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Zeitungsartikel 1958 (Januar - April)

geschrieben von: Walter aus Bayern

Datum: 16.01.21 21:49

Servus,

die ersten vier Monate 1958 sind heute fällig:

Süddeutsche Zeitung
Dienstag, 7. Januar 1958
Nr. 6
Hauptbahnhof ohne Hauptportal
Von heute an muß das Mittelportal des Hauptbahnhofs für etwa drei Monate gesperrt werden. Die Bundesbahndirektion beginnt mit dem Aufbau des Mitteltrakts der neuen Bahnhofsfassade. Der linke Pavillonbau, in der das Amtliche Bayerische Reisebüro untergebracht war, ist bereits vorweg abgerissen worden. Während der Bauarbeiten kann die Schalterhalle nur über die beiden Seitengänge an der Bayer- und an der Arnulfstraße betreten werden. Wegen des Umbaus treten auch einige Änderungen in der Bedienung der Reisenden an den Fahrkartenschaltern ein. Näheres wird durch Anschläge bekanntgemacht. Voraussichtlich Anfang April ist der Haupteingang beim Fußgängertunnel wieder benutzbar.

Süddeutsche Zeitung
Samstag/Sonntag, 18./19. Januar 1958
Nr. 16
Tag- und Nachtschicht beim Bahnhofsbau
Seit dem 7. Januar ist das Hauptportal des Hauptbahnhofs gesperrt. Inzwischen ist das Mittelstück der alten Ostwand der Schalterhalle abgebrochen worden. In Tag- und Nachtschichten wird nun am Neubau gearbeitet. Die Schalterhalle und der nördliche Hof Ecke Bahofsplatz/Arnulfstraße werden unterkellert; dort sollen Diensträume sowie Friseur- und Waschstuben eingerichtet werden. Der Fußgängertunnel wird nach Westen verlängert und erhält einen direkten Ausgang in die Schalterhalle. Ferner ist die Errichtung eines Verbindungsbaus vom Hauptbahnhof-Nordtrakt an der Arnulfstraße zur Ecke Bahnhofsplatz mit einer neuen Hofeinfahrt geplant. Im Rohbau soll dann auch der Nordflügel der neuen Hauptbahnhof-Fassade erstellt werden. Wie die Bundesbahndirektion betont, ist Voraussetzung für die planmäßige Abwicklung der Bauarbeiten jeweils die rechtzeitige Bereitstellung der erforderlichen Geldmittel. Nach dem Stand der Dinge könne jedoch gerechnet werden, daß die benötigten Gelder auch tatsächlich bereitstehen.

Süddeutsche Zeitung
Mittwoch, 22. Januar 1958
Nr. 19
Teure Pläne für den Hauptbahnhof
Große Pläne hat die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn für den Münchner Hauptbahnhof. Noch ist die Fertigstellung des Fassadentrakts nicht abzusehen - man rechnet mit 1960 -, trotzdem zählte der Präsident der Deutschen Bundesbahn, Professor Dr. Oeftering, dieser Tage in Bonn neue große Projekte für München auf. Dazu gehört die Errichtung eines Zentralstellwerks an der Hackerbrücke, von dem aus sämtliche Weichen im Hauptbahnhofbereich bedient werden sollen; den der Plan, die Bahnsteige zu überdachen und gleichzeitig verschiedene größere Gleisumbauten vorzunehmen. Während die Münchner Direktion immer noch eine große Bahnsteighalle wünscht, neigt die Hauptverwaltung zu den billigeren Einzelbahnsteigdächern. Nach den Angaben Professor Oefterings werden diese neuen Projekte zusammen nochmals 50 Millionen Mark erfordern, nachdem schon der Fassadenbau auf 12 Millionen veranschlagt ist (9 Millionen sind davon bisher bewilligt worden). Oeftering betonte allerdings, daß sich für die Verwirklichung dieser großen Pläne noch kein Termin angeben läßt. Es hänge ganz davon ab, inwieweit Bonn die Deutsche Bundesbahn in ihrem Bestreben unterstütze, aus ihrer mißlichen finanziellen Lage herauszukommen. Mit seiner Stellungnahme antwortete der Bundesbahnpräsident auf einen Brief des Münchner CSU-Abgeordneten Karl Wieninger, der darauf hingewiesen hatte, wie dringlich der Aufbau des Hauptbahnhofs für München als Fremdenverkehrsstadt sei.

