Hallo MP und der Rest der Welt,
Zur Bahnverbindung nach Siret zunächst ein Ausschnitt aus einer alten rumänischen Eisenbahnkarte von ca. 1920:
Hier sieht man die ursprüngliche Anbindung von Siret durch die am 01. Juli 1898 eröffnete Linie [Adâncata (österr. Hliboka)-] Petriceni (österr. Kamenka)-Siret (östterr. Sereth), welche in Petriceni von der Hauptbahn Cernauti (österr. Czernowitz)-Suceava Nord (österr. Itzkany) abzweigte und Siret aus nördlicher Richtung erreichte. Der damalige Bahnhof war ein Kopfbahnhof, ist heute Busbahnhof und damit nicht identisch mit dem heutigen «neuen» Bahnhof.
Der alte Bahnhof von Siret (Foto von Mircea Dorobantu) im Jahr 2006:
Die Bukowina war bis 1918 österreichisch; die Bahn wurde von den «Neuen Bukowinaer Lokalbahnen» betrieben.
Im Jahre 1913 erbaute Österreich aus strategischen Gründen eine weitere von Sereth ebenfalls zuerst nach Norden ausgehende, dann nach Osten drehende Stichstrecke nach Synoutz Reichsgrenze (rum. Sinauti veche). Diese Strecke war kaum ein Jahr in Betrieb. Im Österr. Kursbuch von 1914 scheint sie mit vier täglichen und drei nichttäglichen gemischten Zugpaaren auf.
Beide genannten Strecken wurden nach Einmarsch der Russen (1914-1917) von denselbigen abgebaut. Nach Kriegsende wurde lediglich Petriceni-Siret durch Rumänien wieder aufgebaut und von der CFR betrieben. Als die Bukowina 1940 erneut von Russen besetzt wurde, hat man die Strecke endgültig aufgegeben.
Das Trassee der Strecke Siret-Adâncata führt bis Höhe Sterche (rum. Stârcea) im Wesentlichen links der heutigen Fernstrasse E85 Siret-Staatsgrenze-Cernivci; ich konnte es bei einer Busfahrt 1995 über diese Grenze noch teilweise erkennen.
Die heutige und entgegen der Kursbuchveröffentlichung erneut stillgelegte Strecke Dornesti-Siret wurde am 04. Juni 1986 eröffnet.
Zur Strecke Dornesti-Radauti-Nisipitu (-Ulma-Seletin):
Ich glaube nicht, dass in Nisipitu ein Grenzübergang ist, da auf der ukrainischen Seite nichts ausser Wald ist. Einen Sinn gäben Übergänge in Vicovu de Sus oder in Ulma, wo es auf der ukrainischen Seite Dörfer und weiterführende Strassen ins Landesinnere gibt.
Dass die Strecke vor dem 1. Weltkrieg ab Brodina schmalspurig (760mm) war und bis Seletin (ukr. Seliatyn) führte, dürfte bekannt sein. Die Russen haben 1916 mit dem abgebauten Material von Siret (siehe oben) die Strecke auf Normalspur (! Ja, nicht Breitspur!) umgebaut und eine Erweiterung nach Izvoarele Sucevei errichtet. Letztere wurde in den 30er Jahren durch die CFR wieder aufgegeben.
Quellen:
Radu Bellu, Mica monografie a cailor ferate din România, Vol. VI, Liniile regionalei de cale ferata Iasi; Hrsg. CFR, Bucuresti 2001
W. Wendelin, Karpatendampf Band 2, Schmalspurbahnen in der Nordbukowina; Eigenverlag, Lviv 2003
Ich hoffe, das war nicht zuviel oberlehrerhafter Geschichtsunterricht...
Viele Grüsse,
Hubert.