Links zu einigen der bisherigen Folgen (von dort geht's jeweils mit links weiter; damit die Liste kurz bleibt)
Folge (1): [
www.drehscheibe-online.de] (Schöne Geschichte und Nürnberg Hbf 1. Mai 1967)
Folge (8): [
www.drehscheibe-online.de] (Reise zum Bodensee 1969)
Folge (18): [
www.drehscheibe-online.de] (Dampf in Erlangen 1966)
Folge (23): [
www.drehscheibe-online.de] (Hof im Schnee 1969)
Folge (34): [
www.drehscheibe-online.de] (Freilassing Ostern 1970)
Folge (41): [
www.drehscheibe-online.de] (Kohle-41er 1969)
Hallo zusammen,
für uns Südländer waren nicht nur die 041er Exoten, sondern erst recht die 042er, das ferne Rheine und das noch fernere Emden sowas wie ein gelobtes Land. Da musste man einfach mal gewesen sein. Für mich kam aber noch etwas Anderes hinzu. Als Bub hatte ich viele Abenteuer- und Sachbücher verschlungen, in denen das Meer vorkam. Gesehen hatte ich es auch mit sechzehn noch nie. Wasser bis zum Horizont, Wellen und Stürme, große Schiffe, das alles übte eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Wenigstens einmal das Meer gesehen haben. Der Blick von Konstanz nach Osten über den Bodensee bot zwar an einem diesigen Tag auch Wasser bis zum Horizont, aber so ganz das Richtige war es natürlich nicht, selbst für meine bescheidenen Ansprüche. Nun ja, die Zeiten ändern sich, meine Kinder waren im Vorschulalter schon in Amerika…..
Ich strebte also eine höchstpersönliche
Win-win-Situation an und erwarb die in der vorhergehenden Folge erwähnte Wochenend-Sonderrückfahrkarte nach Norddeich-Mole. Neben dem Dampf-Erlebnis sollte mir diese Fahrkarte auch einen Blick aufs Meer gewähren, wenigstens einen kurzen. In Ermangelung von
Google Earth reichte mir der Name Norddeich-Mole, um überaus optimistisch und voller Spannung an dieses Abenteuer heranzugehen.
Wie schon berichtet, startete ich die weite Reise am Freitag, den 5. September 1969, im Morgengrauen und verbrachte den späten Nachmittag bei wolkenverhangenem Himmel auf dem Personenbahnhof in Rheine. Nur für die Durchfahrt der 041 135-5 hellte sich der mir in Maßen wohlgesonnene Himmel geringfügig auf, die Wolkendecke war tatsächlich kurzzeitig etwas dünner. Die Bilder der Erzzüge blieben aber grau in grau. An die Nacht in der Jugendherberge erinnere ich mich nicht weiter. Jedenfalls ging es früh wieder los, weil für Samstag, den 6. September 1969, ja das Meer eingeplant war. Natürlich trieben mich auch das Bw Emden und flotte Fahrten hinter der 012.
Dieser Samstag war der vorletzte Verkehrstag des vom 28. Juni bis zum 7. September 1969 verkehrenden Saisonschnellzugs D 1337 aus Münster, der zwar keinen Gepäckwagen führte, aber Schlaf- und Liegewagen von München zur Küste. Zu allem Überfluss waren zum Frühstück ab Münster auch Speisen und Getränke im Zug erhältlich. Aber ich hatte ja schon in der Jugendherberge opulent gefrühstückt. Der D 1337 sollte Rheine also um 9.05 Uhr verlassen und um 11.23 Uhr in Norddeich-Mole eintreffen. Mit der Sonderrückfahrkarte war der Schnellzug-Zuschlag im Übrigen schon abgegolten. Also stand dem Dampf-Erlebnis nichts im Weg, das Ausweichen auf einen späteren VT 24 als zuschlagfreien Eilzug war diesmal nicht angesagt.
Am Bahnhof kam dann die überraschende Erkenntnis: Der Zug hatte Verspätung. Das gab´s auch damals hin und wieder, besonders bei Zügen mit Kurswagen, deren langer Laufweg sie anfällig machte. Bei größeren Verzögerungen wurden die Kurswagen selbstverständlich als gesonderte Leistung nachgeführt. In Norddeich-Mole waren aber keine Anschlusszüge zu erreichen, und die Schiffe auf die Inseln legten mehrfach am Tag ab. Also keine Hektik, Hauptsache die Münchener kamen an ihr Ziel.
Statt planmäßig um 9.04 Uhr lief der D 1337 erst gegen 9.10 Uhr in Rheine ein. Und was war vor dem Zug? Statt der erwarteten 012 kam da die 042 241-0 herein. Das hätte auf der Strecke von Münster schon eine kleine Verspätung ergeben können, weil die zulässige Höchstgeschwindigkeit der 042 nur bei 90 km/h lag, bei der Fahrplangestaltung aber wahrscheinlich mit der 012 gerechnet worden war. Zu allem Überfluss war an der 042 241-0 auch noch etwas nicht in Ordnung. Auf Bild (1) sieht man den Heizer eingezwängt zwischen Bahnsteigkante und rechtem Zylinder hantieren, während der Meister mit dem Zugführer die Lage erörtert. Auf den verbleibenden 176 km bis Norddeich-Mole bei nur wenigen Halten konnte die spurtstarke 042 die Verspätung mit Hg 90 km/h sicher nicht aufholen. Also, ein unerwartetes Erlebnis, verspäteter D-Zug hinter 042 241-0.