Süddeutsche Zeitung
Montag, 3. Februar 1958
Nr. 29
Was sich im Hauptbahnhof anbahnt
Die Fassade soll im Herbst 1959 fertig sein / Das Portal im April wieder passierbar
Wer zur Zeit den Hauptbahnhof durchs Hauptportal betreten will, findet den Weg durch einen Zaun versperrt hinter dem ein Bagger in voller Tätigkeit ist. Die Ostwand der Schalterhalle ist größtenteils abgerissen und durch Bretter ersetzt. Der Reisende wird zu den Seitenausgängen verwiesen. Erst Anfang April wird der seit dem 7. Januar gesperrte Haupteingang wieder passierbar sein. Innerhalb der nächsten 14 Tage kommen auch die häßlichen Baracken an der Nordseite des Bahnhofplatzes weg. Folgende Bauarbeiten werden gegenwärtig oder demnächst in Tag- und Nachtschichten ausgeführt: Die Schalterhalle und der nördliche Hof an der Ecke des Bahnhofplatzes bekommen einen Keller. Dort soll neben den Diensträumen der größte Friseur der Bundesrepublik mit zahlreichen Waschstuben eingerichtet werden. Der Fußgänger-Tunnel wird verlängert und erhält einen direkten Aufgang in die Schalterhalle. Ferner ist die Einrichtung eines Verbindungsbaues vom Hauptbahnhof-Nordtrakt an der Arnulfstraße zur Ecke Bahnhofplatz mit einer neuen Hofeinfahrt geplant. Im Rohbau soll dann auch der Nordflügel der neuen Hauptbahnhoffassade errichtet werden.
"Manchmal hört man die Leute schmipfen: Ja, wie lang basteln die denn noch herum", sagt Bundesbahnoberrat Heinrich Gerbl, der den Wiederaufbau des Münchner Hauptbahnhofs leitet. "Das ist aber keine Baustelle wie irgendeine andere. Wir können jeweils nur in verhältnismäßig kleinen Abschnitten bauen, weil der gesamte Betrieb weitergehen muß. Es fluten ja täglich Zehntausende von Menschen durch die Räume des Hauptbahnhofs, die alle an irgendeiner Stelle abgefertigt werden müssen." Ehe ein Bau abgerissen werde, müsse immer erst ein neuer Platz für die bisher darin untergebrachte Abteilung geschaffen sein. Der Kundendienst dürfe keinen Augenblick unterbrochen werden. Besonders schwierig sei zum Beispiel die Unterkellerung der Höfe, in denen das Expreßgut an- und abgefahren wird. Dort sei der Verkehr untertags so stark, daß er von einem Polizisten geregelt werden müsse.
Komplizierte Baustelle
Oberrat Gerbl zeigt uns graphische Bauzeitpläne. Jeder Handgriff, der an der Baustelle des Hauptbahnhofs getan wird, ist dort eingezeichnet. "Das Problem des Wiederaufbaues ist bei uns nicht nur eine Geld-, sondern auch eine Zeitfrage", stellt der Bundesbahnoberrat fest. "Wenn wir den Bahnhofbetrieb einfach stillegen könnten, denn brauchen wir für den Aufbau nicht länger als zwei Jahre." Gerbl kann jedoch den Münchnern bereits heute versprechen, daß im Herbst 1959 die gesamte Ostfront des Hauptbahnhofs, also das Hauptportal mit den beiden Seitentrakten zur Bayer- und zur Arnulfstraße, fix und fertig ist. "Mit dem ´Inkreisch` haben wir dort dann allerdings noch einige Schwierigkeiten. Doch die stören das Publikum nicht - die sind unser Kummer."
"Mit Geldschwierigkeiten, die die Bautätigkeit hemmen könnten, brauchen wir heuer nicht mehr zu rechnen", versichert Gerbl. Wenn das Geld bisher manchmal knapp gewesen sei, so müsse man immerhin bedenken, daß die Bundesbahn die einzige Bahn Europas sei, die - obwohl am schwersten zerstört - ihren gesamten Wiederaufbau mit eigenen Mitteln betreiben mußte. Und das obwohl sie ihre Monopolstellung im Verkehr eingebüßt habe. Daß Roma-Termini oder der Wiener Westbahnhof herrliche Anlagen sind, wisse man auch bei der Bundesbahn. Doch dort seien eben zum Bau reichliche ERP-Gelder zur Verfügung gestanden. Da werden die Fremden staunen
"Was die Bauarbeiten im Hauptbahnhof betrifft, müssen sich die Münchner heuer noch auf einiges gefaßt machen", verkündet Oberrat Gerbl. "Aber der bisherige Behelf war gewiß alles andere als eine Augenweide. Und ich glaube, es ist besser, wenn die Fremden, die zum Jubiläumsjahr nach München kommen, sehen, daß bei uns etwas geschieht." Franz Freisleder

