Moin,

Die letzten vier Wochen reisten wir entlang der Kaiserbahn von Ratzeburg nach Hagenow:

[www.drehscheibe-online.de] (Ratzeburg - Klein Zecher)
[www.drehscheibe-online.de] (Zarrentin - Bantin)
[www.drehscheibe-online.de] (Wittenburg - Bobzin)
[www.drehscheibe-online.de] (Hagenow Stadt)

Heute kommen Bilder vom Bahnhof Hagenow Land - dem Bahnhof, an dem die Kaiserbahn ihren Ausgangspunkt nahm.
Zum Landbahnhof gelangt man von der Stadt Hagenow aus entweder über die schnurgerade in Richtung Südosten aus der Stadt verlaufende Bahnhofstraße, wo man nach 3½ Kilometern am Bahnhof ankommt. Oder man nimmt den Zug vom Stadtbahnhof und ist nach 3,6 Kilometern ebenfalls am Landbahnhof. Diese Strecke wurde 15.12.2002 reaktiviert, nachdem der Reisezugverkehr am 28.05.2000 eingestellt worden war - manchmal gelingt es den Mecklenburgern schnell, Fehler zu korrigieren.


Bahnhof Hagenow Land
km 191,8 von Berlin - km 0,0 nach Schwerin - km 0,0 nach Ratzeburg / Bad Oldesloe

Der Hagenow Land entstand bereits 1846 bei der Eröffnung der bahnstrecke Berlin - Hamburg. Er wurde von Anfang an als Keilbahnhof angelegt, aus Richtung Hamburg kommend teilten ich hier die Strecken, südöstlich in Richtung Berlin, nordwestlich in Richtung Schwerin. Zwischen den beiden Strecken befindet das klassizistische Empfangsgebäude im Stil der BHE, konstruiert von ihrem Hausarchitekten Friedrich Neuhaus: [de.wikipedia.org]

Bereits kurz nach der Wende begann die Deutsche Reichsbahn mit der Modernisierung und dem Ausbau der Banstrecke Berlin - Hamburg, es blieb also nur ein kurzes Zeitfenster für die Eisenbahnfreunde aus dem Westen, um den Bahnhof Hagenow Land in alter Reichsbahnpracht zu erleben. Wolf-Dietmar Loos nutzte dieses Zeitfenster, seine Aufnahmen vom 13.09.1992 machen den Beginn der Bilderreihe:



99. Blick aus Richtung Schwerin. Von der Fußgängerbrücke bot sich ein hervorragender Überblick über das Geschehen auf der Schweriner Seite des Bahnhofes.
Am Hausbahnsteig steht vermutlich eine 110 mit einem Nahverkehrszug.
Ist dies vielleicht eine Leistung aus Zarrentin gewesen?
Fuhren die Züge von und nach Zarrentin von der Berliner oder von der Schweriner Seite ab?
Auf den Gütergleisen wartet eine 118 mit ihrem Güterzug auf die Ausfahrt in Richtung Schwerin.



100. Wie gesagt, man konnte das Betriebsgeschehen von dort oben gut verfolgen.
Es kam auch ein Schnellzug aus Hamburg in Richtung Schwerin durch...



101. ... und ein weiterer Personenzug, der am Hausbahnsteig auf Fahrgäste wartet.



102. ...dem Wolf-Dietmar auch einen Nachschuss in Richtung Schwerin gewidmet hat.
Gleichzeitig kommt eine West-218 mit einem Personenzug aus Richtung Schwerin gefahren.



103. Der markante Wasserturm war Wolf-Dietmar ein eigenes Bild wert.


Wechseln wir auf die Hamburger Seite:


104. Blick in Richtung Hamburg mit einem Nahverkehrszug. Auch dies könnte eine typische Leistung aus Zarrentin gewesen sein.
Nicht nur der Bahnsteig, auch die Gebäude zur rechten des Zuges sind inzwischen Geschichte.



105. weitere Gebäude, die inzwischen nicht mehr existieren: Das Stellwerk Ho.



106. Blick aus Richtung Berlin.
Das Andreaskreuz rechts deutet an, dass sich dort ein Bahnübergang hinüber zum Betriebswerk befand.



107. Blick in Richtung Berlin, rechts die Gleise zum Betriebswerk.
Von der anderen Seite dieses Bahnüberganges fotografierte Wolf-Dietmar einen bunt gemischten IC aus Berlin auf der Fahrt nach Hamburg.


Nachfolgend zwei weitere Aufnahmen aus meinem Archiv, die ich Euch zeigen darf:


108. Blick aus Richtung Hamburg auf die Berliner Seite, 19.01.1992
Von hier fuhren seinerzeit die Züge in Richtung Hagenow Stadt - Zarrentin, der VT 628 im Hintergrund ist gerade von dort in Hagenow Land angekommen.



109. Blick in Richtung Hamburg, 14.03.1992 mit dem Museums VT 601


Am 14.05.1998 war ich dann auch endlich vor Ort. Hagenow Land war da bereits zu einem modernen Bahnhof ausgebaut.
Die Strecke Berlin-Hamburg war jedoch nur für 160 km/h zugelassen und es gab immer noch Bahnübergänge im Bahnhofsbereich auch auf der Berliner Seite.


110. Straßenseite des klassizistischen Empfangsgebäudes von Friedrich Neuhaus.
Der Zugang erfolgte vom Ort aus über einen Bahnübergang, der die Schweriner Strecke nördlich des Bahnhofes kreuzte und an der Post vorbei in den Winkel zwischen der Berliner und der Schweriner Strecke führte. Auf dem Bild sieht man links die Berliner und rechts die Schweriner Seite. Das Empfangsgebäude präsentierte sich äußerlich in einem gepflegten Zustand und war für die Reisenden noch geöffnet. Leider habe ich keine Innenaufnahmen gemacht.



