Endlich HiFo-reif – Der letzte Staatsbahndampf oder wie ich (wieder) zur Eisenbahn fand
Liebe HiFo-Leser,
seit vielen Jahren bin ich (meist) nur stiller Mitleser im HiFo, da ich erst vor gut zehn Jahren mit dem Fotografieren von Eisenbahnen begonnen habe. Jetzt ist es aber so weit, meine ersten Eisenbahnbilder sind zehn Jahre abgehangen (besser wurden sie dadurch nicht) und ich kann meinen ersten „echten“ HiFo-Bericht veröffentlichen. Es waren wie gesagt meine ersten Eisenbahnbilder und meinen heutigen Ansprüchen genügen sie bei weitem nicht mehr. Dennoch möchte ich euch erzählen, wie ich ausgerechnet an Weihnachten 2007 mitten in Myanmar eine zufällige Bescherung bekam, die meine Leidenschaft für Eisenbahn (wieder) weckte. Und da Myanmar nicht gerade zu den alltäglichen Eisenbahnländern gehört, möchte ich in diesem Beitrag zunächst eine Einführung in das Land und seine Eisenbahn geben. In weiteren Beiträgen werde ich mich dann noch dem rollenden Material und dem Signalwesen widmen. Viel Spaß beim Lesen.
Vorab noch drei kleine Hinweise, um möglichen Diskussionen vorzubeugen: Dieser Bericht beginnt mit zwei Kapiteln, die nicht die Eisenbahn als Schwerpunkt haben. Wer sich nicht dafür interessiert, sollte direkt zu Kapitel drei dieses Beitrags gehen, da beginnt dann der reine Eisenbahnteil.
Ich verwende bei geografischen Bezeichnungen meist immer die aktuellen Namen (z.B. Myanmar statt Burma, Yangon statt Rangoon, Ayeyawaddy statt Irrawaddy usw.), es sei denn der Name steht im historischen Kontext. Viele Medien, besonders in angelsächsischen Ländern, verwenden noch die alten Namen mit der Begründung, dass die neuen Namen den Bewohnern von der Militärjunta aufgezwungen wurden. Das mag in Teilen zwar stimmen, aber die Militärjunta hatte bezüglich der Umbenennung nicht (nur) ideologische Gründe, vielmehr liegen die neuen Namen viel näher an der tatsächlichen Aussprache. Und die Bezeichnung Myanmar ist schon viele Jahrhunderte alt, sie wurde schon von Marco Polo verwendet. Die Bezeichnung Burma stammt dagegen von den Briten, und die fragten sicherlich auch nicht die lokale Bevölkerung, als sie sich das Land im 19. Jahrhundert als Kolonie einverleibten und Burma nannten. Sowohl „Myanmar“ als auch „Burma“ leiten sich von der größten Bevölkerungsgruppe Myanmars, den „bamar“ ab.
Ich hege keinerlei Sympathien für die Militärjunta Myanmars, dennoch soll mich das nicht daran hindern, Berichte über das Land und seine Eisenbahn auf DSO einzustellen. Wir sind hier in einem Eisenbahnforum, ich freue mich also jederzeit über eisenbahnspezifische Diskussionen, Anmerkungen und Korrekturen.
1. Einleitung – Wie ich (wieder) zur Eisenbahn fand
Wie kam es also, dass an Weihnachten 2007 meine Leidenschaft für die Eisenbahn ausgerechnet im fernen Myanmar wieder aufflammte? Wer sich nicht dafür interessiert, kann gleich zum nächsten Kapitel springen.
Schon in frühen Jahren hatte mein Vater mir seine Modelleisenbahn vermacht. Anfangs ein reines Spielzeug, fand ich hierüber den Zugang zum realen Vorbild und interessierte mich vor allem dank meiner Herkunft für die ehemaligen Schmalspurbahnen Württembergs sowie die Eisenbahngeschichte im Südwesten Deutschlands. Mit 14 Jahren bekam ich dann einen eigenen Kellerraum und begann mit dem Bau einer größeren Anlage. Die wurde natürlich nie fertig und als ich nach dem Studium schließlich endgültig zuhause auszog, musste ich vorab meine Modelleisenbahnanlage abbauen, da meine Eltern in besagtem Kellerraum eine Sauna einbauen wollten. Meine erste, eigene Wohnung war im Gesamten etwa doppelt so groß wie der Kellerraum, an eine Modelleisenbahn war also nicht zu denken. Die Kisten mit der Modelleisenbahn verschwanden auf dem Dachboden meiner Eltern und ich verlor das Interesse an der Eisenbahn komplett. Stattdessen galt mein neues Interesse Asien, nachdem ich während des Studiums bereits zweimal in Singapur gearbeitet hatte. Dass es in Asien auch Eisenbahnen gab, hatte ich verdrängt (wenn ich damals gewusst hätte, was ich alles verpasse…).
Bild 1: Mittlerweile steht die Modelleisenbahn wieder im Keller. Echte Modelleisenbahner überkommt dabei das Grauen. Märklin-Metall-Gleis? Igitt! Radius 360mm? Geht mal gar nicht! E-Loks ohne Oberleitung? Spinnt der? Kunterbunter Fahrzeugpark irgendwo zwischen Epoche III und VI? Wo gibt’s denn sowas? Ist ja aber nur eine kleine Spielbahn für meinen Sohn, die Stadtkulisse im Hintergrund konnte ich von meiner alten Großanlage retten.
Im Jahre 2007 war ich dann mal wieder in Myanmar. Auf dem Weg in Richtung Süden machte ich in Bago Halt und nächtigte im Myanandar Hotel, ein leicht heruntergekommenes Etablissement mit stickigen, kleinen Zimmern direkt an der wichtigsten Straße des Landes und dennoch das mit Abstand Beste, was man seinerzeit in Bago finden konnte. An der Rezeption sprach mich der Rezeptionist Mr. Han an, ob ich morgen mit ihm eine Tempeltour durch Bago machen möchte. Er könne mich in alle Tempel schleusen, ohne dass ich Eintrittsgeld bezahlen müsse. Der Preis hörte sich vernünftig an, die Tempel wollte ich sowieso anschauen, und dass ich kein Eintrittsgeld bezahlen muss, kam mir auch zupass. Nicht, weil ich so geizig bin, sondern weil die US$-Eintrittsgelder der Touristen direkt in die Taschen der Militärjunta fließen. Stattdessen hinterlasse ich in jedem besuchten Tempel in Myanmar eine Spende. Die kommt direkt dem Tempel samt angeschlossenem Kloster sowie dessen vielfältiger sozialer Aktivitäten zugute. Also schlug ich ein.
Bild 2: Auch Buddha lackiert seine Fingernägel. An diesem Tempel in Bago (den Namen des Tempels habe ich inzwischen leider vergessen) stellte ich eine Frage, deren Antwort meine Leidenschaft für die Eisenbahn wieder entfachte.
