Balkan-Abenteuer Teil 13: Athen (-Sofia)
Die bisherigen Teile:
Teil 1: Wien-Zagreb
Teil 2: Zagreb-Sarajevo
Teil 3: Sarajevo
Teil 4: Mostar
Teil 5: Sarajevo-Dubrovnik-Split-Zagreb
Teil 6: (Zagreb-) Beograd
Teil 7: Beograd - Podgorica
Teil 8: Podgorica – Bar (-Skopje)
Teil 9: (Bar -) Skopje
Teil 10: Skopje-Bitola-Ohrid-Kicevo-Skopje
Teil 11: Skopje-Thessaloniki-Athen
Teil 12: Athen
Tag 14: Sonntag, 25. Juli 2010 – Athen (-Sofia)
Mit Metro und Proastiakos
Ich bin alsos mit der Straßenbahn bei der Endstation „Friedens- und Freundschaftsstadion“ angekommen und begebe mich also über die Brücke zur Metrostation Neo Faliro, die allerdings auf den Netzplänen nur mehr mit Faliro bezeichnet wird. Aufgrund von Absperrungen und (griechischen) Informationstafeln erkenne ich schnell, daß die Linie 1 zwischen Faliro und Attiki nicht verkehrt. Irgendwas wird gearbeitet. Schade, ich wäre gern ein paar Stationen nach Norden gefahren. Ich erinnere mich an einen offenen Streckenabschnitt (1983), bei dem ich gerne fotografiert hätte. Also fahre ich nur die eine Station nach Pireas.
Bild 1:
Von der Brücke sieht man die Metro-Trasse: die kurzgeführten Züge enden bereits hier in Faliro.
Bild 2:
Das innere der ISAP-Metrowagen.
Bild 3:
Immer wieder sehenswert: die schöne alte Metroendstation in Pireas.
Bild 4:
Und der Blick in die andere Richtung.
Bild 5:
Und zum Vergleich mein altes Bild von 1983: Holzwagen in (damals noch altgriechisch) Pireefs.
Bild 6:
Eindeutig ein DDR-Produkt – ziemlich baugleich mit der Type G in Berlin (1983 in Pireefs). Entschuldigung für die schlechte Dia-Qualität, aber es soll ein Belegbild sein.
Bild 7:
Und hier wollte ich eigentlich hinfahren, um Bilder zu machen (1983).
Das alte Bahnhofsgebäude der ISAP ist schön renoviert und ich erinnere mich noch gut an meinen Besuch hier 1983, als noch die letzten alten Holz-Züge gefahren sind, außerdem auch Züge aus DDR-Produktion. Auf diesem Bahnhof finde ich dann Informationen auf Englisch und Griechisch. Erstere spricht von der Schließung des Abschnitts Monastiraki-Attiki ab morgen Montag, die griechische Information besagt, daß dieses Wochenende der Abschnitt Faliro-Ano Patissia nicht betrieben wird. Grund sind Gleisbauarbeiten.
Der Weg zum Bahnhof Pireas ist nicht weit und ich staune, daß auch dieser Bahnhof völlig renoviert worden ist. Es gibt in diesem Kopfbahnhof nicht wenige Gleise (leider hab ich die Anzahl nicht in Erinnerung, wenigstens sechs dürften es sein) und ein GTW (Reihe 560) steht schon zur Abfahrt bereit. Es ist Zug 4320 nach Kiato mit einer Dreifachgarnitur.
Bild 8:
OSE-Bahnhof Pireas – schön renoviert.
Bild 9:
560 211 und zwei weitere GTW abfahrbereit als Zug 4320 nach Kiato in Pireas.
Bild 10:
Und so sieht der GTW innen aus, jedenfalls saß ich bequemer als hierzulande in den Desiros…
Bild 11:
Der Streckenverlauf ist im Wagen angeschrieben: schwarz sind noch nicht eröffnete Stationen. Dunkel ist der innerstädtische Berich (Tageskarten für die Stadt gelten hier), nach rechts geht es Richtung Flughafen.
Auf dem Netzplan der Proastiakos ist die auf einem anderen Plan noch als „SEK“ bezeichnete Kreuzungsstation als „Metamorfosi“ eingetragen. – Überklebt, also offensichtlich eine Namensänderung noch vor Inbetriebnahme.