Süddeutsche Zeitung
Freitag, 28. Februar 1958
Nr. 51
Durch die offene Schranke ins Unglück
Die Todesfahrt in Mittersendling / Heute Beginn des Prozesses gegen den Bahnwärter
Bereits einen Tag, nachdem sich die 3. Große Strafkammer des Landgerichtes München I mit dem schweren Unglück an der Kreuzung Impler-/Oberländerstraße zu befassen hatte, muß das gleiche Gericht heute über einen Unfall urteilen, der am 21. Oktober 1957 zwei Menschenleben forderte. Unter der Anklage der fahrlässigen Transportgefährdung und zweier Vergehen der fahrlässigen Tötung hat sich der 48jährige Bundesbahnbedienstete Karl Hüttl zu verantworten. Ihm wird vorgeworfen, als verantwortlicher Schrankenposten die Schranke am Bahnübergang Johann-Clanze-Straße nicht rechtzeitig geschlossen zu haben. Der Anklage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Hüttl war am 21. Oktober 1957 um 7 Uhr morgens Schrankenwärter am Posten II der Bahnlinie München - Holzkirchen, der am schienengleichen beschrankten Bahnübergang der Johann-Canze-Straße in Mittersendling liegt. Um 8.04 Uhr wurde vom Fahrdienstleiter und Aufsichtsbeamten des Bahnhofs Mittersendling der fahrplanmäßige Eilzug E 1200 aus Richtung Holzkirchen gemeldet, der etwa drei bis vier Minuten später den Schrankenposten passieren sollte.
Hüttl hatte, so heißt es im Eröffnungsbeschluß, "infolge eines Versehens" die Meldung des E 1200 nicht zur Kenntnis genommen und war der Ansicht, dieser Zug sei noch nicht abgeläutet worden. "Trotz dieser Ungewißheit", so führt das Gericht in seinem Beschluß weiter aus, "schloß der Angeschuldigte pflichtwidrig die Schranke nicht vorschriftsmäßig drei Minuten vor der fahrplanmäßigen Durchfahrt, die er aus dem am Posten aufliegenden Fahrplan hätte ersehen können."
Bruchteile von Sekunden, bevor der Eilzug mit einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern auf den Bahnübergang zurollte, fuhr der Elektromeister Friedrich Ey mit seinem Personenwagen auf den Bahnkörper, dessen Schranken nicht geschlossen waren. Obwohl der Lokführer des Zuges die Schnellbremse betätigte, konnte er den Zusammenstoß mit dem Kraftwagen nicht mehr verhindern. Duch die Wucht des Aufpralls wurden Ey und sein mitfahrender Lehrling Luschner aus dem Wagen geschleudert und auf der Stelle getötet. Das Kraftfahrzeug wurde vollständig zertrümmert.
Gespräche auf dem Tonband
Da die Bundesbahn für die Aufnahme von Zugmeldegesprächen Tonbandgeräte verwendet, ist es möglich, die Vorgänge unmittelbar vor dem Ungülck zu rekonstruieren. Noch um 8.02 Uhr hatte sich Hüttl zu einem Zeitvergleich gemeldet. Dann läutete einer der elektrischen Wecker, die bei Durchsagen, insbesondere bei Zugmeldungen, ertönen. Über einen Lautsprecher verständigte der Bahnhofsvorstand von Mittersendling die Posten, daß E 1200 Mittersendling verlassen und ein Sonderzug voraussichtlich zehn Minuten Verspätung habe.
Hüttl, der kurz vor der Durchsage für einen Augenblcik das Postenhäuschen verlassen hatte, kehrte zurück, als die Durchsage eben mit dere Nachricht über den Sonderzug beendet wurde. Er war der Ansicht, so erklärte er in dem Verfahren, der Eilzug sei noch nicht abgeläutet worden und schloß deshalb die Schranke nicht. Dies widersprach jedoch eindeutig seinen Dienstvorschriften. We.

