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[DD] Mit der "roten 16" zur Grenadierkaserne

geschrieben von: antonstädter

Datum: 24.12.18 10:29

Heute widmen wir uns einer fast vergessenen Straßenbahnlinie, die ihren Ursprung in der Anfang der 1890er Jahre entstandenen Konkurrenz der neu gegründeten Deutschen Straßenbahngesellschaft zur althergebrachten englischen Tramways Company fand: der „roten“ späteren Linie 16.

Bereits seit der Frühzeit des Dresdner Pferdebahnwesens war die östliche Antonstadt über zwei Strecken mit der linkselbischen Innenstadt verbunden. Die Bautzner Straße hinauf rumpelten die schweren Decksitzwagen der Linie zum Waldschlößchen (spätere 9), von der Albertbrücke kommend war es die spätere Linie 5, die zunächst die Kurfürstenstraße (Hoyerswerdaer Straße) und anschließend die Markgrafenstraße (Rothenburger Straße) passierte, um über eine große Blockschleife am Alaunplatz zu enden.

Die „rote“ deutsche Gesellschaft sah sich also 1892 mit einem nicht zu unterschätzenden Problem konfrontiert. Die lukrative Verbindung zum gut situierten und damit wirtschaftlich sehr interessanten sogenannten „Preußischen Viertel“, das den Übergang von der Antonstadt in die westlichen Ausläufer des bis 1921 selbstständigen Loschwitz bildete, war durch die ältere englisch Konkurrenz bereits weitgehend blockiert. Da die Mitnutzung der vorhandenen Fremdgleise auf ein Minimum beschränkt werden musste, blieb für die neue Linie zur Jägerstraße nur eine äußerst abenteuerliche Linienführung übrig, musste man doch die Bautzner weitgehend umfahren:


Böhmischer Bahnhof – Wiener Straße – Lüttichaustraße – Struvestraße – Victoriastraße –
Friedrichsallee – Maximilliansallee – Pirnaischer Platz – Grunaer Straße – Kaulbachstraße – Cranachstraße – Schulgutstraße – Ziegelstraße – Lothringer Straße – Sachsenplatz – Albertbrücke – Glacisstraße – Melanchtonstraße – Carlstraße – Holzhofgasse – Löwenstraße – Bautzner Straße –
Forststraße – Jägerstraße

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Stadtplan von 1893. Gut erkennbar ist die fantastische und äußerst kurvenreiche Streckenführung durch die Antonstadt. Die Albertbrücke wurde zunächst gemeinsam mit der „gelben“ Linie zum Alaunplatz befahren, doch unmittelbar danach trennten sich die Strecken beider Gesellschaften (gestrichelt gelb, Volllinie rot). Die spätere 16 zur Jägerstraße bog von der Neustädter-Bahnhof-Linie der „Roten“ in der Glacisstraße (später Teil der 26) in die Melanchthonstraße ab, bog dann scharf in die Carlsstraße, heute Lessingstraße, ein, und wechselte am heutigen Pferdebrunnen wiederum in einer sehr scharfen Kurve in die Holzhofgasse. Über die Löwenstraße wurde die Bautzner Straße erreicht, wo bis zum Linckeschen Bad die „gelben“ Gleise der Waldschlößchenlinie mitbenutzt wurden. In der Forststraße konnten schließlich wieder eigene Gleise befahren werden.



1895 gab es die erste Bereinigung dieses streckentechnischen Monstrums. Vom Pirnaischen Platz ab durchfuhr unsere Linie nun die Moritzallee weiter Richtung Norden bis zum Elbberg und gelangte über diesen auf das Terrassenufer, wo die Gleise der elektrischen späteren Linie 18 mitbenutzt werden konnten. Den Streckenteil über die Grunaer Straße und den östlichen 26er Ring übernahm die Linie Böhmischer Bahnhof – Neustädter Bahnhöfe, eine Vorläuferin der späteren Ringlinie.
Stillgelegt wurden die Schienen in der Holzhofgasse und Löwenstraße, dafür wurden nun die gelben Gleise auf der Bautzner Straße bereits ab der Einmündung der Carlstraße mitbenutzt.