Auf der Fahrt nach Athen sehe ich einen uralten ISG-Speisewagen mit den runden Fenstern am Wagenende, außerdem auch eine alte Dampflok, die vermutlich eine 52er sein dürfte. Leider gelingen die Bilder nicht durch die verspiegelten Fensterscheiben (daher nicht herzeigbar). Wieder am Larissa-Bahnhof sehe ich dort eine Diesellok der Reihe 220, aber ich halte mich nicht hier auf, weil im Bahnhof nicht so gut fotografiert werden kann. Ich fahre gleich mit der Metro weiter und steige in Attiki aus.
Bild 12:
220 007 ganz ohne Verschmierungen im Bahnhof Athen.
Bild 13:
Endlich gelingt ein halbwegs vernünftiges Bild einer modernen Metrogarnitur. Leider nicht während der Fahrt – also von vorne möglich. Nur ein Standbild in der Station.
Bild 14:
Und hier das innere einer modernen Garnitur.
Bild 15:
Auch die Sitze sind hübsch und angenehm zum Sitzen.
Fotostandpunkt an der Bahnstrecke Richtung Norden
Von der Station gehe ich Richtung Westen, denn mein nächstes Ziel ist es, an der Bahnstrecke (nördlich des Bahnhofs) einen Fotostandpunkt zu suchen. Tatsächlich finde ich schnell in der Nähe einen Bahnübergang, der sich nicht schlecht für Aufnahmen eignet. Hier verläuft die Bahntrasse zwischen zwei Straßen in einer Häuserschlucht.
Bild 16:
621 115 ist mit sauberer Front unterwegs nach Pireas (von Chalkida kommend). Links im unteren Eck des Bildes erkennt man Fransen… Was das ist? Der „Bahnschranken“!!
Bild 17:
Der „Schranken“ besteht aus Drahtseilen, Blechteilen und Fransen und wird hochgezogen bzw. heruntergelassen. Und das geht ziemlich schnell. Mit Kurbel. Hier ist er gerade beim Hochziehen zu sehen.
Besonders bemerkenswert ist die Vorrichtung, die hier einen Bahnschranken ersetzt. Ich brauche eine Weile, bis ich erkenne, daß da von oben zwei Drahtseile mit Blech und bunten Bändern garniert mittels Kurbeln heruntergelassen werden, wenn ein Zug kommt. Das Schauspiel ist faszinierend und ich mache mehrere Bilder. In den 15 Minuten, die ich hier verbringe, kommen immerhin drei Züge vorbei: ein MAN-Triebwagen Reihe 621 von Chalkida, Zug 502 mit zwei 220ern nach Thessaloniki sowie ein GTW Reihe 560 von Kiato nach Pireas.
Bild 18:
Suchbild: hier wird gerade gekurbelt!
Bild 19:
220 002 und eine Schwestermaschine ziehen den Zug 502 nach Thessaloniki
Bild 20:
Ein schöner und langer Zug, wenn er auch von außen sauber wäre, wäre es eine Freude, ihn anzusehen… Die Trassierung zwischen den Häusern erinnert irgendwie an Thailand.
Bild 21:
Um einen Eindruck von der Stadt zu behalten, fotografiere ich immer auch irgendwelche unbekannten Seitengassen. Ohne Balkon möchte offenbar kein Athener leben!
Nach diesem Schauspiel beschließe ich, Richtung Doukissis Plakentias zu fahren, um von dort mit einem elektrischen Desiro der Flughafenbahn zurückzufahren. Unterwegs fällt mir ein, daß es doch auch schön wäre, ein wenig vom antiken Athen zu sehen, also wenigestens einen Blick auf die Akropolis zu werfen. Ich fahre also weiter bis Akropoli, staune dort nicht schlecht, als ich schmalspurige Straßenbahngleise in einer Gasse finde. Dann entdecke ich eine Informationstafel, auf der nicht nur ein Plan des ehemaligen Straßenbahnnetzes zu sehen ist, sondern auch erklärt wird, daß 2008 in dieser Straße (Makrygianni) unter dem Asphalt bei Erneuerungsarbeiten die alten Gleise zum Vorschein kamen. Und man beschloß, sie sozusagen als Denkmal in die Straßengestaltung einzubeziehen. Es gibt auch einige Bilder auf der Tafel, aber wen es interessiert, der wird sicher im Netz mehr Infos dazu finden!
Bild 22:
In der Makrygiannistraße gibt es alte Straßenbahngleise – absichtlich als Denkmal erhalten. Und daneben viele Lokale für gutes Essen!
Bild 23:
Der Plan war schlecht zu fotografieren, weil er so blaß ist. Vor allem die Straßenbahnlinien sind schwach zu sehen. Daher hab ich die, die ich erkennen konnte, nachgezeichnet, damit man erahnen kann, wie groß das Netz war. Allerdings: keine Gewähr für Richtigkeit oder Vollständigkeit!