Süddeutsche Zeitung
Samstag/Sonntag, 1./2. März 1958
Nr. 52
Der Schrankenwärter kam zu spät
Erster Verhandlungstag gegen Karl Hüttl / Wie das Mittersendlinger Unglück geschah
Zwei Minuten menschliches Versagen eines Schrankenwärters genügten, um dem Elektromeister Ey und seinem Lehrling Luschner am 21. Oktober 1957 den Tod zu bringen. Unter der Anklage der fahrlässigen Tötung in zwei Fällern hatte sich gestern der Bundesbahnbedienstete Karl Hüttl vor der 3. Strafkammer des Landgerichtes München I unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Ernst Durchholz zu verantworten.
"Besondere Vorsicht ist geboten"
Hüttl, der sieben Monate vor dem Unglückstag als Schrankenwärter an dem Bahnübergang Johann-Clanze-Straße eingeteilt worden war, weiß, daß er sich schludig gemacht hat. Vor den Richtern liegt ein Exemplar der "Dienstvorschrift für den Bahnbewachungsdienst", in der es heißt: "Der Wärter ist verpflichtet, angemessene Zeit vor der planmäßigen Vorüberfahrt eines Zuges sich an dem ihm vom Betriebsamt zugewiesenen Standort bereitzuhalten und die Strecke zu beobachten. Er darf sich nicht auf das Abläutesignal, auf besondere Signaleinrichtungen, die ihm die Annäherung eines Zuges ankündigen, verlassen … Bleibt das Abläutesignal oder der erwartete Zug aus, so ist besondere Vorsicht geboten. Der Wärter hat in diesem Fall rechtzeitig vor dem Verkehren des Zuges die Schranken zu schließen und sich bei dem Bahnhof fernmündlich nach dem Zuglauf zu erkundigen."
Gegen diese Vorschrift hat Schrankenwärter Hüttl verstoßen. Noch um 8.02 Uhr des Unglückstages hatte er sich über die Zugmeldeanlage an einem Uhrenvergleich beteiligt. Dann mußte er austreten. "Ich hab' mir ausgerechnet, daß ich in drei Minuten zurück sein kann", erklärte Hüttl dem Gericht. Für 8.05 Uhr nämlich erwartete er die Abmeldung des Eilzuges E 1200 aus Richtung Holzkirchen, der seinen Posten fahrplanmäßig um 8.08 Uhr passieren sollte.
Die entscheidenden Minuten
Noch bevor er in sein Wärterhäuschen zurückgekehrt war, hörte er ein Läutesignal. "Ich war mir aber nicht sicher, ob es den Eilzug betraf", sagte Hüttl gestern aus. Dann hörte er noch die letzten Worte der Durchsage "… hat zehn Minuten Verspätung". Da er nicht wußte, auf welchen Zug sich diese Mitteilung bezog, will Hüttl mit dem Kollegen auf Posten I telephoniert und erfahren haben, daß ein vom Münchner Hauptbahnhof kommender Sonderzug gemeint sei. Die angeblichen Gesprächspartner können sich aber nicht mehr an den Anruf erinnern. Inzwischen war es mindestens 8.06 Uhr und allerhöchste Zeit, die Schranken für den fahrplanmäßigen Eilzug zu schließen.
"Ich war der Meinung, der Eilzug ist noch nicht abgeläutet", erklärte der Angeklagte sein Zögern vor den Richtern. Er trägt das Gespräch ins Dienstbuch ein. Plötzlich braust der Eilzug vorbei. Einsetzen packt den Schrankenwärter, er eilt hinaus. "Gott sei Dank" schießt es ihm durch den Kopf, "der Bahnkörper ist frei." Er beginnt an der Kurbel für die Schranke zu drehen. Da fährt der Unglückswagen auf die Gleise. Hüttl ist wie gelähmt, als der Eilzug den Kraftwagen beiseite schleudert.
Falsche Rücksicht auf ungeduldige Autofahrer
Dafür, daß der Angeklagte nicht gleich nach seiner Rückkehr die Schranken schloß, hat er keine rechte Erklärung. "Wenn ich da genau nach der Vorschrift handeln müßt", sagte er gestern, "da wird'n ma ja bei dem Verkehr die Kraftfahrer rebellisch." Da bis zu drei Minuten Verspätung oder zu frühe Ankunft nicht eigens gemeldet werden, kann sich eine gewisse Behinderung infolge des frühen Schließens der Schranke durchaus ergeben. Aber der Vorsitzende belehrte den Angeklagten gestern: "Besser wären Sie stur gewesen und hätten ihre Vorschriften befolgt, dann wäre das Unglück nicht geschehen." - Der Prozeß wird fortgesetzt.
Wolfgang Wehner

