siehe auch:
- Teil 1 (Streckenbeschrieb): [
www.drehscheibe-online.de]
- Teil 2 (Rollmaterial / Betrieb in Frankreich): [
www.drehscheibe-online.de]
Zum Schluss meines Berichtes über diese einmalige Bahn wenden wir uns noch dem Wintersport-Verkehr zu. Trotz total veraltetem Rollmaterial konnte die Bahn hier ihre enorme Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen und unzählige Passagiere befördern, derweil die im Privatauto angereisten Skisportler im Verkehrsstau stecken blieben. Es darf vermutlich zur Recht behauptet werden, dass der Winterbetrieb der NStCM das Überleben ermöglicht hat.
Ich zeige an dieser Stelle zwei Auszüge aus dem grafischen Fahrplan der Bahn. Beim ersten handelt es sich um den Zweijahresfahrplan vom 3. Juni 1973 bis 31. Mai 1975.
Für die Zeit von Januar bis März bestand jedoch ein spezieller Sonntagsfahrplan, welcher zeigt, dass Züge vielfach doppelt und zum Teil sogar dreifach geführt wurden, um die Menschenmassen von Nyon ins Skigebiet von La Givrine und abends wieder zurück zu befördern. Diese Gegend war besonders bei Skisportlern aus Genf sehr beliebt und führte dadurch zu Höchstfrequenzen, welche den Einsatz jedes verfügbaren Fahrzeugs nötig machte.
An schönen Winter-Sonntagen wurde der sogenannte "Grand Service" abgewickelt, was für uns Eisenbahnfotografen regelrecht "ein gefundenes Fressen" war! Vielfach erwarteten wir diese riesigen Züge in Arzier, welches sich meist oberhalb der Nebelgrenze befand und einen ausgezeichneten Ausblick auf die Bahnstrecke ermöglichte. Am 10. Februar 1974 war es wieder einmal soweit, als ein stattlicher Zug mit einer Doppeltraktion von ABDe 4/4 10 und 11 und entsprechender Anhängelast bergwärts fuhr.
Erst ein Nachschuss ermöglichte, den ganzen voll besetzten Zug auf Film zu bannen. Zusätzlich zur bereits erwähnten Doppeltraktion erkennen wir zwei "Grandes", einen Skiwagen, zwei "Impériales" und nochmals einen Skiwagen! Bei dieser Gelegenheit muss auch noch erwähnt werden, dass diese alten Fahrzeuge über keine Vielfachsteuerung verfügten und jeder Motorwagen einzeln besetzt und bedient werden musste. Das Zusammenspiel der beiden Wagenführer erforderte einiges an Können und ein genaues Beobachten der Ampère- und Manometer!
Am gleichen Tag ist ein weiterer Zug in anderer Zusammenstellung in den Bahnhof St-Cergue eingefahren, dessen Gleise für die lange Wagenschlange kaum ausreichten.
ABDe 4/4 6 + ABDe 4/4 10 + B 61 + B 51 + Skiwagen M 7 zwischen Les Pralines und La Givrine
Doppeltraktion mit ABDe 4/4 5 und 1, zwei "Grandes", Skiwagen, einer "Petite" und einem "Imperial". Ein wunderschöner Zug! Besonders erfreut waren wir jeweils, wenn speziell bei der Rückfahrt am Abend auf der Strasse die Autos Stossstange an Stossstange standen, während der Zug elegant am Stau vorbei fuhr. Ein besseres Argument für die Beibehaltung des Bahnbetriebs hätte sich kaum finden lassen. Trotzdem kam einer der unzähligen Experten tatsächlich auf die Idee, das Bahntrassee zu einer für Busse reservierten Strasse umzuwandeln. Offensichtlich waren solche "Experten" nie an winterlichen Hochbetriebstagen anwesend.
Die "Petite" an diesem Zug scheint aus allen Nähten zu platzen.
Am 10. Februar 1974 wird in La Givrine emsig rangiert. Die zusätzlichen Wintersportzüge fuhren meist nur bis zu diesem Haltepunkt, welcher lediglich über ein Ausweichgleis verfügte.
Aus diesem Grund mussten für den Rücktransport der Skifahrer bereit gestellte Züge auf dem Streckengleis nach La Cure auf ihren Einsatz warten.
Das Fehlen eines Bahnsteiges machte das Einsteigen in die hochbeinigen Wagen zu einer sportlichen Übung! Die Aufnahme entstand am 9. Februar 1975.
In diesem Jahr lag nicht so viel Schnee wie in den Vorjahren.
Ein Jahr vorher herrscht in La Givrine emsiges Treiben.
Auf Talfahrt mit diesem Zug ergab sich ein Bild aus dem Fenster des hintersten Personenwagens. Er setzte sich zusammen aus ABDe 4/4 10 + ABDe 4/4 1 + B 61 (Grande) + B 52 (Grande) + M 1 (Skiwagen) + B 3 (Impérial) + B 4 (Impérial) + B 5 (Impérial) + M 6 (Skiwagen)
Umstieg in Nyon auf die "grosse Eisenbahn"
Ankunft eines weiteren Zuges mit ABDe 4/4 3 und allen vier "Impériales". Alles Rollmaterial in diesem Zug gehörte einst der französischen Gesellschaft Chemin de Fer electrique du Jura.
Aber selbst in den frühen 80er Jahren (hier am 3. Februar 1980) musste noch der gesamte Wintersportverkehr mit altem Rollmaterial abgewickelt werden. ABDe 4/4 6 fährt im Schneetreiben mit seinem Zug in St-Cergue ein.
Da es an diesem ersten Februarwochenende im Jahr 1980 schneite, fand kein Grand Service statt. ABDe 4/4 6 ist mit Skiwagen und den beiden "schweizerischen Grandes" B 51 und 52 zwischen Arzier und St-Cergue unterwegs.