Mit Einrichtung des elektrischen Betriebs 1896 wurde die Linie stadtseitig bis zum Pirnaischen Platz, ein Jahr später bis zum Güntzplatz an der Kreuzkirche verkürzt, dafür aber bis zur Grenadierkaserne verlängert: Die starke Steigung der Marienallee verhinderte hier bislang die Weiterführung von der Jägerstraße. In dieser Konstellation blieb sie weitgehend bis 1909 erhalten und bekam ab 1906 die Nummer 16.

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Schilder der elektrischen Linie Grenadierkaserne – Güntzplatz, um 1905. Der heute überbaute Güntzplatz südlich der Kreuzkirche ist nicht zu verwechseln mit dem ehemaligen Eliasplatz in der Johannstadt, der diesen Namen seit 1938 trägt.

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Beginnen wir die Bereisung am südlichen Endpunkt mit einem Stadtplanausschnitt von 1904. Der Güntzplatz an der Friedrichsallee ist hier noch vorhanden, dort hatte die Linie bis 1909 ihren stadtwärtigen Endpunkt. Über die sehr komplexen „roten“ Gleisanlagen der südlichen Ringe verkehrten damals auch noch die Linien 4 (Neumarkt – Schnorrstraße – Theaterplatz) und 10 (Marienstraße – Neustädter Bahnhof über Carolabrücke und Albertplatz).

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Malerische Situation am Güntzplatz südlich der Kreuzkirche vor dem Abbruch des alten Stadtviertels zugunsten von Neuem Rathaus und Landständischer Bank.

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Die sehr komplexe Situation der Linien im Stadtzentrum vor der Reform von 1909, Stand 1908. Man suche die 16…

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Eine weitere Ansicht des ehemaligen Güntzplatzes. Die Gleise im Vordergrund gehören zur Linie 4 und kommen aus der Victoriastraße. Der Straßenbahnverkehr wurde hier 1920 eingestellt.

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Heute kommt die einstige Endpunktsituation eher unscheinbar daher. Blick in die Schulgasse. Anstelle der kriegszerstörten Landständischen Bank erhebt sich das Sparkassengebäude aus den 1990ern. Die Kreuzkirche zeigt sich fast verdeckt, nur die Apsis ist sichtbar.

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Neues Rathaus im Bau, um 1908. Im Vordergrund ein sechsbogenfenstriger roter Wagen der Linie 10 Marienstraße – Neustädter Bahnhof, diese ging 1909 in der Innenringlinie 4 auf. Man beachte das Streckengleis unmittelbar vor dem Südflügel des noch unfertigen Rathausbaus – wir kommen gleich darauf zurück.

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Dr.-Külz-Ring heute. Der ehemals durch regen Straßenbahnverkehr gekennzeichnete Straßenbereich vor dem Rathaus zeigt sich baumbestanden und verkehrsberuhigt.

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Bereits vereinfachte Gleislage auf den südlichen Ringen um 1911. Seit der Linienreform 1909 war das doppelte Streckengleis der alten 10 und 16 auf dem Friedrichsring überflüssig. Entfernt wurde aber nur das nördliche Gleis, das südliche bleib als Betriebsstrecke erhalten, ebenso der ehemalige Endpunkt der Linie 16 vor der Reformierten Kirche. Die Gleise des Innenrings in die Victoriastraße überdauerten die Stilllegung 1920 noch um etliche Jahre und wurde erst ab Ende der zwanziger Jahre sukzessive entfernt.

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Hochinteressant ist die nun folgende Aufnahme aus der Deutschen Fotothek in mehrerlei Hinsicht.