Süddeutsche Zeitung
Donnerstag, 6. März 1958
Nr. 56
Kuppel - aus dem Stadtbild radiert
Abbruch des "Wahrzeichens" beim Hauptbahnhof / Postamt im Färbergraben geplant
Noch in diesem Jahr soll die 70 Meter hohe Kuppel des ehemaligen bayerischen Verkehrsministeriums an der Seidlstraße abgebrochen werden. Im Baurechtsausschuß des Stadtrats war man sich gestern einig, dagegen keinen Einspruch zu erheben. Ein Architektenwettbewerb über den Neubau eines Verwaltungsgebäudes für die Bundesbahndirektion hat ergeben, daß die Kuppel keine Verwendung mehr finden kann. Bei der schlechten Standfestigkeit der Ruine kann eine Verzögerung des Abbruchs nicht verantwortet werden.

Süddeutsche Zeitung
Montag, 17. März 1958
Nr. 65
Lebensmüder springt vor den Güterzug
Nächtliche Tragödie im Bahnhof Milbertshofen / Meldungen aus dem Polizeibericht
In der Nacht zum Sonntag gegen 3 Uhr morgens warf sich ein Unbekannter im Bahnhof Milbertshofen vor einen durchfahrenden Güterzug und wurde sofort getötet. Der Lebensmüde hatte sich unmittelbar vorher die linke Pulsader durchgeschnitten. Die Personalien des bis zur Unkenntlichkeit Entstellten könnten von der Kriminalpolizei noch nicht ermittelt werden. Der Mann ist etwa 20 - 25 Jahre alt, 1,70 Meter groß, schlank und hat mittelblonde, zurückgekämmte Haare. Er war mit einem graukarierten Mantel bekleidet, trug ein grünes Stirnband, schwarze Lederhandschuhe, eine dunkelgraue, lange Hose, dunkelgrauen Pullover, weißes Hemd und schwarze Slippers. Der Tote trug ferner einen Ring mit grünem Stein und einen Verlobungsring mit der Inschrift "Edda". Auskünfte über seine Person erbittet das Polizeipräsidium unter der Rufnummer 2 2831, Nebenstelle 8638.

Süddeutsche Zeitung
Montag, 31. März 1958
Nr. 77
Den Circus packt das Reisefieber
Heute abend haben die Münchner zum letzten Mal in dieser Saison Gelegenheit, das Krone-Programm zu sehen. Nach Schluß der Vorstellung wird Christl Sembach einige Abschiedsworte sprechen. Danach kommt das große Einpacken, denn die drei Sonderzüge des Circus Krone setzen sich noch in der gleichen Nacht in Richtung Berlin in Bewegung. Die ehemalige Reichshauptstadtt wird heuer die erste Gastspielstadt sein. Der Plan Krones, im Jubiläumsjahr während des Oktoberfestes nach München zu kommen, scheiterte leider. Voraussichtlich kommt der Circus erst wieder an Weihnachten in sein Winterquartier zurück. Gestern gaben Frieda Krone-Sembach und ihr Mann, Carl Sembach, der Münchner Presse eine Abschiedsparty im Franziskaner. Bei dieser Gelegenheit bedankten sich beide noch einmal für die Treue des Münchner Publikums.

