Liebe Hobbykollegen und Freunde,
beginnen wir mit dem 2. Februar 1965:
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01 147 und 23 048 rauschen mit einem unbekannt gebliebenen D- oder Eilzug auf der Main-Weser-Bahn Kassel-Gießen-Frankfurt durch die Ginnheimer Niddawiesen auf die Mainmetropole zu. Die ungeliebten E-Masten stehen bereits entlang der Strecke, auch der Fahrdraht hängt schon – es sind die letzten Monate vor dem Wechsel zum Planwechsel Winter->Sommer auf elektrischen Betrieb. Da konnte beim Fotografieren natürlich keine Rücksicht aufs Wetter mehr genommen werden. Bloß - daß „Mitziehen“ nicht jede defizitäre Belichtungseinstellung ausgleicht, mußte ich leider erst noch lernen…
Am 15. Februar 1966 war die 50 1796, eine früh Ausgemusterte aus dem Bestand des Bw Frankfurt 2, mein Opfer, als sie in den heimischen Hauptgüterbahnhof einfuhr:
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25. Februar 1967 am Abzweigbahnhof Frankfurt West:
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Die Kasseler Öllok 44 1315 nimmt mit einem der wenigen verbliebenen Dampf-Güterzüge und einer seltsamen Güterzug-Garnitur Anlauf nach Gießen-Kassel. Die Bahnhofsinfrastruktur ist bis hin zum Detail des überdachten Fahrradständers (noch) komplett.
Der Februar 1968 sah mich nicht mit dem Fotoapparat an der Strecke, so müssen wir gleich auf 1969 springen:
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Das Bw Darmstadt war am 22. Februar noch Heimat einer Reihe von 65ern, einschließlich der erst- und der letztgebauten.
Auch 1970 müssen wir überspringen. So kommen wir mit dem 28. Februar 1971 zur Crailsheimer 044 557, die bei winterlichem Wetter von Schwäbisch Hall her kommend beim Weiler Scheppach, km 99,8, ihrem Heimatbannhof zustrebt:
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Der 13. Februar 1972 führte 050 920 und 094 186 im Bahnhof Goslar beim „Liliput-Signal“ zusammen, als die Einheitslok den EK-Sonderzug aus Hildesheim an die Preußische zur Weiterfahrt nach Altenau im Harz übergab:
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Der 11. Februar 1973 zeigte im Bw Ehrang drei Baureihen in sonntäglicher Ruhe. Doch die Feuer sind nachmittags schon vorbereitend für den Montag angelegt:
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An einem sonnigen Februartag 1974 – meine Buchführung hatte inzwischen die Tagesdetails eingespart – brachte die Heilbronner 052 713 einen Militärzug von Lauda nach Crailsheim. Hier rollt die Fuhre unter neugieriger Begleitung auf der parallelen Bundesstraße 292 durch den Haltepunkt Elpersheim:
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Der 15. Februar 1975 war letzter Betriebstag der bereits ausgemusterten 038 772, die mit Ausnahmegenehmigung aber noch einen Sonderzug von Hannover nach Uelzen fahren durfte:
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Hier sehen wir die Fuhre zwischen Soltau und Munster. Ulrich Budde hat schon einmal ausführlich über die Fahrt berichtet:
“ P8-Abschiedsfahrt am 15.02.75“.
19. Februar 1976 in Berlin. 01 0509 überquert mit D 337 im westlichen Ortsteil Kohlhasebrück den Teltow-Kanal:
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Das Jahr 1977 sah mich am 28. Februar an der Hamburg-Lübecker Schiene südlich von Ahrensburg, wo mir mit E 3035 bei km 47,1 dieser von 220 026 geschobene Wendezug mit zwei Doppelstockwagen der ehemaligen Lübeck-Büchener Eisenbahn vor die Kamera geriet:
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Fast an gleicher Stelle, jedoch ein Jahr später, erstrahlte der Morgen des 19. Februar 1978 in außergewöhnlich schönem Winterkleid. 220 009 komplettierte das Bild mit E 3039 südlich von Ahrensburg bei km 45,8:
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Wir überspringen die Folgejahre mit Sonderzügen, Plandampf oder auch oft ganz ohne Eisenbahn. Und kommen schließlich zum 15. Februar 2020:
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Matthias Maier hat beim Treffen einiger Freunde im ehemaligen Bw Hanau die äußerlich aufgearbeitete 38 1772 festgehalten, auf den Tag genau 45 Jahre nach ihrer letzten Fahrt unter Dampf, siehe oben Bild 9). Hier im alten Bw Hanau haben die Aktiven des Vereins Museumseisenbahn Hanau e.V. eine stattliche Anzahl von Museumsfahrzeugen gesichert, arbeiten sie nach und nach auf und kümmern sich auch um Loks anderer Eigentümer wie etwa die 01 150. Ein lohnender, interessanter Besuch!
…und dann, nur vier Tage später, der Schock: „Hanau.“ Wir hatten bei der Organisation unseres Treffens die Option, das große Hotel gegenüber der Shisha-Bar zu buchen, in der das schreckliche Geschehen seinen Anfang nahm. Doch wir haben uns dagegen entschieden, auch weil’s in „so einer ungewohnten Umgebung“ lag, die uns Unbehagen bereitete: das fremdländische Publikum auf der Straße, diese dicken PS-Boliden, diese Bar gegenüber…
Warum erzähle ich davon?
Nun, für drei Anmerkungen:
Erstens: Was für ein Glück wir hatten! – Bloß… - war unser Glück wirklich sooo groß? Eher doch wohl nicht: Denn gerade wir waren und sind aus der politischen Richtung, aus der die verblendeten Schüsse kamen, kaum gefährdet. Schließlich sind wir, der in Hanau zusammengekommene Freundeskreis, ja rassisch unbedenklich, auch religiös und beruflich unauffällig. - !? – Leute, wie absurd ist das denn!? Was sind das für Kriterien, die über Leben und Tod entscheiden können!?
Jedoch, ich bekenne -
zweitens: Auch wir hatten uns dort ja zurückgezogen, „…unheimliche Gegend, das fremdländische Publikum und so…“. Toleranz, Umgang mit Ungewohntem und Akzeptanz versus „Rückwärts-Blick bewahren und Augen zu“? Ganz klar, welche Seite da gezogen hat, auch bei mir selbst.
Will heißen,
drittens: Das Entsetzen anläßlich Halle, Kassel, Hanau pp ist gut & richtig. Doch solange wir es darüberhinaus nicht auch zum Anlaß nehmen, uns selbst an die eigene Nase zu fassen und zu überdenken, ob und wo überall auch wir selbst schon mal die Gedanken- und Gefühlswelt unangetastet lassen, die, zusammen mit vielen weiteren Umständen freilich, den Nährboden für diese unfaßbaren Exzesse hergibt – solange dürfen wir uns auch nicht bequem auf den Fingerzeig auf „diese anderen“ zurückziehen… Darum - machen wir’s doch besser: Reflektieren, wo wir selbst gerade stehen, selbst und selbstkritisch justieren, und dann Flagge zeigen gegen Intoleranz und Nationalismus, gegen die törichte-tumbe Unterteilung der Welt in „Wir“ und „Die Andersartigen“! Und zwar nicht erst, wenn uns Schüsse wie die in Halle, Kassel und Hanau erschüttern.
So meine Gedanken zu „Hanau“. Nach allen Sonntagsreden. Das war und ist mir jetzt mal wichtig, auch hier. Bei aller Freude an unserem gemeinsamen Hobby.
Schöne Grüße aus Aachen –
Reinhard Gumbert