Hallo zusammen!
Da ich im Januar zusammen mit einem Kollegen hier in Bulgarien war, sind wir auch mit der Schmalspurbahn Septemwri-Dobrinischte gefahren.
Lasst mich an dieser Stelle ein Hinweis zu den Namen geben: Eigenltich wäre es für ein Deutsches Forum geboten, die "deutsche Transkription" zu verwenden. Da ich die ganzen Orte aber in der "englischen Transkription" kenne, tut es mir ein bisschen in der Seele weh, die Ortsnamen so zu "verunstalten". Am schönsten wäre sowieso Kyrillisch, aber das kann a) das Forum und b) ein Großteil der Nutzer hier nicht (vermute ich). Zur Aussprache also ein Hinweis: sh = sch, sht = Scht, zh = j (wobei das das J ist, wie es in Journal ausgesprochen wird). Es gibt noch ein paar mehr kleinere Dinge, die aber glaube ich hier nicht auftreten. BDZ schreibe ich auch BDZ (es müsste logischerweise BDZH heissen), es wird aber Be-De-Schee ausgesprochen ;-) Auch wenn das ein Eisenbahner- und kein Sprachwissenschaftsforum ist: vielleicht vermeidet es die ein- oder andere Frage ;-)
Im Gegensatz zu tokkyuu hatten wir sehr viel mehr Glück mit dem Wetter. Außerdem sind fast alle Bilder in der Gegenrichtung entstanden, da wir sowohl hin als auch zurück mit der Bahn gefahren sind. Da außerdem Winter war und es durchaus unterschiedliche Bilder sind, hoffe ich, dass sich hier nicht allzuviele die Haare raufen, dass denn schonwieder ein Bericht über diese Strecke sein muss ;-) Sie ist einfach super schön!
Der Fahrplan war am 15. Januar 2011:
06:30 Uhr Abfahrt Sofia mit RBV 8611 (103 km)
08:01 Uhr Ankunft Septemvri
09:05 Uhr Abfahrt Septemvri mit PV 16103 (125 km)
14:20 Uhr Ankunft Dobrinishte
14:50 Uhr Abfahrt Dobrinishte mit PV 16106 (125 km)
19:57 Uhr Ankunft Septemvri
20:34 Uhr Abfahrt Septemwri mit RBV 8614 (103 km)
22:15 Uhr Ankunft Sofia
Nun aber zu den versprochenen Bildern.
Die Abfahrt war früh und es war auch nicht so wirklich warm. Bahnhofsuhr des Sofioter Haupbahnhofs. Da ich in Studentski Grad (der Studentenstadt) wohne, war es vorher noch eine halbe Stunde Taxifahrt zum Bahnhof, die 8 Lewa, 4 Euro gekostet hat. Es sollte also ein langer Tag werden.
Die Fahrt nach Septemvri gestaltete sich erstmal etwas ungewohnt. Wir haben uns ins Bord-Bistro gesetzt (der gesamte Zug war eine alte IR-Ganitur aus Deutschland) und dort einen Kaffee bzw. Tee getrunken. Daraufhin hat mich (da mein Kollege kein Bulgarisch konnte) einer der beiden Restaurantbetreiber angemotzt, was das denn mit den Bildern der Wagen solle. Dass wir die Züge fotografieren sei ja schön und gut, aber dass wir hier Gattungszeichen und Nummern offenbar ablichten sei ja total verboten und bevor die Polizei kommt, sollten wir sie lieber löschen! Ich war ehrlichgesagt leicht geschockt - nicht aus Angst vor der Polizei, denen hätte ich das schon irgendwie klar machen können - aber der Typ war relativ "intensiv" in seiner Diskussion (und ich hab nur die Hälfte verstanden). Wirklich eine absurde Situation, bisher hatte ich im ganzen Jahr, das ich hier bin, noch nie sowas erlebt! Und auch seitdem nie wieder. Nagut, wir hatten unseren Kaffee, unseren Sonnenaufgang über dem Balkangebirge und ein sich immer weiter verbesserndes Wetter (in Sofia war es Neblig). Wir ließen uns nicht die Laune verderben. Fotos machte ich dann aber vom Wagon keine mehr (so interessant ein IR-Wagen mit Bulgarischer Bier-Werbung gewesen wäre). Es geht weiter in Septemvri:
Wagen 650 der Schmalspurbahn, ein einfaches "B" stellt die Wagenbezeichnung. In diesem sollten wir den ersten Teil der Reise verbringen. Die Wagen standen bereits über eine Stunde vor Abfahrt bereit und wurden per Dampfheizung vorgewärmt. Da ich sowas noch nie im "normalen Bahnbetrieb" gesehen hatte, sei hiermit vielleicht meine Faszination für den vielen Dampf auf den späteren Bildern erklärt ;-)
Das Stationsschild. Es handelt sich hier allerdings um das Schild, das extra auf der Seite der Schmalspurbahn angebracht ist. Der Bahnhof der Normalspur befindet sich etwa 100 Meter weiter nördlich und ist über eine Fußgängerunterführung erreichbar.
