Wie ich hier schonmal geschrieben hatte, war es in West-Berlin in einigen Betrieben – im Gegensatz zu vielen anderen im Westen der Republik - in den 1980er Jahren oft gar nicht so einfach Fotos zu machen. Nach diversen Anläufen gelang es dann aber im Februar 1987 einen Besuchstermin für das Gaswerk Mariendorf zu vereinbaren. Auf das Wetter konnte da natürlich keine Rücksicht genommen werden.

Mit der Einstellung der Kohlevergasung hatte nicht nur die Umweltbelastung durch das Gaswerk deutlich abgenommen, auch der Bahnverkehr ging deutlich zurück. Mitte der 1980er Jahre wurde auf dem Gelände nur noch Stadtgas aus Erdöl erzeugt. Da aber bereits die Umstellung des Gasnetzes auf Erdgas lief, wurde die Produktion von Stadtgas nach und nach zurückgefahren. Dementsprechend bestand die Beschäftigung der noch vorhandenen Lokomotiven 5 (Jung RC 24 B) und 8 (Henschel DHG 700 C) auf dem Werksgelände vor allem darin, volle Ölzüge Tankzüge mit Benzin (Danke für die Korrektur) zu den Leichtbenzin-Spaltanlagen zu befördern und nach deren Entleerung die Waggons wieder wegzufahren. Wir hatten aber Glück, denn Lok 8 hatte gerade etwas zu tun und konnte beim Rangieren abgelichtet werden.



Das was im Hintergrund dampft, sind die erwähnten Spaltanlagen.



Nach dem ersten Besuch war das Eis gebrochen und fortan war es mit den Besuchen deutlich leichter.


106 245 schleppt einen leeren Tankzug vom Tanklager nebenan nach Marienfelde, Lok 5 der GASAG schaut zu.


Nicht nur die Lok, auch der Lokschuppen war sehenswert.


Auch ein alter Kran machte sich gut als Hintergrund.

Die beiden letzten Aufnahmen entstanden im Februar 1988 bei einem dritten Besuch.


Lok 8 rangiert mit einem Wagen.


Anschließend ging es noch an den S-Bahngleisen entlang nach Marienfelde.

Das Gaswerk Mariendorf stellte 1996 seinen Betrieb ein. Lok 5 war eine zeitlang bei den Berliner Verkehrsbetrieben für die S-Bahn im Einsatz. Was aus der Lok 8 geworden ist, weiß ich leider nicht.

Diese und andere Fotos findet Ihr auch auf meiner Fotoseite [KrolopFoto.de] in der Rubrik Berlin --> Klein- und Privatbahnen.







2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:01:21:21:29:51.

Hallo,

das sind ja wirklich absolut klasse Aufnahmen, die Du uns hier präsentierst !

Spaltanlagen dürfte es im übrigen Bereich der Bundesrepublik in den 80er Jahren wohl kaum noch gegeben haben, höchstens vielleicht noch hier und da Flüssiggas-Luft-Mischanlagen in Regionen, wo das Erdgasnetz erst sehr spät hingekommen ist. Esslingen hatte, glaube ich, noch bis Mitte der 80er Jahre eine Flüssiggasspaltanlage.

Da hatte Westberlin sicherlich noch eine Ausnahmestellung.

Das Leichtbenzin kam ja augenscheinlich aus einer der DDR-Raffinerien.

Was mich interessieren würde: Welche Gefahrguttafeln trugen die Kesselwagen, also welche UN-Nummer kam hier zur Anwendung ?

Und: Wenn das Gaswerk bis 1996 in Betrieb war, erhielt es dann ab 1990 auch aus dem Bereich der ursprünglichen Bundesrepublik das Leichtbenzin ?


Schöne Grüße

Bullok



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:12:05:23:52:35.

Guten Morgen.
Eine kurze Korrektur. Weder im Werk Mariendorf noch in Charlottenburg wurde aus Erdöl Stadtgas produziert, sondern ausschließlich aus Leichtbenzin und unter Umständen unter Beimengung von Methanol.
Auch fand die Umstellung des Gasnetzes in West-Berlin auf Erdgas erst nach der Wende statt. Anfang bis Mitte der achtziger Jahre wurde jedoch damit begonnen aus Erdgas Stadtgas zu produzieren. Interessanterweise gab es Ende der achtziger Jahre auch eine Anlange, um aus Stadtgas wieder "Erdgas" zu produzieren. ( SNG; Synetic Natural Gas ). Doch dies nur als kurzen Abriss dessen.

