Hallo HiFo-Freunde,
heute müßt ihr stark sein, denn leider kann ich euch die Horrorbilder vom Untergang des
Bahnbetriebswerkes Kirchenlaibach nicht ersparen, um meine Beitragsreihe abzuschließen.
Für einen Blick auf bessere Zeiten oder falls jemand einen Teil übersehen hat, hier zunächst
die entsprechenden Links für die ersten fünf Teile:
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5
Bei den vielen Aktivitäten in Sachen Eisenbahn aus der Dampfzeit würde man sich natürlich
schwer tun, sich an jede einzelne Tour zu erinnern. Da zahlt es sich aus, wenn man eine
Club-Chronik geführt hat, in der man auch nach Jahrzehnten noch nachlesen kann, was die
jungen Kerle seinerzeit so getrieben haben (auf dem Gebiet der Eisenbahn, wie gesagt :-)).
Ich war selbst verblüfft und hatte mich schon gewundert, daß beim nächsten Besuch in
Kirchenlaibach am 18.4.75 nur ein einziges Bild entstand. An diesem Tag führte ich nämlich
etwas ganz anderes im Schilde, wie ich gerade nachgelesen habe. Ich wollte einen S8-Film
über Schrottloks drehen und fuhr deshalb nach Grafenwöhr. Quasi nur so nebenbei schaute ich
bei der Gelegenheit zuerst in Kirchenlaibach vorbei, knipste aber nichts, weil ich keine einzige
Lok unter Dampf antraf. Erst auf dem Rückweg von Grafenwöhr fiel mir auf, daß plötzlich aus
dem Lokschuppen Rauch aufstieg. Ich stellte fest, daß dieser von 050 253 stammte, die erst
vier Tage zuvor von Schwandorf nach Bayreuth umbeheimatet worden war. Da das Foto die
Negativ-Nummer 37 trägt, war danach mein Negativfilm zuende und vermutlich hatte ich gar
keinen Ersatzfilm dabei, um mehr Bilder machen zu können. Schande über mich!
Bild 1
Der Besuch im Bw Kirchenlaibach am 1. Mai 1975 war eigentlich auch nur die Folge der
Suche nach der nützlichen Gestaltung eines angebrochenen Nachmittages, nachdem ich
an den Strecken Bayreuth – Warmensteinach und Neusorg – Fichtelberg Aufnahmen
gemacht hatte. Bei der Gelegenheit lenkte ich meinen NSU zunächst nach Immenreuth,
denn immer wieder hatte ich zuvor gelesen, daß dort ausgemusterte Loks abgestellt seien.
Und genau so war es auch. Immerhin sechs ehemalige Kirchenlaibacher 50er rosteten hier
auf dem Abstellgleis vor sich hin:
50 1428, 50 1511, 50 2241, 50 3133, 50 1954 und 50 1210
Bild 2
Von der anderen Seite sah das so aus:
Bild 3
Von einem Damm aus machte ich noch einige Bilder aus erhöhter Position. Auf dem
Foto, das ich ausgewählt habe, sieht man, daß man „meine“ 50 1210 auch schon ihres
Tenders beraubt hatte, was auf der Aufnahme zuvor gar nicht aufgefallen war.
Bild 4
Beim anschließenden Besuch im Bw Kirchenlaibach fand ich acht 50er vor, von denen vier
unter Dampf standen. Außerdem war immer noch die ausgemusterte Hofer 50 1889 abgestellt.
Sie ist auf dem folgenden Bild rechts zu sehen. Auf den ersten Blick sieht es aus wie sieben
Jahre zuvor: eine 50er mit Kabinentender bei der Feiertagsruhe. Es handelt sich um die 050 186,
die erst zwei Monate zuvor, am 27.2.75, von Schwandorf hierher umbeheimatet worden war.
Von ihr findet sich auch ein Schild mit der alten Nummer in meiner Sammlung. Links steht
übrigens 050 402, die sogar schon die Ostsee gesehen hatte, wie wir im letzten Teil gelernt
haben.
Bild 5
Die von Hof am 13.1.75 nach Bayreuth umbeheimatete 052 945 versteckte sich im Lokschuppen.
Aber auch dort konnte sie ihrer Abstellung am 25.6.75 nicht entgehen.
Bild 6
Das letzte an diesem Tag geschossene Foto zeigt das Vorderteil der 052 491, die sieben Monate
später noch nach Lehrte abgegeben wurde und dort tatsächlich noch ein halbes Jahr überlebt hat,
gesehen durch die 051 356 im Vordergrund, deren Schicksal am 31.7.75 besiegelt war.