So klapperten wir am nächsten Morgen auf Mr. Hans Moped die Tempel in Bago ab und kamen zwischenzeitlich ins Gespräch. Er erzählte mir, dass er sich hauptsächlich als Touristenführer verdingt. Da wir bis jetzt den ganzen Tag keinen einzigen Touristen gesehen hatten, fragte ich ihn, ob er davon leben könne. Ja, meinte er. Es kämen in der Hauptsaison doch öfters mal Touristen, denen er die Tempel zeigen würde. Ansonsten würde er hauptsächlich Eisenbahnfreunde herumführen. „Wieso Eisenbahn?“, fragte ich. „Na in Bago gäbe es die letzten aktiven Dampfloks Myanmars“, antwortete er. Moment Mal, wir schreiben das Jahr 2007 und es gibt Eisenbahnen, bei denen Dampfloks noch tagtäglich verkehren und zwar nicht im Museumsbetrieb? „Das muss ich sehen!“, rief ich leicht ungläubig. Sofort fuhr mich Mr. Han zum Betriebswerk und da stand doch tatsächlich eine YC beim Wasser fassen. Jahrelang schlummerte das Eisenbahnvirus in meinem Körper, das Immunsystem hatte es schon fast erfolgreich eliminiert. Und jetzt brach die Krankheit plötzlich mit einer Heftigkeit aus, die mich selbst überraschte. Sofort bezahlte ich die Gebühr für den Besuch des BWs in Höhe von 3$ und 500 Kyat. Die Reisepläne wurden sofort über den Haufen geworfen und Mr. Han und sein Moped die nächsten Tage für Dampflokverfolgungsjagden gebucht. Ich hatte keinerlei Streckenkenntnis, null Ahnung von Fahrplänen oder Loktypen und hatte mich noch nie mit Eisenbahnfotografie beschäftigt. Dementsprechend dürftig waren die Ergebnisse. Aber ich hatte Blut geleckt. Zurück in Deutschland suchte ich im Internet nach weiteren Infos zur Eisenbahn Myanmars und stieß so auch auf DSO. „The rest is history“, wie der Angelsachse gerne sagt. Auch wenn die Dampfherrlichkeit bei den Myanma Railways leider schon im April 2008 endete, DSO blieb und bald veröffentlichte ich auch dort im Auslandsforum meine Berichte (alle Links zu den DSO-Berichten, darunter auch dem allerersten, finden sich in meinem Inhaltsverzeichnis, das am Ende dieses Berichts verlinkt ist).
Bild 3: Mr. Han und sein Moped. Er ist die alleinige Ursache, warum ich im DSO Auslandsforum meine Berichte veröffentliche. Ihr könnt ihn jetzt lieben oder hassen, je nachdem, ob meine Berichte hier auf DSO bei euch Freude oder Missfallen verursachen.
Bild 4: Die Infektionsquelle für das Eisenbahnvirus, das mich bis heute heimsucht: mein allererster Blick in das kleine Betriebswerk von Bago. Dort stand mit YC 629 (1948, Vulcan Foundry 5606) doch echt eine betriebsfähige Dampflok. Und sie sollte nicht die Einzige sein!
Bild 5: Die fällige Besuchsgebühr in Höhe von 3 US$ und 500 Kyat für das Depot in Bago bezahlte ich natürlich gerne.
2. Myanmar – Ein bisschen Geographie und Geschichte
Bevor ich aber mit einer Zusammenfassung der Geschichte der Eisenbahn in Myanmar loslege, möchte ich eine kleine Einführung in Land und Leute geben. Wen das wiederum nicht interessiert, bitte zum nächsten Kapitel springen, ab da geht es dann nur noch um die Eisenbahn.
Myanmar steht mit 676.578 km
2 Landesfläche weltweit vor Afghanistan und hinter Sambia an 39. Stelle, in Sachen Bevölkerung steht es mit ungefähr 53 Millionen Einwohnern sogar an 25. Stelle. Das Land liegt ungefähr auf gleicher geographischer Breite wie Mexiko und grenzt an Bangladesch, Indien, China, Laos und Thailand. Das Klima ist feucht-subtropisch bis tropisch mit ausgeprägten Monsun-Zeiten. Das Land wird von drei Bergketten in Nord-Süd-Richtung durchzogen, die im Norden des Landes zusammentreffen, der höchste Punkt Myanmars ist mit 5.881m der Hkabo Razi im Norden des Landes. Zwischen den Bergketten gibt es weite Ebenen, die von mehreren großen Flüssen, u.a. des Ayeyawaddys durchflossen werden. Die beiden größten Städte sind Yangon (ca. 5,2 Mio. Einwohner) und Mandalay (ca. 1,2 Mio. Einwohner). Yangon war auch lange Zeit Hauptstadt des Landes, bis 2005 die Militärjunta in einer Nacht- und Nebelaktion die Hauptstadt mitten in den Busch Zentralmyanmars verlegte und den Ort Naypidaw („Stadt der Könige“) nannte. Rund zwei Drittel der Bevölkerung gehören zur größten Volksgruppe der Bamar, das restliche Drittel verteilt sich auf zahlreiche Minderheiten, die hauptsächlich in den Grenz- und Bergregionen des Landes leben.
Vor über 2.000 Jahren gründeten aus Tibet eingewanderte Volksgruppen (Vorgänger der Bamar) die ersten Stadtstaaten in Zentralmyanmar, die burmesische Sprache gehört zusammen mit dem Tibetischen zu den Hauptvertretern der Tibeto-burmanischen Sprachgruppe. In den nächsten Jahrhunderten bildeten sich immer wieder größere Königreiche, die aber meist recht schnell wieder verschwanden. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts umfasste das burmesische Königreich den Großteil der heutigen Landesfläche plus zusätzliche Gebiete im heutigen Indien. Letzteres führte zu vermehrten Konflikten mit den britischen Kolonialherren, die im ersten Anglo-Burmesischen Krieg (1824 – 1826) gipfelten, in dem ein Großteil der Küstengebiete (Arakan, Tenasserim) an die Briten gingen. Im zweiten Anglo-Burmesischen Krieg (1852) sicherten sich die Briten dann auch das weitläufige Ayeyawaddy-Delta. Der König des verbliebenen Restkönigreiches versuchte sich an Reformen und holte sich Berater aus anderen Kolonialmächten (vor allem aus Frankreich). Im Gegensatz zum benachbarten Königreich in Thailand war er aber nicht erfolgreich, im dritten Anglo-Burmesischen Krieg (1885) eroberten die Briten auch die restlichen Gebiete, die zusammen mit den zuvor eroberten Regionen als Provinz Burma dem Indischen Empire zugeordnet wurden.