111. Gleisseite von der Schweriner Seite.
Bevor man den Bahnübergang überquert, bietet sich auch heute noch dieser Blick auf das Empfangsgebäude.
Dort, wo sich das planierte Gelände im Vordergrund befindet, lagen früher die auf Wolf-Dietmars Bildern zu sehenden zahlreichen Gütergleise.



112. Blick aus Richtung Schwerin, direkt vom Bahnübergang.
Im Vordergrund das Postgebäude, hinter dem man rechts abbiegen muss, um zum Bahnhof im Hintergrund zu kommen.



113. ... und einmal umgedreht. Blick in Richtung Schwerin. Vergleicht mit Bild 102.
Nur die zwei Streckengleise sind übrig geblieben. Und der Wasserturm.



114. Blick in Richtung Schwerin vom Bahnsteigende auf den zuvor erwähnten Bahnübergang, vorbei am Postgebäude.



115. Blick aus Richtung Schwerin vom Hausbahnsteig.
Zwei moderne Außenbahnsteige müssen jetzt für den Verkehr in Richtung Schwerin reichen.
Die Gleisbezeichnungen 2 und 3 deuten bereits an, dass es nach dem Umbau nicht mehr viele Bahnsteiggleise in Hagenow Land gibt.



116. Blick in Richtung Hamburg von den Bahnsteigen auf der Schweriner Seite.
Bereits damals machte sich die BR 143 im Güterverkehr nützlich, hier die 143 900-9 mit einem Güterzug aus Richtung Hamburg.



117. Blick aus Richtung Hamburg.
Im Hintergrund die Post und der Wasserturm.



118. Blick aus Richtung Hamburg.
Hier sieht ma gut die keilförmige Anlage: Links nach Schwerin, rechts nach Berlin.
Die Berliner Seite hat nur eine Bahnsteigkante für den Regionalverkehr, die Schweriner Seite hat immerhin zwei Bahnsteigkanten.



119. Blick aus Richtung Hamburg.
Immerhin hat man den einen Bahnsteig auf der Berliner Seite geteilt: In Richtung Hamburg heißt der Bahnsteig 1b...



120. ... und in Richtung Berlin 1a. Hier der Blick aus Richtung Berlin.
Die frisch planierte Brachfläche links deutet gut an, wie ausgedehnt einst das Gleisgelände des Bahnhofes war.



121. Blick aus Richtung Hamburg.
Die IC-Züge präsentieren sich immer noch genau so bunt gemischt wie sechs Jahre zuvor bei Wolf-Dietmar.
Lediglich die Traktion hat gewechselt. Statt der 132 (Ost) ist jetzt eine 103 (West) vor den IC-Zügen.



122. Blick in Richtung Hamburg bzw. Zarrentin. Von diesem Bahnsteig fahren auch die Züge in Richtung Hagenow Stadt ab.



123. Blick in Richtung Hamburg bzw. Zarrentin.
Bei der Ein- bzw. Ausfädelung auf die Berlin-Hamburger Strecke mündet auch Gleis 1 auf die Schweriner Gleise, eingleisig geht es dann auf die Hauptstrecke.



124. Blick in Richtung Berlin. In der Mitte die durchgehenden Streckengleise, zu jeder Seite ein Ausweichgleis.
Das ist die Berliner Seite von Hagenow Land nach der Modernisierung. Das eigentliche Betriebswerk liegt noch weiter im Hintergrund.
Wozu dienten die Lokschuppen im Vordergrund? Besaß Hagenow Land zwei Betriebswerke, eines von der BHE und eines von der MFFE?



125. Blick aus Richtung Berlin. Ich stand auf dem Bahnübergang, den es damals noch gab.



126. Berlin ruft die Jugend
Auch wenn der Ruf schon länger her ist, so ist er doch noch deutlich zu vernehmen.
Weiß jemand, von wann die Parole stammt?



Als 2000 das Aus für die Transrapidstrecke zwischen Berlin und Hamburg kam (wer erinnert sich noch?) wurden die Mittel freigesetzt, um die Strecke auf 230 km/h auszubauen. Ab 2002 wurden alle Bahnübergänge geschlossen und damit änderte auch der Bahnhof Hagenow Land noch einmal sein Gesicht. Lediglich der Bahnübergang zur Zuwegung blieb bestehen - hier kreuzt die Straße aber die Schweriner Strecke, die nach wie vor nur für 160 km/h zugelassen ist.
Am 11.04.2011 war ich nochmals dort, und auch Sören Heise sah sich den Bahnhof an, er war am 26.08.2014 dort.


127. Denkmal.

Das klassizistische Bahnhofsgebäude von Friedrich Neuhaus ist ein imposantes Gebäude seiner Zeit und nicht zu Unrecht als Denkmal klassifiziert.
Das lässt hoffen, dass das Gebäude auch der Nachwelt erhalten bleiben wird, zumal auch die DBAG und die ODEG hier ihre Unterstützung markieren.
Auf Wolf-Dietmars Bildern von 1992 hat man den Eindruck, dass das Gebäude die DDR-Zeit gut überstanden hat.
Bei meinem Besuch 1998 wirkte das Gebäude in tadellosem Zustand und im Rahmen des Bahnhofsumbaus zumindestens äußerlich saniert worden.
2011 allerdings war dem gebäude schon anzumerken, dass 17 Jahre DBAG dem Gebäude mehr anhaben konnten als 40 Jahre real existierender Sozialismus.
Und bei Sörens Besuch 2014 war das Gebäude wegen Baufälligkeit abgesperrt und eingezäunt.

Ich empfinde es als ein Armutszeugnis der Verantwortlichen und hoffe, dass sie hier mitlesen.