Bild 7
Der Fahrplanwechsel am 1.6.75 sollte ursprünglich den Kirchenlaibacher 50ern den Garaus
machen, aber zunächst einmal dampfte es munter weiter. Dank Grafenwöhr-Truppenübungsplatz
waren sie anscheinend nach wie vor unentbehrlich. Auch vor Arbeitszügen durften sie sich noch
nützlich machen, teilweise quasi direkt vor meiner Haustüre, wovon ich schon mal hier im Forum
berichtet habe. Ende August 1975 schien aber, zumindest auf der Strecke 810, endgültig Schluß
zu sein mit dem Dampfbetrieb. Keine einzige Dampflok gibt es mehr in meinen Streckennotizen.
Die Dgms sahen mittlerweile so aus wie beispielsweise am 25.10.75, als ich 211 300 und 218 317
fotografierte:
Bild 8
Es war also an der Zeit, in Kirchenlaibach mal wieder nach dem Rechten zu sehen, was ich auch
tags darauf machte. Der Schock saß tief, als ich feststellte, daß dort keine einzige Lok mehr unter
Dampf stand. Schlangen von abgestellten Loks. Und der Hammer war, daß man auch noch
Maschinen aus Weiden hierher geschleppt hatte, was den Eindruck noch verschlimmerte.
Die folgende 3er-Reihe bestand aus:
050 402, 050 186, 050 484
Bild 9
Dieselbe Reihe von der anderen Seite, d.h. mit der Weidener 050 484 vorne:
Bild 10
Ferner gab es eine Schlange, die zur Hälfte aus Jumbos bestand. Ich habe folgende Nummern
notiert: 044 657, 044 118, 052 569, 044 618, 050 185, 052 794.
Bild 11
Wer genau hingesehen hat, dem ist vielleicht folgende Ungereimtheit aufgefallen: 050 185
wurde am 6.6.75 von Mayen nach Stolberg umbeheimatet und von dort am 16.3.76 noch nach
Lehrte! Es könnte sich also vielmehr um die 052 185 gehandelt haben, aber die war angeblich
am 6.3.75 von Bayreuth nach Ulm umbeheimatet und dort am 3.6.75 z-gestellt worden. Hatte
diese Umbeheimatung am Ende nie stattgefunden? Die Nummern waren jeweils ziemlich klein
am Führerstand angeschrieben und dick durchgestrichen. Da hätte ich schon mal 050 und 052
verwechseln können, 051 185 kommt ohnehin nicht in Betracht.
Auf den Strahlengleisen stand zum Beispiel die 050 591 z ohne Vorräte:
Bild 12
Einzige betriebsfähige, aber auch kalt abgestellte Lok, war die 052 491 (links von ihr 218 312,
rechts 050 253 z):
Bild 13
Warum hatte man 052 491 noch verschont? Hierzu las ich später im EK 1/76:
„052 491, letzte einsatzfähige 50 des Bw Bayreuth/Ast.Kirchenlaibach und der BD Nürnberg,
erbrachte ihre letzten Zugleistungen in Bayern am 6. und 7. Dezember 1975: an beiden Tagen
beförderte sie einen Jubiläumszug (140 Jahre Eisenbahn in Deutschland) von Fürth Hbf nach
Nürnberg Hbf über Nürnberg Rbf und N.-Dutzendteich (Hinfahrt Nürnberg – Fürth mit
051 415 aus Crailsheim). Am Abend des 8. Dezember verließ sie das Bw Nürnberg Rbf mit
Ziel Lehrte, wo sie während der letzten Lebensmonate zwar weniger publikumswirksam, dafür
aber umso anstrengendere Dienste verrichten wird – Auch die BD Nürnberg ist damit dampffrei!“
050 497 war erst zwei Tage vor meinem Besuch, also am 24.10.75 z-gestellt worden. Wie man
sieht, ist auf ihrem Tender auch noch ein Berg Kohlen. Links von ihr stand 052 055, die am
selben Tag abgestellt worden war. Ja, aber die 218 312 rechts daneben, die fuhr noch eine
Weile…
Bild 14
Eine Überraschung war die B-gekuppelte Tenderlok „Stadt Nürnberg 2“, die ich im Lokschuppen
entdeckte. Was man mit ihr vorhatte, weiß ich bis heute noch nicht.