Wie in anderen britischen Kolonialgebieten wurde auch in Myanmar das „divide & conquer“-Prinzip angewandt. Während die Bevölkerungsmehrheit der Bamar, die hauptsächlich in den fruchtbaren Ebenen lebte, mit relativ harter Hand geführt wurde, erhielten die Randgebiete, in denen hauptsächlich die Minderheiten lebten, weitgehende Autonomie. Die Briten brachten zwar wirtschaftlichen Fortschritt, allerdings waren die Kolonialherren insbesondere bei den Bamar verhasst, immer wieder gab es Aufstände. Die Briten lösten daher Burma aus dem Indischen Empire heraus und 1937 wurde Burma eigenständige Kronkolonie mit einem burmesischen Ministerpräsidenten (falls sich jemand für diese Zeit interessiert, dann kann ich das Buch „Burmese Days“ von George Orwell empfehlen, der in dieser Zeit als Polizeioffizier in Burma diente; das Buch liest sich etwas holprig, aber gibt einen guten Einblick in die damalige Zeit und gibt Gründe, warum das Britische Empire letztlich scheiterte). Nur wenige Monate nachdem die japanischen Truppen im Jahr 1942 für die Briten vollkommen überraschend in Malaysia landeten, eroberten die Japaner auch weite Teile Myanmars. Von hier aus wollten sie auf dem Landweg Indien erobern, was allerdings die hohen, mit dichtem Dschungel überwucherten Berge an der Grenze zusammen mit dem sich wendenden Kriegsverlauf verhinderten.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Burma wieder britische Kronkolonie, die burmesische Unabhängigkeitsbewegung unter Bogoyke Aung San (der Vater der auch hierzulande recht bekannten Friedensnobelpreisträgerin Aung San Su Kyi) erreichte dann aber bereits 1948 die Unabhängigkeit Burmas von Großbritannien, eine Mitgliedschaft im Commonwealth wurde strikt abgelehnt. Aung San erlebte die Unabhängigkeit übrigens nicht mehr, er wurde kurz zuvor von einem Rivalen erschossen. Mit der Unabhängigkeit wurde es aber nicht besser. Während sich die Bamar nun als die Nachfolger der Briten sahen und das ganze Land wieder zentral zu regieren versuchten, wollten die Minderheiten ihre Freiheiten aus der Kolonialzeit natürlich nicht aufgeben. Bürgerkriegsähnliche Zustände breiteten sich fast im ganzen Land aus, bis heute herrscht in manchen Teilen Nordmyanmars seit über 70 Jahren(!) mehr oder weniger Bürgerkrieg.
Anfangs des 20. Jahrhunderts gehörte die britische Kronkolonie Burma dank Reisanbau (damals größter Reisexporteur der Welt) und Teakholz zu den wohlhabendsten Gebieten des Britischen Empire, Mitte des 20. Jahrhunderts war das Land auf dem besten Weg, das ärmste Land Asiens zu werden. 1962 putschte schließlich das Militär, um das Land auf den „burmesischen Weg des Sozialismus“ zu bringen. Die Militärjunta isolierte das Land vom Rest der Welt und führte eine zentrale Planwirtschaft ein. Zentralmyanmar wurde nach und nach wieder von der Militärregierung kontrolliert, in den Randgebieten des Landes tobte aber weiter der Bürgerkrieg. Der erratische Militärherrscher Ne Win wurde zum Vorbild anderer Potentaten in Asien (Nordkorea, Turkmenistan). So ordnete er z.B. von heute auf morgen die Umstellung von Links- auf Rechtsverkehr an, nachdem ihm angeblich ein Wahrsager prophezeit hatte, dass er in Kürze bei einem Unfall auf der linken Straßenseite sterben würde. Noch heute haben praktisch alle Fahrzeuge in Myanmar das Steuer auf der rechten Seite, obwohl sie auch auf der rechten Seite fahren. Und da die Neun seine Glückzahl war, wurden Geldscheine mit durch neun teilbaren Nominalen eingeführt (9, 45, 90).
Im Westen geriet das Land in Vergessenheit, erst der brutal niedergeschlagene Volksaufstand 1988 rückte das Land wieder in den Fokus des Westens. Ne Win wurde von einem Militärrat abgelöst, der sogar freie Wahlen abhielt, die in einem erdrutschartigen Sieg der „National League of Democracy“ unter Führung von Aung San Su Kyi mündete. Daraufhin wurde Aung San Su Kyi unter Hausarrest gestellt und die Militärjunta regierte weiter mit eiserner Hand. Das Land wurde teilweise für Ausländer geöffnet, ansonsten blieb es aber bei der Abschottung. Während die umliegenden „asiatischen Tigerstaaten“ zu einem wirtschaftlichen Sprung ansetzten, verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage Myanmars zusehends. Eine Erhöhung der Benzinpreise 2007 führte dann zum nächsten Volksaufstand, der wiederum brutal und blutig niedergeschlagen wurde, im Jahr darauf starben beim Zyklon Nargis wohl mehr als 200.000 Menschen.
Im Jahre 2011 startete die Militärjunta dann urplötzlich erste politische und wirtschaftliche Reformen, zudem starteten Friedensverhandlungen mit Rebellengruppen, die teilweise erfolgreich (Karen), teilweise (noch) nicht erfolgreich waren (Kachin). Ende 2015 gab es dann halbwegs freie Wahlen, aus denen wiederum die „National League of Democracy“ als Sieger hervorging. Diesmal kannte das Militär das Wahlergebnis an. Da die noch unter Führung des Militärs entwickelte Verfassung Aung San Su Kyi die Übernahme des Präsidenten- oder Ministerpräsidentenamtes untersagt (sie war mit einem Briten verheiratet ), ist sie offiziell oberste „Staatsberaterin“. Die wirtschaftliche Öffnung des Landes hat zu einer Goldgräberstimmung geführt, von der aber nur einige wenige profitieren, das Militär hat im Hintergrund noch immer sehr viel Einfluss. Zuletzt geriet das Land aufgrund der brutalen Unterdrückung der Minderheit der Rohingya in der westlichen Provinz Rakhaing wieder in die negativen Schlagzeilen.
3. Die Geschichte der Eisenbahn in Myanmar
3.1 Der Bau des Stammnetzes (1869 – 1899)
Das vorteilhafte Klima Myanmars erlaubt bis zu drei Reisernten pro Jahr und in den Bergen gab es große Teakwälder und reiche Erzvorkommen. Die Ausbeutung der Ressourcen durch die britischen Kolonialherren wurde aber durch fehlende Transportwege (Straßen gab es so gut wie keine) praktisch unmöglich gemacht. Zwar gibt es zahlreiche Flüsse, die aber nur schwer schiffbar sind. In der Regenzeit sind es wilde Ströme, in der Trockenzeit fällt der Wasserstand dagegen extrem. Auf dem Ayeyawaddy pendelt der Pegel zwischen Regen- und Trockenzeit teilweise um mehr als 15 Meter!