Die folgenden Bilder von mir (2011) und Sören Heise (2014) dokumentieren den Verfall eines denkmalgeschützten, historischen Gebäudes, das der DBAG bei deren Gründung 1994 in saniertem Zustand überlassen wurde:




128. Straßenseite 11.04.2011



129. Straßenseite 26.08.2014



130. Straßenseite 26.08.2014



131. Doppelter Zaun. Mit Stahlplatten verbarrikadierte Fenster. Lebensgefahr. DBAG 2014.
Wieso erinnern mich diese Bilder von 2014 an Berlin im August 1961?



132. Lebensgefahr II.
Doch hier kann man den Grund wenigstens erkennen.
Dies war einst der Bahnübergang von den Bildern 106 und 125. Lang, lang ist´s her.



133. Blick in Richtung Berlin, 11.04.2011 - Foto: Christoph Arndt



134. Blick in Richtung Berlin, 26.08.2014 - Foto Sören Heise


Diese Runde geht ganz klar an Sören, der es geschafft hat, den durchfahrenden ICE ohne Schachbrettschaden zu fotografieren.
Aber deswegen zeige ich den Bildvergleich nicht. Links, am Bildrand, schaut auf das Haus. Das Abreißen von Bahngebäuden im Bahnhof Hagenow Land ist auch zwischen 2011 und 2014 unvermindert fortgeschritten.

Ich hoffe inständig, dass der Respekt vor unseren Altvorderen reicht, dem Empfangsgebäude von Friedrich Neuhaus dieses Schicksal zu ersparen.




135. Berlin...

Wer seine Vergangenheit nicht achtet, wird aus ihr auch keine Lehren ziehen können.
Der Ruf aus Berlin ist 2014 kaum noch zu vernehmen.


Den Bahnhof Hagenow Land gibt es auch bei Kaiserbahn.de: [www.kaiserbahn.de]

Das war unsere Serie zur Kaiserbahn, die hier mit nachdenklichen Eindrücken aus Hagenow Land zu Ende geht.
Danke für Euer Interesse und für die zahlreichen Ergänzungen zu den vergangenen Folgen. Es war schön, mit Euch diese Reise unternommen zu haben und es wäre schön, wenn Ihr auch hier noch einmal weitere Bilder und Wissen ergänzen würdet!

Viele Grüße
Wolf-Dietmar, Carsten, Sören und Christoph

Moin Christoph

Danke für diese schöne (Zeit)Reise.

Kleine Korrektur: Auf Bild 99 ist eindeutig die 119 064 zu sehen. In den Schuppen auf Bild 124 war zum Schluss mindestens eine Werkstatt-Außenstelle des Bww Schwerin.

Gruß Ralph



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:04:09:18:44:02.

Moin Christoph, Carsten, Wolf-Dietmar und Sören,

gemeinsame Dokumentation ist etwas Wundervolles. Und habe gleich noch einen Brocken Kalk aus dem Kopf bekommen.
Die Fußgängerbrücke Hagenow. War 1980 bei meinem alten Tantchen in Hagenow in der Bahnhofstraße paar Tage in den Ferien(mit dem Trabi, wie uncool).
Auf der Brücke stehend, schallte es: "Werte Reisende, willkommen in der Deutschen Demokratischen Republik", wenn der Zug aus Hamburg hielt.
Wo sonst wohl verbringe ich meine Zeit, als auf dem Bahnhof...

Heute endet unsere gemeinsame Reise durch die Zeiten auf der Kaiserbahn in Hagenow Land,
der Schnittstelle zur Berlin-Hamburger Bahn.
Die Welt der heutigen Eisenbahn ist nicht sehr groß, so sind mir die Betreiber dieses Unternehmens persönlich sehr gut bekannt:
[www.dud-eisenbahn.de],
sie waren einst meine unmittelbaren Nachbarn, in Bremervörde, daher winke-winke nach Hagenow Land.
Ich habe dem Betreiber neulich noch im Scherz gesagt, er solle die Parole wieder in Gang bringen;)
Die Parole war 1973 zu den Weltfestspielen in Berlin drangekommen, meine ich. Aber vielleicht gibt es ja noch ältere Dokumente.

Jedoch, für meinen heutigen Beitrag zur Kaiserbahn im HiFo, möchte ich noch einmal, wie versprochen, besonders die Zeit Anfang 1989 betrachten.
Was passierte eigentlich, wenn der Bahnhof Hagenow Land zwischen Hamburg und Berlin nicht passierbar war? Hierfür war vorgesorgt.
Die Strecke Ludwigslust- Schwerin- Bad Kleinen- Lübeck diente für diesen Fall als Umleitungsstrecke.
Während meiner aktiven Zeit im Eisenbahndienst war dies jedoch nur nach dem Ende der DDR vorgekommen.
Bis 1989 galt eine Dienstanweisung, die mit der, für die eigentliche Transitstrecke, identisch war. Haltende Transitzüge waren offene Staatsgrenze,
Abteilung I/Politische Abteilung der DR, sorgte dafür, dass der Wille des MfS geschehen möge.
Besonders, dass im Falle eines Halts des umgeleiteten D 331, in Bobitz und sonst irgendwo unterwegs,
kein Kurzentschlossener den Zug zur Aus-Reise nach (West-)Berlin nutzte. Und wenn, dass er schnell wieder aussteigt. Zur Klärung eines Sachverhalts.
Offene Staatsgrenze war kein Spaß.
Aber heute wollen wir uns lieber etwas vergnügen.
Auch in diesem Teil werden sich wieder persönliche freie Gedanken ihren Weg in kursiver Schrift bahnen, ein gebürtiger Mecklenburger an sich, ist schließlich wortkarg.

