Hallo interessiert Eisenbahnfreunde,
aus aktuellem Anlass gibt es jetzt noch einen Stellwerks-Beitrag über Lindau. Zum einen, weil vor einigen Wochen das dortigte Stellwerks-Equipment auf modernste EStw-Technik umgestellt wurde und zum anderen, weil dank Corona der Urlaub an der Nordsee ausfallen musste und deshalb Zeit für einen Beitrag über war.
Vor gut 25 Jahren waren wir öfter mal am Bodensee unterwegs und dabei habe ich mir die Lindauer Bahnanlagen etwas genauer ansehen können.
Ein Plan mit der Übersicht über die Betriebsstellen:
Das Zentrum hierbei bildet Lindau-Hbf, ein Kopfbahnhof auf der Halbinsel Lindau. Das dortige Fahrdienstleiter-Stellwerk "Lf":
Dort hing ein Plan vom Stellbezirk aus:
Von rechts, also von Norden, münden hier die beiden Strecken von und nach Ulm und von und nach Bregenz ein. Letztere ist mit Oberleitung nach Österreichischer Bauart elektrifiziert und 3 Gleise im Bahnhof waren so ausgerüstet. In Lindau waren also viele österreichische E-Loks zu sehen und auch schweizer Loks kamen regelmäßig hierher. Bei internationalen Zügen war immer ein Lokwechsel erforderlich, was die Betriebsführung relativ umständlich machte.
Auf "Lf" befand sich ein S&H-1912-Hebelwerk:
Interessanterweise waren die Fahrstraßensignalhebel und Weichenhebel in zwei gegeneinander versetzten Hebelwerksstößen angeordnet, wobei die Fahrstraßenschubstangen natürlich durchliefen. So eine Anordnung habe ich nur in Lindau angetroffen. Rechts der Streckenblock mit den 4 Blockfeldern. Auch noch auffällig: die gelben Teilfahrstraßenhebel. Außerdem war eine Belegeinrichtung eingebaut, die von den Fahrstraßensignalhebeln gesteuert wurde. Die konnte natürlich eine Gleisfreimeldeanlage nicht ersetzen, so dass der Fahrdienstleiter trotzdem die Fahrwegprüfung durch Augenschein vornehmen musste.
Eine Detailaufnahme des Hebelwerks:
Auf "Lf" arbeiteten damals ein Fahrdienstleiter und ein Weichenwärter.
Im Bahnhof gab es noch das Stellwerk "Ls", das bei einigen Zugfahrten mitwirken musste. Das Stellwerk ist mir aber auch nicht weiter aufgefallen und ich habe auch keine Aufnahmen davon.
Noch ein Foto von draußen mit einem Überblick über die Gleisanlagen:
Fuhr man von Lindau aus in Richtung Österreich ab, gelangte man nach kurzer Fahrt über den Bodenseedamm zu dem Güterbahnhof Lindau-Reutin. Dort konnte ich zwischen 1992 und 1997 die Stellwerke "Lrf", "Lrw" und "Lrm" besuchen. Das Fahrdienstleiterstellwerk "Lrf" war recht unfauffällig in dem Gebäude links untergebracht:
Auf "Lrf" befand sich ein Befehlswerk der Bauart Bruchsal J zur Befehlsabgabe an die angschlossenen Wärterstellwerke:
Eine solche Konstellation war früher wohl häufiger. In alten Berchten ließ man öfter davon, dass eine Befehlsstelle im Empfangsgebäude untergebracht war, die die Befehle an die Wärterstellwerke an den Bahnhofsenden abgab. Aber das wurde fast überall im Laufe der Zeit umgebaut und man verzichtete auf eine eigene Befehlsstelle und brachte den Fahrdienstleiter in einem der Endstellwerke unter.
Die Bedienung lief wie folgt ab: Bei einfahrenden Zügen legte der Fahrdienstleiter den entsprechenden Fahrstraßenhebel um und gab den Befehl mit der Felderblockanlage an das Signalstellwerk am Bahnhofsende. Das Stellwerk am jeweiligen Ende der Fahrstraße gab dann nach der Fahrwegprüfung Zustimmung an das Signalstellwerk, dass dann sein Signal bedienen konnte. Bei ausfahrenden Zügen waren nur der Fahrdienstleiter und das Signalstellwerk beteiligt.
Auf der Westseit regelte das Stellwerk "Lrw" den Betrieb:
Der Stellbezirk von "Lrw"
und die Stellwerkseinrichtung:
Das war ein mechnisches Stellwerk der Bauart Krause. Sehr markant ist das offene Verschlußregister. Die Abhängigkeiten zwischen den Weichen-, Fahrstraßen- und Signalhebeln lassen sich unmittelbar erkennen. Der Felderblock wurde vermutlich nachträglich eingebaut, ebenso die elektrische Fahrstraßenfestlegung. Die Zustimmungsabgabe erfolgte elektrisch per Tastendruck von einem besonderen Bedienkasten.
Noch eine Detailaufnahmen:
und noch ein Blick draussen auf die Ausfahrsignalgruppe. Im Hintergrund sind man das Gleis von und nach Abzw Lindau-Aeschach abzweigen.
Für die Ostseite war Stellwerk "Lrm" zuständig:
Die Stellwerkseinrichtung:
Da war eigentlich alles wie bei "Lrw"
Als letztes Stellwerk in diesem Beitrag kommt dann die Abzw Lindau-Aeschach an die Reihe, die in diesem schmucken Gebäude untergebracht war:
Das war ein ganz normales Einheitsstellwerk:
Der Lageplan:
Jedenfalls sehr viel Fahrmöglichkeiten für so ein kleines Stellwerk.
Die vorgestellten Stellwerke gingen alle in der Zeit vom 25.02. bis 29.02.2020 außer Betrieb. Weiter Arbeiten sind geplant: Der jetzige Lindau-Hbf soll zu einem Regionalbahnhof mit reduzierter Infrastruktur herabgestuft werden, während der Fernverkehr über Lindau-Reutin geleitet werden soll. Aber das ist noch Zukunftsmusik.
Wie immer freue ich mich über eure Kommentare, Ergänzungen, Korrekturen usw..
Und hier noch der Link zu den anderen Stellwerksbeiträgen: [
www.drehscheibe-online.de]
Dann kommt man alle gut durch die Corona-Zeit und Gruß von
Kay!