Bild 24:
Die Gleise enden einfach abrupt.
In dieser Straße gibt es viele Lokale und Restaurants und ich denke, ein Mittagessen wäre eigentlich nicht schlecht. Ich suche mir also ein Lokal aus und erinnere mich an „Saganaki garides“ (oder so ähnlich hieß es, jedenfalls Shrimps oder Garnelen in Tomatensoße), das hab ich einmal in einem kleinen Büffet auf Evvia auf einem Mini-Tellerchen gegessen, es war so köstlich, daß ich immer noch davon träume. Ich frage den Kellner, ob er nicht etwa Saganaki Garides hat? Ja freilich! Und er zeigt auf die Karte… Schau an, ich habs übersehen, und genau heißt es außerdem „Garides Saganaki me feta“, also mit Schafskäse. Auch gut, mein Gedächtnis war gar nicht so schlecht. Kurz gesagt: es war köstlich!
Bild 25:
Garides Saganaki – eine krönende Pause in Athen!
Proastiakos-Desiro-Fahrt
Nach dem Essen spaziere ich Richtung Akropolis-Berg, sodaß ich hinaufschauen kann, aber mehr interessiert mich eigentlich nicht daran. Es weht ein angenehm kühlender Wind, es hat auch nur mehr 31°C. Wieder zurück zur Metro, fahre ich zum Syntagma zurück und steige in die Linie 3 (blau) um, um mir die Proastiakos-Linie zum Flughafen anzuschauen. Die meisten Züge der Linie 3 fahren nur bis Doukissis Plakentias, nur alle 30 Minuten geht es wie die Proastiakos-Linie weiter bis zum Flughafen. In Doukissis Plakentias fand ich keinen Liniennetzplan. An den Anzeigetafeln sah ich allerdings, daß alle 20 Minuten ein Zug Richtung Flughafen bzw. Richtung Ano Liosia fährt, sonst nirgendwohin. Also (noch) nicht nach Athen zum Larissa-Bahnhof. Da staunt der Laie, denn in Athen ist am Bahnsteig ja angeschrieben: Züge Richtung Flughafen. Daß man dabei erst noch umsteigen muß, wird dort verschwiegen! Hier verkehren also die elektrischen Desiros der Reihe 460. Hier und sonst nirgends (vielleicht im Raum Thessaloniki auch?). Und dafür brauchen die 20 Garnituren?
Bild 26:
Desiro 460 210 in der Station Doukissis Plakentias. Die Station ist zwischen den Fahrbahnen einer Autobahn (?) oder Schnellstraße gelegen. Erinnert an die U18 zwischen Mülheim und Essen.
Bild 27:
Die Zugfrequenz ist relativ häufig, die Anzeigen vorbildlich (Lateinisch und Griechisch abwechselnd).
Bild 28:
Ein Desiro von innen.
Ich nehme also den nächsten Zug und fahre damit Richtung Ano Liosia, steige jedoch in Neratziotissa aus, weil ich hier, wo die Metrolinie 1 kreuzt, Fotos machen möchte. Ich kann hier wieder nur die bekannten Wagen der Linie 1 (ISAP) fotografieren, die modernen der anderen Linien leider nicht. Die Stationsanlage (eine Kreuzungsstation) ist architektonisch recht gut gelungen. Nach ersten „Not“Bildern warte ich auf einer Bank auf den nächsten Zug, wobei ich mir ausgerechnet habe, wie das Bild gut werden würde. Ein weiblicher „Feldwebel“ schwadroniert jedoch hin und her und ich ahne schon Böses. Als ich dann beim Herannahen des Zuges meine Kamera zücken möchte, stürzt sie sofort herbei und herrscht mich an: „No Photos!!!“ Gut, dann kann ich ja gleich wieder gehen.
Bild 29:
Die Kreuzungsstation Neratziotissa ist sehr interessant gestaltet: von links nach rechts fährt die Metro. Darunter, sozusagen unter dem hier sichtbaren Überdach, die S-Bahn (nennen wir sie mal so). Und gute, kurze Übergänge zwischen den Bahnsteigen!
Bild 30:
Ein schon bekannter Zug der Metrolinie 1.
Auf dem Bahnsteig darunter kann man jedenfalls fotografieren, nur ist dort der Platz so beengt, daß ich es bleiben lasse und den nächsten Zug nach Ano Liosia nehme. Hier sieht man deutlich, was hier alles gebaut wurde, die Strecke sieht hochmodern und gut in Schuß aus.
