen. Wir machen einen kleinen Spaziergang mit Regenschirm, den wir dann aber auch wieder zusammenklappen können. Heute regnet es mal und mal regnet es nicht. Sehr wechselhaft.
Die Kirche in Sturzelbronn, links daneben sind Reste einer aufgelassenen Klosteranlage.
Mehr als dieses Tor ist von der Abtei nicht übrig.
Von hier geht es weiter Richtung Osten, immer knapp südlich der deutschen Grenze. Unser nächstes Ziel ist die Ruine Fleckenstein, die auch auf Französisch nicht anders heißt. Die Ruine liegt nur 200 Meter von der deutschen Grenze entfernt. Eigentlich staune ich, daß wir über Bergstraßen hinauffahren, die Berge hab ich vom Tal aus gar nicht entdeckt. Die Ruine ist schon geschlossen, aber so interessant wäre es wohl nicht gewesen, hinaufzusteigen. Wir bleiben also im Burghof, plaudern mit einigen Leuten auf dem Weg vom Parkplatz zum Burgplatz und finden noch ein offenes Bistro, wo wir Käsetorte und Kaffee genießen. Auch hier fällt mir auf, daß die hiesige Bevölkerung Deutsch genauso selbstverständlich spricht wie Französisch, wenn auch in einer Art Dialekt.
Ruine Fleckenstein.
Es ist schon fast 19 Uhr, als wir wieder zur Heimfahrt aufbrechen und über viele Waldstraßen (auf deutscher Seite) zurückfahren. Insgesamt waren es etwa 200 km Autofahrten heute.
Das Wetter soll in den nächsten Tagen regnerisch bleiben. Da kann man also nichts machen. Allerdings haben wir heute neben dem Regen auch ein wenig Sonne genießen können.
Donnerstag, 28. Juli 2011: Forbach-Paris-Forbach
Heute geht es nach Paris. Grund für die Fahrt war in erster Linie die Möglichkeit, die neue TGV-Strecke zu befahren, wenn ich schon ein Europa-Interrail habe. Zeiter Grund die Möglichkeit, erstmals in Frankreich in einem ICE zu fahren. Dritter Grund ist ein Verwandtenbesuch. Damit war mir allerdings auch klar, daß ich in Paris keine Metros und Züge jagen würde können, aber ein paar Stunden die Stadt inhalieren würde auf jeden Fall drin sein, dachte ich mir.
Fahrplan:
08:10 ab Forbach ICE 9558
09:49 an Paris Est
19:05 ab Paris Est ICE 9559
20:47 an Forbach
Tagessumme: 732 Kilometer.
Es herrscht totaler Nebel in der Früh. In Forbach kann ich vor der Abfahrt einige interessante Loks sehen: Reihe 77 von ECR, ein „Balaine“ in DB-rot aber auch mit SNCF-Aufschriften, ein blauer SNCF-Balaine (Reihe X73900). Aufgrund des Wetters hat es wenig Sinn, Bilder davon zu zeigen. Die Fahrzeuge sind zur Genüge bekannt. Es genügt zur Dokumentation unser Zug:
406 080 bzw. Garnitur 4680 fährt in Forbach ein.
Die Ansage auf dem Bahnhof erfolgt auf Französisch, Englisch und Deutsch. Unser ICE fährt mit Baureihe 406 (Garnitur 4680). Die Plätze in Frankreich müssen reserviert werden und für mein Interrail mußte ich frühzeitig eine Reservierung buchen lassen, das Kontingent dafür ist klein und immer schnell aufgebraucht. Daher sitze ich nicht neben I. Aber wir sitzen immerhin im gleichen Wagen (in dem meist die Leute ab Forbach gebucht sind), sodaß wir ggf. einander über etwas informieren können, wenn es nötig ist.
