Hallo. Und weiter geht´s :
Kurzer Nachtrag aus Bukarest:
Ein Bild zum Heulen ist die Abfahrt des "BOSFOR" nach Istanbul:
Bestehend aus einem ex-DB-By und einem 1.Klasse-Abteilwagen nach Sofia, sowie einem CFR-WLABmee und einem TCDD-Liegewagen nach Istanbul und in allen Wagen zusammen einer einstelligen Anzahl Fahrgäste...
Aber weiter in Sofia:
Eben aus dem überheizten RZD-Wagen herausgestolpert, bietet sich im Bahnhof Sofia bei dem herrschenden dichten Nebel ein speziell morbides Bild. Keine Zugbewegungen, und Sichtweite ca. 10 m. Die Rolltreppen in den so gut wie unbeleuchteten Tunnel, wie gesagt, schon länger ausser Betrieb, Treppen und Tunnel, da leicht feucht, extrem rutschig.
Zwei Rolltreppen aus dem Tunnel in Richtung Bahnhofshalle funktionieren sogar, auf den Anderen ist man mit ca. 5 Personen damit beschäftigt, von den Stirnseiten der Tunnelabgänge dort von Reisenden hinterlassene Aufkleber zu entfernen (10:00 Uhr).
Bahnhofshalle ist so gut wie ausgestorben, anstatt des Bahnhofsrestaurants erstreckt sich im ersten Stock nun ein grossräumigerer Waffenladen. Die früher als Müllkippe genutzte Tiefpassage vor dem Bahnhof ist inzwischen saniert, aber ganz offensichtlich waren 95% der Ladenflächen dort noch nie vermietet. Das Bahnhofshotel existiert noch (Doppelzimmer 60 Lewa), der Zugang ist aber nicht mehr direkt aus der Bahnhofshalle, sondern über die Aussengalerie. Das Ganze macht aber auch einen recht vernachlässigten Eindruck...
Im völligen Gegensatz zum allgemeinen Verfall im Bahnhofsbereich sind direkt daneben zwei chrom- und Glasblitzende neue Busbahnhöfe entstanden, die im Gegensatz zum Bahnhof sauber und beleuchtet sind, eine grössere Anzahl von Reisenden zu finden ist, und insgesamt eine gewisse Betriebsamkeit ausstraheln.
Offiziell herrscht bei den BDZ täglich von 08:00-16:00 Streik, dennoch sind einige Eisenbahner, Gepäckträger etc. unterwegs. Es spricht mich ein Mensch in Blau mit BDZ-Namensschild vor der Brust an, wo ich hin wolle. Ich sage, na ja, vielleicht nach Belgrad, er sagt, ja, heute abend.
Kursbücher am Bahnhof Fehlanzeige, im internationalen Fahrkartenschalter "Rila" ebenfalls sehr viel Unlust, dagegen an der Information sehr viel Verständnis und die Auskunft, dass man ob des Streiks jetzt noch nicht sagen könne, ob der Tageszug nach Belgrad fahren würde, aber der Nachtzug auf jeden Fall. Es sind auf der Abfahrtstafel bis kurz vor 16:00 einige Züge vermerkt, gefahren ist davon aber kein einziger.
10:55 relativ pünktlich Ankunft aus Istanbul, ebenfalls fast zum Heulen: Der D 491 besteht in Sofia lediglich noch aus dem Liegewagen Istanbul-Beograd, sowie einem ex-DB-By aus Dimitrovgrad...
Danach in die Innenstadt ohne hier relevante Dinge, interessant nur der Versuch, in der BDZ-Zentrale in der Ivan-Vazov-Strasse "Patevoditel" zu bekommen.
Ortszeit: 11:50 (Gespräch läuft von meiner Seite in serbokroatischer, von anderer Seite in bulgarischer Sprache statt. Wir verstanden uns gegenseitig recht gut...)
MK: Guten Tag. Ich komme von einer Bahnagentur aus Deutschland und bräuchte Kursbücher. Bekomme ich die hier ?
Portiersdame: Jetzt ist Mittagszeit. Kommen Sie zwischen 13:00 und 15:00 wieder.