Blick auf das Rila-Gebirge. Spätestens hier war das Wetter perfekt. Im Vordergrund stehen ein paar alte Wagons, die dem Rostfraß vorgeworfen werden.
Blick auf unseren Zug - noch fehlt die Lok. Im Vordergrund der Gepäck- und Dienstwagen. Interessant fand ich, dass irgendwo im Bahnhofsgebäude wohl ein Dampferzeuger stehen muss, der den Zug über eine recht lange Schlauchleitung mit Heißdampf versorgt, der hier überall aufsteigt.
Um kurz vor 9 Uhr kam dann unsere Lok. BDZ-75006-7. Im Hintergrund ist übrigens das Wagonreperaturwerk Septemvri zu sehen, dort steht ein Reisezugwagen der Belgischen Staatsbahnen, den man offenbar günstig abstauben konnte.
Ich könnt mich immernoch totärgern, dass ich die 81 dort abgeschnitten hab, aber so ist das Leben. Vorenthalten will ich Euch das Bild deswegen nicht: BDZ-75006-7 und BDZ-81008-5 im Rangiervorfeld von Septemvri.
Panoramaaufnahme unserer Lok.
Ihre Herkunft war auch für einen Laien wie mich leicht zu erraten. Okay, der Polizist im Zug mit dem ich ein wenig geredet hatte, hat auch etwa 10 mal darauf hingewiesen, dass es sich um eine Deutsche Lokomotive handelt, eine Henschel!
Kurz vor der Abfahrt - der letzte Papierkram. Der Bahnhofsvorsteher muss dann extra "rüberkommen" in den Schmalspurbahnhof. Dass der Bahnhofsvorsteher hier auch jeden Zug einzeln und persönlich abfertigen muss, hat durchaus Auswirkungen auf den Fahrplan. Letzten Montag war ich in Karlovo wo zwei Züge dann nur 3 Minuten nacheinander abfahren durften, obwohl sie in die entgegengesetzte Richtung verkehrten - der Bahnhofsvorsteher hatte also 3 Minuten Zeit, von Gleis 2 zum Gleis 3 zu laufen, damit wir auch abfahren konnten... Technikbasierte Selbstabfertigung durch Triebfahrzeugführer ist hier halt noch nicht. Obwohl man mit den Desiros entsprechens ausgerüstete Fahrzeuge hat - der gelbe Stab wird trotzdem vom Schaffner oder der Schaffnerin aus der Tür gehalten, die EU-genormt-laut "PIEP PIEP PIEP" macht um dann zuzulaufen....aber zurück zur Rhodopenbahn.
Nach einer kurzen Fahrt durch die Ebene bei Septemvri geht es nach Pamporovo hinauf nach Varvara. Hinter der Station fängt das sehr enge und beeindruckende Tal an, das gleichzeitig die Geografische Grenze zwischen dem Rila- und dem Rhodopengebirge darstellt. Knapp geht es das ein- ums andere Mal an den Felsen vorbei
Da das Tal recht schmal ist, teilen sich Eisenbahn und Straße den knappen Platz. Direkt daneben verläuft der Bach des Tals und dann geht es auf der anderen Seite auch schon wieder steil bergauf. Beeindruckend!
Nach etwa einer Stunde ist man aus dem engen Teil des Tals hinaus und es geht stets bergan. Durch eine wunderschöne Landschaft - die wegen des Winters leider oftmals etwas karg wirkt.
Ein Bahnhof an der Strecke. Es müsste der Bahnhof Dolene sein.