Das Neue Rathaus zeigt sich noch im Bauzustand, die Uhren fehlen, und die Öffnungen sind entsprechend verbrettert. Auf dem späteren Rathausplatz steht noch das 1907 abgebrochene, 1825 errichtete Preußsche Haus, einem der bedeutendsten klassizistischen Bauten Dresdens. Man ging also schon damals nicht gerade zimperlich mit wertvoller Bausubstanz um, wenn sie dem vermeintlichen Fortschritt im Wege stand…

Für uns von besonderem Reiz jedoch ist der kleine rote Triebwagen der Linie 16, der gerade seinen Endpunkt verlassen hat und nach dem Kreuzen des Strehlener Gleises im Vordergrund in den Maximiliansring abbiegen wird. Es handelt sich um den noch nicht umgenummerten roten Triebwagen 95, (ab 1906 städtische Nummer 757), gebaut 1893 als Erstausstattung für die legendäre erste elektrische Straßenbahnlinie im Königreich Sachsen vom Schloßplatz nach Blasewitz, der späteren 18. Da er aber schon die neue Linienbezeichnung trägt und außerdem bereits die Eigentumskennung der Deutschen Straßenbahngesellschaft fehlt, ist die Aufnahme mit ziemlicher Sicherheit auf 1906 zu datieren.

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In Richtung Ringe und Georgplatz fehlt heute über siebzig Jahre nach der Zerstörung der Stadt immer noch jedwede städtebauliche Einbindung des riesigen Rathaus-Komplexes. Der Georgplatz existiert nur noch dem Namen nach. Die Fassaden des Rathauses wurden beim langwierigen Wiederaufbau in den ersten Nachkriegsjahrzehnten stark vereinfacht.

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Über den Maximiliansring erreichte die „rote 16“ den Pirnaischen Platz. Im Vordergrund biegt ein roter Triebwagen, noch ohne Liniennummer, vom Friedrichs- auf den Maximiliansring ein, links auf dem späteren Rathausplatz noch immer das 1907 abgebrochene Preußsche Haus.

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Um 1910 schickt sich ein aus der König-Johann-Straße kommender roter Zug, vermutlich eine 2, an, den Platz zu überqueren. Links unten der Maximiliansring mit seinen Richtungsgleisen. An gleicher Stelle befindet sich heute die Haltestelle der Nord-Süd-Verbindung.

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Das südliche Pendant zum pompösen Kaiserpalast bildete die Mohrenapotheke. Rechts wiederum der Maximiliansring. Genau auf dem Grundstück des unscheinbaren Gebäudes verläuft heute die Fahrbahn in Richtung Straßburger Platz.

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Um 1907 wurde dieses Motiv aufgenommen. Der Rathausturm zeigt sich noch unfertig. Am unteren Bildrand eine der ganz seltenen Aufnahmen eines Wagens der Linie 30 (Altmarkt – Altenberger Straße), die 1909 in der verlängerten 22 aufging.

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Auf dem Weg zum Elbufer durchfuhr die 16 die „rote“ Strecke durch den Moritzring und gelangte zum Amalienplatz. Seit 1896 überspannte ab hier die Königin-Carola-Brücke die Elbe. Die Zufahrt zum Terrassenufer wurde entsprechend angepasst und über die seitlich der Brückenrampe arrangierten Straßen geführt: In nördlicher Richtung ging es über den Elbberg, erkennbar in der Bildmitte, in südlicher über den parallelen Hasenberg, hier ganz links. Ab 1909 wurden die beiden eingleisigen Verbindungsstrecken zum Terrassenufer linienmäßig nicht mehr befahren, waren aber noch mindestens bis Anfang der dreißiger Jahre als Betriebsstrecken vorhanden und wurden auch bei Umleitungen genutzt.