Einige von Euch hatten es sich gewünscht, auch heute mein digitales Tintenfass samt elektronischem Gänsekiel, Gedanken und Kursbuch doch wieder
mitreisen zu lassen, um mit dem dritten Teil der Geschichte fortzufahren.
Dritter und letzter Teil der Reise eines 20jährigen mecklenburgischen Eisenbahners, der loszog, eine simple Herdplatte zu kaufen, die es eigentlich nirgends zu kaufen gab.
Wie soll es denn bloß weiter gehen mit des Kaisers Bahn? Soll sie noch Teil einer Transeuropa-Achse Schwarzmeer-Nordsee, Odessa- Husum, über Zarrentin-Klein Zecher werden?
Und was wird dann mit der wunderbar stillen Natur am Schaalsee, im Grenzstreifen zwischen Zarrentin und Klein Zecher?
Wollen die Menschen die Kaiserbahn dort überhaupt noch? Und wer braucht sie?

Die geplante Kurve in Gallentin bei Bad Kleinen wird eine mögliche künftige Route über Zarrentin - Ratzeburg zusätzlich schwächen,
Fernzüge wie der hier abgebildete D 1332 am 18.10.1991 bei der Durchfahrt in Bobitz, mit altroter DB-218, Mod-Packwagen und Städte-Expreß/Bom-Mix,



nahmen doch bereits auf dem Laufweg Berlin- Kiel den Weg über Schwerin - Bad Kleinen -Lübeck.

Dass die Züge von Kopenhagen nach Berlin künftig ebenfalls über Lübeck fahren sollen,
in Bobitz hinter Panow´s Eisdiele gleich rechts nach Lübstorf abbiegen werden, hätte ich mir damals, 1991, auch nicht träumen lassen...
Wie weiland bei Wickie braucht´s offenbar noch einer zündenden, bezahlbaren, akzeptablen Idee für die Kaiserbahn... aber noch weiter zurück ins Jahr 1989

Nun stehe ich wieder da, 1989. Ende März.
Sonniger Nachmittag auf dem Bahnhof Hagenow Land.
Der P 9369 von Zarrentin kam pünktlich 15:05 Uhr in Hagenow Land an.
Bin ausgestiegen. Unbehelligt von Zugpersonal und Trapo-Streife, eine mühevoll in Wittenburg ergatterte alte Herdplatte im Rucksack.
Mangelwirtschaft, Trapo und Hbm zum Trotz.
Hatte länger gedauert als ursprünglich geplant, der Aufenthalt in Wittenburg, es war aber für mich noch ausreichend Zeit bis abends.
Das Kursbuch aufgeschlagen, ein geeigneter Zug war schnell gefunden.
Wie hättet Ihr Euch entschieden?
Meine Wahl: Lass mal ruhig P 7369 mit V100 und Bghwe vorfahren, das fährt täglich vor meiner Tür. Ersetzt den eigenen Trabi, das eigene Moped.
Ein Dessert wird schließlich immer zum Ende gereicht.
War doch wohl logisch für mich, den D 1433 zu wählen, oder?




1,5h Warten in Hagenow Land?
War doch kein Problem...denn...was sind schon Fertig-Pizza, Flug mit Ryan-Air und Alpin-Center gegen...

...Bockwurst mit Brot/Club Cola, vom wortkargen Mecklenburger gereicht,
dazu noch eine Reise im Abteilwagen eines Bundesbahn-Schnellzugs mit dem Laufweg (Salzburg- Hamburg-) Hagenow-Land - Wismar?

Warten in Hagenow-Land. Was macht man da?
Chillen, würde man heute sagen. Bockwurst essend nachdenken. Die Sonne genießen.
Beim Warten auf dem Bahnsteig, den Blick auf die Hausdächer von Hagenow, kam mir der Reiseplan für die nächste Beschaffungsfahrt in den Sinn.

Hirn will Arbeit, die Herdplatte im Rucksack war jetzt ja keine Herausforderung mehr.
Seit der Inbetriebnahme des analogen Zugfunks auf der Strecke Bad Kleinen-Lübeck Ende 1988 war die Sendeantenne der FESA (Feste Eisenbahn-Streckenfunkanlage) des Bahnhof Bobitz
genau in meine Empfangsschneise zum Bungsberg montiert.
Störungen auf UHF Kanal 21 ZDF, 47 NDR und ARD 50 die Folge. Und nun?
Verbesserte Antenne Richtung Berkenthin Kanal 23, 33, 36, 42, in einer Linie mit Hamburg Kanal 30, 40, 46, 48 liegend, sorgte für störungsfreies ZDF, NDR,RTL,SAT 1, RTL/Tele5.
Eben alles. Alles, außer ARD. Tagesschau ging über NDR, aber "Formel Eins" am Sonnabend Nachmittag? Streifenfreie Videoclips?? Darf es sonst noch etwas sein??
Das sozialistische Vaterland geht gerade unter, während der junge Herr sich sein um Amüsement sorgt...so was nennt man dann wohl...Dekadenz. Oder auch einfach Spaß am Leben.

Nun, wie weiland bei Wickie, die Idee gehabt: Die Wittenburger, Hagenower (und Bremervörder) benutzten für ARD den Hamburger VHF-Kanal 9.
Der analoge Zugfunk, im UHF-Bereich liegend, störte in diesem Frequenzbereich nicht.