Bild 31:
Station Ano Liosia: links sind wohl die Gütergleise Richtung Peloponnes zu sehen. Vom Bahnsteig blicken wir nach Osten Richtung Eisenbahnkreuz.
Ich nehme den nächsten GTW nach Athen (Larissa-Bahnhof), wobei mir auffällt, daß das Kreuzungsbauwerk sehr aufwendig gestaltet ist, zwar hab ich kein Bild gemacht, aber es wird Umsteigemöglichkeiten geben und das S-Bahn-System könnte also doch recht effektiv werden, wenn alles mal fertig ist. Die Frage ist bei den jetzigen Zuständen in Griechenland, ob wir das noch erleben werden…
In Athen angekommen, spaziere ich nun nach Norden, weil ich ja einen Eisenbahnsteg gesehen habe. Ich möchte schauen, ob man den betreten kann und von dort Bilder machen kann. Man kann. Ich bleibe auch etwa 20 Minuten dort oben und mache einige Bilder.
Bild 32:
Besonders faszinierend ist, daß man von hier die ganze Anlage des künftigen Bahnhofs Athen gut überblicken kann. Nicht ganz begreife ich, wozu die Bahnsteigenden abgerundet sein müssen. Platz für gerade Bahnsteige wäre ja gewesen!
Bild 33:
Die 220 034 zieht mit einer zweiten 220 den E501 von Thessaloniki in den Bahnhof hinein.
Bild 34:
IC-Triebwagengarnitur Reihe 520: das kann nach dem Fahrplan nur der 1554 nach Chalkida sein. Gewißheit habe ich jedoch nicht. Besonderes erfreulich: der Tfz-Führer winkt mir zug und blinkt!!
Bild 35:
Und zum x-ten Mal wieder 621 115: von Chalkida natürlich.
Unten ist sehr viel „Gstättn“, Spaziergänger führen ihre Hunde hier aus – direkt auf dem Gleisschotter, denn ein Großteil des Geländes (künftige Bahnhofseinfahrt) ist ja noch nicht fertig angeschlossen. Nach dem 621 von Chalkida beschließe ich, den Aufenthalt auf der Brücke zu beenden. Andere Typen sind nicht zu erwarten.
Nächstes Ziel ist die Plaka, also die Altstadt Athens. Ich habe nur mehr vage Erinnerungen (1983) und möchte nochmals sehen, wie das dort aussieht. Ich fahre also mit den Metrolinien 2 und 3 nach Monastiraki (die Linie 1 ist hier ja unterbrochen), nachdem ich mir irgendwo auf einem Plan ausgerechnet habe, daß diese Station in der Nähe der Plaka sein müßte. Der erste Blick, wenn man die Station verläßt, ist ja recht hübsch (Blick auf die Akropolis), aber so romantisch wie ich die Plaka im Kopf habe, ist es in den vielen Geschäftsgassen nicht (mehr?).
Bild 36:
Rechts die Bögen gehören zur Metrostation Monastiraki.
Bild 37:
Das prächtige Stationsgebäude in voller Größe.
Das Stationsgebäude sieht jedenfalls sehr schön aus, mir fällt auch (spätestens hier) auf, daß es in Athen sehr viele Schwarze und auch Inder gibt. Hier in den kleinen Gassen sind sie unterwegs und verkaufen kleinen Ramsch. Aber auch sonst ist alles voll von Touristengeschäften und (teuren) Freßlokalen. Ich mache trotzdem einen großen Rundgang, staune, daß ich auch wieder zur Metrostation zurückfinde. Irgendwie ist das Treiben hier aber doch auch recht interessant zu beobachten. Und eigentlich bin ich froh, in der Makrygianni-Straße gemütlich gegessen zu haben, sodaß ich keinerlei Bedürfnis habe, mich hier mitten unter die Touristen zu mischen. Schließlich komme ich doch auch bei einigen hübschen, romantischen Gäßchen vorbei, danach zum offenen Bahnsteig der Station Monastiraki, aber eben Linie 1, dieser Abschnitt ist ja gerade gesperrt.
Bild 38:
Neben den vollen Gassen mit Geschäften und Gaststätten gibt es auch einige stillere in der Plaka.
Bild 39:
Und natürlich gibt es immer wieder Plätze mit Ausgrabungen oder den Blick auf den Akropolis-Berg.