So gab es Mitte des 19. Jahrhunderts erste Pläne zum Bau einer Eisenbahnlinie entlang des Unterlaufs des Ayeyawaddys, um die zahlreich entstandenen Reismühlen mit Kohle zu versorgen und im Gegenzug den Reis zum Hafen in Yangon zu transportieren. Daher wurde 1869 die „Irrawaddy State Railway“ gegründet, um eine 163 Meilen lange Eisenbahnlinie von Yangon (Rangoon) nach Pyay (Prome) zu bauen. Der Bau durch die komplett ebene Landschaft stellte keine große Herausforderung dar, kleinere Wasserläufe wurden mit Holzbrücken überwunden und billige Arbeitskräfte aus Indien ermöglichten einen schnellen Bau. Allerdings wurden während der Monsunzeit viele Abschnitte zerstört und höhere und breitere Dämme mussten errichtet werden. So verkehrte erst am 1. Mai 1877 der erste Zug zwischen Yangon und Pyay, als Spurweite hatte man ganz „unbritisch“ die inzwischen in Indien bewährte Meterspur gewählt. Auch alle weiteren Strecken Myanmars (abgesehen von privaten Plantagen- und Minenbahnen) wurden dann in Meterspur gebaut.
Der neuen Eisenbahn war insbesondere im Güterverkehr ein großer Erfolg beschert, er übertraf alle Erwartungen. Schnell kam daher der Wunsch auf, etwas weiter östlich entlang des Sittoung (Sittang) Flusses eine weitere Strecke Richtung Norden zu bauen. Neben wirtschaftlichen Gründen sprachen auch militärstrategische Gründe für den Bau, schließlich lagen Eroberungspläne für das im Norden noch vorhandene, burmesische Königreich in der Schublade der britischen Kolonialverwaltung. Daher wurde die „Sittang Valley State Railway“ gegründet, um eine 166 Meilen lange Strecke von Yangon über Bago (Pegu) nach Toungoo an der Grenze zum burmesischen Königreich zu bauen. Am 1. Juni 1885 erreichten die Schienen, wiederum in Meterspur, Toungoo, kurz darauf begann der dritte Anglo-Burmesische Krieg. Bis 1889 verlängerte man die Linie dann um 220 Meilen bis Mandalay, der ehemaligen Hauptstadt des inzwischen komplett eroberten, burmesischen Königreiches.
Eine weitere Verlängerung der Linie über Mandalay hinaus in den neu eroberten Norden des Landes wurde ebenfalls schnell geplant. So wurde die „Mu Valley State Railway“ gegründet, um eine 340 Meilen lange Eisenbahnlinie von Myomaung (an der Linie Yangon – Mandalay kurz vor Mandalay) nach Myitkyina zu bauen. Der Bau der Strecke begann an beiden Streckenenden sowie in der Streckenmitte. Schienen und Loks wurden mit Schiffen herangeschafft. Im nördlichen Abschnitt verläuft die Strecke abseits des Ayeyawaddy-Flusses durch hügeliges Bergland, so waren zum ersten Mal größere Kunstbauten notwendig. Der Ayeyawaddy wurde zwischen Amarapura und Sagaing mit einer Fähre überwunden, eine Brücke entstand hier erst 1934. Im Jahre 1897 konnte die Strecke dann auf gesamter Länge in Betrieb gehen, einzelne Teilabschnitte wurden bereits 1890 in Betrieb genommen.
Damit war das Stammnetz in Burma bereits fertiggestellt und hatte bereits eine Länge von mehr als 1.500km. In den weiteren Jahren erfolgte dann der Bau zahlreicher Stich- und Nebenstrecken. Der Abschnitt Yangon – Mandalay ist bis heute das Herzstück der Eisenbahn Myanmars, seit einigen Jahren ist er komplett zweigleisig ausgebaut. Mit rund 600km Länge dürfte es auch die längste zweigleisige Meterspurstrecke der Welt sein.
Bild 6: Der Bahnhof Pyuntaza an der Strecke Mandalay – Yangon. Seit dem Bau zur Kolonialzeit hat sich hier nicht viel verändert.
Bild 7: Auch der Bahnhof Nyaunglebin an der Strecke Mandalay – Yangon präsentiert sich noch weitgehend im Originalzustand, lediglich die Bahnsteigüberdachung ist jüngeren Datums. In dem Verhau hinter den Sandsäcken links vor dem Bahnhofsgebäude sitzt die Militärpolizei. Zum Glück hat sie mich (noch) nicht entdeckt.
Bild 8: Der Bahnhof Bago ist als letzter großer Bahnhof Myanmars bis heute mit britischen Formsignalen ausgestattet (angeblich sollen die Signale noch 2018 fallen). Die Briten begannen bereits vor dem Zweiten Weltkrieg mit der Installation von elektrischen Lichtsignalen, damals war Burma noch das mit Abstand modernste Land Südostasiens.
Bild 9: Formsignalparade an der nördlichen Bahnhofsausfahrt von Bago, rechts das mechanische Stellwerk.
Bild 10: Die Brücke über den Ayeyawaddy bei Sagaing. Erst 1934 ersetzte die Brücke den Trajektverkehr auf der nördlichen Stammstrecke.
Bild 11: Das Streckennetz der Eisenbahn in Myanmar im Jahre 1899.
Von | Bis | Länge (km) | Eröffnungs-
jahr | (Teil-)Eröffnungen________________________________________ | Bemerkungen | Yangon | Pyay | 258,92 | 1877 | 01.05.1877: Yangon - Pyay (161 Meilen)
| | Yangon | Mandalay | 619,9 | 1889 | 27.02.1884: Yangon - Bago (46,5 Meilen)
10.08.1884: Bago - Nyaunglebin (46,25 Meilen)
01.07.1885: Nyaunglebin - Toungoo (73,25 Meilen)
01.10.1888: Toungoo - Pyinmana (59 Meilen)
10.03.1889: Pyinmana - Mandalay (160,5 Meilen)
| andere Quellen haben teilweise etwas andere Teileröffnungsdaten. | Myomaung | Myitkyina | 570,8 | 1897 | ??.06.1892: (Mandalay) - Myomaung - Amarapura Shore (6 Meilen)
??.??.1934: Amarapura Shore - Sagaing Shore (3,25 Meilen)
01.07.1891: Sagaing Shore - Shwebo (52,5Meilen)
??.11.1893: Shwebo - Wuntho (99,25Meilen)
??.10.1893: Wuntho - Mohnyin (90 Meilen)
??.??.1897: Mohnyin - Mogaung (52,25 Meilen)
??.??.1890: Mogaung - Myitkyina (36,75 Meilen)
??.10.1893: Naba - Katha (15 Meilen)
| Die Streckenbau startete an mehreren Stellen gleichzeitig. Da die Strecke teilweise recht weit entfernt vom Ayeyawaddy liegt, wurde auf ca. halber Strecke eine kurze Stichstrecke von Naba nach Katha am Ufer des Ayeyawaddy gebaut. Der Abschnitt Amarapura Shore - Sagaing Shore wurde erst 1934 mit einer langen Brücke überwunden, bis dahin wurden die Züge per Trajekt über den Ayeyawaddy gebracht. | Thazi | Myingyan | 112,6 | 1899 | ??.??.1893: Thazi - Meiktila
??.??.1899: Meiktila – Myingyan
| Diese Strecke verbindet Thazi in Zentralmyanmar mit dem Ufer des Ayeyawaddy in Myingyan |
|
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1.567 |
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Tabelle 1: Die zwischen 1877 und 1899 in Burma eröffneten Strecken. |
3.2 Die erste Boom-Phase (1900 – 1918)
Mit der Eröffnung der Strecke nach Myitkyina war das burmesische Stammnetz bereits Ende des 19. Jahrhundert vollständig. Die Aufteilung des Netzes in drei voneinander unabhängige Gesellschaften verhinderte wie in Malaysia den weiteren Ausbau des Eisenbahnnetzes. Daher wurden die „Irrawaddy State Railway” (Yangon – Pyay), die “Sittang Valley State Railway” (Yangon – Mandalay) und die “Mu Valley State Railway” (Mandalay – Myomaung – Myitkyina) in der “Burma Railway Company”, einem “public undertaking” nach britischem Recht zusammengefasst.