Ortszeit: 13:15
MK: Hallo, ich bin´s wieder...
Portiersdame(dieselbe, wie vorher): Tut mir Leid, jetzt sind wir im Streik...
Zufällig daherkommende BDZ-Angestellte: Was möchten Sie denn ?
MK: Guten Tag. Ich war vorhin schon hier, komme von einer Bahnagentur aus Deutschland und bräuchte Kursbücher. Bekomme ich die hier ?
Zufällig daherkommende BDZ-Angestellte: Tut mir leid, die sind noch nicht gedruckt....
Gegen späten Nachmittag nochmal zum Bahnhof, nach 16:00 beginnt sich wieder einige Räder zu drehen, was der morbiden Stimmung in der ungeheizten, unbeleuchteten Bahnhofshalle keinen Abbruch tut. Es sind kaum Fahrgäste zu sehen. Es fahren wieder einige wenige Züge, die jedoch ob ihrer Kürze (alle Tagesschnellzüge fuhren mit maximal 3-4 Wagen und waren eher spärlich besetzt), ob des Nebels und der Bereitstellung jeweils am äussersten Ende der Bahnsteige alle kaum sichtbar waren. Das Wagenmaterial insgesamt vollkommen heruntergeritten, von ex-DB-Fernverkehrswagen keine Spur, lediglich ex-By sind insbesondere in den Schnellzügen Richtung Vidin/Lom zu finden.
Die Ankunftstafel zeigt, dass die ankommenden Züge jeweils ebenfalls ihre Fahrt erst ca. gg. 16:00 im Abgangsbahnhof begonnen haben, die Verspätungsminuten sind meist dreistellig.
Im Nahverkehr sind Desiros in Elektro- und Dieselvariante allgegenwärtig, aber nur in Richtung Pernik, wohin ein halbwegs attraktives Angebot herrscht, gut besetzt. Der Zustand der Fahrzeuge ist ebenfalls nach wenigen Einsatzjahren himmelschreiend, teils gesplitterte Scheiben, verdreckte Sitze etc.pp.
Das Zugangebot ist zum Fahrplanwechsel bereits zusammengestrichen worden, es verkehren merklich weniger Züge.
Gegen Abend dann endgültig zum Bahnhof, Gepäck aus der Aufbewahrung abgeholt, begegnet mir der BDZ-Gepäckträger vom Vormittag, der mir kurz sagte, dass es abends einen Zug nach Belgrad gäbe, und will andeuten, dass ich ihm ja noch für seine "Auskunft" vom Vormittag Geld schulde...ohne Worte.
Am Gleis 3, für das der "Nusic" nach Beograd angeschlagen ist, völlige Dunkelheit und dichter Nebel. Auf die Frage hin, wo der Zug nach Beograd führe, werde ich in Richtung nordwestliches Bahnsteigende in die neblige Dunkelheit geschickt, wo irgendwann Wagensilhouetten auftauchen. Dort stehen der TCDD-Liegewagen (der Tageszug nach Belgrad ist also nicht gefahren ! ) , ein ZS-Liegewagen und ein ZS-Sitzwagen. Angesichts meiner Erfahrungen mit Gefässen des Nachtverkehrs der ZS (winkewinke an alle Teilnehmer der Nordpolexpedition mit nächtlichem Rollkommando) wandte ich mich an den TCDD-Liegewagenbetreuer ob freier Plätze, welcher allerdings, da er keinen einzigen Fahrgast hatte, keine Lust hatte, mir einen Platz zu geben, und mich weiter zum ZS-Wagen schickte. Wohlgemerkt: Ein Schlafwagen war nicht am Zug !
Damit muss muss leider konstatiert werden, dass die einzigen Schlafwagen, die auf dem Balkan im internationalen Verkehr südlich von Bukarest und südöstlich von Belgrad fahren, der CFR-WLABmee am "BOSFOR" und die RZD- und UZ-Schlafwagen im "BULGARIA-EXPRESS" sind. Ansonsten - nista !