Mit freundlichen Grüßen, oskarchen Bln

Auch von mr herzlichen Dank für die Erinnerungen - wohne ich doch nur ein paar Minuten vom Gelände entfernt. Heute zeigt sich dort ja ein gänzlich anders Bild , denn auf dem Gelände hat sich ein Industriepark angesiedelt (u. a. mit einer leckeren Craftbier-Brauerei), aber an vielen Stellen sind noch Überbleibsel der einst vorhandenen Gleisanlagen vorhanden. Der wirklich letzte Mohikaner war m. E. der Leckagekesselwagen des Lehrhilfszuges, der (mindestens) noch 2004 auf einem der Abstellgleise in der Nähe des Hafens stand. Auch hatte die Werkbahn ein paar eigene Güterwagen. In Erinnerung sind mir ein zwei- und ein vierachsiger Kesselwagen sowie ein zweiachsiger Flachwagen.


Die Einfahrt zum bzw. aus dieser Sicht eher die Ausfahrt aus dem Werksgelände. (November 2014)


Noch vorhandene Gleisanlagen in Richtung Ringstraße (November 2014)


Reste einer Seilzuganlage? (November 2014)

... und gleich hintendran noch ein paar Wagenbilder


80 80 972 3 099-5
Leckagekesselwagen ⁸⁰¹
Lehrhilfszug Hamm
24.01.2004


Wagen 1 (W.Ma. = Werk Mariendorf?)
17.07.1988


21 50 002 0000-0 [P]
Uch (Zd)
April 1982

Und nur der Vollständigkeit halber noch ein Bild vom Wagen 3 (leider sehr duster)

17.07.1988





1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:12:06:07:16:08.

Guten Morgen!

Eine wirklich tolle Dokumentation. Daumen hoch!

Die Henschel fährt heute bei Oiltanking in Karlsruhe, zum weiteren Lebenslauf siehe hier:
[www.rangierdiesel.de]

Lok 5 kam nicht zur BVG, sondern 1996 zu Mannesmann nach Ratingen, dabei erhielt sie zwei auffallend große Pufferteller (für Kleinbogengleise):
[www.rangierdiesel.de]

Zur BVG verschlug es Lok 6, allerdings bereits im Jahr 1984:
[www.rangierdiesel.de]

Und der Vollständigkeit halber sei noch auf eine Lok 7 hingewiesen, die offenbar ebenfalls bis 1996 in Mariendorf war:
[www.rangierdiesel.de]

Viele Grüße,

RA Ho

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)

Der Henschel war wirklich schön.
Und passte hervorragend mit die Kesselwagen zusammen!

Danke für die interessante BIlder.

Vielen Dank für Eure Ergänzungen.
Eine Lok 7 soll es tatsächlich seinerzeit noch gegeben haben. Aber nach Auskunft des Personals war sie nicht mehr in Betrieb und ich habe sie auch nie zu Gesicht bekommen.

Hallo,

zuerst einmal vielen Dank - etwas verspätet, ich weiß - für das Zeigen der sehr sehenswerten Eisenbahnfotos aus dem beschaulichen Berlin-Mariendorf. Besonders gut gefielen mir die Aufnahmen von Lok 8 der Firma Henschel vom Typ DHG 700 C.

Eine ähnliche Maschine existiert übrigens noch im ehemaligen Berliner Bezirk Wedding, allerdings nur im Maßstab 1:32, aber immerhin: „Kleinvieh macht auch Mist“.




Das Foto zeigt die hübsche Werkslok während einer kurzen Betriebspause, bevor es wieder in den anstrengenden Rangierdienst ging, na, ja...


Schöne Grüße,
Marc

Hallo,
fast alles, was in Berlin (West) an Mineralölprodukten genutzt wurde, stammte aus Schwedt.
Es war einfach preiswerter verfügbar und die wirtschaftlichen Verflechtungen West-Ost standen teilweise im krassen Gegensatz zur Realität.
Als damals in Berlin (West) tätiger Eisenbahner hat man viel von diesen Geschäftsbeziehungen mitbekommen und nur geschmunzelt.
Alleine der Transportweg war kürzer und für die DDR gab es Divisen. Das war ja der ewige Zwiespalt der DDR mit Westberlin, wie sie es nannten.
Es war der Stachel in eigenen Fleisch, aber er brachte Divisen-Einnahmen, die die DDR dringend brauchte.

Interessant finde ich die Bedienung des Mabanaft-Anschlußes durch die Bahnhofslok aus Marienfelde. Der war so nie vorgesehen ;-)
Aber damals hat man pragmatisch, ohne ideologische Differenzen mit den Anschlußbahnenen zusammengearbeitet.

Die Lok 8 gehörte schon immer zu oiltanig, oder besser ihrem Berliner Vorgänger "Mabanaft".
Die Lok wurde durch die Gasag personell besetzt und instandgehalten. Dafür durfte die Gasag auch zu ihren Zwecken nutzen.
Ob solche pragmatischen Lösungen heute kaufmännisch möglich sind, bezweifel ich stark.

Positiv finde ich, dass diese Lok jetzt in Karlsruhe einer weiteren Zukunft entgegen geht.

Diesen Beitrag sehe ich als Ansporn die losen Bilder meines verstorbenen Vaters im Winter nach vorzeigbaren Bilder zu durchsuchen.