Schon das gesamte 19. Jahrhundert kämpften Briten und Franzosen (und später auch die Deutschen) um Einfluss in China. Als Zugeständnis bekamen die Kolonialmächte Häfen an der chinesischen Küste (Hongkong, Amoy (Xiamen), Tsingtao (Qingdao)), das Hinterland Chinas blieb den Kolonialmächten allerdings zunächst verschlossen. Als die Franzosen Ende des 19. Jahrhunderts den Bau einer Eisenbahnlinie von ihrer Kolonie Indochina nach Yunnan im Südwesten Chinas ankündigten (einen ausführlichen
Bericht zur Geschichte der Yunnan-Bahn habe ich bereits vor ein paar Jahren im DSO Auslandsforum veröffentlicht), kamen die Briten in Zugzwang. Schnell entstanden Pläne zum Bau einer Eisenbahnlinie von Mandalay nach Yunnan, schließlich warteten in China ein großer Absatzmarkt für industriell gefertigte Produkte, viele Mineralerze und eine Masse billiger Arbeitskräfte. Gründe für den Bau gab es also genügend, die geographischen Hindernisse in Form hoher Berge und tiefer Schluchten, die dabei überwunden werden mussten, machten den Bau einer solchen Strecke allerdings sehr teuer und kompliziert. Schließlich entschieden sich die Briten für den Bau einer Strecke von Myomaung über Pyin Oo Lwin (Maymyo, ein dank des angenehmen Klimas in den Bergen bevorzugtes „hill resort“ der Briten) und Lashio zur chinesischen Grenze. Zur Überbrückung der mehr als tausend Meter Höhendifferenz in das Shan-Bergland wurden u.a. vier Spitzkehren angelegt und die Gokteik-Schlucht mit der damals höchsten Eisenbahnbrücke der Welt überwunden. Trotz der vielen Herausforderungen wurde nach gerade mal drei Jahren Bauzeit Lashio erreicht. Der Weiterbau geriet dann ins Stocken, bis heute ist Lashio der Endpunkt der Strecke. Die Franzosen waren erfolgreicher, die Yunnan-Bahn erreichte 1910 ihr Endziel in Yunnanfou (Kunming), der Verkehr auf der Yunnan-Bahn blieb aber weit unter den Erwartungen. Wohl ein weiterer Grund, warum die Briten den Weiterbau ihrer Strecke nach China nicht weiter forcierten.
Neben der Strecke in Richtung China entstand im Ayeyawaddy-Delta, der Reisschüssel Myanmars, westlich des Ayeyawaddys ein isoliertes Eisenbahnnetz, das nur über einen Trajekt Tharrawaw – Hinthada an das restliche Netz angebunden war. Erst vor wenigen Jahren erhielt dieses isolierte Netz mit der Fertigstellung der Eisenbahnstrecke westlich des Ayeyawaddys einen Anschluss an das restliche Netz.
Richtung Süden wurde ausgehend von Bago eine Stichbahn bis Mottama nördlich der Mündung des Salween-Flusses gebaut. Eigentliches Ziel, die Stadt Mawlamyaing (Moulmein) südlich der Mündung wurde ebenfalls erst vor einigen Jahren mit einer langen Brücke über den Salween-Fluss an das restliche Eisenbahnnetz angeschlossen, zuvor gab es hier ebenfalls nur Trajektverkehr.
Neben der langen Stichstrecke Richtung China, dem Streckennetz im westlichen Ayeyawaddy-Delta und der Stichstrecke nach Süden entstanden weitere, meist recht kurze Stichstrecken, um zusätzlichen Verkehr auf die Hauptstrecken zu bringen. Darunter fiel auch die zweite Stichstrecke hinauf ins Shan-Bergland von Thazi nach Aungban, wo es Kohlevorkommen gab. Wie auf dem Weg hinauf nach Lashio wurden auch hier vier Spitzkehren angelegt, nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Strecke noch weiter bis Shwenyaung verlängert.
Das Netz hatte damit zum Ende des Ersten Weltkriegs bereits eine Länge von über 2.500km. Zudem wurden mehr als 400 Anschlussstellen bedient. Insbesondere zur Erntezeit stand die Eisenbahn unter Volllast, so wurde die Strecke Yangon – Mandalay teilweise schon zweigleisig ausgebaut. Darüber hinaus gab es auch schon Straßenbahnnetze in Yangon und Mandalay, zudem wurden in großen Plantagen, Steinbrüchen und Minen Privatbahnnetze (meist in 762mm oder 610mm Spurweite) betrieben, darunter auch die spektakuläre „Namtu Mines Railway“ (über deren Geschichte werde ich bei Zeiten einen eigenen Bericht im Forum einstellen).
Bild 12: Der Bahnhof Myomaung. Hier zweigt die Bergstrecke nach Lashio von der Hauptstrecke Yangon – Mandalay ab.
Bild 13: Streckenkarte des Abschnitts zwischen Mandalay und Pyin Oo Lwin (Maymo) mit vier Spitzkehren.
Bild 14: Blick aus dem Zug über die dritte Spitzkehre zur Hügelkette, an deren Rückseite die ersten beiden Spitzkehren liegen.
Bild 15: Der Bahnhof Pyin Oo Lwin. Die Kutschen stehen übrigens nicht zur Zierde oder als nostalgische Reminiszenz am Bahnhof. Stattdessen wurde der öffentliche Nahverkehr in Pyin Oo Lwin im Jahre 2006 noch ausschließlich mit Pferdekutschen durchgeführt.
Bild 16: Streckenkarte rund um das Gokteik-Viadukt. Mittels Kehren wird auf beiden Seiten ein niedrigeres Niveau erreicht, das Viadukt selbst steht auf einer natürlichen Brücke. Die rot markierte Strecke ist eine Ausweichstrecke, die zwischen 1976 und 1978 gebaut wurde, als die Militärjunta die Sprengung des Gokteik-Viadukts durch Rebellengruppen befürchtete
Bild 17: Bilder vom Bau des Viadukts. Sie stammen aus der Broschüre zum 100-jährigen Jubiläum der burmesischen Eisenbahn 1977, daher bitte die mangelhafte Qualität entschuldigen.
