Hallo HiFo!
Über den "Bochumer Verein und die Eisenbahn bis 1925" könnte man wahrlich ein ganzes Buch schreiben... Ich kann mir kaum ein breiteres Themengebiet vorstellen: Natürlich die Geschichte der Bahnanschlüsse an die großen Privatbahnen in den 1860er Jahren, dann aber auch die Produktion von Schienen und deren Qualitäten. Die eigene Werksbahn - sowohl Normal- als auch Schmalspur. Die eigenen Zechenanschlussbahnen. Die verschiedenen Loktypen: gedrungene Loks für den Betrieb im räumlich engem Hüttenbereich, die aus England importierten Satteltankloks, die Zahnradbahn zum Werksteil Stahlindustrie. Nicht zu vergessen die E-Loks in den 1920er Jahren, bei denen der Fahrzeugaufbau aus der eigenen Abteilung Waggonbau stammte. Damit verbunden die Versuche selber als Fahrzeugbauer in den Markt einzutreten - ich denke hier an die Treidelloks, für die der BV die Waggonaufbauten beisteuerte. Aber natürlich auch der ganz normale Fahrzeugbau, so baute der BV verschiedenste Güterwagen oder auch Gepäckwagen für die preußischen Bahnen. Aber auch im Schmalspurbereich war der BV aktiv, sei es als Waggonhersteller oder als Generalunternehmer.
Für viele dieser Bereiche gibt es einzelne Mosaiksteinchen, die Hinweise liefern, aber eine wirkliche Gesamtdarstellung ...
Nur als Beispiel: In dem heutigen Beitrag widme ich mich ja den beiden bekannten Loks vom Typ "Frankfurt" des BV. Diese Loks trugen im dritten Nummernsystem die Nummern 88 und 89 - die Identität der meisten bis dorthin gezählten Loks sind mir aber bisher nicht bekannt...
Wer sich mit dem Bochumer Verein etwas näher schäftigen möchte, dem kann ich dezent auf meine bisher 19 Beiträge hier im Forum verweisen, die über mein Beitragsverzeichnis verlinkt sind. Über die ersten 40 Jahre Bahngeschichte des BV durfte ich vor drei Jahren einen Beitrag für die "Zeitpunkte" der Bochumer Kortum-Gesellschaft schreiben, der nun als PDF zum kostenfreien Download bereit steht: [
www.kortumgesellschaft.de]
Nebenergebnis für die Statistikfreunde: Ein nahezu vollständiges Verzeichnis des Lokbestandes bis 1900, immerhin rund 30 Maschinen, die sich dank des gut dokumentierten Aktenbestandes im Krupp-Archiv gut identifizieren ließen.
Aber wie das so ist: Solch ein Thema ist nie wirklich "fertig". Viele Themen sind auch noch arg "neblig" bzw. nur schemenhaft greifbar. - Daher hier noch einmal der bittende Aufruf, vorhandenes Infomaterial gerne beizusteuern. Meine Kontaktdaten sind hier oder auf meiner eigenen Internetseite - [
www.ked-elberfeld.de] - zu finden.
So, genug der Vorrede - steigen wir ein:
Teil 20: Zwei Frankfurter beim Bochumer Verein (1921/22)
Das Bild habe ich in meinem ersten Beitrag zum BV [www.drehscheibe-online.de] vor neun Jahren schon einmal gezeigt. Damals stand ich noch ganz am Anfang und konnte weder mit der Loknummer, noch mit dem Begriff "Zechenbahn" etwas anfangen. Über die Schwarmintelligenz des Forums wurde dann schnell der Henschel-Typ "Frankfurt" identifiziert. Die Fabriknummer der hier gezeigten Nummer "39" ist leider nicht lesbar, es dürfte sich aber um die 1916 gebaute Fabriknummer 14533 handeln. [Bild: Slg. Chr. Dahm]
Der Bochumer Verein besaß wenigsten zwei Loks des Henschel-Typs „Frankfurt“, einer 4-achsigen Tenderlokomotive, von der laut dampflokomotivarchiv.de zwischen 1912 (Nr. 11397) und 1923 (Nr. 19622) 31 Lokomotiven gebaut worden sind. 22 weitere wurden 1916 an die K.u.k. Heeresbahn geliefert. Ob die zwischen 1939 und 1952 im Lieferverzeichnis ebenfalls als „Frankfurt“ bezeichneten fünf Maschinen der gleichen Bauart entsprachen, ist derzeit nicht bekannt. Wer sich über den Loktyp etwas näher informieren möchte, der sei auf den entsprechenden Wikipedia-Eintrag verwiesen: [
de.wikipedia.org]
Beim Bochumer Verein sollen nach den derzeit vorliegenden Informationen wenigstens zwei Maschinen dieses Typs im Einsatz gewesen sein. Belegt sind die Lokomotiven „39“ und „40“, von denen mir jeweils ein Erinnerungsfoto mit Zechenbahnpersonal vorliegt. Beide Aufnahmen sind auf den Anfang der 1920er Jahre datiert und mit dem Stichwort „Zechenbahn“ bezeichnet. So wurde seitens der BV der Betriebszweig bezeichnet, der den Verkehr zwischen dem Stahlwerk und den Zechen besorgte.