Im ICE nach Paris
Der Zug wirkt ansprechend, es gibt Info-Bildschirme, die Anzeigen erolgen dort auf Deutsch – Englisch – Französisch – Niederländisch. Letzteres erstaunt mich sehr. Die Ansagen im Zug sind auf Französisch, Englisch und Deutsch und werden vom Zugpersonal durchgeführt. Die Schaffner sind offensichtlich gemischt, also aus Deutschland und Frankreich, und sie beherrschen also auch beide Sprachen (und wohl auch Englisch, wie ich vermute). Die Geschwindigkeit ist am Anfang noch bescheiden, wir sind ja noch auf der normalen Hauptstrecke, wir bewegen uns zwischen 110 und 130 km/h. Dummerweise ist mein Platz nicht neben dem Fenster sondern genau zwischen zwei Fenstern, sodaß ich nicht hinaussehen kann. Wieso man in den neuen Zügen eine so blöde Inneneinrichtung wählt, wird mir nie einleuchten. Nach einer halben Stunde kommen wir aus dem Nebel heraus und man spürt bald auch schon die Beschleunigung. Die Geschwindigkeit steigt auf 313 km/h und pendelt dann immer im Bereich zwischen 305 und 330 km/h. Auch ohne dichten Nebel ist es immer noch trüb und die Sicht reicht nicht sehr weit. Auf dem Infobildschirm finde ich die unzähligen Werbetexte (auf Deutsch, von DB) ziemlich lästig. Aber man muß ja nicht hinschauen… Kurz vor Paris, in Bondy, sehe ich einen Tramtrain in blau. Natürlich brauche ich diesmal nicht daran denken, irgendwelche neuen Straßenbahnstrecken im Großraum Paris zu besuchen. Kurz hinter Noisy le Sec sehe ich den Nostalgie-Orient-Ex.
Das Innere des ICE ist recht angenehm.
Ankunft in Paris Est. Sieht schon nett aus, ICE und TGV in Frieden nebeneinander...
Die alten Bahnhofshallen haben schon etwas Besonderes an sich.
Gare de l‘Est von außen.
Durch Paris mit dem Auto
M. wartet schon auf dem Bahnhof und freut sich über den Besuch. Ich kann zumindest ein paar schnelle Bilder vom Bahnsteigende machen, da gibt es jede Menge TGV-Züge und dazwischen eben den ICE. Schon ungewohnt für Paris Est. Wir gehen gleich neben dem Bahnhof zunächst auf einen Kaffee. Dann in eine Nebengasse zum Auto, und dann folgt eine endlos lange Fahrt durch Paris. Sie führt uns durch verschiedene Stadtviertel, hauptsächlich aber durch die Innenstadt. Wenn man weiß, wie die Pariser Auto fahren, kann man erahnen, wie es mir geht. Nicht daß ich Angst habe, eigentlich gar nicht, aber es ist doch ein besonderes Erlebnis, den wilden Verkehr von Paris einmal aus dem Inneren eines PKW zu erleben. Ich war zwar auch schon selbst mit dem Auto in Paris, aber mit einer Pariserin mitzufahren ist doch etwas anderes. Man spürt, daß M. gern in der Stadt fährt. Man hat den Eindruck, es geht sehr rasant dahin, aber die Franzosen sind ja auch sehr charmante Verkehrsteilnehmer. Die Regel lautet kurz: immer nach vor schauen und mit allem rechnen. Hinter dir die Sintflut. Kein Mensch nützt einen Rückspiegel, aber man ist zuvorkommend und läßt jeden vorne rein – denn er benützt ja seinen Rückspiegel nicht. Unterwegs erklärt sie natürlich einiges. Leider habe ich keinen Stadtplan dabei und kann mich also schwer orientieren, aber ich füge mich einfach drein: heute ist ein Tag, den nicht ich bestimmen kann.
Wir kommen an der Place de la Concorde vorbei, am Arc de Triomphe, an der Opera, Invalide, und an vielen anderen bekannten Plätzen und Straßen. Wir suchen dann ein Restaurant, denn wir wollen heute schön französisch essen. Das „Café de la Paix“ neben der Oper ist tatsächlich wunderschön und hat ein tolles Ambiente.
Einmal fein französisch speisen: Café de la Paix.
Die Vorspeise.