Bild 18: Dieses Bild entstand kurz nach der Fertigstellung des Gokteik-Viadukts, es stammt ebenfalls aus der Broschüre zum 100-jährigen Jubiläum der burmesischen Eisenbahn.
Bild 19: Seitenansicht des Gokteik-Viadukts, seinerzeit die höchste Eisenbahnbrücke und größte Trestle-Brücke der Welt (689m lang, 102m Konstruktionshöhe, 250m über dem Talgrund). Der Bau erfolgte durch die Pennsylvania Steel Corporation, britische Firmen trauten sich den Bau damals angeblich nicht zu. Links unten neben dem Doppelpfeiler kann man das Viadukt der Ausweichstrecke erkennen.
Bild 20: Blick vom Gokteik-Viadukt auf die darunter liegende Ausweichstrecke.
Bild 21: Der erste Spitzkehrenbahnhof an der Strecke Thazi - Aungban.
Bild 22: Der Bahnhof Kalaw an der Strecke Thazi – Aungban. Kalaw war bei den britischen Kolonialherren ein beliebter Höhenluftkurort, um der Hitze des burmesischen Tieflandes zu entfliehen. Ähnliche Orte gab es ja auch in Indien (Darjeeling, Shimla).
Bild 23: Detailkarte des Streckenverlaufs hinauf in das Shan-Bergland (Strecke Thazi – Aungban).
Bild 24: Das Streckennetz der Eisenbahn in Myanmar im Jahre 1918. Blau und fett markiert sind die zwischen 1900 und 1918 neu eröffneten Strecken, die 1900 bereits bestehenden Strecken sind schwarz markiert.
Von | Bis | Länge (km) | Eröffnungs-
jahr | (Teil-)Eröffnungen________________________________________ | Bemerkungen | Ywataung | Alon | 113,4 | 1900 | ??.04.1900: Ywataung - Alon | Diese von der Hauptstrecke nach Myitkyina abzweigende Stichstrecke erschloss u.a. die Kupferminen bei Monywa. | Myomaung | Lashio | 286,2 | 1903 | 01.04.1900: Mandalay - Maymyo (Pyin Oo Lwin) (39,75 Meilen)
22.02.1900: Maymyo - Nawngkhio (33,5 Meilen)
01.07.1901: Nawngkhio - Hsipaw (53,5 Meilen)
01.03.1903: Hsipaw - Lashio (51,25 Meilen) | Ursprünglich war eine Verlängerung bis nach China geplant | Letpadan | Tharrawaw | 37,8 | 1903 | ??.??.1903: Letpadan - Tharrawaw | Diese Strecke verbindet den Trajekt von Hinthada auf der westlichen Seite des Ayeyawaddy mit der Strecke Yangon - Pyay. (Trajekt Tharrawaw – Hinthada Shore) | Bago | Mottama | 270,9 | 1907 | 25.09.1907: Bago - Mottama | Die gegenüber von Mottama liegende Stadt Mawlamyaing (Moulmein) wurde per Trajekt angebunden, erst vor wenigen Jahren wurde eine Eisenbahnbrücke gebaut, die Strecke wurde in mehreren Etappen in den Süden bis Dawei (Tavoy) verlängert. | Pathein | Kyangin | 240,8 | 1907 | ??.??.1901: Hinthada - Hinthada Shore (2,8 Meilen)
??.04.1903: Pathein - Hinthada (82,25 Meilen)
??.??.1907: Hinthada - Kyangin (64,75 Meilen) | Ab 1901 entstand westlich des Ayeyawaddys eine Strecke entlang des Flusses von Pathein (Hauptstadt des Ayeyawaddy-Deltas) bis hinauf nach Kyangin. Über eine kurze Stichstrecke in Hinthada sowie einen Trajekt über den Ayeyawaddy nach Tharrawaw wurde die isolierte Strecke an das restliche Netz angebunden. Erst 2010 wurde durch die Verlängerung der Strecke bis nach Pakokku dieses isolierte Teilstück mit dem restlichen Netz direkt verbunden. | Mla Hwa Gone | Bauktaw | 27 | 1911 | ??.??.1911: Mla Hwa Gone - Bauktaw (27km) | Diese Strecke im Stadtgebiet von Yangon wurde später zur Ringstrecke rund um Yangon erweitert | Thazi | Aungban | 112,6 | 1915 | ??.??.1912: Thazi - Payangazu (13,25 Meilen)
??.08.1914: Payangazu - Yinmabin (9,75 Meilen)
15.12.1914: Yinmabin - Kalaw (40 Meilen)
15.02.1915: Kalaw - Aungban (7 Meilen) | Diese Strecke ist neben der Strecke Myomaung - Lashio die zweite Strecke hinauf in das Shan-Bergland. Eine Verlängerung dieser Strecke nach China war nie vorgesehen. Die knapp 1.500 Höhemeter werden u.a. mit vier Spitzkehren und bis zu 4% Steigung überwunden, zudem wurde der damals längste Eisenbahntunnel in Burma kurz vor Kalaw angelegt. Später wurde die Strecke weiter verlängert. |
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Tabelle 2: Die zwischen 1900 und 1918 eröffneten Strecken der „Burma Railway Company“ |
3.3 Erste Rückschläge zwischen den Weltkriegen (1914 – 1941)
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte die “Burma Railway Company” mit zahlreichen Problemen zu kämpfen und geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Einerseits gingen die Verkehrsleistungen insbesondere im Güterverkehr stark zurück, da burmesische Produkte auf dem Weltmarkt nicht mehr so gefragt waren und gleichzeitig die Konkurrenz durch den Straßenverkehr zunahm, andererseits war insbesondere das rollende Material vollkommen veraltet. Daher wurden in großem Maße neue Lokomotiven (u.a. Garratts und Mallets) beschafft, die die Bilanz belasteten. Im Jahre 1928 wurde die “Burma Railway Company” schließlich aufgelöst und die gesamte Eisenbahn wurde unter dem Namen „Burma Railways“ direkt der Kolonialverwaltung unterstellt, wo die Bahn schnell zum größten Defizitverursacher im jährlichen Haushalt wurde.
Aufgrund der wirtschaftlichen Probleme wurden bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs nur wenige neue Strecken eröffnet oder bestehende Stichstrecken verlängert. So wurden die neuen Stichstrecken Da Wei Inn – Thongwa, Nyaunglebin – Madauk, Pyinmana – Kyaukpadang und Paleik – Myotha in Betrieb genommen, die Strecke Thazi – Aungban wurde bis Shwenyaung, Bago – Mottama bis Ye, Ywataung – Alon bis Ye-U und die Yangoner Vorortstrecke Mla Hwa Gone – Bauktaw bis Mingaladon Cantonment verlängert. Zudem wurde die bis dato nur per Trajekt erreichbare Nordstrecke Sagaing – Myitkyina samt angeschlossenen Stichstrecken durch den Brückenschlag über den Ayeyawaddy zwischen Amarapura und Sagaing an das restliche Bahnnetz angeschlossen. Insgesamt erreichte das Eisenbahnnetz damit zu Beginn des Zweiten Weltkriegs eine Länge von über 3.000km.