Die Fabriknummern lassen sich den Loks anhand der beiden Fotos nicht zuordnen, da die Schilder nicht eindeutig lesbar sind. Einzig bei der Lok Nr. 40 ist bei der letzten Ziffer der Fabriknummer „etwas kantiges“, wie zum Beispiel eine „4“ zu erkennen.
Dieses Informationsvakuum füllt die Datenbank „dampflokomotivarchiv.de“. Demnach handelt es sich um zwei Loks, die zu einem unbekannten Zeitpunkt von der „Hafenbetriebsgesellschaft Wanne-Herne mbH“ zum Bochumer Verein kamen. Da der BV neue Loks fortlaufend durchnummerierte und die Loks 37 und 38 1917 an den BV geliefert wurden, dürfte dieser „unbekannte Zeitpunkt“ wahrscheinlich eher näher an 1917 als an 1921 liegen – aber das ist nur eine Mutmaßung. Ebenso unbekannt ist, warum die Loks so kurz nach ihrer Anschaffung von der Hafenbahn quasi „neu“ zum BV wechselten.
Aktuell ist mir nun dieses Bild der Lok "40" zugelaufen. Leider lässt sich das Fabrikschild nicht klar lesen – die Auflösung gibt es nicht her. Aber die letzte Ziffer sieht nach einer „4“ aus. Es liegt also der Verdacht nahe, dass sich hinter der Loknummer „40“ die Fabriknummer 14534 verbirgt. [Bild: Slg. Chr. Dahm]
Da sich auf dem Foto der zweiten Lok eine Fabriknummer erkennen lässt, die auf „4“ endet, liegt der Verdacht nahe, dass es sich hierbei um die beiden Loks „39“ und „40“ handelt, die dann im Rahmen des dritten Nummernsystems des BV die in der Datenbank genannten Nummern „88“ und „89“ erhielten.
Hieraus ergeben sich dann folgende Lebensläufe: [Quelle: dampflokomotivarchiv.de und eigene Ergänzungen]
Henschel 14533 / 1916, Frankfurt, Dn2t
__.__.1916 neu an Hafenbetriebsgesellschaft Wanne-Herne mbH, „5“
__.__.____ ? Umzeichnung in „3“
__.__.19xx an Bochumer Verein „39“ [vermutet]
__.03.1921 im Einsatz auf der Zechenbahn [Fotobeleg]
__.__.19xx Umzeichnung in „88“
Vor 1960 +
Henschel 14534 / 1916, Frankfurt, Dn2t
__.__.1916 neu an Hafenbetriebsgesellschaft Wanne-Herne mbH, „6“
__.__.____ ? Umzeichnung in „4“
__.__.19xx an Bochumer Verein „40“ [vermutet]
__.08.1922 im Einsatz auf der Zechenbahn [Fotobeleg]
__.__.19xx Umzeichnung in „89“
Vor 1960 +
Auch das Bild aus einem ca. 1955 gedruckten Werbeprospekt habe ich schon einmal gezeigt [www.drehscheibe-online.de] . Da es aber hier gut reinpasst, erlaube ich mir dieses Betriebsbild einer „Frankfurt“ noch einmal zu zeigen. Der vergleichsweise kurze Kübelzug scheint ganz schön schwer gewesen zu sein, wird der Zug doch von einer weiteren Tenderlok nachgeschoben. [Bild: Slg. Chr. Dahm]
Und zum Abschluss - um das ganze komplett zu machen - noch der Hinweis auf weiteres Bild einer Lok des Typs „Frankfurt“ – leider ohne lesbare Nummer – aus den 1920er Jahren, das einmir unbekannter User auf seinen Instagramm-Kanal hochgeladen hat: [
www.picuki.com]
Literatur
Dampflokomotivarchiv.de
Seiten „Fahrzeugportrait Henschel 14533“ und „Fahrzeugportrait Henschel 14534“. In: dampflokomotivarchiv.de. URL: [
www.dampflokomotivarchiv.de] und [
www.dampflokomotivarchiv.de] (Abgerufen: 9. Oktober 2021, 09:38 UTC)
Instagramm
In: Instagramm. Account @polis_welt URL: [
www.picuki.com] (Abgerufen: 11. Januar 2020, 23:02 UTC)
Eine gute Zeit und besten Gruß!
Christian
PS.: An alle später Lesenden: Erfahrungsgemäß antworten die meisten Leser innerhalb der ersten 24 Stunden auf einen Forumsbeitrag. Gelesen wird er aber auch noch Wochen später. Ich freue mich natürlich auch noch nach Tagen, Wochen, Monaten über jede Rückmeldung, Anregung und Kritik!
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:10:10:19:23:59.