Bild 15
Das wars also mit dem Dampfbetrieb in Oberfranken und damit auch mit dem schönen
Bahnbetriebswerk Kirchenlaibach, aber so ohne weiteres wollte ich mich noch nicht damit
abfinden. Deshalb fuhr ich am 5.1.1976 noch einmal an den Ort des Grauens. Ich zitiere mal
wieder die Club-Chronik:
„Noch viel schlimmer als am 26.10.75 war die Situation zum Jahresanfang 1976 in Kirchenlaibach,
Neben dem Schuppen standen nur noch 050 497, ausgemustert, (mit Kabinentender!! warum hatte
man den jetzt noch getauscht?)…
Bild 16
… und 050 591, ausgemustert:
Bild 17
An der ehemaligen Bekohlungsanlage waren, von Osten her gesehen, noch folgende Loks abgestellt:
044 657, 044 118, 052 569, 044 618, 050 185 (Tender der 1356!), 052 794, 050 682, Kabinentender:
Bild 18
Über die 050 185 hatte ich mir schon lange den Kopf zerbrochen. Offensichtlich handelte es sich
dabei um die 051 356 mit falscher Anschrift. Auffallend war auch, daß genau 5 Loks, nämlich
050 253, 052 055, 050 484, 050 186 und 050 402 seit dem letzten Besuch verschwunden waren.
Sollte ich einen Schrottlokzug versäumt haben? Wie sich herausstellte, war dem nicht so. Offen-
sichtlich hatte man diese Loks aus unerfindlichem Grund nach Immenreuth geschleppt.“
Soweit der Eintrag in der Club-Chronik.
Ich habe von diesem Tag noch drei Bilder ausgesucht, zum einen von 218 317 neben 050 591,
rechts ist noch 050 682 zu sehen:
Bild 19
Das nächste Foto zeigt 050 682 hinter ihrem Tender neben der Besandung:
Bild 20
Schließlich noch ein Bild der neuen „Hausherren“ 218 317 und 218 211, rechts ist der Tender
der 050 591 zu sehen, im Hintergrund die ominöse 050 185. Man hatte irgendwie provisorisch
eine Infrastruktur für die Dieselgeneration geschaffen (siehe links), obwohl man sich wahr-
scheinlich darüber im Klaren war, daß das Bw Kirchenlaibach keine Zukunft mehr hatte.
Bild 21
Das unrühmliche Ende der Dampfloks konnte ich sozusagen hautnah miterleben, weil die
Kirchenlaibacher Loks fast ausnahmslos in Richtung Braunschweig / Jerxheim geschleppt
wurden und dabei auch bei mir vorbeikamen. Seltsamerweise war da nie eine der abgestellten
Weidener 44er dabei und ich habe auch in Grafenwöhr auf dem Schrottplatz nie einen Jumbo
gesehen. Wo sind die eigentlich zerlegt worden?
Eineinhalb Jahre später, am 30.5.77, sah ich mich das nächste Mal in der Gegend um. Am
Schrottplatz in Grafenwöhr stand als einzige Dampflok die 050 682 hinter ihrem Tender, so
wie auf Bild 20. Die Außenstelle Kirchenlaibach gab es noch. Den Lokschuppen nutzte
mittlerweile die IG 41 018 zum Unterstellen ihrer Museumslok, die ja erfreulicherweise bald
wieder einsatzfähig sein wird. Ich habe es nicht geschafft, offenbar hatte ich kein Stativ dabei,
vernünftige Aufnahmen zu machen. Nur eine habe ich dank massiver Bearbeitung einigermaßen
vorzeigbar hinbekommen:
Bild 22
Kurios war die Abstellung von 211 316, 211 315, 211 309 und 211 027 in einer Reihe
über die Drehscheibe. Wollte man damit verhindern, daß jemand die Drehscheibe
benutzte und die 41 018 klaut ? ;-)
Bild 23
Mehr Bilder entstanden im Bw nicht mehr, aber auf dem Bahnhof fiel mir ein Zug auf, den ich
so noch nie zuvor gesehen hatte. Der 211 063, die zwei Silberlinge und einen Steuerwagen in
Richtung Marktredwitz schieben sollte, hatte man noch eine komplette Nahverkehrsgarnitur aus
Gepäckwagen und drei Umbauwagen angehängt. Ob das planmäßig war? Ich stellte mir vor, daß
die 211 in ihrer Beschleunigung doch ganz schön gehemmt wurde.
Bild 24
Jahre danach …
Viele Jahre vergingen, ingesamt mehr als acht, bis ich mir mal wieder die Frage stellte, wie es
wohl mittlerweile in Kirchenlaibach aussehen würde. Anscheinend hatte ich gerade Urlaub und
konnte deshalb am Donnerstag, den 3.5.84 im Rahmen eines Familienausfluges „rein zufällig“
auch mal nach Speichersdorf fahren, um von dem bekannten Fußgängersteg aus ein paar Auf-
nahmen zu machen. Der Blick in Richtung des ehemaligen Bws war ernüchternd. Es waren nur
noch wenige Gleise übrig, Drehscheibe und Lokschuppen ausradiert und auch noch einige
andere Gebäude.