Bild 25: Der 1921 eröffnete Bahnhof Heho an der Strecke Thazi – Kalaw – Aungban – Shwenyaung.
Bild 26: Der Höhenunterschied zwischen Heho und Shwenyaung wird mit einem Kreisel überwunden.
Bild 27: Straßenansicht des Bahnhofs Shwenyaung, bis Mitte der 1990er-Jahre Endpunkt der Strecke durch das Shan-Bergland.
Bild 28: Karte des Streckenabschnittes Heho – Shwenyaung, der Kreisel zur Überwindung des Höhenzuges ist links zu erkennen. Die Verlängerung nach Taunggyi sowie die Stichstrecke nach Lawksawk wurden erst vor wenigen Jahren eröffnet.
Bild 29: Der Bahnhof Madauk, Endpunkt der kurzen Stichstrecke Nyaunglebin - Madauk.
Bild 30: Bis 2006 wurden die GmPs auf der Strecke Nyaunglebin – Madauk von YB- oder YC-Dampfloks gezogen, danach wurde die Strecke mit Triebwagen der Marke Eigenbau bedient.
Bild 31: Die Brücke über den Ayeyawaddy zwischen Amarapura und Sagaing.
Bild 32: Das Streckennetz der Eisenbahn in Myanmar im Jahre 1941. Blau und fett markiert sind die zwischen 1919 und 1941 neu eröffneten Strecken, die 1919 bereits bestehenden Strecken sind schwarz markiert, rot markiert sind Strecken, die zwischen 1919 und 1941 stillgelegt bzw. abgebaut wurden.
Von | Bis | Länge (km) | Eröffnungs-
jahr | (Teil-)Eröffnungen________________________________________ | Bemerkungen | Maungdaw | Buthidaung | 29 | 1919 | ??.??.1919 Maungdaw - Buthidaung | Die isolierte Strecke nahe der Grenze zum heutigen Bangladesch wurde aus militärstrategischen Gründen durch die "Arakan Light Railway" in 762mm Spurweite gebaut. Eingesetzt wurden trotz der schmalen Spurweite zwei Beyer-Garratt CC-Dampfloks (Beyer Peacock #5702 und #5703 1913) sowie eine C-Lokomotive (W. Bagnall #1900 1912). Richtig Sinn machte die Strecke nie, daher wurde sie schon sieben Jahre später stillgelegt, die Loks wurden wohl nach Indien verkauft. | Aungban | Shwenyaung | 45 | 1921 | ??.03.1921: Aungban - Heho (21 Meilen)
02.05.1921: Heho - Shwenyaung (7 Meilen) | Die bereits 1915 ausgehend von Thazi an der Hauptstrecke Yangon - Mandalay bis Aungban gebaute Stichstrecke wurde 1921 bis Shwenyaung verlängert. Um den Höhenunterschied zwischen Heho und Shwenyaung zu überwinden, wurde u.a. ein offener Kreisel angelegt. Die Umsetzung weiterer Planungen zur Verlängerung der Strecke wurden aufgrund der schwierigen geographischen Verhältnisse nicht verfolgt, erst Mitte der 1990er-Jahre wurde die Strecke schließlich weiter über Shwenyaung hinaus verlängert. | Mawlamyaing South | Ye | 92,1 | 1925 | ??.04.1924: Mawlamyaing South - Thanbyuzayat (35,25 Meilen)
??.04.1925: Thanbyuzayat - Ye (22 Meilen)
| Diese Strecke erschloss den Süden Myanmars. Da eine Überquerung des Salween Flusses an der Mündung bei Mawlamyaing (Moulmein) zu schwierig war, wurde im Süden Mawlamyaings ein neuer Bahnhof angelegt. Von dort gab es noch eine kurze Stichstrecke zum Flussufer, wo Züge per Trajekt nach Mottama übersetzen konnten. 1943 bauten die Japaner den Abschnitt Thanbyuzayat - Ye ab, um mit den gewonnenen Gleisen zwischen Thanbyuzayat und Thailand die berühmte Todeseisenbahn zu bauen. In den 1960er-Jahren erfolgte der Wiederaufbau, in den 1990er Jahren wurde die Strecke bis Dawei verlängert. Eines Tages soll die Strecke noch bis Myeik tief im Süden des Landes führen. | Bauktaw | Mingaladon Cantonment | 13 | 1926 | ??.??.1926: Bauktaw - Mingaladon Cantonment (13km) | Weitere Verlängerung der Vorortbahn in Yangon bis zum heutigen Flughafen. Die Ringschließung erfolgte dann 1959. | Alon | Ye-U | 80 | 1926 | ??.??.1922: Alon - Budalin
??.??.1926: Budalin - Ye-U | Die bereits 1900 eröffnete Stichstrecke von Ywataung nach Alon wurde bis 1926 nach Ye-U verlängert. 1943 bauten die Japaner die Strecke von Alon nach Ye-U ab. Erst im Jahre 2000 wurde die Strecke wieder aufgebaut und bis Khin-U an der Strecke Mandalay - Myitkyina verlängert. | Mandalay | Madaya | 27,3 | 1927 | ??.02.1927: Umspurung auf Meterspur | Diese nördlich von Mandalay verlaufende Strecke wurde von einer privaten Gesellschaft als "Light Railway" mit 762mm Spurweite gebaut. Nach der Insolvenz der Gesellschaft wurde die Strecke 1927 von den Burma Railways übernommen und auf Meterspur umgespurt. 1978 wurde der Abschnitt durch den ehemaligen Königspalast abgebaut, die somit isolierte Strecke erhielt erst 1990 im Zuge des Baus der Mandalay Circle Line wieder Anschluss an das Gesamtnetz. | Bago | Thongwa | ? | 1928 | ??.??.1922: Bago - Khayann
??.12.1928: Khayann - Thongwa | Diese Strecke erschloss das Gebiet zwischen Yangon und der Mündung des Sittoung Flusses. 1957 wurde die Strecke abgebaut, um mit dem Material andere Strecken, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden, wieder aufzubauen. Ende der 1990er-Jahre gab es Pläne zum Wiederaufbau, meines Wissens nach blieb es aber bei den Plänen. | Nyaunglebin | Madauk | 18,1 | 1929 | ??.08.1929: Nyaunglebin - Madauk | Diese kurze Stichstrecke verband die Hauptlinie Yangon - Mandalay mit dem Sittoung Fluss in Madauk. Es war die letzte Strecke mit planmäßigem Personendampfbetrieb in Myanmar, bis 2006 wurden die PmG-Züge von YB-Dampfloks gezogen. | Pyinmana | Kyaukpadang | 147,9 | 1930 | ??.04.1925: Pyinmana - Satthwa (57,75 Meilen)
??.12.1926: Satthwa - Taungdwingyi (9,25 Meilen)