ARD Kanal 9 Tele-Michel Hamburg war mit dem Leipziger Sender Wiederau DDR 1 identisch gewesen. Technisch gesehen. Inhaltlich weniger.
Kanal 9 - Verstärker lagen daher in Leipzig eher mal so rum. Wer wollte in Leipzig 1989 noch Aktuelle Kamera sehen?
Und der Simson-Laden in Karl-Marx-Stadt hatte immer ein gut gefülltes 6V- Elektrik-Regal, Lichtmaschinen und Unterbrecherzündung waren störanfällig,
das Herstellerwerk für Kfz Elektrik stand in Karl-Marx-Stadt. Trabi und Moped waren nie Thema für mich.
Ständig gingen den Nachbarn ihre Böcke kaputt, das war für mich nix. Aber den Nachbarn Teile mitzubringen, war Ehrensache.
Nerd heißt ja nicht gleich, aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen zu sein;)

Im April ´89 soll die Reise nach Sachsen über Nacht, also im Liegewagen nach Karl-Marx-Stadt mit D 729 gehen.
Der Liegewagenschaffner fand den Namen des Zielbahnhofs zu lang oder zu doof, 6,50 M nach Leipzig war der gleiche Preis...;)



Mit dem Nachtzug nach Karl-Marx-Stadt und Leipzig. Im April ´89 werden die begehrten Ersatzteile und Zubehörteile besorgt sein,
das Moped des Nachbarn wieder anspringen...aktuelle Videoclips Formel Eins der ARD werden im April´89 wieder streifenfrei laufen.
Geschmacksprobe vom 03.06.1989: [youtu.be]...
Es wird dann meine letzte Beschaffungsreise dieser Art mit der DR vor dem Mauerfall werden, das wusste ich aber zu dieser Zeit noch nicht, wie vieles andere auch...
nach Karl-Marx-Stadt war ich danach auch nie wieder gereist, bloß noch nach Chemnitz, 2016;)

...genug nachgedacht, wer weiß denn schon so genau, was die nächste Zeit bringen wird...
Bahnhof Hagenow Land, Ende März´89,
...16:30 Uhr, der Schnellzug fährt ein.

D 1433 von Hamburg-Altona nach Wismar, BR 132 mit Bm 234 in blau beige. Nur schwach besetzt, weil noch relativ unbekannter Zug.
Gleich beim Einsteigen: 00-Duft statt Wofasept. Ostwärts ist keine Trapo mehr an irgend jemandem interessiert, Jahresnetzkarte dem Zf vorgezeigt, Ruhe.
Eine knappe Stunde Reise mit dem Schnellzug der Bundesbahn durch vertrautes Mecklenburg.
Klar doch, Reisen mit D 438/439 auf dem Abschnitt Bad-Kleinen - Rostock waren ähnlich, aber die Züge waren immer so voll...
D 1433 hingegen, das war genussvoll einsames, stilvolles Reisen mit der Eisenbahn...dekadenter ging es nun wirklich kaum, in Mecklenburg, März´89!
Schnell verging die Fahrt, kurzer Halt in Schwerin, weiter auch an den Hinterhöfen der Wismarschen Straße vorbei, dem einstigen Quartier der DMV AG 8/9.

Meine donnerstägliche Anreise,1984/85, zu den Historikern dort, zu Reinhard, Joachim und Detlef, war beschwerlich. Hab mich dort aber sehr wohl, sehr verstanden gefühlt.
"150 Jahre deutsche Eisenbahn- 40 Jahre Eisenbahn in Volkes Hand" - So ein zentral vorgegebener Slogan von 1985 bleibt doch im Kopf wie Persilwerbung...
Zwei Bücher, eins von Reinhard, eins von Detlef geschrieben, zieren heute mein Arbeitszimmer, Ein Dokument, von Joachim unterzeichnet, liegt noch in meines Vaters Unterlagen...
Abschlussprüfungen, später Schichtdienst, Familie und Entfernung, bald war ich nicht mehr mit an Bord...und wer erinnert sich schon nach 35 Jahren noch an einen Praktikanten/Jungspund;)
Das geht mir doch heute genauso: "Hallo Nils, vor 25 Jahren durfte ich Dein Stellwerk besichtigen." Jo... Sehr schön...angestrengtes Nachdenken verursacht starken Haarausfall, aber keine Erinnerung...
Mecklenburger und Eisenbahnfreunde bilden in Deutschland auch keine Mehrheiten...aber hier auf der virtuellen Kaiserbahn...trifft man sie gehäuft.

D 1433 rollt am Schweriner See entlang, in Bad Kleinen kurz gehalten.

Raus? Nö. Heute nicht. Kein Anschluss mit diesem Zug Richtung Herrnburg. Ich komme schon noch nach Haus.
Weiter rollt der blau-beige Bundesbahnschnellzug, vom starken Russen gezogen, an der großen Getreidemühle von Bad Kleinen vorbei.
Nachbar Georg arbeitete lange Jahre in der Bad Kleiner Mühle. Schon lange her. Sein Moped war es, brauchte noch die verflixte Unterbrecherplatte und die Lichtmaschine...
Georg, begabter Tüftler und Bastler. Mit Blumendraht gebunden, hielt sein Simson-Bock bis April ´89 noch durch. Bei meiner Modellbahn-und Antennenverdrahtung durfte ich Georgs Bastelkiste mitbenutzen.

Am Lostener See vorbei, glitt der Zug mit 100 km/h dahin. Keine Mühe für die 132, es ging bergab.
Mühlenteich und Abstellgruppe Platter Kamp vorbei, die Hafenkräne des VEB Seehafen Wismar sind schon zu erkennen.
Beim Abbremsen, kurz vor Wismar, fielen mir wohl die drei Zuglaufschilder aus Versehen in meinen grünen Beschaffungsrucksack, und - wo bleibt da die Trapo, wenn man sie mal braucht;)
Zu meiner Ehrenrettung: es war kein Volkseigentum, welches in den Rucksack fiel, es war doch das vom Kapitalisten aus Freilassing...
den Schaden am Schild hatte eine gusseiserne Herdplatte aus Wittenburg im Rucksack verursacht...





DSO-User EK-Wagendienst im Wagen- Forum hat dankenswerter Weise gemeinsam mit Kai-Uwe für uns bereits den D 2186 Salzburg-Hamburg als Zubringer identifiziert.
Da war ich also Reisender im Ableger eines Kärnten-Express.
Eine Probepackung Reisefreiheit, noch 235 Tage vor dem Mauerfall!
Mit 3 Zuglaufschildern aus Freilassing als Trophäe! Die zieren bis heute mein Arbeitszimmer.
D 1433 kam 17:38 in Wismar an. Wismar war einst Schwedisch. Bis 1803. 1989 aber auch sowjetisch geprägt.
Kurz nach 18:00 Uhr fuhr ab Wismar Lindengarten ein Bus der zeitweise verlängerten Stadtline 4/D/ über Metelsdorf hinaus bis nach Bobitz.
Insider-Tipp. Alternative zu Schwarztaxen. Die Buslinie A 34 war bißchen zu dünn ausgestaltet für den großen Bedarf.