Etwas, was mich jedes Mal aufs neue beeindruckt - hier gibt es in jedem Bahnhof kostenloses fließendes Wasser. In wirklich jedem! Okay, ich muss zugeben: In Sofia würde ich das Wasser nicht trinken. Ansonsten aber überall (ich lebe auch noch ;-)). Es sind diese kleinen Dinge, die es hier überall (noch) gibt, die in Deutschland schon lange abgeschafft sind. Neben dem Trinkwasser gibt es außerdem in jedem noch unterhaltenen Bahnhof (was die große Mehrzahl der Bahnhöfe ist) auch eine gewärmte (!) Wartehalle.
Blick zurück auf das Einfahr-Signal. Die Bauart erinnert eher an Museumseisenbahnen als an eine normale, sich in Betrieb befindliche Eisenbahnstrecke in der Europäischen Union...
Blick ins Tal. Wer genau schaut, findet am linken Rand des Tals die Eisenbahnstrecke, über die wir eben noch gefahren sind.
Bereits hinter Velingrad bot sich dieses schöne Bild. Naja, schön und leider auch irgendwie Typisch. Der im Vordergrund herumliegende Müll will nicht so richtig zur schönen Landschaft dahinter passen. Nach über einem Jahr hier muss ich aber sagen, dass es mir selbst oft gar nicht mehr auffällt, wieviel Müll hier herumliegt....
Wir verlassen Velingrad - und stehen bereits im Gepäckwagen, den man uns angeboten hat, um doch Bilder zu machen. Es war mir erst etwas unangenehm und nach ein, zwei Bildern wollte ich wieder nach hinten gehen, da ich meinen Kollegen zunächst hinten beim Gepäck gelassen hatte. Der Polizist, der mich mitgenommen hatte, meinte aber ich soll doch meinen Kollegen und unser Gepäck (Bulgarisch "Bagasch") holen, hier sei es doch viel besser, um die Bahnfahrt zu erleben. Naja, nocheinmal hab ich mich dann nicht bitten lassen. Ob ich so eine Gelegenheit wohl je wieder bekomme? Ich weiss es nicht, aber vergessen werde ich sie jedenfalls nicht.
Typisch Bulgarien. Die Pferdekutschen sind selbst in der Hauptstadt kein ungewöhnliches Bild.
Blick nach vorn. Im Bach links sieht man noch die Reste von Eis und Schnee. Leider soll die ganze Bahnfahrt Schneefrei bleiben.
Der Blick zurück in das Tal Richtung Velingrad. Ab hier folgt keine Straße mehr der Eisenbahn und sie fährt durch ihr eigenes Gebiet. Mit ingesamt 37 Tunneln und 5 Kehren geht es eine ganze Weile bergan.
Tsvetino (oder Zwetino), einer der Bahnhöfe auf der Strecke. Renoviert und schöner, als so mancher Bahnhof aus dem Heimischen Rhein-Main-Gebiet.... Wir waren übrigens absolut pünktlich!
Haltesignal. Es hat etwas gedauert, bis ich herausgefunden habe, wofür das "P" steht. Es heisst "Posleden", das bedeutet soviel wie "letztes" oder - freier übersetzt - "Letzte Stelle [zum Halten]".
Leider etwas verwischt, von den athemberaubenden 20 km/h ;-) Hier sieht man einmal, was im Sommer unmöglich zu fotografieren ist: unsere eigene Strecke, die wir soeben in einer Kehre überfahren.
Vor jedem Tunnel das Schild: Ne Preminavaj! Opasno za Zhivota! Kein Durchgang! Lebensgefahr!
Auf einem ehemaligen Holzverladeplatz liegen heute Schienen, vermutlich für etwaige Reperaturen. Auf dem Weg vom Letzten Bahnhof Sveta Petka bis zum Passbahnhof Avramovo fährt man 25 Minuten ohne Halt für 10 km. Auf dem Weg liegt ein aufgelassener Bahnhof und mindestens 5, 6 solcher Verladestellen. Benutzt werden sie aber nach Aussage eines anderen Users hier bei DSO nicht mehr.
Die 25 Minuten gingen schnell um und bald war der letzte, der Scheiteltunnel durchquert. direkt hinter diesem Tunnel liegt der Bahnhof Avramovo, in dem unser Zug hier gerade in der Sonne wartet.
Stationsschild Avramovo. Im Hintergrund ist die Tür zur Warte"halle" - vielleicht eher dem Wartezimmer.
