Hallo liebe Leser,
heute schauen wir uns mal, am Beispiel vom Bahnhof Lemgo, an, was es für ein Krampf war, bis eine Stadt einen Bahnhof bekam.
Aber der Reihe nach.
Lemgo liegt im Jahre 1866 im Fürstentum Lippe, welches heute zu Nordrhein-Westfalen gehört.
Hier einmal eine Karte von Lippe von etwa 1900.
Lippe ist landwirtschaftlich geprägt und hat damals keine nennenswerte Industrie.
Dazu kam, dass das Fürstenhaus damals allen Neuerungen sehr skeptisch, bis ablehnend gegenüber stand. Woher sollte dann auch das Geld für eine Eisenbahnstrecke durch Lippe kommen?
Bei dieser Sachlage wundert es nicht das sich zuerst ausländische, vor allem englische Privatunternehmen mit den ersten Planungen befassten.
Dabei war geplant, die Köln-Mindener Eisenbahn mit der Hannover-Altenbekener Eisenbahn über Lemgo zu verbinden.
Damals glaubten die Lemgoer Verantwortlichen, das mit Einreichen der Kostenvoranschläge und konkreten Planungen der Weg zum Bahnhof geebnet ist. Aber es gab nur Misserfolge.
Aber erst ab 1870 war Preußen bereit, sich für eine Bahnstrecke durch Lippe zu engagieren.
1878 gab es einen ersten Staatsvertrag zwischen Preußen und Lippe über die Strecke von Herford nach Detmold. Aber wieder nicht über Lemgo.
Erst am 2.9.1889 gab es einen weiteren Staatsvertrag zwischen Preußen und Lippe über die Errichtung der Verlängerung der Strecke von Detmold nach Altenbeken und einer Strecke von Lage/Lippe nach Hameln über Lemgo.
Es war aber für Lippe ein echter Knebelvertrag: Lippe sollte sämtliche Grundstücke für den Bahnbau kostenlos zur Verfügung stellen und außerdem auf eine Gewinnbeteiligung aus dem Betrieb der Strecken gänzlich verzichten.
Darum hofften die Bürger, das die Strecke bis spätestens 1893 fertig ist, doch weit gefehlt.
Diesmal lag es an Lemgo. Es gab unter den verantwortlichen in Lemgo und den angrenzenden Dörfer schärfste Auseinandersetzungen, wo denn der Bahnhof gebaut werden soll. Die Baudirektion der Preußischen Staatsbahn favorisierte eine Lösung im Südwesten der Stadt
Hier sieht man die beiden geplanten Varianten. Es gab auch Bürger, die nördlich von Lemgo einen Bahnhof haben wollte. Das kam aber aus topografischen Gründen nicht zum Tragen. Auch die Variante südöstlich von Lemgo am Ochsenkamp kam wegen der Hochwassergefahr vom Fluß Bega nicht zum Tragen.
Interessant ist , das Lemgo damals 7300 und Brake 1530 Einwohner hatten. Brake wollte unbedingt einen eigenen Bahnhof haben.
Das lehnte das Eisenbahn Bauamt in Hannover ab, weil angeblich nach einem Halt in Brake der Zug wegen der Steigung in Richtung Hameln nicht mehr anfahren könnte. Das ist aber nicht korrekt, denn ab Brake geht es nur etwa 1:300 bergan.
Erst am 11.12. 1893 wurde nach sehr kontroversen Diskussionen mit einem Verhältnis von 13:6 für den Bahnhof im Westen von Lemgo abgestimmt.
Als feststand, dass der Bahnhof südwestlich von Lemgo entstehen sollte, forderten die Braker wenigstens eine Straße von Brake zum Bahnhof. Den bekamen sie auch in Form vom Braker Weg, den es heute noch gibt.
Außerdem musste der Bahnhof auch an die Stadt Lemgo neu angebunden werden. Dazu wurde der westliche Stadtwall abgetragen und die Engelbert Kämpfer Straße neu gebaut.
Damit waren nun endlich alle Hindernisse aus dem Weg geräumt und es konnte mit dem Ankauf vom Bauland für den Bahnhof begonnen werden.
Es mussten circa 1,5 Hektar für einen Preis von 48 Pf pro Quadratmeter gekauft werden.
Der Bahnhof sollte 500 m Hauptgleise, eine feste Vieh- und Holzrampe, einen Güterschuppen mit 140 Quadratmeter Fläche, einen vierständigen Lokschuppen mit Kohlenbühne und Wasserstation, sowie ein Empfangsgebäude mit Fahrkartenausgabe erhalten.
Als Personal war ein Stationsvorsteher, ein Stationsassistent, ein Sationsdiätar, also ein Beamtenanwärter, ein Weichensteller, ein Hilfsweichensteller, ein Bahnmeister, drei Lokführer, drei Heizer, zwei Zugführer, zwei Packmeister und ein Schaffner eingestellt werden. Also 16 Personale.
Die ersten Lokführer in Lemgo kamen allerdings aus Stendal, da in Lemgo noch keine ausgebildeten Lokführer zur Verfügung standen.
Am 25.6.1896 wurde dann endlich die polizeiliche Abnahme durchgeführt und am 8. Juli wurde die Strecke feierlich eröffnet.
Bild 1: Der Bahnhof Lemgo am Tag der Eröffnung .
Bild 2: Das schrieb die Lippische Landeszeitung zur Eröffnung.
Bild 3: Hier der Fahrplan vom 1.10.97. Interessant, damals hatte Brake noch keinen Bahnhof, oder Haltestelle.
Am 16.12.1897 erhielt Brake dann auch endlich seine ersehnte Haltestelle , im Jahr darauf bekam Brake ein schönes, großes Empfangsgebäude mit Ladegleis, Güterschuppen und Dienstwohnung.
Bild 4: Da sich auch die Eröffnung der Restrecke von Barntrup nach Hameln verzögerte.(wegen den länger als geplanten dauernden Arbeiten am Klüt Tunnel und der Weserbrücke)
Bild 5: Das Personal und die Loks vom Bf Lemgo um 1900. Hier sind schon mehr als 16 Personale zu zählen.
Bild 6: Hier eine Postkarte vom Bahnhofsvorplatz von 1905.
Bild 7: Hier ein etwas anderer Blickwinkel. Oben rechts im Empfangsgebäude war die Wohnung des Stationsvorstehers.
Damit endet der 30 Jahre andauernde Streit um den Bahnhof Lemgo. Also es ging früher auch nicht immer alles schneller als heute.
Grüße Ralf
Viele Grüße von Ralf aus