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Elbberg mit Güntzbad (1903 bis 1905) und der „Ruhigen Elbe“ (Fr. Offermann, 1907) – die beiden allegorischen Figuren der Elbe sind noch heute vorhanden und fristen ein eher unbeachtetes Dasein innerhalb der zur Stadtautobahn ausgebauten Nord-Süd-Verbindung. Vergleichsbild von 2016. Die beiden Straßenzüge neben der Brückenrampe wurden im Zuge der Enttrümmerung zugeschüttet und die Topografie des Elbhanges an dieser Stelle bis zur Unkenntlichkeit verändert. Der Brückenbau Ende der sechziger Jahre tat sein Übriges. Der heutige Hasenberg entlang des Gondelhafens hat mit dem alten nur den Namen und die ungefähre Richtung gemein.


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Das Gegenstück der „Bewegten Elbe“, im Hintergrund die Neue Synagoge.

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Stadtwärtiger Blick mit Hasenberg, Moritzring und Amalienplatz.

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Elbberg vom Terrassenufer, links das Venezianische Haus. Ungefähr an dieser Stelle befinden sich heute die Treppen zur Haltestelle „Synagoge“. Noch scheint wie vor dem Brückenbau, der Verkehr in beiden Richtungen über den Elbberg zu rollen, wie der zweigleisige Abzweig verrät. Den Hasenberg gab es bis zum Brückenbau noch nicht, er wurde erst 1892 mit dem Brückenbau angelegt.

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Aus der Deutschen Fotothek: So sah es um 1870 am Terrassenufer aus, lange vor dem Bau der Carolabrücke. Wenige Schritte von hier, oberhalb des Hanges am späteren Amalienplatz, sollten alsbald die ersten Wagen der „Conti-Linie“ für Furore sorgen. Man beachte das rege Treiben am Elbufer – der Lastentransport mittels Flussschiffahrt sollte in den folgenden Jahrzehnten zugunsten der Eisenbahn dramatische Einbrüche erleben.

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Am Hasenberg passierte die Linie 16 auch die 1838 bis 1840 nach Plänen von Gottfried Semper errichtete Synagoge. Blick über den ehemaligen Gondelhafen unterhalb der Bastion Jupiter, im Hintergrund ist die Carolabrücke im Bau.

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Synagoge, Blick von der Zeughausstraße. Der Bau wurde wie zahlreiche andere jüdische Gotteshäuser in der „Reichskristallnacht“ in Brand gesteckt und anschließend abgebrochen. Ungefähr am Standort des Fotografen befindet sich heute das Mahnmal für die Synagoge und die ermordeten Dresdner Juden.

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Noch einmal das Venezianische Haus am Elbberg/Ecke Terrassenufer. Es führt nur noch ein Gleis auf das Terrassenufer hinab, die Gegenrichtung läuft bereits über den Hasenberg.

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Terrassenufer im Vergleich, einst und 2015. Blick von der Carolabrücke in östliche Richtung.


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Zum Abschied von der Carolabrücke noch einmal das Venezianische Haus und der Elbberg, davor ein ganz besonderer Zug auf der späteren Linie 18 zum Schloßplatz: Bei Beiwagen 123 handelt es sich um einen der ehemaligen Lührigschen Gasmotorwagen des Versuchsbetriebes zum Wilden Mann…

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Zwei stimmungsvolle Bilder des Terrassenufers, aufgenommen durch den Hoffotografen Ermenegildo Antonio Donadini vor 1900, finden sich in der Deutschen Fotothek. Im Hintergrund die gerade fertiggestellte Carolabrücke und die Silhouette der Altstadt. Von der Carolabrücke bis zum Sachsenplatz nutzte die Linie 16 die Gleise von Sachsens erster elektrischer Straßenbahnlinie, der späteren 18. Der Planverkehr auf dem Terrassenufer endete 1922, doch als Betriebsstrecke blieb die Strecke bis in die dreißiger Jahre hinein nutzbar.

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Vergleichsbild von 2015. Von der einstigen urbanen Dichte der Pirnaischen Vorstadt und der repräsentativen Bebauung am Terrassenufer ist heute nichts mehr übrig.

