Hallo Ralph1408,
bei der Deutschen Bundesbahn gab es unterhalb der Direktionsebene die sogenannte Ämterebene. Dazu gehörten u.a. die Betriebsämter, Maschinenämter und Generalvertretungen. Zumindest bei den Betriebsämtern und den Generalvertretungen gab es Beamte des gehobenen nichttechnischen Diensts, die die verschiedenen Unterrichte (regelmäßige Fortbildungsunterrichte (rFU, heute als FIT-Unterrichte (FIT = Fachliche Information und Training) bekannt) und Ausbildungsunterrichte) als Lehrer durchführten. Diese wurden als "Amtslehrer", manchmal auch je nach Fachrichtung als "Betriebslehrer" und "Verkehrslehrer" bezeichnet. Ergänzt wurden die Ausbildungsunterrichte durch sogenannte Praxistrainings, die von Beamten des mittleren Diensts als "Praxistrainer" begleitet wurden. Im Bereich der Instandhaltung gab es analog dazu "Amtslehrer" des gehobenen technischen Diensts, die auf Ämterebene angesiedelt waren, "Amtslehrer" waren, aber gerne auch entsprechend ihrer Fachrichtung als "Signallehrer" etc. bezeichnet wurden.
Noch vor Gründung der DB AG wurden die Amtslehrer dann zentral von der Direktion geführt, blieben aber meistens am Sitz des Amts sitzen und zumindest im Bahnbetrieb war der Amtsbezirk auch der Zuständigkeitsbereich.
Nach Gründung der DB AG wurden die "Praxistrainer" des Bahnbetriebs dann nur noch als "Trainer" bezeichnet und die "Amtslehrer" hießen (zumindest bei uns) nur noch "Lehrer".
Mittlerweile werden beim heutigen Bildungsdienstleister der DB AG (DB Training) nur noch "Trainer" beschäftigt, die bei Seminaren für die Fortbildung die Nachfolger der "Lehrer" sind. Die FIT-Unterrichte im Bahnbetrieb haben zumindest bei der DB Netz AG die Bezirksleiter übernommen, die ihre eigenen Mitarbeiter regelmäßig unterrichten. Die Funktion der damaligen "Praxistrainer" im Betriebsdienst-Praxistraining hat sich verändert und deren Aufgaben werden zumindest bei der DB Netz AG heute durch "Ausbildungs-Fach-Koordinatoren" (AFK) übernommen, die eben zur DB Netz AG und nicht zu DB Training gehören. Bei der DB Netz AG gibt es heute in der Instandhaltung neue "Praxistrainer", die als Experten aus Ihrer Fachrichtung die FIT-Unterrichte der Instandhaltung durchführen und auch fachliche Begleitung vor Ort leisten.
Zurück zu den Amtslehrern: Diese wurden zu Bundesbahnzeiten auch als Fachleute in ihrem Bereich angesehen und waren auch Ansprechpartner für Betriebspersonale und andere Funktionen, wenn es um fachliche Fragen ging. Auch Dienststellenleiter haben damals beim Amtslehrer Rat gesucht. Teilweise haben die Amtslehrer neue Prozesse und die Umsetzung neuer Regelwerke in der Örtlichkeit begleitet, also auch die Außenstellen besucht. Besondere Aufgabe für uns Betriebslehrer waren immer Inbetriebnahmen neuer Stellwerke, bei denen die Bediener des zukünftigen Stellwerks in die Technik des neuen Stellwerks eingearbeitet werden mussten, ohne dass das Stellwerk schon fertiggestellt war. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme musste der Betrieb dann auch sofort anlaufen können. Diese Herausforderung war immer etwas besonderes und so sind diese Stellwerke auch immer "Kinder der Amtslehrer" gewesen, also es gab eine besondere Verbindung des Amtslehrers zu diesem Stellwerk.
Ich hoffe, ich konnte Dir das Berufsbild des "Amtslehrers" etwas näher bringen.
Freundlicher Gruß
Stefan P. (ehemaliger Amtslehrer, Betriebslehrer, Lehrer, Trainer - in dieser Reihenfolge, je nach Organisationsform des Arbeitgebers)