Liebe Freunde in Griechenland, Deutschland und anderswo,
Als bekennender Nutzer der griechischen Bahn und jemand, der sehr gerne in Griechenland ist und diese Zustände in ähnlicher Form im letzten Sommer ebenfalls in Kalamata gesehen hat, warne ich davor, hier über die OSE zu urteilen. Die OSE ist sicher eine völlig unfähige, schwerfällige, an der Realität vorbeigeplante Behörde, aber sie ist nicht der Grund des Übels, sondern nur eines von sehr vielen Symptomen, die aufgrund der verfehlten Politik Griechenlands in den letzten 25 Jahren entstanden sind.
Wie im Ausgangsbeitrag geschrieben, befürchtet der Autor tunesische Verhältnisse. Dem schließe ich mich an und ich habe durchaus bisweilen Angst um Freunde in und um Athen. Aber - wie passend bei Griechenland - hilft ein Blick in die Geschichte. Auch in die der Bahn...
Das Problem ist vor allem dadurch verursacht, daß die griechischen Politiker in den letzten Jahren sich gerne mit großen nach außen gewandten Erfolgen geschmückt haben, innere Veränderungen aber aus Furcht um die Wählergunst leider ausgeblieben sind. EU-Förderungen haben Griechenland seit dem EU-Beitritt 1981 eine sprunghafte Entwicklung machen lassen, ohne daß das Land sich wirklich anpaßte. Es ist ein riesiger Reformstau entstanden und die Schulden wurden immer weiter aufgetürmt. So auch bei der OSE...
Bis in die 80er Jahre (unter Außerachtlassung von Währungsabwertungen), mußte das Land und die Bahn sich nach seinen Einnahmen weitgehend richten. Also konnte die OSE nicht wild planen und einkaufen. Das führte dazu, das viele Gebrauchtfahrzeuge im Einsatz waren, die günstig beschafft werden konnten. Nach Beitritt zur EU wurde dieser Weg ungestüm verlassen. Statt den Wagenpark und die Anlagen punktuell und gezielt zu verbessern, sind praktisch alle Hauptstrecken neu trassiert worden oder werden es gerade. Obwohl kaum ein paar Meter Fahrdraht hingen, wurden 30 E-Loks gekauft, die bis heute kaum die Garantiekilometer abgefahren haben, dennoch aber zum großen Teil schrottreif wirken. Obwohl Komfort und Streckengeschwindigkeiten es nicht erforderten, wurde neu Waggons beschafft. In Athen ist über alle Verhältnismäßigkeiten geplant worden und wird gerade gebaut... (oder auch nicht!)
Das visionäre ist den Griechen ja historisch nicht fremd, nur sind hier vermutlich bei jeder Auftragsvergabe sowohl griechische als auch europäische Mittel versickert. Dafür kann die mißbrauchte OSE nichts und auch nicht der griechische Bürger! Wievielen politischen Versprechungen sind wir gefolgt??? Jedenfalls bin ich langsam der Meinung, das ein Neuanfang für Griechenland dringend notwendig ist, um nicht in ein Chaos zu geraten. Neue Regierung, neue Verwaltung, Prüfung von Ansprüchen usw.
Dies muß passieren, um den jungen Griechen eine Perspektive zu geben...
Ansonsten hier noch ein Bild aus Kalonero...
Also zurück zu Bahn!
Hier wäre sicher ein reger Touristenverkehr in der Hauptsaison ohne weiteres möglich. Allein es fehlt der Wille der regionalen Politik und deshalb ist zerfällt die Bahn...
Kalinichta aus Berlin
Dirk
http://www.dirks-bahnreisen.de