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Vom Terrassenufer blicken wir um 1890 auf die Albertbrücke (E. A. Donadini, Deutsche Fotothek). Noch herrscht hier Pferdebetrieb, und es fehlt die Oberleitung. Wir wechseln die Elbseite und lassen den Sachsenplatz rechterhand liegen.

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1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:12:24:10:51:30.
Der zweite Teil beginnt mit einem Stadtplanausschnitt von 1904. Die mittlerweile elektrische Linie befährt noch immer die Melanchthon- und Carlstraße, der Schlenker durch die Holzhofgasse und Löwenstraße hat den elektrischen Betrieb jedoch nicht mehr erlebt.

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Linie 16 im „Dresdner ABC“ von 1905. Die erst mit Beginn des Folgejahres offiziellen Liniennummern sind hier bereits berücksichtigt. Noch verkehrt die Linie auf alten Gleisen durch die Melanchthonstraße.

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Blick zurück vom Neustädter Ufer über die Albertbrücke zum Sachsenplatz mit der markanten Jägerkaserne. Der gelbe Zug der Linie 5 am Neustädter Brückenkopf kam gerade links unten aus der damaligen Kurfürstenstraße (Hoyerswerdaer Straße), rechts die roten Gleise in die Glacisstraße. Die Albertbrücke nutzten gelbe und rote Gesellschaft gleichermaßen. Ab Ende 1906 wurde die abenteuerliche „rote“ Streckenführung der Linie 16 dann aufgegeben, und sie verkehrte von nun ab
wie die Linie 5 zur Bautzner Straße und bog dort direkt in die Bautzner Straße ab: Die Vereinigung der privaten Gesellschaften unter Ägide der Stadt ab 1906 machte es möglich.

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Kurfürstenplatz (Rosa-Luxemburg-Platz) mit der erwähnten Gabelung, E. A. Donadini um 1900, wieder aus den Beständen der Deutschen Fotothek. Das Gerichtsgebäude in der Lothringer Straße, das heute die Szenerie beherrscht, zeigt sich eingebaut hinter den prachtvollen Gründerzeitblöcken –nicht eines dieser Häuser hat die Bombennacht des 13. Februar überstanden.

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Kurfürstenplatz, rechts Blick in die Kurfürstenstraße, links aus der Glacisstraße kommend ein Rundbahnwagen der späteren Linie 26, noch ohne Liniennummer.

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Unmittelbar darauf bog die Strecke bis 1906 von der Glacisstraße in die Melanchthonstraße ab, kreuzte die gelben Gleise in der Kurfürstenstraße und folgte der Melanchthonstraße bis zu deren Ende an der heutigen Lessing-, damals Carlstraße. Das Erlweinsche Gebäude der 4. Knabenberufsschule existierte damals noch nicht, es wurde erst 1914 bis 1916 errichtet.

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Blick zurück zur Glacisstraße vom Haupteingang der Berufsschule, links der Erweiterungsbau des Romain-Rolland-Gymnasiums.

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Foto um 1920. Beachtenswert, dass die seit Jahren ungenutzten Gleise der Linie 16 noch immer im Pflaster der Melanchthonstraße liegen. Der alte Oberleitungsmast dient als Halterung für eine Freileitung.

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Vergleichsbild (2015). Links angeschnitten die ebenfalls von Hans Erlwein stammende Höhere Mädchenschule, erbaut 1913 bis 1915, heute als Romain-Rolland-Gymnasium für seine zweisprachige deutsch-französische Ausbildung weit über die Grenzen Dresdens hinaus bekannt.

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Auf der östlichen Melanchthonstraße ist der ehemalige Gleiskörper noch an der unregelmäßigen Straßenpflasterung erkennbar. Am Ende der Straße bog die Strecke nach links in die ehemalige Carlstraße.