Süddeutsche Zeitung
Mittwoch, 2. April 1958
Nr. 79
Lahmgelegter Eisenbahnverkehr
Vorgestern nachmittag waren zwischen dem Hauptbahnhof und Pasing die Starnberger Fernbahn, die Vorortbahn und die Lindauer Strecke von 16.59 Uhr an lahmgelegt. Die Ursache war eine Störung in der elektrischen Fahrleitung. Um 17.20 Uhr schon wurden die ersten Dampflokomotiven als Schlepper losgeschickt und zusätzliche Omnibusse der Bundesbahn eingesetzt. Um 18.20 Uhr war die Störung behoben und alle Strecken konnten wieder elektrisch befahren werden. Trotz der raschen Disposition der Bundesbahn entstanden Verzögerungen im Berufsverkehr.

Süddeutsche Zeitung
Dienstag, 8. April 1958
Nr. 84
Fahrplanänderungen wegen Gleisbauarbeiten
Vom Mittwoch, dem 9. April, bis zum 23. April werden auf der Strecke der Starnberger Fernbahn zwischen dem Hauptbahnhof und dem Pasinger Bahnhof wieder größere Arbeiten an den Gleisanlagen vorgenommen. Die Bauarbeiten bringen für einige Kurszüge Fahrplanänderungen mit sich. Einzelheiten darüber sind aus den Plakaten, die auf den Bahnhöfen angeschlagen sind, zu ersehen. Die Bundesbahndirektion macht jedoch besonders darauf aufmerksam, daß während der Gleisarbeiten alle Züge der Richtung Schleißheim und Freising, die fahrplanmäßig im Starnberger Bahnhof abgefertigt werden, ausnahmsweise in der Haupthalle ankommen und abfahren. Sie weist ferner darauf hin, daß der Personenzug München - Grafrath, der sonst um 6.54 Uhr abfährt, zwei Minuten früher, also bereits um 6.52 Uhr, den Hauptbahnhof verläßt.

Süddeutsche Zeitung
Freitag, 11. April 1958
Nr. 87
Feuer im Hauptbahnhof
Im halbfertigen Südbau entzündeten sich Isoliermatten / 100 000 Mark Schaden
Gestern nachmittag, kurz nach 14 Uhr, schlugen Flammen aus dem vierten und fünften Stock des noch im Bau befindlichen Südflügels des Hauptbahnhofs. Isoliermatten, mit denen man die Betonwände vor Frostschäden schützen wollte, hatten Feuer gefangen. Die in Mitleidenschaft gezogenen Räume werden Garagen enthalten. Die städtische Feuerwehr, die mit zehn Löschzügen ausgerückt war, konnte die Flammen in einer Stunde löschen. Es entstand ein Schaden von rund 100 000 Mark.
Zwei Arbeiter waren im 4. Stock des Traktes beschäftigt, als das Feuer ausbrach. Sie montierten zum Bahnhofplatz. Als erstes holte man die Sauerstoff-Schweißgeräte. Ein Funke muß die Isolationsmatten in Brand gesetzt haben. Da sie aus Watte und Stroh bestanden, breitete sich das Feuer mit rasender Geschwindigkeit aus. Die hohen Fenster in den Stockwerken zersprangen klirrend. Dichter Qualm stieg auf. Der ganze Himmel über der Stadt, bis zur Isar hinunter, verfärbte sich. Die zwei Arbeiter flüchteten auf einen Balkon, schlugen die Eisentüre hinter sich zu, und schrien um Hilfe. Inzwischen war bereits die Feuerwehr verständigt worden. Es wurde Alarmstufe 10 - die höchste - gegeben, da man zunächst glaubte, der ganze Hauptbahnhof stehe in Flammen. Zehn Löschfahrzeuge und fünf Drehleitern rollten zum Bahnhofsplatz. Als erstes holte man die zwei Arbeiter, deren Lage immer bedrohlicher wurde, über eine Leiter vom Balkon herunter. Sie hatten keine gesundheitlichen Schäden erlitten. Das Überfallkommando sperrte den Brandplatz ab, um den sich eine dichte Menschenmenge versammelt hatte. Der Verkehr wurde umgeleitet. Oberbürgermeister Thomas Wimmer, Bürgermeister Adolf Hieber, Branddirektor Hans Türauf, der Chef der Schutzpolizei, Dr. Heinrich Martin und Kriminaldirektor Andreas Grasmüller kamen an die Brandstelle.
Schon nach einer halben Stunde war das Feuer soweit unter Kontrolle, daß die Feuerwehrleute in die Stockwerke einsteigen konnten, in denen es entstanden war. Dabei entdeckten sie, daß die Handwerker zwei Sauerstoffflaschen zurückgelassen hatten, die bereits dampften und zu explodieren drohten. Sie wurden von allen Seiten aus Schläuchen bespritzt und abgekühlt. Wieder eine halbe Stunde später erloschen die letzten Flammen.
Fertigstellung verzögert
Der Schaden ist, obwohl sich der Brand auf eine Fläche von 3000 Quadratmetern ausgebreitet hatte, verhältnismäßig gering. Die Stockwerke waren leer und hatten noch keinen Fußbodenbelag. Lediglich die schon fertige Aluminiumverkleidung an den Wänden schmolz und die Fenster zerbrachen. Wie uns ein verantwortlicher Bauführer mitteilte, kann die Fertigstellung des Traktes durch den Brand allerdings erheblich verzögert werden.

