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Dann fahr´du mal den Zug nach Gremberg . . .

geschrieben von: Fritz Wolff

Datum: 04.10.18 11:29

26. September 1970:

Vor drei Tagen habe ich bei dem Chef des Bw Köln-Eifeltor, Herrn Grewe, meine formlose Heizerprüfung abgelegt und gestern hatte ich, auf 051 039 und mit Oberlokführer Werner Jakobs, meinen ersten Dienst als selbstständiger Heizer. Heute nun, wieder mit Werner Jakobs, mein zweiter Dienst, Dienstbeginn 6 Uhr 56. Wir haben 050 390, die eine ganz markante Bauartbesonderheit aufweist: Durch Anordnung einer sogenannten Wasserkammer in Höhe des vorderen Rostfeldes ist die Rostfläche deutlich verkleinert (was der Leistung der Lok, wie ich bald feststellen werde, kaum Abbruch tut). Im Jargon: `ne Kastrierte.

Zunächst geht es Lz von Eifeltor über Kalscheuren nach Brühl, wo wir im nördlichen Bahnhofsteil (Bahnhofsteil Brühl Gbf) nach rechts abzweigen, um durch eine scharfe 180°-Kurve in den Bahnhof Brühl-Vochem der Köln-Bonner-Eisenbahnen, KBE, zu gelangen. Vom Bahnhof Vochem, der als Übergabebahnhof KBE/DB fungiert, fahren mehrmals täglich gut ausgelastete Nahgüterzüge auf die andere Rheinseite nach Gremberg.

Schön an Vochem ist, dass dort, wo man mit seiner 50 auf das weitere Geschehen (sprich den Auftrag, sich seiner Gremberger Fuhre zu bemächtigen) wartet, so eine mobile Kaffee- und Frittenbude existiert, an oder in der man sich die Zeit so ein wenig vertreiben kann. Werner und ich machen Gebrauch davon.

Man kommt ins Quatschen und irgendwie unterläuft es mir, dass ich mich Werner gegenüber als Dampflokfreund oute. Ich habe den Eindruck, dass Werner, ein ungemein freundlicher Lokführer, der vielleicht zehn Jahre älter ist als ich, mein Eingeständnis mit sehr viel Interesse zur Kenntnis nimmt.

Jedenfalls, wir stehen schließlich vor dem Zug und warten auf Ausfahrt - und es geschieht das Unglaubliche: Mit den Worten "dann fahr´du mal den Zug nach Gremberg" verlässt Werner seine Lokführerseite und dirigiert mich an Regler und Steuerung. In einer Mischung von Glückseligkeit und Angst versuche ich, alles richtig zu machen, bin aber wohl doch etwas zu zaghaft: Als wir das Signalbild Hp2 des Lichthauptsignals vor der Einfädelung der 180°-Kurve in die Hauptbahn Bonn - Köln gewahr werden, ruft Werner mir zu, ich solle nun, vorsichtig zwar, unter Beibehaltung der Steuerungsauslegung auf 40 % den Regler voll öffnen. Ich gehorche natürlich und 050 390 ballert durch die Weichen als sei der Teufel hinter ihr her. Wir fahren durch Kalscheuren, durch die endlosen Gleisanlagen von Eifeltor und Werner macht keine Anstalten, an unserer Rollenverteilung irgendetwas zu ändern. Das Einfahrvorsignal von Bonntor zeigt Halt, so dass ich den Regler schließe, die Steuerung auf 60 % auslege und zu bremsen beginne, aber gleich darauf wird die Einfahrt frei und ich kann die Lok wieder mit den vorgegebenen Handgriffen (Steuerung, Regler, Steuerung, Regler) zum Arbeiten bringen. Bei schönster Vormittagssonne poltern wir über die Südbrücke Gremberg entgegen. Meine Verkrampfung hat sich noch immer nicht ganz gelöst, aber sie ist irgendwie zurückgetreten hinter ein Gefühl, das man einfach nur mit Glücklichsein beschreiben kann.

Nach Feierabend werden Werner und ich in einer gemütlichen Außengastronomie noch ein paar Kölsch trinken.

Fritz



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:10:04:21:18:36.

Re: Dann fahr´du mal den Zug nach Gremberg . . .

geschrieben von: Bruno Georg

Datum: 04.10.18 12:44

Hallo Fritz,

eine interessante Geschichte. Vielen Dank dafür. Passend zur Geschichte habe ich aus dem Bildarchiv "Karl-Hans Fischer" eine Foto besagter 50 390 herausgesucht. Im Bild sehen wir 050 390-4 gemeinsam mit der vorübergehend kalt abgestellten 041 293-2 in ihrem Heimat-Bw Köln-Eifeltor am 15.02.69.