Am ZS-Wagen aber nun die grosse Überraschung und Ehrenrettung der Firma Zelturist: Der junge Liegewagenbetreuer ist unglaublich bemüht und freundlich. Er spricht mehrere Fremdsprachen, verteilt die Fahrgäste jeden auf ein eigenes Abteil, so sie denn möchten, gibt Bettwäsche und die blauen ZS-Tüten aus, bietet Kaffee oder Tee an, erklärt die Prozedur an der Grenze. Dem Wagen sieht man sein Alter und seinen technisch fragwürdigen Zustand zwar an, aber er ist mit Teppichen ausgestattet, die wie auch die Liegewagenpolster sauber sind.
Mit massiver Verspätung trifft gegen 19:45 der Tagezug aus Beograd, bestehend aus einem ZS-Sitzwagen und dem TCDD-Liegewagen nach Istanbul ein. Der Istanbuler Wagen wird um den BDZ-Inlands-ex-By nach Dimitrovgrad ergänzt und fährt mit Verspätung Richtung Osten ab, der Sitzwagen wird direkt dem "Nusic" an der Zugspitze wieder beigegeben und schon geht es los. Relativ flotte Fahrt bis Dragoman, dann kurzer Halt, und etwas, was man an einer EU-Aussengrenze (an der sich allerdings die Differenz im allgemeinen Infrastrukturstandard (nicht Eisenbahn), Erhaltungszustand der Häuser und Lohnniveau genau entgegengesetzt als üblich stattfinden, dieses Phänomen ist allerdings in Svilengrad/Kapikule noch extremer) gar nicht mehr erwartet: Die Pass- und Zollkontrolle findet tatsächlich von Serben und Bulgaren gemeinsam im fahrenden Zug statt.
Kurze Wachphase in Nis, wo überraschenderweise relavanter Fahrgastwechsel stattfindet.
Belgrad Ankunft mit Verspätung +100 Minuten.
Kurzer Kaffeetreff mit einem serbisch-fränkischen Eisenbahnfreund (schönen Gruss an die Teilnehmer der Polarexpedition soll ich ausrichten !), leider noch keine Kursbücher da, werden aber in den nächsten Tagen eintreffen (und dann ab Ende dieser Woche auch bei uns sein).
Tageszug nach Bar steht bereits abfahrtbereit, bespannt bereits in Belgrad mit ZPCG-461, es gibt also wieder Durchläufe, und auf dem Bahnhof läuft auch Zugpersonal in ZPCG-Dienstkleidung herum.
08:20 Abfahrt des B 451, bestehend aus je einem Abteilwagen der ZFBH (1.Klasse), ZRS und ZS. Flotte Fahrt bis zum Ende des sanierten Abschnittes bei Golubinci, dann üble Zuckelei auf dem nicht sanierten nördlichen Streckengleis bis Sid. Im serbischen Binnenverkehr ist der Zug mittel besetzt, in Sid kommt sogar so etwas wie Füllung auf.
In Sid die übliche serbische Grenzabfertigungprozedur: Inlandsfahrgäste steigen aus, dann zieht der Zug etwa drei Wagenlängen vor, dann serbische Kontrolle und Lokwechsel auf HZ-Maschine (natürlich 441/1141 wie vorher).
Weiterfahrt nach Tovarnik, Einstieg der kroatischen Kontrollbrigade und wesentlich freundlichere Kontrolle als "gewohnt". Ausserdem findet diese auch hier während der Fahrt statt.
Nun, bei Helligkeit, auch die Aufklärung des Forenreisen-Rätsels, warum der Zug an jedem Haltepunkt abbremst: Auch mehr als 10 Jahre nach Wiederinbetriebnahme der Strecke und 3 Jahre nach Ausbau für 160 km/h existiert hier noch keine Signalsierung, und die Bahnübergänge sind fast alle auch immer noch technisch ungesichert. Und da die Bahnübergänge und Haltepunkte zumeist übereinstimmen, wird hier abgebremst.
...wird fortgesetzt....
-----------------------------------
Fahrscheine, Reiseberatung, Kursbücher international:
[
www.bahnagentur-schoeneberg.de]
[DB-,ÖBB-,SNCF-,Trenitalia-,RZD-, REGIOJET- und SNCB-Agentur und noch Einiges mehr]
----------------------------------