Bild 25
Die Pappeln hatten überlebt, nicht aber die anderen großen Bäume, weshalb der Blick frei
war zum Vulkankegel des Rauhen Kulm. Das Terrain der Drehscheibe wurde anscheinend
von einer Baufirma zum Abstellen von Bauwagen genutzt. Nach wie vor wurden im Bahn-
hof lange Reihen von Güterwagen abgestellt, Kühlwagen waren aber nicht mehr darunter.
Bild 26
Das nächste Bild zeigt, daß es offenbar noch Tfz-Umläufe gab mit Ausgangs- und Endbahnhof
Kirchenlaibach, denn es waren Abstellgleise und auch eine Tankstelle vorhanden, die auch
genutzt wurden. Ich möchte das Augenmerk auf das abgeschnittene Gleis mit dem Schneepflug
lenken. Der Prellbock war neu aufgestellt worden, aber direkt daneben steht ein Hektometerstein
mit der Auschrift 66.6 und da frage ich mich: ist der neu aufgestellt worden oder noch ein Relikt
aus besseren Zeiten. Auf älteren Aufnahmen habe ich ihn vergeblich gesucht.
Bild 27
Was mich damals sehr verblüfft hat, war die Bespannung eines Güterzuges in Richtung
Marktredwitz mit der 215 141 des Bw Aschaffenburg. Mittlerweile weiß ich, daß es gar nicht
so außergewöhnlich war und durchaus planmäßig.
Bild 28
Noch viel mehr Jahre danach…
Das dritte Jahrtausend war schon weit über sieben Jahre alt, als ich am 5. August 2007 einen
Abstecher nach Speichersdorf machte, aber was ich dort zu sehen bekam, das mußte doch erst
einmal verarbeitet werden. Daß der alte Fußgängersteg durch eine Fußgänger- und Radfahrer-
brücke mit Spirale auf der Bahnhofseite ersetzt worden war, habe ich als einzig Positives
registriert. O.k. daß seit der Grenzöffnung Russendiesel die Oberhand gewonnen hatten, wurde
auch noch hingenommen und auch fotografiert.
Bild 29
Ein einsamer 628 verzupfte sich in östlicher Richtung. Ich glaube, er bog ab in Richtung Weiden.
Aber was war mit dem riesigen Gleisfeld geschehen? Ausradiert und der Natur überlassen. Kein
einziger Güterwagen mehr. Kirchenlaibach war noch Kreuzungsbahnhof zweier Strecken, mehr
nicht.
Bild 30
Wenden wir den Blick weiter in Richtung Süden. Zwei Gütergleise noch, aber nichts mehr vom
Bahnbetriebswerk. Ein Rad- und Fußweg war angelegt worden zwischen ehemaligem Güter-
bahnhof und Bw, ansonsten war die Natur sich selbst überlassen, ein Refugium für Vögel und
Reptilien…
Bild 31
Einige Gebäude, darunter auch der Wasserturm, hatten Liebhaber gefunden, die sie restauriert
hatten. In memoriam …
Bild 32
Der Blick in westlicher Richtung: dort, wo zuletzt noch die einsame ausgemusterte 052 819
gestanden hatte, Schotterwüste mit vielen gelben Blumen. Rettet die Bienen …
Bild 33
Noch ein letzter Blick von unterhalb des Steges auf das Biotop, das aus dem Bahnbetriebswerk
Kirchenlaibach entstanden war. „DB Anlage. Betreten verboten“ ist kaum mehr lesbar, aber der
Hammer war ja folgendes: etwas rechts oberhalb der Bildmitte erkennt man bei genauem Hin-
sehen tatsächlich noch den Hektometerstein 66.6, der neben dem Prellbock mit dem Schneepflug
beim Besuch 1984 gestanden hatte (Bild 27) und es sieht sogar so aus, als wäre noch ein Stück
Schiene vorhanden gewesen.
Bild 34
Mittlerweile sind schon wieder 11 ½ Jahre vergangen und leider hatte ich jetzt vor der Fertig-
stellung des Beitrages keine Gelegenheit mehr, noch ein paar aktuelle Fotos zu machen. Inter-
essant wäre schon, wie es jetzt dort aussieht. Kann jemand was beisteuern?
Vielleicht erinnern sich vor Ort bald nur noch die Alteingesessenen: dort gab es mal ein
Dampflok-Bahnbetriebswerk …
Sentimentale Grüße vom
dampfgerd
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2019:03:16:10:40:38.