Nach Kreuzung in St-Cergue fährt ABDe 4/4 1 mit Skiwagen und den beiden "Petites" AB 20 und B 22 auf der gleichen Strecke Richtung Arzier. Wie bei der NStCM damals üblich ist bei Talfahrt der Stromabnehmer zur Schonung von Schleifstück und Fahrleitung gesenkt.
Ein kurzer Augenschein an der Endstation La Cure zeigt, dass auch dort viel Schnee liegt. Der immer noch mit der alten Bezeichnung K 30 angeschriebene gedeckte Güterwagen steht mit zwei weiteren Kollegen gleicher Bauart vor dem Gütschuppen.
An diesem Wochenende übernachteten wir in St-Cergue, wodurch sich nach Ankunft des letzten Zuges dieses stimmungsvolle Bild der beiden Triebwagen ABDe 4/4 10 und 6 ergab. Leider ist das Bild den damaligen fotografischen Möglichkeiten entsprechend alles andere als scharf, strahlt aber trotzdem eine besondere Atmosphäre aus.
Auch am 14. Februar 1982 waren wir einmal mehr vor Ort, wobei aber die Passagierfrequenzen zufolge des nicht idealen Skiwetters nicht so gross waren. ABDe 4/4 1 ist auf der Hochebene zwischen La Givrine und La Cure unterwegs.
Dass sich während Jahren an dieser Stelle nichts geändert hatte, beweist das acht Jahre führer aufgenommene Bild des ABDe 4/4 5.
Neu war im Jahr 1982 allerdings der Einsatz der zwei von BD/BTI übernommenen Anhängewagen, welche mit Baujahr 1949 auf der NStCM äusserst modern wirkten. Das erste Bild zeigt den zu diesem Zweck auf GF-Kupplungen umgerüsteten ABDe 4/4 5 mit dem "neuen" B 42 (später umnummeriert auf B 342) am 14. Februar 1982 bei der Ausfahrt von St-Cergue.
Der gleiche Zug unterwegs Richtung La Givrine.
Vor dem Depot bei Les Plantaz begegnen wir seinem Bruder B 41. Die gleiche Nummer trug dieser Wagen bereits bei seinem ersten (Bremgarten - Dietikon Bahn) und zweiten Besitzer (Biel - Täuffelen - Ins Bahn). Nach Ablieferung des neuen Rollmaterials wurde er bei der NStCM auf B 341 umnummeriert und mit einer Vielfachsteuerleitung ausgerüstet auch im Pendelzugsverkehr eingesetzt.
Ankunft auf dem Bahnhofplatz Nyon
Beim nächsten Besuch war dann das neue Rollmaterial im Einsatz. Wir sahen das mit gemischten Gefühlen; einerseits vermissten wir die vertrauten alten Fahrzeuge, waren aber andererseits glücklich, dass die Bahn schlussendlich überleben konnte. Nachdem sich die Einsatzzeit dieser "neuen" Fahrzeuggeneration mittlerweile auch langsam dem Ende zuneigt, zeige ich hier noch einige entsprechende Bilder. Einmal mehr erfolgt unser Besuch an einem Winterwochenende, diesmal am 23. Februar 1986. Leider erfordert das Wetter einmal mehr keinen Grosseinsatz. Nebst dem neuen Pendelzug hat sich in La Givrine auch sonst einiges geändert was den Gleisbau und vor allem auch die Fahrleitung anbetrifft.
Das gleiche kann vom Bahnhof St-Cergue berichtet werden, wo nebst Gleisanlage und Fahrleitung auch eine neue Fahrzeugremise entstanden ist.
In der Endstation La Cure begegnen wir einem mit Be 4/4 202 + Bt 301 + Bt 303 gebildeten Dreiwagenzug. Echte Zwischenwagen sind mit Ausnahme der adaptierten und vorhin erwähnten Occasionsfahrzeugen nicht vorhanden.
Am 12. Januar 1991 steht in Nyon ein Pendelzug mit Be 4/4 205 und Bt 305 bereit. Die frühere Baumreihe ist verschwunden und wurde durch einen niederen Bahnsteig ersetzt. Noch nicht ganz behindertengerecht, aber doch bei weitem nicht mehr eine Kletterei wie in früheren Tagen.
Zum Abschluss folgt noch ein Farbbild aus St-Cergue, bei welchem der nachbestellte und einzige Triebwagen mit Gepäckabteil BDe 4/4 311 zu sehen ist. Das Datum ist der 15. Januar 2005, als ich von meinem damaligen Domizil in Kanada zu einem Besuch in der Schweiz weilte und natürlich auch der NStCM wieder einmal einen Besuch abstattete.
Ganz zum Schluss lohnt sich noch ein Fahrplanvergleich aus alter und etwas neuerer Zeit. Im Kursbuch von 1962 (wenige Jahre nach Einstellung des französischen Teilstücks) ist der Fahrplan noch sehr dürftig mit langen "Zeitlöchern" zwischen zwei Zügen. La Cure wurde beispielsweise an Werktagen lediglich von 4 Zügen bedient.
Schon ganz anders sah es dann in den Jahren 1992/93 aus:
Der aktuelle Fahrplan von 2021 ist schlicht zu umfangreich zur Publikation! Es ist absolut undenkbar, was bei einer Umstellung auf Busbetrieb geschehen wäre!
Damit bin ich am Ende meiner Berichterstattung über die NStCM. Diese Bahn wird mir immer nahe am Herzen liegen und ich hoffe, diese auch den HiFo-Lesern etwas näher gebracht zu haben!
Beste Grüsse, Hans
Meine bisherigen HiFo-Beiträge: [
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