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Nicht weit ist es bis zum namenlosen Platz am Pferdebrunnen an der Bautzner Straße. Von 1892 bis 1895 traf die Pferdebahnstrecke hier aber noch nicht auf die gelben Gleise in der Bautzner, sondern bog vorher noch einmal in die Holzhofgasse ein, um den Feindkontakt auf ein Minimum zu beschränken.

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Die Bautzner Straße mit all der bis 1906 bestehenden Herrlichkeit am „Goldenen Löwen“ zwischen Bautzner Straße und Holzhofgasse: Auf den Fotografen zu fährt ein vom Waldschlößchen kommender gelber Zug der späteren Linie 9. Ein roter Wagen zur Grenadierkaserne schickt sich an, aus der Carlstraße in die Bautzner einzubiegen und für wenige hundert Meter die Gleise der Konkurrenzgesellschaft mitzunutzen. Diese Situation war schon 1906 Geschichte, und die 16 folgte der 9 bis zur heutigen Kreuzung Bautzner/Rothenburger Straße, letztere damals noch Markgrafenstraße.

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Vergleichsbild, 2018.

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Ein weiteres Postkartenmotiv wenige Jahre nach dem ersten. Die Gleise in die Carlstraße sind verschwunden.

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Nach Bedienung der gemeinsamen Haltestelle an der Wolfsgasse führte die Route am Diakonissenkrankenhaus vorbei.

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Zwickel zwischen Bautzner und Prießnitzstraße. Die noch dörflich anmutende Bebauung an dieser Stelle hat die Zeiten nicht überstanden. Aktuell folgt hier der Neubau eines Wohn- und Geschäftsgebäudes, nachdem sich Pläne für ein Hundertwasserhaus zum Ende der 1990er Jahre durch den Tod des Künstlers leider zerschlagen haben.

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Ein ungewöhnlicher Blick aus der Prießnitzstraße zur Bautzner, im Hintergrund die Diakonissenanstalt.

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Nach dem Überqueren der Prießnitz bog die Strecke zur Grenadierkaserne in die Forststraße ein. Die Strecke bestand bis in die ersten Nachkriegsjahre, wurde aber nie mehr vollständig in Betrieb genommen. Von 1945 bis 1947 diente die Haltestelle Bischofsweg/Forststraße als Endpunkt der Linie 2, danach endete der Straßenbahnbetrieb auf der Forststraße. Ein letzter Gleisrest erinnerte 2016 noch an die alte Strecke.

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Strecke zur Grenadierkaserne auf einem Stadtplan von 1904.

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Schematische Darstellung der Strecke 1908. Die Durchfahrung der Melanchthonstraße endete zwei Jahre zuvor.

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Fahrplan von 1908 aus dem einschlägigen „Verkehrsbuch“.

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Auf der Forststraße ist der Gleisverlauf anhand der Pflasterung noch immer gut zu erkennen.

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Annäherung an die Haltestelle „Jägerstraße“ mit dem Beginn der Ausweiche. Der Pferdebahn-Endpunkt befand sich bis 1896 direkt in der Jägerstraße, dazu wurde vor dem weißen Eckhaus rechts abgebogen.


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Das vorher hier befindliche Restaurant Albertpark ist unter Kriegsverlust zu verbuchen.

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Das gegenüberliegende Eckhaus zur Marienallee hat die Bombardements überlebt. Man beachte rechts im Straßenpflaster den ehemaligen Gleisverlauf, selbst die ehemalige Ausfahrtsweiche der Ausweiche lässt sich im Pflaster gut erkennen.

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In der Marienallee lag das Gleis am linken Fußwegrand. Die etwas wilde Pflasterung aus der Nachkriegszeit lässt seine Lage erahnen. Die Steigung war der Grund dafür, dass der Betrieb hier erst mit Einführung der elektrischen Traktion aufgenommen wurde.

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Die Strecke passierte hier das Freiherr von Fletchersche Lehrerseminar, dessen ausgebaute Kriegsruine nach dem Krieg als Polytechnische Oberschule diente und heute die Waldorfschule beherbergt. (Deutsche Fotothek).