Fahrt nach Sofia
Es ist schon nach 20 Uhr, als ich die Plaka dann wieder verlasse und mit den Linien 3 und 2 zum Bahnhof zurückfahre. Es bleibt zwar noch viel Zeit bis zur Abfahrt Richtung Sofia, aber ich bin ja auch müde. Ich setze mich wo hinein und trinke etwas, dann beobachte ich das Treiben auf dem Bahnhof. Es gibt eine große Anzeigetafel, aber sie ist außer Betrieb. Man muß also selbst schauen, wo der Zug steht. Ich staune, daß es hier noch Gepäckwagen und Speisewagen gibt. Als mein Zug (10 Minuten vor der Abfahrt) eingeschoben wird, ist es wie immer: die Lok ist sauber, die Wagen voller Graffiti. Nur der ganze U-Bahn-Bereich ist überall sauber, auch die Züge, auch die O-Busse und Straßenbahnen. Einzig die Eisenbahn ist vollgeschmiert. Irgendwie kann ich das nicht verstehen! Mein Liegewagen ist ein OSE-Wagen in rot, aber mit so viel Graffiti, daß die Farbe sowieso nicht leicht erkennbar ist.
Ich finde mein Vierer-Abteil und nach wenigen Minuten kommt eine vierköpfige Familie bzw. Gruppe: ein Mann, zwei Frauen und ein Baby, etwa 1 bis 1½ Jahre alt. Na, das wird eine Nacht werden! Das Kind ist natürlich unruhig. Es gibt viel Gepäck, das läßt sich nicht leicht verstauen, dazu der Kinderwagen. Ein Teil bleibt am Gang, es geht nicht alles ins Abteil. Es sieht so aus, als ob die Mutter auf den Schlaf verzichtet, dafür hat das Baby ein Bett, der Rest des Bettes wird für Gepäckablage verwendet. Ich hab mein Bett schon bezogen und blicke etwas abwartend hinab. Es sind Bulgaren und sie können ganz wenig Englisch sprechen. Immerhin. Wir fahren mit +2 Minuten ab, also eigentlich pünktlich. Als der Schaffner kommt und meine Fahrkarte kontrolliert, spricht er mich auf Griechisch an. Ich spule einen meiner wenigen Sätze auf Griechisch herunter und hänge gleich die möglichen Sprachen an, mit denen er Erfolg haben könnte: „dhen katalaveno ellinika – deutsch – english – romaneşte...“ Daraufhin er sofort: dumneavoastra vorbiti româneste? Und ich staune natürlich auch, daß er Rumänisch kann. Ja, er kann Griechisch, Bulgarisch, Rumänisch und ein wenig Englisch. Das nenn’ ich einen Liegewagenschaffner! Mit mir wird er fast nur Rumänisch reden, ganz selten gewürzt mit einigen englischen Worten.
Wenig später reden die Leute etwas mit ihm, was ich nicht verstehe, aber bald komme ich dahinter: Der Schaffner erklärt mir, daß die Leute gebeten haben, mich woanders hin zu plazieren, weil sie Sorge um meinen Schlaf haben, wegen dem Baby. Und er macht es auch. Ich bekomme ein Abteil für mich alleine. Ich soll meine Sachen mitnehmen, auch den Polster. Die Abteiltüre hängt aus den Angeln, läßt sich also schwer schieben. Schon gar nicht richtig verschließen. Etwas Sorge bereitet mir die Warnung des Schaffners, auf meine „personal belongings“ (das sagt er auf Englisch) besonders acht zu geben. Man könne nie wissen (wie man das beim Schlafen machen soll, ist mir zwar schleierhaft, aber es wird nichts passieren). Gute Nacht wünscht er mir dann sogar auf Deutsch. Und ward nicht mehr gesehen. Ich versuche, die kaputte Schiebetüre wenigstens halbwegs in die Schiene einzufügen. Der Liegewagen erinnert mich irgendwie an alte DDR-Wagen, wo er wirklich gebaut wurde, weiß ich natürlich nicht. Ich lege mich ziemlich bald schlafen, versuche, meine Fototasche so festzubinden, daß man sie nicht leicht wegziehen kann. Und so hinter der Decke zu verbergen, daß sie nicht gleich auffällt. Naja, wird schon nichts passieren – und es passiert auch nichts. Ich schlafe halbwegs gut, die Liege ist etwas hart, aber es geht.
Bild 40:
Mein Liegewagenabteil im OSE-Wagen.
Fortsetzung hier:
Teil 14: (Athen) - Sofia
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2011:02:14:20:58:24.