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<1876> Eine dritte Kernaul-Lokomotive?

geschrieben von: Pallaswiese

Datum: 10.01.19 00:46

Wie das so ist ...
auf der Suche nach etwas vollkommen Anderem stolpert man über einen vielleicht noch nicht umgedrehten Stein Eisenbahngeschichte. Eigentlich bin ich ja den Lokomotiven der Darmstädter Maschinenfabrik und Eisengießerei auf der Spur (dazu bald mehr an anderer Stelle). Bei der Durchsicht der Zeitschrift des Vereins Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen bin ich auf ein Zeugnis einer Bauunternehmung aus Manching bei Ingolstadt gestoßen, das eine Lokomotive beschreibt, die nicht den bisherigen zwei bekannten entspricht.

Jens Merte hat alles Bekannte schon zusammengefaßt, und so kann ich darauf verweisen.

Josef Kernaul war Werkstätten-Vorstand bei Krauß gewesen, und dort wurden solche Maschinchen hergestellt (1875, Seite 94):

https://www.walter-kuhl.de/dso2/Krauss_z_1875_94.jpg


Als er sich 1875 in Giesing selbständig machte, ist es wenig verwunderlich, wenn seine Lokomotiven dann so ausgesehen haben (1875, Seite 110):

https://www.walter-kuhl.de/dso2/Kernaul_z1_1875_110.jpg


Ich sag mal, er hat einfach die Druckplatte gespiegelt. Seine erste Lokomotive annoncierte er ebenfalls 1875, übrigens mit mindestens 17 Annoncen sehr ausgiebig (hier 1875, Seite 427):

https://www.walter-kuhl.de/dso2/Kernaul_z2_1875_427.jpg


Dies müßte dann die 1000 mm-Lok sein, die nach Slawonien gegangen ist. Die zweite Lok ging an die Oberhessischen Eisenbahnen, normalspurig. Das müßte diese hier ausgiebiger vorgestellte sein (1876, Seite 1065):

https://www.walter-kuhl.de/dso2/Kernaul_z3_1876_1065.jpg


Ende 1876 finden wir dann aber eine Lobpreisung einer 900 mm-Lok vor, die bislang unentdeckt geblieben war (1876, Seite 1310).

https://www.walter-kuhl.de/dso2/Kernaul_z4_1876_1310.jpg


Wieviele Lokomotiven bei Kernaul überhaupt entstanden, ist unklar. Heusingers Autoren schreiben 1882 im dritten Band, zweite Auflage, des Handbuchs für specielle Eisenbahn-Technik, es seien "keine 10" gewesen. Sprich: nichts Genaues wußte man schon damals nicht. Nun könnte Kernaul auch mit Krauss-Loks gehandelt haben, denn in Ingolstadt gab es 1875/76 mit G. Storch einen Abnehmer für zwei Lokomotiven. Nämlich Krauss #529, unbenannt, und Krauss #556, genannt Osiris. Daß Osiris wohl nicht Siegfried war, ist anzunehmen. Die #529 scheidet wohl auch aus, weil von 1875, und die Probefahrt war eindeutig 1876. Also vielleicht doch eine dritte Lok?

Die Abbildungen entstammen durchweg der Zeitschriftung des Vereins Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen von 1875 und 1876; (ergänzt:) die Vorlagen entstammem dem Digitalisat der BSB München.

Gruß, Walter

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau-Erfelden, und mehr, auf https://www.walter-kuhl.de/riedbahn/.
Neueste Seite: Bahnwärterhäuser in Darmstadt und der näheren Umgebung. *** Mein DSO-Inhaltsverzeichnis.




3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2019:01:13:23:28:11.

Re: <1876> Eine dritte Kernaul-Lokomotive?

geschrieben von: 144.5

Datum: 10.01.19 03:14

Hallo Pallaswiese,

das sind interessante Zeitdokumente.

Tatsächlich lässt sich im Bayerischen Wirtschaftsarchiv München bei der IHK in den Online-Findbüchern zu Kernaul nichts finden. Dort befindet sich aber umfangreiches (das umfangreichste) Archivmaterial zur Firma Krauss Maffei. Ein großer Teil der Firmenschriften ist zwar 1944 bei einem Bombenangriff untergegangen, aber dennoch sollte dort einiges zu finden sein. Ich könnte dort mal vor Ort recherchieren, das Archiv liegt bei mir um die Ecke.
Josef Kernaul findet Erwähnung auch in: [Giesing: Vom Dorf zum Stadtteil; Hrsg. Thomas Guttmann, Buchendorfer Verlag, 1990] Dort wird er als Betreiber einer Eisen- und Lokomotivfabrik genannt, die offensichtlich bald von Ungerer übernommen wurde. Dieser übernahm auch die Mannhardtsche Werkzeugmaschinenfabrik. Mannhardt war ein Pionier im Werkzeugmaschinenbau und belieferte u.a. den Waggonbaufabrikanten und Hofschmidmeister Josef Rathgeber [Erfinder in München. Genies, Querköpfe, Tüftler; Axel Winterstein; Günter Olzog Verlag, 1997]. Kernaul findet sich nicht in der "Genieliste".
Im "Röll" taucht Kernauf "nur" als "Öler" auf, z. B.:
Später kamen die Öler von Ramsbotten, von de Limon, Kernaul und der Nathan-Lubrikator, wo kondensierter Kesseldampf das Schmieröl aus dem Ölgefäß verdrängt und in die Schmierröhrchen treibt, am meisten in Verwendung.
[Lexikon: Dampfschieber. Zeno.org Sonderband: Röll: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, S. 4519 (vgl. Röll-Eisenbahnwesen Bd. 3, S. 248)].

Und welch eine Sprache! Welch ein Unterschied zu heute!
"Ihnen ein Lob noch weiter auszusprechen, wäre eine Tautologie, ein Pleonasmus."

Schöne Grüße zur später Stunde
144.5

Edit: Anmerkungen zur Sprache



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2019:01:10:03:50:05.

Re: <1876> Öler des Herrn Kernaul

geschrieben von: m38902687-1

Datum: 10.01.19 12:27

Zur besseren Vorstellung: ein Kernaul-Öler nach einer zeitgen. Darstellung. Gruß Fritzle.



001.jpg

Eine weitere Annonce aus "Die Eisenbahn"

geschrieben von: Pallaswiese

Datum: 11.01.19 12:32

Matthias Lentz wies mich dankenswerterweise auf eine weitere Kernaul-Annonce aus "Die Eisenbahn / Le chemin de fer", Band 2/3, 1875, hin (Digitalisat ETH Zürich).

https://www.walter-kuhl.de/dso2/Kernaul_eth_1875_300a.jpg


Gruß, Walter

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1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2019:01:11:12:35:12.