geschrieben von: Knotenpunkt Kreiensen
Datum: 24.01.22 01:00
Bild 2.1: Der erste Praktikumstag wurde bereits ebenso nüchtern wie ordentlich beschrieben. Die in Teil 1 angeführten Gründe fürs Praktikum bei der DB AG wurden im persönlichen Geespräch nicht vertieft. Eine echte Vorbereitung oder Einarbeitung hatte ohnehin nicht stattgefunden, warum auch - mit 15 Jahren ist man dafür zu cool. Der Bericht endet mit der wichtigen Information der Mittagsverpflegung. Sicher sehr zum Unmut der Mütter (meine hat sich nichts anmerken lassen) suchten wir praktisch regelmäßig die 1997 im Kreiensener Bahnhof noch geöffnete Kantine auf und aßen Currywurst mit Pommes oder zur Abwechselung auch mal ein Schnitzel mit Pommes. Die Preise müssen sehr erschwinglich gewesen sein - etwa um die 5 D-Mark vielleicht? Ganz nebenbei frischte ich meine Erinnerung an DB-Verpflegung auf: 1988 hatte ich auf einer Reise mit dem Bundesbahn-Opa nach Köln einen meiner letzten Milchzähne in einem in der Kölner Bahnhofskantine erstandenen Mortadella-Brötchen verloren.
Bild 2.2: Informationen über das am ersten Praktikumstag aufgesuchte Kreiensener Stellwerk. Es war damals bereits gute 40 Jahre in Betrieb und sollte noch derer 13 vor sich haben. Der Verfasser dieses Beitrags hat in zwei im Winter 2021 im Gandersheimer Kreisblatt und in der Einbecker Morgenpost abgedruckten ganzseitigen Essays an das Bauwerk, seine Bedeutung für Kreiensen und die Notwendigkeit der Erhaltung erinnert. Aber zurück ins Jahr 1997: Einer der wenigen Tippfehler der Mappe findet sich gleich hier. Vielleicht ist es tröstlich, dass manche Autokorrektur noch ein Vierteljahrhundert später nicht unbedingt weiter ist.Abgerundet ist der Beitrag mit einem Foto des Stellwerks samt DB-VW im damals gültigen Farbkonzept für nicht schienengebundene Dienstfahrzeuge. Vor dem Stellwerk sehen wir noch das "Prellbockgleis", das jahrelang zur sehr fotografenfreundlichen Abstellung von Lokomotiven diente.
Bild 2.3: Mehr Anführungszeichen als substanzielle Informationen finden sich beim Rückblick auf den zweiten Praktikumsplatz. Der Bahnhof Kreiensen war 1997 selbstverständlich noch mit einem "Rotkäppchen" besetzt - eine Institution, die schon lange fehlt und von vielen Reisenden noch immer vermisst wird. Die aufopferungsvoll betriebene Kreiensener Bahnhofsmission hat bis heute einen Teil der zwischenmenschlichen Aufgaben - etwa die Begleitung von mobilitätseinschränkten Reisenden von der Hannoverschen West- auf die Braunschweigische Ostseite - übernommen. Das Foto zeigt die zwischen Parkplatz und Gleis 1 (Hannoversche Seite) gelegene Aufsichtsbaracke. Womöglich haben wir den Begriff unwillkürlich benutzt und der Beamte wollte uns - die neue Bahn-AG-Zeit war ja angebrochen - die neue Beschreibung einbimsen. Hinter dem noch heute existierenden Bau sehen wir noch die Postgleise (u.a. Gleis 31, von dem ich in den 1990er Jahren genau einmal einen Zug abgfahren sah - war es mal regulär für nach Hannover auslaufende Züge im Betrieb?). Sie wurden im Zuge der Bahnhofserneuerung (im Vordergrund wird der umfassende Sanierungsbedarf schon deutlich) abgetragen, Teile der Posthalle hat man weitsichtig und in Erinnerung an die Bedeutung der Bundespost für Kreiensen in einen modernen Park&Ride-Parkplatz integriert.
Bild 2.4: Aufsicht ist gut, Kontrolle ist besser - so geht es aus der Beschreibung des Aufgabenfeldes unzweideutig hervor.