Ein entsprechendes Hinweisschild darf natürlich nicht fehlen: Der höchste Bahnhof der gesamten Balkanhalbinsel. 1267 Meter über dem Meeresspiegel. Die Englische Übersetzung liest sich da etwas "nüchterner".
Die Ankunft des Gegenzugs mit BDZ 77005-7. Die Schwarze Rauchwolke ist nochmal das letzte Aufheulen vor der Passhöhe. Zum Zeichen, dass man die Höhe "geschafft hat", wird natürlich stolz gehupt - das haben sich beide Lokführer nicht nehmen lassen.
Seitenaufnahme des Gegenzugs. Der Schaffner in der ersten Tür hatte Spaß bei der Sache und winkte mir kurz später frohgelaunt zu...
Impressionen der Gleise - leider weiss ich gerade nicht mehr, welcher Bahnhof es war. Rechts im Bild vor der grünen Schutzhütte sieht man auf die Kurbel für das Einfahrsignal.
Eines, wie deses hier. Im Hintergrund erkennt man die Schneebedeckten Gebirgskuppen des Rila-Gebirges.
Dreht man sich um, sieht man jene des Pirin-Gebirges. Über dem Tal liegt ein leichter Nebelschleier.
Blick in die Ebene bei Bansko. Links dieses "schiefe Schild" sieht man nicht nur an der Schmalspurbahn, sondern auch an den Hauptstrecken. Was genau diese Zahlen hier bedeuten sollen, ist mir nicht ganz klar - auf dem nicht erkennbaren Teil dürfte aber die Streckenneigung stehen. Die Schilder sind auch unterschiedlich stark geneigt, je nach dem, ob die Steigung stärker oder schwächer ist.
Bereits nach dem Umsetzen: Bereit für die Rückfahrt nach Septemvri steht unser Zug im Bahnhof Dobrinishte.
Das Ende der Strecke. Dahinter geht es nur noch ein kurzes Stück weiter, damit man die Lokomotive umsetzen kann - und dann endet die Strecke in einem Sand- und Schotterhügel.
Das Zuglaufschild - es dürfte nie getauscht werden.
Die Rückfahrt verlief dann etwas unspannender. Das Wetter wurde schlechter und schlechter - es hat sogar angefangen zu Regnen. Uns wurde klar, was wir für ein riesen Glück mit dem Wetter hatten. Fast der gesamte Januar sollte nicht wieder so schönes Wetter haben.
Auf dem Rückweg bei der letzten Zugkreuzung (bei der wir mit einem Schlag die gesamten 10 Minuten Verspätung, die wir auf der Rückfahrt angehäuft hatten, aufholten) konnte ich noch dieses Stimmungsbild machen:
Die Wagen waren gut geheizt und draussen regnete es inzwischen relativ stark. Im Bild ist gut zu erkennen, dass der Gegenzug noch einen Wagen mit Übersetzfenstern hat.
Das war es dann von der Rhodopenbahn. Ich hoffe, die Bilder gefallen und der Text enthält nicht all zu viele Rechtschreibfehler....
Die Bilder sind alle bei flickr.com gehostet, ich verzichte hier mal darauf, alle Bilder einzeln mit ihrem Orginal zu verlinken und verweise auf das Fotoalbum:
2011-01-15 Rhodopenbahn (Eisenbahnerauswahl)
Auf dem Rückweg in Septemvri trafen wir dann noch auf den Schnellzug Sofia - Istanbul - der hier als "Geisterbahn" zu erkennen ist:
(Ja...das Foto war natürlich so gewollt... ;-)))
Im RBV nach Sofia trafen wir dann wieder auf die selben beiden Bistro-Schaffner, die uns diesmal allerdings statt Kaffee und Tee ein Bierchen verkauften. 1,10 Lewa für die Flasche 0,5 - das sind etwa 50 cent. Die Deutsche Bahn ist da dann doch sieben mal so teuer.....
Achso - Sofia erreichten wir dann mit 3 Minuten Verfrühung um 22:12. Von Verspätungsproblemen kann also trotz "Balkan" keine Rede sein, solange man in einem Land bleibt. Sobald eine Grenze dazwischen kommt, sieht das ganz anders aus...
Wie immer freue ich mich gerne über konstruktive Kritik, da ich nun auch noch nicht soo viel Erfahrung bei Bahnfotografie und Geschichtenschreiben-bei-DSO habe ;-)
Viele Grüße aus Sofia!
Fips
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2011:02:17:18:51:44.