Der Kulturschock dabei: Aus dem Bm 234 der Bundesbahn raus und gleich rein in den Liaz 677,
sowjetische Bauart, in Wismar bis zur Wende auf den Linien 2, 3 und 4 eingesetztes Fahrzeug.
Die Ikarusse haben nie ausgereicht. War wohl irgend ein Deal mit der Sowjetmacht.
Auch wegen der Garnison am Ort. Für 1,10 M der DDR Fahrtkosten besser, als zu Fuß gelaufen:
[de.wikipedia.org]

Standesgemäß morgens wie ein FDJler,
nachmittags stilvoll wie ein TMT-ler,
abends eines zahlenden Mitglieds der DSF, dem Gegenstück der westlichen GFDAF, würdig, gereist.



11 Monate Freundschaft zur Sowjetunion oder 30 Minuten mit dem russischen LIAZ 677 reisen...Freie Auswahl für 1,10M der DDR.
Repräsentativ war die Reise im März ´89 sicher nicht, aber unvergesslich für mich.

Sowjetsoldaten in Mecklenburg sind heute Geschichte.
Die hohe Präsenz der GSSD Wismar hatte ihre Gründe: Alles andere als sowjetische Folklore und Videoclips vom Ami.
Auch in Schwerin gab es einen GSSD-Standort, dieser war sogar mit täglich direktem Kursschlafwagen Moskau-Schwerin erreichbar.
Der Modellbahnhersteller irrte, die Personenzüge liefen von Frankfurt/0., nicht von Neubrandenburg. Wurden die Modelle ausgeliefert? Weiß das jemand?
[rabatt-kompass.de] [abload.de]

Die folgende Karte zeigt die heutige erweiterte Metropolregion Hamburg. Unsere gemeinsame Heimat/Urlaubsregion. Einst vorgesehen als Schlachtfeld für einen weiteren sinnlosen Krieg.
Karten der entgegengesetzten Kampfrichtung und andere Szenarien: [www.oemz-online.at]

Mittendrin im geplanten Aufmarschraum des geplanten dritten Weltkriegs: die geteilte Kaiserbahn...


(Bildnachweis: Nordsee-Zeitung, die Zeitung lag am 14.06.2006 im Warteraum der Zahnarztpraxis Dr. Strahl, Lunestedt, aus)

Auch daher rührte die ständige Trapo-Präsenz in den Zügen auf der Ostseite der Kaiserbahn.
Flaneure, Beschaffer und gar Fotografen? Das waren störende Zivilisten auf der Kaiserbahn und im Grenzgebiet.

Herdplatten, Videoclips, Fertig-Pizza, CoVid19 und tägliches Mimimi? Es ist sehr schön, dass wir nur solche Sorgen haben! Und keine anderen.
Und bloß gut, dass es Männer wie Michail Sergejewitsch Gorbatschow, Kurt Masur und Günter Schabowski gab, meine persönlichen Helden von 1989,
Einer, der an passender Stelle so klamm war, dass er sich teure Rüstung nicht mehr leisten konnte, Einer, der sich um die Unversehrtheit seiner
Musikfreunde auf beiden Seiten der Montagsdemonstration am 09.10.1989 in Leipzig sorgte. Tote und Verletzte, verwüstetes Gewandhaus, waren an diesem Tag dort bereits fest eingeplant.
Und der Eine, der es unmusikalisch an passender Stelle vergeigt hatte und dadurch an richtiger Stelle das Richtige getan hatte, sofort, unverzüglich:
Den Frieden zu erhalten, persönlicher Freiheit Raum zu geben.

Ein Jahr später, im März´90 dann, gingen meine Entdeckungsfahrten mit dem Zug anders: zu zweit und frei:
[www.drehscheibe-online.de]
Die Gleichgesinnten aus dem Westen waren halt in der Gegenrichtung unterwegs...
[www.drehscheibe-online.de]

Die NVA hatte mich für 1994 vorgemerkt, die Bundeswehr fand mich jedoch bereits 1991 zu unattraktiv.
Bin somit ein neuer "weißer Jahrgang" nach dem zweiten Weltkrieg. Dienstgrad: ungedienter Reservist der NVA, Verdienste: Schießnadel der GST in Bronze,
hab 18 von 30 Ringen getroffen, Klassenfeinde, ihr dürft Euch also gerne in Acht vor mir nehmen;)
Für mein Weltbild heute sorgen u.a. NDR,MDR, BBC, CNN, ORF, der Kontakt zu meinem britischen Freund Graham Upshall in Khlong Nueng [www.youtube.com]
Und meine Kindheit und Jugend in Mecklenburg.
Immer schön informiert bleiben...bei dieser Interpretation eines Welthits muss ich unwillkürlich an eine alte Freundschaft für 10 Pf denken...[www.youtube.com]
...grenzenlose Kunst, ein Lied geht durch Zäune und Mauern...Mangel an Musikinstrumenten...weil... wir hatten ja nichts, nichts außer kreative Ideen;)

Schön dass wir uns bei unserer mehrteiligen gemeinsamen gedanklichen Reise auf beiden Seiten in allen Zeiten der alten Kaiserbahn begegnet sind.
Ganz zwanglos bei Mitropa-Bockwurst/Brot in Hagenow Land, viel gesehen. Mädel auf der Schranke von Hollenbek antreffend, im Bm234 Schnellzugwagen des D 1433 der DB, im LIAZ 677 Stadtbus der Linie 4 reisend.
Mit schwarzer Herdplatte und zugelaufenen Zuglaufschildern im Rucksack,
den mentalen Verständnisgraben zwischen Klein Zecher und Zarrentin mit Stücken von Klaus Lage, Mysterious Art und den Treckfiedlern der Kum Song School, gewalt- und vorurteilsfrei überbrückt.