Bei einem Menü kann man wählen, ob man Vorspeise und Hauptspeise oder lieber Hauptspeise und Dessert möchte. Ich entscheide mich für ersteres. Die Vorspeise sieht lecker aus und erinnert mich sofort an die japanische Art der Speisenpräsentation: ein scheinbar hartgekochtes Ei, das jedoch innen noch weich ist (wie die das nur machen?) liegt – natürlich bereits geschält – auf einer Avocado-Unterlage, daneben etwas Gemüse (Bohnen, Spargel, Pilze), das nicht nur knackig aussieht, und ein Stück Knäcke in Form eines Mini-Baguette. Einfach nur köstlich für Auge und Mund. Die Hauptspeise ist ein Stück Kalbsleber, auf eine Art zubereitet, die ich nicht kenne. Auch die Beilagen (eine Art Pürree, Kapern, Zitrone) kann ich nicht wirklich erklären.
Nach diesem köstlichen Mahl fahren wir zu M. in die Wohnung auf einen Café. Die Wohnung ist winzig und sauteuer, das Haus sieht von außen schrecklich aus, auch innen ist es unfaßbar. Die Gänge und das Stiegenhaus sind dunkel, ich würde mich fürchten, hier zur Wohnung zu gehen, aber Pariser müssen nun mal so leben. Ganz anders als etwa in Wien, wo man sich so etwas nicht vorstellen kann. Wir sind in Östereich gut dran! Aber M. ist zufrieden, weil sie relativ nah am Zentrum wohnt und offenbar hält man sich in Paris nicht so viel in den eigenen vier Wänden auf.
Unnötige Aufregung
Was dann folgt, kann man unter „unnötige Aufregung“ einordnen, aber am Abend ist es nur mehr „schrecklich peinlich“. Aber schön der Reihe nach: Ich schaue mir meine Platzreservierung an und stelle fest, daß keine Platznummer darauf zu finden ist. Jetzt hab ich natürlich Sorge, ob ich in dem Zug meinen Platz finden werde bzw. ob überhaupt einer reserviert ist. Ich versuche, Martin K. (Bahnagentur) zu erreichen, aber keine Antwort. M. versucht zu telefonieren, allerlei Stellen am Bahnhof, aber heutzutage geht alles über Callcenter und so wie früher ist es nicht, daß man Auskunft bekommt. Also muß ich wohl oder übel riskieren, daß irgendwas nicht klappen wird. Aber wir können ja noch am Bahnhof nachfragen, und das ist mir nun plötzlich sehr wichtig. Damit gehen sich nun aber keine weiteren Unternehmungen oder Sightseeing aus. Dumm!
Nach dem Kaffee fahren wir zum Gare de l’Est und fragen dort: man sagt uns: ja, das ist schon okay. Es war kein Platz mehr, daher bekam ich so eine Karte. Warum diese Art der Reservierung dann 10 Euro statt 6 Euro (wie auf der Hinfahrt) gekostet hat, ist mir aber unerklärlich. Das ganze wird daheim noch peinlich enden, aber vorläufig ist die Aufregung vorüber.
Ein Bild mit unterschiedlichen Hochgeschwindigkeitszügen drängt sich förmlich auf: immerhin 4 verschiedene Typen sind zu sehen, darunter ein ICE.
Wir gehen dann in Bahnhofsnähe spazieren, zunächst zum Gare du Nord. Dort kann ich zumindest eine Eurostar-Garnitur der Serie 3300 fotografieren, die die SNCF als TGV im eigenen Land einsetzt, außerdem auch einen Thalys. Aber wir flüchten bald aus dem Bahnhof, denn ich fühle mich tatsächlich etwas unwohl in meiner Haut in dieser Gegend. M. erklärt uns, daß es in dieser Gegend Probleme gibt.
Parade von Hochgeschwindigkeitszügen in Paris Est.
Ex-Eurostar als TGV der SNCF beschriftet: Garnitur 3311 im Gare du Nord.
Wir gehen zum Ostbahnhof zurück, setzen uns wieder in das Café, in dem wir schon in der Früh waren, trinken ein Bier und plaudern. Fazit des Tages: außer dem guten Essen und der ICE-Fahrt brachte der Tag eigentlich nicht sehr viel. Aber sei’s drum. I. und M. hatten ihre Freude. Klar: wenn ich alleine gefahren wäre, hätte ich mich von Bahnhof zu Bahnhof gehantelt und wäre ein wenig mit der Metro gefahren und hätte vielleicht eine der neuen Straßenbahnen besichtigt. Aber es stört mich nicht, denn in der letzten Urlaubswoche bin ich bereits so entspannt, daß ich alles genieße, was es zu erleben gibt, egal was. Auch das Wetter war eigentlich nicht wirklich toll, ein Wechsel aus Regen und kurzen Sonnenlöchern, oder aber eine sehr rasch wechselnde Bewölkung, die manchmal die Straßen in Dunkelheit tauchte. Wie uns M. erzählt, ist schon seit Mitte Juni kein Sommer in Paris. In Forbach jedoch auch nicht.