??.??.1930: Taungdwingyi - Kyaukpadang (25 Meilen) | Ursprünglich sollte diese Stichstrecke ebenfalls bis zum Ayeyawaddy gebaut werden, die Überquerung der Bago Yoma Bergkette verzögerte aber die Bauarbeiten. 1925 war die Überquerung schließlich fertig, in den Folgejahren wurde die Strecke durch die Ebene bis Kyaukpadang verlängert, der Ayeyawaddy wurde aber nicht mehr erreicht. Die Japaner bauten die Strecke im Zweiten Weltkrieg ab, bis Ende der 50er Jahre wurde sie wieder aufgebaut und 1997 schließlich bis Myingyan verlängert. | Paleik | Myotha | 27,4 | 1930 | ??.??.1930: Paleik - Myotha (27,4km) | Ursprünglich als Verbindungsstrecke zwischen (Mandalay-) Paleik und Myingyan geplant, wurde nur das Teilstück bis Myotha gebaut. Im Zweiten Weltkrieg entfernten die Japaner die Gleise weitgehend. Erst 1991 wurde die Strecke wieder aufgebaut und ein Jahr später wie ursprünglich geplant bis nach Myingyan verlängert. | Amarapura | Sagaing | 5,2 | 1934 | ??.??.1934: Amarapura - Sagaing (3,25 Meilen) | Bis 1934 mussten Züge zwischen Mandalay und Myitkyina den Ayeyawaddy bei Sagaing mit einer Fähre überqueren. Erst 40 Jahre nach Inbetriebnahme der Strecke war auch die imposante Brücke über den Ayeyawaddy fertig. | Taungdwingyi | Magway | ? | ? | ? | Rund um Magway gibt es Ölquellen und manche Quellen besagen, dass es bereits vor dem Zweiten Weltkrieg eine Strecke gab ohne weitere Daten dazu zu erwähnen. Die heute existierende Strecke wurde erst 1999 gebaut. |
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413 + ?km |
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Tabelle 3: Die zwischen 1919 und 1941 eröffneten Strecken der „Burma Railway Company“ |
3.4 Die Eisenbahn Burmas im Zweiten Weltkrieg (1942 – 1945)
Im Jahre 1942 marschierten japanische Truppen in Myanmar ein und eroberten weite Teile des Landes. Die Briten versuchten noch, alles rollende Material immer weiter Richtung Norden abzuziehen, allerdings ohne Erfolg, da die japanischen Truppen auch schnell weite Teile der nördlichen Gebiete eroberten. Allzu große Zerstörungen gab es bei der Eisenbahn zunächst nicht. Die Japaner sahen Myanmar als Sprungbrett nach Indien, daher hatte der Bau strategischer Eisenbahnverbindungen höchste Priorität. Im Gegenzug wurden knapp 500km strategisch als nicht wichtig erachteter Strecken abgebaut (u.a. Abbau des zweiten Gleises auf der Hauptstrecke Yangon-Mandalay, Abbau der Streckenabschnitte Taungdwingyi – Kyaukpadang, Tadau-U – Myotha, Alon – Ye-U, Thanbyuzayat – Ye). Die abgebauten Gleise wurden größtenteils auf der sog. Todeseisenbahn (bekannt aus dem Buch und dem Film „The bridge on the River Kwai“) zwischen Thanbyuzayat in Myanmar und Ban Pong in Thailand wieder verwendet. Rund 111km der insgesamt 415km langen Strecke verliefen auf dem Gebiet Myanmars. Die Strecke wurde im Dezember 1943 in Betrieb genommen, die Eisenbahn Myanmars war damit zum ersten (und bis heute einzigen) Mal mit einem Eisenbahnnetz eines Nachbarstaates verbunden. Über die Strecke gelangten auch Loks aus Thailand, Malaysia, Kambodscha, Singapur und Indonesien nach Myanmar, im Gegenzug kamen auch Loks aus Myanmar nach Thailand, Malaysia und Singapur. Die Strecke wurde 1947 endgültig stillgelegt und auf der Seite Myanmars im Gegensatz zur thailändischen Seite nie wieder in Betrieb genommen.
Im Rahmen der Rückeroberungskampagne der Alliierten ab 1944 wurde das Eisenbahnnetz weitgehend zerstört, praktisch alle großen Brücken waren gesprengt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren von dem einst über 3.000km langen Streckennetz nur noch vier voneinander isolierte Teilnetze mit insgesamt 1.085km befahrbar. Große Teile des rollenden Materials wurden ebenfalls zerstört.
Bild 33: Die berühmte „Brücke am Kwai“, sie liegt allerdings auf dem thailändischen Streckenteil des „Todeseisenbahn“.
Bild 34: Das Streckennetz der Eisenbahn in Myanmar im Jahre 1945. Blau und fett markiert ist die zwischen 1942 und 1945 eröffnete Todeseisenbahn Thanbyuzayat- Payathouzu, die 1942 bereits bestehenden Strecken sind schwarz markiert, rot und fett markiert sind Strecken, die zwischen 1942 und 1945 stillgelegt bzw. abgebaut wurden.
Von | Bis | Länge (km) | Eröffnungs-
jahr | (Teil-)Eröffnungen________________________________________ | Bemerkungen | Thanbyuzayat | Payathouzu | 111,35 | 1943 | 25.10.1943 Thanbyuzayat - Payathouzu | Der burmesische Teil der berühmten Todeseisenbahn. Regelmäßigen Verkehr gab es nur bis 1945, anschließend wurde die Strecke noch vereinzelt zum Loktausch verwendet, 1947 wurde der burmesische Teil endgültig stillgelegt und abgebaut. | |
Tabelle 4: Die zwischen 1942 und 1945 während der japanischen Besatzungszeit eröffneten Strecken. |
Von | Bis | Länge (km) | Abbaujahr | Bemerkungen | Thanbyuzayat | Ye | 35,38 | 1943 | Die abgebauten Schienen wurden zum Bau der Todeseisenbahn verwendet. Der Wiederaufbau der Strecke erfolgte erst 1995 zusammen mit der Verlängerung nach Dawei. | Kyaukpadang | Taungdwingyi | 40,2 | 1943 | Die abgebauten Schienen wurden u.a. auch zum Bau der Todeseisenbahn verwendet. Der Wiederaufbau der Strecke erfolgte 1968. | Tada-U | Myotha | ??? | 1943 | Die abgebauten Schienen wurden u.a. auch zum Bau der Todeseisenbahn verwendet. Der Wiederaufbau der Strecke erfolgte 1991 zusammen mit der Streckenverlängerung nach Myingyan. | Alon | Ye-U | 80 | 1943 | Die abgebauten Schienen wurden u.a. auch zum Bau der Todeseisenbahn verwendet. Der Wiederaufbau der Strecke erfolgte 1999 zusammen mit dem Lückenschluss nach Khin-U. | |
Tabelle 5: Die zwischen 1942 und 1945 während der japanischen Besatzungszeit abgebauten Strecken. |
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