Süddeutsche Zeitung
Samstag/Sonntag, 12./13. April 1958
Nr. 88
Der Hauptbahnhof hat Glück gehabt
Hochexplosives Azetylengas neben dem Brandherd
Die Brandfahndung der Münchner Kriminalpolizei versucht zur Zeit zu klären, ob der Brand im Hauptbahnhof durch Fahrlässigkeit verursacht wurde. Wie die SZ berichtete, war das Feuer im 4. und 5. Stock des noch im Bau befindlichen Südflügels ausgebrochen und hatte einen Schaden von rund 100 000 Mark verursacht. Funken aus einem Schweißgerät hatten Isoliermatten angezündet. Es wird untersucht, ob die Arbeiter mit den feuergefährlichen Geräten nebn den leicht brennbaren Matten aus Stroh und Watte hätten hantieren dürfen. Die Schweißgeräte waren übrigens nicht, wie ursprünglich angenommen, mit Sauerstoff, sondern mit hochexplosivem Azetylengas betrieben. Die Gasflaschen blieben in den brennenden Räumen zurück. Das Wasser, mit dem die Feuerwehrleute die Eisenbehälter abzukühlen versuchten, verwandelte sich in zischenden Dampf, sobald es das heiße Metall berührte. Wenn die Behälter explodiert wären, hätten die oberen Stockwerke des Traktes in die Luft gehen können.

Süddeutsche Zeitung
Dienstag, 15. April 1958
Nr. 90
Bahnhof-Brand kommt vor Gericht
Anzeige gegen zwei Schweißer wegen Fahrlässigkeit
Die beiden Schlosser, die mit ihren Schweißgeräten den Brand im Südtrakt des Hauptbahnhofs verursachten, werden sich vermutlich vor dem Strafgericht zu verantworten haben. Nach Ansicht der Brandfahnder der Münchner Kripo haben sie es an der nötigen Vorsicht fehlen lassen. Sie arbeiteten mit den Geräten, deren Funken erfahrungsgemäß bis zu zehn Meter weit fliegen, inmitten leicht brennbaren Materials. Nicht nur die Isoliermatten aus Stroh und Watte waren feuergefährlich, sondern vor allem auch der provisorische Bodenbelag aus Teerpappe. Durch den brennenden Teer entwickelten sich übrigens die riesigen Rauchsäulen, die über die ganze Stadt hinweg zogen. Die Arbeiter, der 45jährige Otto W. und der 24 jährige Richard W., versuchten übrigens zunächst, das Feuer selbst zu löschen. In dem Stockwerk, in dem sie beschäftigt waren, befand sich eine Löschvorrichtung mit Schlauch. Nachdem sie den Schlauch ausgerollt hatten, mußten sie aber feststellen, daß die Leitung kein Wasser enthielt. Es war nämlich der Vereisingsgefahr wegen abgestellt worden. Auch der Gummischlauch fing Feuer und die beiden mußten sich zurückziehen. Zwanzig Prozent aller Großfeuer der letzten fünf Jahre sind durch unachtsames Hantieren mit Schweißgeräten verursacht worden.

Walter

Re: Zeitungsartikel 1958 (Januar - April)

geschrieben von: e_ulrich

Datum: 17.01.21 11:58

Hallo, Walter,

herzlichen Dank für diese hochinteressante Zusammenstellung.

Grüße,

Ernst