Liebe HiFo-Gemeinde,
wie immer vorweg meinen herzlichen Dank für Eure Kommentare und Ergänzungen zum vorangegangenen Bericht. Die bayerischen 96er sind nach wie vor für viele von uns so faszinierend, dass man es zum x-ten Mal bedauern muss, keine einzige dieser 25 Loks erhalten zu sehen, zumal 96 006 bereits als Museumslok vorgesehen war.
Heute begeben wir uns zwar an die
Frankenwaldbahn, also in eines der Hauptreviere der 96er-Mallets, aber zum Zeitpunkt meiner Reise am
01./02.06.1982 war das längst Geschichte. Ich beschreibe heute eine Begebenheit, wie sie mir glücklicherweise nicht alle Tage passiert ist und nehme sie gewissermaßen vorweg, bevor ich Anfang und Ende meiner zugehörigen Frankenwaldfahrt demnächst nachliefere. Anlass der Reise waren die damals noch zahlreich laufenden E 44 und E 94, die ich in der wunderbaren Landschaft dieses Mittelgebirgszuges fotografieren wollte.
Bilder 1 und 2 Der Eisenbahn-Club München (ECM) gab mehrere Jahre lang die sehr nützlichen Hefte „Altbau-E-Lok bespannte Reisezüge der DB“ heraus. Sie waren gewissermaßen eine Fortführung der legendären „Dampfgeführten Reisezüge der DB“ des EK-Verlages, die nach der 1976er-Ausgabe wegen Aussterbens der Protagonisten eingestellt werden mussten. Wie die Dampf-Hefte ermöglichten die Ellok-Hefte ein zielgerichtetes Vorgehen bei den Fotofahrten und sie reduzierten die Fehlerquote in der Planung. So passte ich am
Dienstagabend, 01.06.1982, den letzten 144-geführten Zug dieses Tages auf der
Trogenbachbrücke in Ludwigsstadt ab. Es handelte sich um den mit der Würzburger 144 040 bespannten N 6727 (Ludwigsstadt 18.48 Uhr – Lichtenfels 19.52 Uhr). Danach war keine 144 mehr zu erwarten.
Bild 3 Mit einer ganzen Reihe schöner Motive im Kasten, die während des Tages entstanden waren, machte ich mich Richtung Ortskern auf, um mir eine Bleibe für die Nacht zu suchen. In einer Telefonzelle klingelte ich die (ich glaube) drei Gasthäuser ab, die es in Ludwigsstadt damals gab. Nummer 1 hatte Betriebsurlaub, Nummer 2 und 3 waren ausgebucht. Das war eine unangenehme Überraschung! Auch die Frage nach einer privaten Unterkunft führte zu keinem positiven Ergebnis. Mit stark gesunkener Laune marschierte ich zum Bahnhof hinauf, um mit dem Zug nach Kronach zu fahren. Dort gibt es sicher etwas, war meine Überlegung. Als ich aber die Abfahrtstafel am Schalter las, verschlug es mir die Sprache. Den letzten Reisezug des Tages hatte ich vor einer Viertelstunde auf der Trogenbachbrücke mit 144 040 fotografiert! Um 18.50 Uhr! Und das an einer Hauptstrecke! Mein damaliges, langes Gesicht würde ich heute gerne noch einmal sehen. Aus dem S-Bahn-Bereich des Münchner Umlandes kommend, war ich naiv genug zu glauben, dass in der Provinz zumindest bis 22 Uhr Züge verkehren, wenn sie bei uns schon bis um 1 Uhr in der Nacht fahren. Nicht aber in Ludwigsstadt! Den hier abgebildeten Ausschnitt aus dem DB-Kursbuch vom Sommer 1982 für die Strecke 820 Probstzella – Nürnberg hätte ich mir damals klugerweise vor der Fahrt zu Gemüte führen sollen.
Bilder 4 und 5 Nun war guter Rat teuer. Alle möglichen Gedanken gingen mir durch den Kopf. Mit dem Taxi nach Kronach fahren? Viel zu teuer. Per Anhalter? Wollte ich nicht. Im Silberling-Leerzug schlafen, der im Bahnhof Ludwigsstadt abgestellt stand? Das war schon als sitzender Fahrgast bei längerer Dauer sehr anstrengend, weshalb ich mein Gedankenfach erst einmal weiter anstrengte. Ich sah mich schon unter der Trogenbachbrücke liegen, mit den Zähnen klappern und vor mich hindämmernd auf den Morgen warten. Da fiel mein Blick auf ein kleines Gebäude mit dem Schild „Bahnhofsmission“! Natürlich, das könnte meine Rettung sein! Ich ging zur Eingangstür, klingelte und wartete hoffnungsfroh, wer da wohl öffnen würde. Eine freundliche Dame mittleren Alters erschien, der ich mein Problem nun höflich vortrug. Ohne zu zögern, bot sie mir ein Zimmer mit Frühstück für DM 10,- an! Was für ein Glücksfall! Selten hatte ich mich so über ein Bett gefreut! Bester Laune brachte ich meine Tasche ins Quartier hinauf und konnte nun den Abend mit der Ablichtung des Dg 45854 nach Probstzella krönen, der um 20.18 Uhr im letzten Licht mit 194 579 (Bw Nürnberg 2) über die Trogenbachbrücke polterte. Als Schlusslok lief 194 541 (Bw Nürnberg 2) mit, die von Pressig-Rothenkirchen bis Steinbach am Wald geschoben hatte.
(Fortsetzung folgt in wenigen Minuten)
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:08:25:08:10:07.