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Bald darauf traf die 1896 verlängerte Strecke auf die Carola-Allee, heute Teil der Stauffenbergallee. In der Kurve lag bis 1945 die Haltestelle „Marienallee“. Von den beiden identischen riesigen Grenadierkasernen hat nur die rechte am östlichen Ende der Allee zum Waldschlößchen hin die Zerstörungen überstanden. Pläne für eine Wohnbebauung sehen eine Wiederaufnahme der historischen Kubatur vor.

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Am Wachgebäude zwischen den beiden Kasernengebäuden hatte die Straßenbahn von 1896 bis 1945 ihren Endpunkt.

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Endpunkt Grenadierkaserne, wohl unmittelbar nach Betriebsaufnahme. Der sechsbogenfenstrige Triebwagen befindet sich noch im Originalzustand mit der ersten Lackierung der Deutschen Straßenbahn-Gesellschaft, die den Schriftzug noch unter dem Fensterband aufwies. Später wanderte er (auf weißem Grund) unter die Scheuerleise des Wagenkastens.

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1909 wurde die Linie 16 im Zuge der Linienreform grundlegenden Änderungen unterzogen. Bis auf den Endast zur Grenadierkaserne verkehrte sie nunmehr ausschließlich auf ehedem „gelben“ Gleisen in die Stadt, mit folgender Streckenführung:

Grenadierkaserne – Carola-Allee – Marienallee – Forststraße – Bautzner Straße – Albertplatz – Hauptstraße – Neustädter Markt – Augustusbrücke – Schloßplatz – Augustusstraße – Neumarkt – Georgplatz – Waisenhausstraße – Prager Straße – Hauptbahnhof – Reichsstraße – Reichenbachstraße.

Linie 16 im „Verzeichnis der Straßenbahnlinien der Stadt Dresden“, Paul Zscharnack 1909:

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Fahrplan von 1910:

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Die „rote 16“ überdauerte bis 1922. Dann übernahm die Linie 9 den Verkehr zur Grenadierkaserne und blieb hier bis 1945 heimisch. Die Nummer 16 feierte 1928 auf völlig veränderter Streckenführung eine Wiederauferstehung als Zwischenlinie zur 1.



Frohe Weihnachten!
Vielen Dank für diese Weihnachtsüberraschung mit höchst interessantem Inhalt einer tiefgründigen Forschungsarbeit!

Heimat und Verkehr. Fotos sind von mir = Thomas Mösche; oder ein anderer Urheber ist angegeben.




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:12:24:15:33:49.
Lieber Antonstädter

Dir auch frohe Weihnachten! Danke für diesen Beitrag. Drollig, dass Du fast direkt hintereinander Bilder von der kaufmännischen Berufsschule und vom Diakonissen-Krankenhaus zeigst. Ich kenne jemanden der in letzterem geboren wurde und in ersterer die Berufsschule absolvierte (schön über die Wende rüber, also ein Jahr Plan- und zwei Jahre Markt-Wirtschaft...).

Gruss

Frank

Re: [DD] Mit der "roten 16" zur Grenadierkaserne

geschrieben von: Weißer Hirsch

Datum: 25.12.18 10:24

Herzlichen Dank für die tolle Arbeit😀👍🏻.

Re: [DD] Mit der "roten 16" zur Grenadierkaserne

geschrieben von: Elblaus

Datum: 26.12.18 10:17

Hallo antonstädter!

Wiedermal großartig.
Noch tolle Festtage und ein gutes Jahr 2019.

Es grüßt
Gerrit
Hallo,

wiedermal ein sehr informativer Beitrag und tolle Bilder. Danke.

Ich meine mich erinnern zu können, das neben der Albertbrücke flußaufwärts auf der Altstädter Seite Straßenbahngleise gelegen haben. Kann das jemand bestätigen bzw. gibt es vielleicht sogar irgendwelche Pläne oder Fotos davon?

Dankeschön und viele Grüße