050 390-4 und 041 293-2 Bw Köln-Eifeltor am 15.02.69 im Heimat-Bw.jpg



Viele Grüße aus Betzdorf
Bruno Georg
... und ich grüße mit Balkonblick auf Eifeltor.

Besten Dank

Jürgen

Re: Dann fahr´du mal den Zug nach Gremberg . . .

geschrieben von: Wizard of Oz

Datum: 04.10.18 13:28

Eine tolles Erlebnis, an dem Du uns hier teilhaben lässt.

Die Tour bin ich am 24. Januar 1975 von Gremberg aus auch mal mitgefahren, hier kurz hinter der Südbrücke.

https://img.fotocommunity.com/verwischte-erinnerungen-f48bd4e4-74ca-4bbf-b905-3f11ff1d14ee.jpg?width=1000


In Brühl-Vochem war es in der Tat gemütlich. Albrecht hatte Würstchen gegrillt, bevor es zum Abschmieren ging...

https://img.fotocommunity.com/arbeitsplatz-in-der-abendsonne-8eb665b9-e434-470c-97fe-836f43273c27.jpg?width=1400


Viele Grüße
Wizard

Re: Dann fahr´du mal den Zug nach Gremberg . . .

geschrieben von: martin welzel

Datum: 04.10.18 17:28

Moin Fritz,

schöne Geschichte, das! Da bin ich gerne mitgefahren, zumal auch ich ein Bild der 050 390 mitbringen kann, am 4.8.71 im Rbf Eifeltor aufgenommen. Noch damals, 1971, fehlte bei der Lok der Indusimagnet, weshalb sie wohl auch nur ausnahmsweise mal auf Reisen ging:

http://www.eisenbahnhobby.de/Koeln/SW21-17_050390_K-Eifeltor_4-8-71_S.jpg

Siehe auch [www.drehscheibe-online.de].


Danke fürs Mitnehmen,

Martin
Mein lieber Fritz!

Im Buchfahrplan finden sich werktags 12 dieser Züge nach Gremberg.
Was wurde da alles abgefahren? Vielleicht kann ein Kenner mir helfen?


http://up.picr.de/33987375ad.jpg
Heft Köln 11b, Sommer 71

Danke für deine Erzählung. Kölsch muß ich auch mal wieder trinken.

Viele Grüße!

Olaf Ott

Re: Dann fahr´du mal den Zug nach Gremberg . . .

geschrieben von: 44 115

Datum: 04.10.18 22:38

Noch eine ganz herrliche Geschichte,Fritz,vielen Dank!
Liest sich spannend;bist auch ein sehr guter Erzähler!
Herzliche Grüsse
Olaf

Re: Dann fahr´du mal den Zug nach Gremberg . . .

geschrieben von: Rübezahl

Datum: 05.10.18 01:06

Wunderbare Geschichte aus meiner alten Heimat. KBE und Gremberg - wie oft bin ich da mal auf dem Führerstand von Vochem aus mitgefahren. Am Abend gab's eine Leistung, da fuhr die Lok aus Vochem Lz weiter nach Siegburg, sodass ich mittels SSB-Tanzorchester und KBE-Rheinuferbahn per Rundreise nach Hause gelangen konnte.
Einmal durfte ich zwischen Brühl (DB) und Kalscheuren auch als absoluter Laie an den Regler. Es war die 050 318. Da war ich als 18jähriger natürlich stolz wie Bolle. Irgendwann 1975 fuhr ich wieder nach Brühl-Vochem für ein paar 50er Fotos, aber - vorbei war's. Nippeser 215 hatten die Leistung übernommen. Eine Führerstandsmitfahrt nach Gremberg ließ ich mir trotzdem nicht entgehen. In Bonntor konnte ich dann noch ein Foto mit einer Gremberger 50 machen, die vor unserem Diesel-Zug über die Südbrücke durfte.

Gruß

Rübezahl
Moin zusammen!

Die Züge von Kendenich waren meist reine Brikettzüge (typischerweise 30-40x Fc, Fz oder auch schon mal E-oder K-Wagen (darin Briketts in Geschenkpackungen)) .
Die Züge von Godorf brachten in erster Linie Chemie aus Wesseling auf die Reise.

Gruß
Mw

Bei der Fülle des zu verarbeitenden Materials sind einzelne Fehler oder Unrichtigkeiten nicht gänzlich zu vermeiden (Kursbuch Deutsche Bundesbahn)




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:10:05:08:41:38.