Beim Betrachten Eurer gezeigten Bilddokumente, beim Sichten meiner Dokumente und der Zuglaufschilder, beim neuerlichen Blättern in den Büchern der Herren Thon und Radke, war alles wieder präsent. Als wäre es letzte Woche gewesen.
Ein unbezahlbares Vergnügen, gemeinsam mit Euch. Wenn Kaiser Wilhelm II. das auch nur annähernd geahnt hätte...

"Einmal zwoter, Bobitz - Wittenburg, Hin und Zurück. War dabei."
Hätte vielleicht als o.w.T. Zeile auch gereicht, nur... dies ist hier ja nicht der Schalter einer preußischen Fahrkartenausgabe...
Angenehmes Forenklima und eine sachlich geführte Diskussion mit Gleichgesinnten, die sich Zeit nehmen, sind heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Auch mich lässt die Kaiserbahn nicht kalt.
Hoffe, mit meinen Ergänzungen zum Umfeld der Kaiserbahn Anfang 1989, nicht zu weit vom Thema abgekommen zu sein.

Viele Grüße

Nils

Bildlinks repariert



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2023:12:14:17:43:55.

Hallo,

schöner Beitrag, vielen Dank!

Auf Bild 99 ist aber die 119 064-4 vom Bw Schwerin zu sehen.


Grüße,


Sebastian



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:04:09:18:48:19.

Tolle Schilderung!!

Hallo Christoph, Wolf-Dietmar und Sören,

da ist Euch ja eine tolle Dokumentation des stattlichen Bahnhofs von Hagenow Land gelungen! Was mich am meisten bedrückt, ist der derzeitige Zustand.

Erstmalig habe ich den Bahnhof Hagenow Land im Zuge einer Sonderfahrt mit der 41 271 von Bad Doberan am 17.8.1991 zu Gesicht bekommen. Da dort ein Wasserhalt eingeplant war, konnte ich den Sonderzug vor der Kulisse des Bahnhofsgebäudes auf der Schweriner Seite und die Lok beim Wasserfassen auf der Berliner Seite aufnehmen:

41 271 mit Sonderzug Hagenow Land 17.8.1991


41 271 Hagenow Land beim Wasserfasssen 17.8.1991


Ich war bis zum Jahr 2000 mehrmals auf der Duchreise dort. Damals sah der Bahnhof noch nicht so schlimm aus.

Vielen Dank für die Fleißarbeit!

Gruß
Detlef

Hallo!

Der angesprochene D 1432/1433 gehörte 1988 zu den Zügen, die auf Grund veränderter Reisebestimmungen neu eingelegt wurden. Das Schicksal meinte es mit diesem Zug aber (noch) nicht gut. Bereits zum Sommerfahrplan 1989 kam das Aus. Doch O weh, der wird doch gebraucht! Jedenfalls aber noch nicht Ende Mai 1989. Er war zu schwach ausgelastet, um weiter im Angebot zu verbleiben (das gleiche Schicksal ereilte im Übrigen auch dem D 1402/1403 Nürnberg - Erfurt). Mit dem 9. November 1989 kehrte er, mit verändertem Fahrplan, neuer Nummer und verkürztem Laufweg bereits kurze Zeit später wieder zurück.

Der Bahnhof Hagenow Land war ein recht bedeutender Bahnhof. Die Strecke nach Zarrentin (- Ratzeburg) war bis Anfang 1945 eine mit D-Zügen Berlin - Kiel belegte Strecke. Auch von der Verbindung Berlin - Hamburg hielten einige D-Züge hier an.

Nach Kriegsende verstummten die Fernzüge. Die Bummelzüge blieben, mit verkürztem Laufweg, erhalten. D-Züge wird der Bahnhof erst ab September 1949 wieder sehen, als es dann zwei Zugpaare Berlin - Hamburg geben wird (ein Paar als FDt). Dabei blieb es dann erst einmal. Sogar der FDt 65 nach Berlin hatte zwischenzeitlich einen Stopp eingelegt (wegen Kreuzung mit D 64). Mitte der 1950er Jahre wurden mehr D-Züge eingelegt, weil man doch gewisse Reiseerleichtungen gewährte. Mit dem Mauerbau hielten die Fernzüge dann allenfalls noch aus betrieblichen Gründen.

Erst 1965 wird mit D 159/160 ein täglicher Schnellzug Hamburg - Dresden eingerichtet. Wenige Jahre später wird die Nummer auf D 263/264 geändert, ehe er 1973 zum D 437/436 mutierte. 1980 wurde der Lauf auf Hamburg - Leipzig umgelegt (Reisende von/nach Dresden über Potsdam nahmen dann den D 932/935). Die Abschnitte Schwerin - Hagenow Land bzw. Ludwigslust - Hagenow Land blieben im D 436/437 für den Binnenverkehr geöffnet.

Mit dem Fall der Mauer änderte sich dann alles schlagartig. Wenige Tage nach dem 9. November 1989 wurde der Abschnitt Schwanheide - Hagenow Land für den Binnenverkehr auch in den D-Zügen freigegeben. Dies bedeutete für den Kunden natürlich eine verbesserte Bedienung (waren sie doch bisher auf die wenigen Bummelzüge angewiesen).

Kai-Uwe, der "Cottbuser"





1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:04:09:20:07:13.

Moin Zusammen

Wieder ein Streckenporträt der Spitzenklasse!