Bild 2.5: Fundsachen gingen nach Hannover, nicht ohne mit einem entsprechenden Wimpel versehen zu werden. Dieser trägt die gerade vier Jahre zuvor eingeführten fünfstelligen Postleitzahlen, aus 335(0) Kreiensen wurden 37547 Kreiensen. Anfang der 2010er Jahre wurde der Ort dann wieder mit einer neuen Postleitzahl beglückt, da er nun Teil von Einbeck ist und folglich 37574 die Nummer gegen Kummer ist. Fundsachen kann man in Kreiensen natürlich schon lange nicht mehr abgeben.
Bild 2.6: Der Bahnhofsvorplatz in Kreiensen war damals noch in wenige kostenlose Spots sowie eine substanzielle Anzahl von Bezahl-Parkplätzen im westlichen Bereich unterteilt. Hier galt es mit, mit harter Hand zu kontrollieren, ob Ordnungswidrigkeiten vorlagen.
Bild 2.7: Viel Platz für die versammelten Sünder.
Bild 2.8: Zurück zu den Fundsachen. Mit Hilfe eines Nachforschungsauftrags konnte man nach im Zug verlorenen oder vergessenen Dingen forschen lassen. Die Vordrucke überstanden die ersten Runden des Corporate Designs der frühen DB-AG-Jahre.
Bild 2.9: Dritter Arbeitstag. In der Fahrkartenausgabe (Fka) trafen wir zum ersten Mal auf eine Mitarbeiterin, die eher genervt war davon, dass sie uns zu unterhalten hatte. Es stellt sich aber heraus, dass sie die Tante einer ausgesprochen hübschen Mitschülerin des Roswitha-Gymnasiums war. Was man(n) sich so alles merkt... Be-merk-eneswert ist vielleicht auch das Foto des Arbeitsplatzes. Röhrenbildschirme und Nadeldrucker sind die Zukunft, das Internet noch ein ferner Fiebertraum (aber Fahrpläne auf der HAFAS-CD waren der heiße Scheiß!). Telefone mit Wählscheibe und der DEVK-Jahreskalender 1997 komplettieren neben reichlich Papier das Ensemble. An die Bundesbahnzeit erinnern die beiden gerahmten Dampflokbilder, von denne das linke eine Baureihe 18.6 sein könnte. Auf der anderen Seite der dicken Glasscheibe lagen all die Jahre die aktuellen Ausgaben der DB-Mitarbeiterzeitschrift, die wir Jungspunde vor allem aufgrund der Fahrzeugportraits begierig erwarteten.
Bild 2.10: Die damaligen Öffnungszeiten wirken wie ausgewürfelt. Nun gut.
Bild 2.11.: Die Aufgabenbeschreibung folgt auf dem Fuße.
Bild 2.12: Der neu entstandene Geschäftsbereich Fernverkehr lässt grüßen.
Bild 2.13: "Gruppenreisen machen Spaß": Wer mal in den unverhofften Genuss einer zusteigenden bier- oder sektseeligen Gruppe im Großraumwaggon kommt, wird das evtl. anders sehen. Vielleicht bietet sich als Alternative die Reise in Tagesrandlage an, das kurzlebige Guten-Abend-Ticket bekam einen eigenen Flyer.
Bild 2.14: Viel los dürfte in der Kreiensener Fka nicht gewesen sein an jenem 12. Februar 1997. Mit Hilfe der Reiseverbindungssoftware träumten wir uns an aus Sicht eines 15-jährigen ferne Orte. München morgens um 3? Meine Eltern wären kaum erfreut gewesen, obwohl zu den liebsten Jugendanekdoten meines Vaters die unfreiwillige Übernachtung auf dem Frankfurter Hbf in den späten 1960er Jahren gehört.
Bild 2.15: Dann doch lieber nach Paris! Das war richtig weit entfernt, ja geradezu unerreichbar. Und was die "Stadt der Liebe" auch verhieß, wir würden mit dem entsprechenden Kleingeld sicher auch sechs Mal umsteigen, soviel war sicher. Heute liegt Paris in aller Hinsicht näher als 18h, aber Nachtzüge der DB verkehren nicht mehr.