Rückfahrt nach Forbach
Bei der Rückfahrt gibt es dann keine Probleme mit der Platzkarte. Zwar ist der Zug voll besetzt, aber in der Reihe von I. ist ein Platz frei. Sie bittet einen Fahrgast, ob er Platz tauschen würde, so können wir dann sogar nebeneinander sitzen. Und sogar am Fenster!! Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: ich sitze genau auf meinem reservierten Platz – aber die Karte ist daheimgeblieben!! Der Schaffner zuckt mit keiner Wimper und meine Karte samt „Reservierung“ geht anstandslos und ohne Fragen durch. Ich bin nach wie vor begeistert von den Schaffnern hier, die drei Sprachen sprechen und den Fahrgästen immer freundlich mit Auskünften zur Verfügung stehen. Während der Fahrt gehe ich auch mal durch den Zug, um mir die Füße zu vertreten und mich umzusehen. Ich komme zum Führerstand und staune, daß man vorne durch eine Glaswand durchschauen kann auf die Strecke. Hin und wieder wird das Glas aber milchig weiß, sodaß keine Durchsicht möglich ist. Aber immer nur kurz. Ich vermute, es hat etwas mit der Sonneneinstrahlung zu tun, aber ich erfahre später, daß der Fahrer diesen Effekt mittels Schalter steuern kann. Jedenfalls finde ich es beeindruckend, bei 330 km/h im Wagen zu stehen und dem Fahrer über die Schultern zu schauen. Ich stehe auf der Plattform, also neben den Türen, vor mir sind noch einige Reihen mit Fahrgästen. Nach einiger Zeit kommt ein Schaffner oder vielleicht der Zugchef und meint, ich dürfe ruhig nach vor bis zur Führerstandstür gehen, dort hätte ich eine bessere Sicht. So eine Freundlichkeit ist mir auch schon lange nicht mehr untergekommen bei Bahnreisen!
Besonderes Glück habe ich dann, daß ich ausgerechnet zu dem Zeitpunkt vorne stehe und die Strecke beobachte, als wir das Ende der HG-Strecke nahe Rémilly erreichen, wo die Linie sich teilt: nach links führt eine eingleisige Verbindungsstrecke auf die zweigleisige Hauptstrecke Metz-Forbach (und weiter Richtung Frankfurt), nach rechts mündet die Strecke derzeit noch in die zweigleisige Hauptstrecke Metz-Strasbourg – und das mit einer Überwerfung, weil auf der TGV-Strecke Linksverkehr, auf der normalen Strecke hier aber Rechtsverkehr besteht. Wir biegen also nach links ab, und natürlich geht das Tempo jetzt stark zurück. Jedenfalls war die Fahrt sehr spannend und interessant.
Ankunft der ICE-Garnitur 4680 in Forbach.
Als wir dann daheim sind, schaue ich Böses ahnend gleich meine Fahrscheinmappe durch: ich finde tatsächlich eine zweite Reservierung, auf der der Sitzplatz angegeben ist – genau der, auf dem ich sowieso gesessen bin! Und auf dieser Reservierung ist kein Preis aufgedruckt! Wieso es nun zwei Reservierungstickets gibt, ist mir natürlich nicht klar. Ich habe die nächsten Fahrkarten aus dem Pack herausgeholt und „Reservierung“ gelesen und dachte, das war’s. Ich ärgere mich natürlich im Nachhinein über meine Blödheit und Ungenauigkeit.
Mit einem köstlichen Abendessen geht der Tag zu Ende.
Morgen geht es unter anderem zum Canal de la Marne au Rhin und der berühmten Fotostelle dort.
Fortsetzung hier:
Teil 19: Forbach-Elsaß-Köln
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:02:26:20:49:59.