@Christoph: Danke für die Fleißarbeit. Vieles war mir unbekannt und bis Hagenow Land bin ich ja gar nicht gekommen.

@Wolf-Dietmar: Danke für die historischen Bilder, insbesondere aus Hagenow Land!

@Nils: Danke für deine lesenswerten Zeitzeugenberichte aus dieser Epoche deutscher Geschichte!


Der Zug im ersten Bild dürfte nicht aus Zarrentin kommen, oder?. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man auf dieser Stichstrecke mit 5 Waagen gefahren ist.

Beste Grüße in die Runde


Carsten

PS: Der Dank für die Serie geht bitte an Christoph. Ich habe ihm lediglich Bilder zur Verfügung gestellt.

Hallo miteinander

An Dich, Christoph, vielen Dank für den Beitrag und die damit verbundene Mühe insgesamt, aber auch, dass Du meine Bilder so gut wiedergegeben hast. Kleine Korrektur: Ein Teil meiner Bilder ist schon vom 27.08.1990, ein anderer Teil vom 13.09.1992. Ich werde das hier noch aufdröseln, komme aber voraussichtlich erst Sonntag dazu.

Viele Grüße

Wolf-Dietmar

[www.ivd24immobilien.de]

Der Preis ist jedenfalls heiß. Falls sich also jemand engagieren möchte......
Die jetzigen Besitzer (das Gebäude ist in Privathand) suchen schon seit Jahren nach einem Käufer.

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)

Hallo Nils,

danke für deine persönlichen Worte zum Thema, die ich weitgehend teilen kann.
Als Wessi habe ich natürlich teilweise nur theoretische Kenntnisse. ;-)

Gruß
Stefan

Hallo Christoph,

danke, dass ich euch folgen konnte. Eine schöner Überblick.

Der Bahnhof Hagenow Land lag irgendwie immer nur am Weg, leider bin ich erst in der ersten Umbauphase dort gewesen.
Es war ein Traum von einem Bahnhof.

Er hat weiterhin Potential durch das Bw und dieses tolle BHE-Standardgebäude, die bis auf Friedrichsruh und Wittenberge alle kurz vor dem Abriss zu stehen scheinen.
Die Bahn ist da leider raus. Da müsste sich wohl die Gemeinde mit dem Land als Investor aktivieren.
Ich hatte den letzten Initiatoren mehr Glück gewünscht. Immerhin war ich mal dort Essen und fand es klasse. In der Immobilienanzeige habe ich sogar den Zeitraum gefunden, in dem der kleine Imbiss offen war: 2015 bis 2018. Danke dafür. Bilder habe ich keine gefunden, obwohl ich dachte, ich hätte welche.

Gruß
Stefan



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:04:10:00:09:20.

126.: "Berlin ruft die Jugend" der Welt war das Motto der III. Weltfestspiele 1951 in Berlin.

Auch von meiner Seite noch einmal herzlichen Dank an euch für diese Beitragsserie!

Ihr habt es genau richtig gemacht und auch das Umfeld mit beachtet und fotografiert. Leider war ich damals viel zu sehr
konzentriert auf die Züge, insbesondere auf die Museumsfahrzeuge. Zusätzlich hielten viele meiner Dias der kritischen Betrachtung
nicht Stand, z.B. Aufnahmen aus dem BW 1990 oder auch nur die hölzerne Abfertigungsbude auf dem Bahnsteig. Man konnte
sich damals einfach nicht vorstellen, wie schnell sich alles verändern würde ...

Ergänzend zu eurem informativen Beitrag noch diese Bilder aus Hagenow Land von 1991:



Der Zug rechts mit 112 415-5 fuhr bald nach Zarrentin ab, 119 009-9 wird ihren Zug nach Hamburg-Bergedorf bringen.

Von Zarrentin fuhren die Züge damals noch bis Dömitz und zurück. Daher standen sie in Hagenow Land auch auf der Berliner Bahnhofsseite.
Dies ist ein Zug aus Dömitz mit 110 143-5 bei der Einfahrt aus Richtung Berlin:



Abschließend noch einmal vielen Dank an euch!

Die Beiträge zur Kaiserbahn haben uns neue Impulse gegeben, Themen nachzugehen und zu dokumentieren.
So auch sind auch die Informationen zu den D-Zügen D61 - D66, die vor dem 2. Weltkrieg die Strecke Ratzeburg - Hagenow-Land befuhren,
neu auf der Seite kaiserbahn.de hinzugekommen.

Viele Grüße

Lennart



5-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:04:10:02:35:52.

Hallo Zusammen,

Gehe ich Recht in der Annahme, das das Stellwerk Ho um 1936 gebaut wurde.

Es ist nur etwas Klei er als das Fahrdienstleiter Stellwerk in Dörentrup .





Das ist Baujahr 1936.

Grüße Ralf

Hallo!

Ein toll geschriebener Text, der den informativen Eingangsbeitrag wunderbar ergaenzt.

Vielen Dank Euch beiden!

Gruss

Peter

Zitat

Der Zug im ersten Bild dürfte nicht aus Zarrentin kommen, oder?. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man auf dieser Stichstrecke mit 5 Waagen gefahren ist.

Hallo Carsten,

doch! Jch fuhr am 20 Oktober 1990 zu ersten Mal bis Zarrentin - das Zugpaar P 9368/9369 war gebildet aus 110 755 + Bghw + Bghw + Bghw + Dag + Bghw

Gruß Alberto


P.S. nach meiner Erinnerung wurde das Bahnhofsgebäude ca. 1989 renoviert.

Moin Nils,

wieder ein feinsinnig-hintergründiger Beitrag von Dir, der den ausgezeichneten Bericht von Christoph sehr gut ergänzt.
Vielen Dank für Deine Anmerkungen und Gedanken.
(Christoph: kommt auch noch was vom Bw Hagenow Land?)

Beste Grüße
Wolfgang