Bild 2.16: Am vierten Praktikumstag wichen wir von dem handschriftlichen Plan erstmals ab und brachten damit das ausgefeilte System unversehens zum Kollabieren. Immerhin war in Bad Gandersheim Platz für mich und meinen neuen Co-Praktikanten Sascha. Die ganze Sache war sehr entspannt, da die Kurstadt an der Gande schon 1997 nur ganz wenig Bahnbetrieb bot. Triebzüge der Baureihen 614 und 634 waren Alltag, manchmal gab es lokbespannte Züge mit V160-Dieselloks, aber das alles wohl höchstens im Stundentakt. Folglich war auch schnell alles erklärt und gesehen und die Rückreise nach Kreiensen zur obligatorischen Currywurst erfolgte zeitig. Die hatten wir uns nach dem Umstellen von mechanischen Weichen und Signalen natürlich auch mehr als verdient!
Bild 2.17: Diese Ablichtung zeigt nochmal die Aufgaben, die einen Bahner in Bad Gandersheim erwarteten. Woher ich diese Informationen habe, weiß ich nicht mehr. Hat uns der freundliche Beamte die Zugpausen mit diesem Wissen versüßt?
Bild 2.18: Nasskaltes Beweißfoto des noch besetzten Stellwerks "Gwf". Links des Autors verlief früher das Hausbahnsteiggleis 1. Zusätzlich hatte der Kurort offenbar noch ein Stumpfgleis zwischen Gleis 1 und der abschüssigen Bahnhofsstraße. Weiß jemand mehr? Der Verkehr nach Lamspringe - Bodenburg - Hildesheim war schon lange eingestellt, die Strecke wurde um 1995 abgerissen, sie ist heute der beliebe Skulpturenweg. Der Bahnhof ist längst in Privathand. Wo früher nach Fka und Gepäckaufgabe zu finden waren, ja das Bahnhofskiosk den nach der 4. Stunde nach Kreiensen zurückfahrenden Schüler mit Süßkram versorgte (das mit im Kreiensener Plus-Markt erworbener Crystal Pepsi 0,5l heruntergespült wurde), ist heute ein kommunaler Betrieb untergebracht. Überregionale Bekanntheit erreicht man 2014 durch eine vom Satiremagazin Extra3 aufgegriffene Posse um die Bushaltestelle. Die Verlegung des Haltepunkts wurden im Rahmen der Landesgartenschau 2023 überlegt, dazu kommen wird es aber nicht. Für ein solch nachhaltiges Event spielt der Bahnverkehr beachtenswerterweise gar keine Rolle. Man erwartet vielmehr Reisebusse und Privat-Pkw.
Bild 2.19: Am 14. Februar 1997 sabotierten wir wieder den ausgefeilten Praktikumsplan. Wieder wurde nun das Stellwerk in Kreiensen unser Ziel. In Erinnerung ist mir die unappetitliche Bemerkung eines dortigen Angestellten, der beim Anblick von Kollege Sascha und mir jeweils mit der linken Hand gefertigen Notizen fragte, ob wir denn auch mit dieser Hand masturbieren würden. Sascha war schlagfertiger als ich und sagte "Sogar beidhändig!". Nicht auszudenken, wenn in unserer Praktikumsgruppe ein Mädchen gewesen wäre.
Bild 2.20: Immerhin, ganz umsonst war der Tag nicht, einige Informationen zum Betriebsablauf aus Sicht der Stellwerker konnte ich in der Mappe zusammentragen. Offenbar hatte man die Mitarbeiter mit entsprechenden Zahlen und Fakten gefüttert, die diese dann dann an die Praktikantenduos weitergeben konnten.
Bild 2.21: Hier sehen wir nochmal die Zusammenfassung der Woche.
geschrieben von: Viermonatskind
Datum: 24.01.22 08:07
geschrieben von: Frankenland
Datum: 24.01.22 09:54
Waren sie aber nicht. Samstagnachmittag und Sonntagmorgen ist eben nun mal Tote Hose. Die Öffnungszeiten wirken eigentlich recht ausgewogen.Knotenpunkt Kreiensen schrieb:
Die damaligen Öffnungszeiten wirken wie ausgewürfelt. Nun gut.
geschrieben von: Peter
Datum: 01.02.22 14:48
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