Bild 1: Mit bereits sechs Minuten Verspätung steht D 1337 im Bahnhof Rheine, während sich der Heizer am rechten Zylinder zu schaffen macht. Bei Verspätung und einem planmäßigen Aufenthalt von nur einer Minute ist die Maßnahme wohl notwendig.
Die 042 241-0 brachte uns allen Widrigkeiten zum Trotz sicher ans Ziel. Der Wagen mit dem Frühstück (bezeichnenderweise ein Weinglas als Symbol) blieb in Emden-West, was den Aufenthalt von fünf Minuten dort erklärt. Zur Verringerung der Verspätung bot der Aufenthalt also keinen Raum. Wann wir in Norddeich-Mole eingelaufen sind, daran erinnere ich mich nicht mehr. Hauptsache dass, und ich war am Meer. In meiner Aufregung nahm ich mir nicht mal die Zeit, mich gebührend von 042 241-0 und ihrer wackeren Mannschaft zu verabschieden. Ich wollte zum Meer, aber --------- es war nicht da. Schlick zwischen Kaimauern und Parkplätzen, nix mit Brechern und Wasser bis zum Horizont…. Enttäuschung pur…..
Nachdem ich mich eine Zeit lang mit meinem Rucksack herumgetrieben hatte, auf der Suche nach dem Meer, dämmerte mir was von Ebbe und Flut. Es hatte nicht sollen sein. Na denn, auch schon wurscht. Der eingleisige Sackbahnhof ohne Weiche (wie zukunftsweisend!) bot nicht viel Abwechslung, ein Fußmarsch nach Norddeich verbot sich wegen der durch die Verspätung verkürzten Aufenthaltsdauer, der Himmel wurde etwas heller und zeitweise kam sogar die Sonne hervor. Also blieb ich auf dem Bahnsteig. Mit dem D 1334 wollte ich zurück nach Emden. Der wurde rechtzeitig bereitgestellt, von der Zuglok rückwärts an den Bahnsteig geschoben. Was kam da herein? Wieder eine 042 vor dem D-Zug! Diesmal war es 042 175-0. Der D 1334 hatte Köln als Ziel, mit Kurswagen nach Frankfurt. In Emden-West wurde dann noch ein Kurswagen von Emden-Außenhafen für die Borkum-Heimkehrer beigestellt. Wieder eine interessante Leistung. Da ich den Zug nur bis Emden-West benutzte, weiß ich nichts über die später sehr wahrscheinlich aufgelaufene Verspätung. Klar war mir jetzt, dass das Bw Rheine mit 012-Ausfällen zu kämpfen hatte. Die 042 175-0 war zudem noch bis zum 27. September 1969 eine Osnabrücker Lok! Damals war ich über die ausgefallenen 012 sicher nicht ganz glücklich, aber mit der 042 am "Meer" und zweimalige Fahrt mit einem D-Zug hinter der schnellen Güterzuglok, das hatte schon was.
Bild 2: Drei Minuten vor Abfahrt, 042 175-0 vor D 1334 auf dem einzigen Gleis in Norddeich-Mole.
Bild 3: Zwei Minuten vor Abfahrt, 042 175-0 vor D 1334 auf dem einzigen Gleis in Norddeich-Mole. Jetzt heißt es einsteigen. Im Hintergrund sieht man inzwischen doch etwas Wasser, aber vor allem viele Autos.
Bis Emden-West dürfte der Zug kaum Verspätung eingefahren haben. Dort war ein Aufenthalt von elf Minuten zum Ansetzen der Kurswagen aus Emden-Außenhafen vorgesehen, was von 042 175-0 übernommen wurde (Bilder 4 und 5). Die Rangiermanöver und die Ausfahrt des geringfügig verlängerten D 1334 um 14.30 Uhr konnte ich in Ruhe beobachten, weil ich für den Nachmittag 'nur' noch den Besuch des Bw Emden eingeplant hatte, danach eine Übernachtung in der dortigen Jugendherberge. Nach Rheine zurück wollte ich erst am Sonntag, den 7. September 1969, wo dann selbstverständlich auch das Bw besichtigt werden musste. Aus den beiden Bw will ich – nur etwas zögerlich, wegen des sehr trübseligen Wetters – demnächst mit ein paar Bildern berichten.
Bild 4: Ein Silberling wird dem D 1334 in Emden West als Kurswagen von Emden-Außenhafen beigestellt. Die Aufenthaltsdauer beträgt 11 Minuten. Das Rangieren übernimmt Zuglok 042 175-0.
Bild 5: Kraftvolle Ausfahrt des D 1334 hinter der Osnabrücker 042 175-0 in Emden-West am 6. September 1969.
Bilanz: Zweimalige Fahrt in D-Zügen hinter 042, dafür aber kein Meer, zumindest nicht den Vorstellungen entsprechend. Das Meer durfte ich im Sommer 1970 anderswo ausgiebig genießen, bei den 042 vor D-Zügen blieb es das erste und letzte Mal für mich. Man kann halt nicht alles haben.
Grüße in die Runde,
Bernhard