Am 31. Mai 1869 wurde der erste Abschnitt der Murgtalbahn von Rastatt nach Gernsbach eröffnet. Da dieses 150jährige Jubiläum bislang weder in der Fachpresse noch durch irgendwelche Veranstaltungen vor Ort gewürdigt wurde, soll es doch zumindest hier im Hifo Erwähnung finden.
Die Zurückhaltung vor Ort ist in Gernsbach möglicherweise mit dem in diesem Jahr stattfindenden 800-Jahre-Stadtjubiläum zu erklären. In Rastatt und Gaggenau, mit ihren großen Werken der Daimler AG, dürfte die Motivation, die Bahn zu feiern, auch recht gering gewesen sein. Zudem ist die parallel zur Murgtalbahn verlaufende B 462 als Pilotprojekt für die Ausstattung von Straßen mit Oberleitung für LKW auserkoren, ein weiterer möglicher Grund eine elektrifizierte Eisenbahnstrecke nicht zu feiern. E-Mobilität ist eben ein Thema der Automobilindustrie.
Nach diesen Ab- und Ausschweifungen aber wieder zurück zum Thema: Über die Geschichte der Murgtalbahn sind ja schon etliche Publikationen erschienen, auch bei Wikipedia gibt es einen kostenlosen Überblick über die Geschichte der Murgtalbahn: [
de.wikipedia.org]
Der Bau der 58 km langen Murgtalbahn Rastatt – Freudenstadt zog sich über 59 Jahre hin. Nach der Eröffnung des ersten Abschnitts Rastatt – Gernsbach, folgte am 1.Mai 1894 der Abschnitt bis Weisenbach und am 15.6.1910 war Forbach erreicht. Fünf Jahre später war dann Raumünzach mit seiner Baustelle für die Schwarzenbachtalsperre angeschlossen. Auf der württembergischen Seite war bereits am 20. November 1901 der Abschnitt Freudenstadt – Klosterreichenbach eröffnet worden. Es sollte aber bis zum 13. Juli 1928 dauern, bis die Lücke zwischen Baden und Württemberg geschlossen werden konnte. So, und jetzt kann keiner mehr sagen, dass früher alles besser war!
Neben der außergewöhnlich langen Bauzeit der Gesamtstrecke, erscheint mir noch erwähnenswert, dass der Abschnitt Rastatt – Gernsbach – Weisenbach zwar von der Murgtal-Eisenbahn-Aktiengesellschaft gebaut worden war und auch deren Eigentum war, der Betrieb aber von Anfang an von der Großherzoglich Badische Staatseisenbahn durchgeführt wurde. Erst 1904 kaufte das Großherzogtum Baden die Strecke für rund 1,6 Mio Mark.
Die Bauzeit für die 15 km lange Strecke betrug nur neun Monate, ein Indiz dafür, dass der Abschnitt keine besonderen topografischen Herausforderungen stellte. Und so ist es auch, dieser Abschnitt ist relativ langweilig.
In Rastatt beginnt die Murgtalbahn, seit jeher beginnen (und enden) die Züge der Murgtalbahn aber in Karlsruhe. 218 166 hat am 21. Februar 1975, von Karlsruhe kommend, Rastatt erreicht und wird gleich ihre Fahrt ins Murgtal beginnen.
Kreuzung in Kuppenheim. Zwischen Kuppenheim und Bad Rotenfels liegt die Bahnstrecke direkt neben der Murg, nur durch einen Hochwasserdamm getrennt. 218 152 wartet am 20. September 1974 mit dem E 3601 auf einen entgegenkommenden Zug.
Heute muss kein Zug mehr in Kuppenheim einen Kreuzungsaufenthalt einlegen, da im Zuge der Elektrifizierung der Abschnitt Kuppenheim – Bad Rotenfels zweigleisig ausgebaut wurde. Betrieblich interessant ist, dass dies eigentlich keine zweigleisige Strecke ist, sondern ein Bahnhof. Der Bahnhof Bischweier, ehemals ein Haltepunkt, mit seinen Bahnhofsteilen Kuppenheim, Bad Rotenfels Schloß und Bad Rotenfels ist somit 4,2 km lang. Am 12. Juni 2002 war eine dreiteilige Stadtbahngarnitur in diesem langen Bahnhof unterwegs.
Gaggenau, mit knapp 30 000 Einwohnern, ist die industrielle Metropole des Murgtals, wobei das Getriebe- und Achsenwerk der Daimler AG mit 6500 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber der Stadt und der größte Industriebetrieb im Schwarzwald ist. Dieses Werk sorgte vor allen in den Zeiten als dort noch der „Unimog“ gebaut wurde für ein hohes Frachtaufkommen auf der Schiene. Am 27. Juni 1973 war der Bahnhof in einem größeren Umbau begriffen. 212 213 hatte mit einem Schülersonderzug Gaggenau erreicht und die Kinder schicken sich an, den Zug (und die Lokomotive !!!) zu verlassen. Schülersonderzüge, in den 1970er Jahren, insbesondere im Murgtal, recht häufig anzutreffen, sind auch völlig aus der Mode gekommen. Eigentlich war die Murgtalbahn ja die Domäne der Baureihe 213, ab 1972 dann die der Baureihe 218; Karlsruher 212 kamen jedoch recht häufig auf dem nördlichen Teil vor Sonderleistungen zum Einsatz.
Seit Juni 2002 ist die Murgtalbahn elektrifiziert und in das „Karlsruher System“ integriert. Seitdem bestimmen sie 2-System-Stadtbahnwagen der AVG das Bild. Gaggenau ist ein moderner Haltepunkt geworden. Die Fahrgäste belohnen das hervorragende Angebot, mit dem Ergebnis, dass sich die Fahrgastzahlen seit Einführung des Stadtbahnbetriebs verfünffacht haben.
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