Guten Tag allerseits
An einem April-Wochenende 1985 begab sich eine Delegation aus Frankfurt zunächst nach Wuppertal, dort stand als Vorstufe zur endgültigen Beseitigung der
Straßenbahn die Hälfte des Restnetzes vor der Stilllegung.
Weiter ging es nach Bielefeld, dessen Existenz damals noch nicht angezweifelt wurde. Auch hier sollte es in näherer Zukunft größere Veränderungen beim
Straßenbahnbetrieb geben.
Zu würdigen ist an dieser Stelle, dass es in Bielefeld überhaupt noch eine Straßenbahn gab. Die umliegenden Betriebe (Paderborn, Osnabrück, Münster) waren
längst stillgelegt.
Wie in anderen Städten Nordrhein-Westfalens auch, hatte das Land die Geldschatulle weit geöffnet, wenn es um den Bau von U-Bahn-Strecken ging. So wurden
auch in Bielefeld zahlreiche Millionen im städtischen Untergrund vergaben. Unzweifelhaft von Vorteil ist die dadurch möglich gewordene Anbindung der
Babenhäuser Strecke an den Hauptbahnhof.
Außerdem muss man den Bielefeldern zugutehalten, dass es keine Kollateralschäden wie anderenorts gab, wo Strecken stillgelegt wurden, weil man für sie
keine Abzweige und Rampen bauen konnte/wollte.
Fest stand, dass der Einsatz der Einrichtungswagen mit der Eröffnung des Tunnels ein Ende haben würde.
Einige Bilder entstanden nach unserer Ankunft am Samstag (27.04.1985) noch in der Innenstadt, bevor wir die Jugendherberge Sieker Schweiz aufsuchten.
Unvergessen ist der Auftritt des Zivis, der extra noch einmal in unserer Stube aufkreuzte, um uns eindringlich darauf hinzuweisen, dass der Herbergsvater
bezüglich des Frühstücks mit achtuhrdreißig UM achtuhrdreißig meinte und nicht AB achtuhrdreißig.
(Bild 01) Auf dem Vorplatz des Bielefelder Hauptbahnhofs kann der Bahnreisende heute nicht mehr in die Straßenbahn einsteigen. Am 27.04.1985 hielt M8-Tw 536
vor dem repräsentativen Leinenmeisterhaus aus den 50er Jahren, dessen Namen auf die Bedeutung der Textilindustrie für die Stadt hindeutet.
(Bild 02) Tw 517 am Kesselbrink, aus der August-Bebel-Straße kommend. Auch dieser Platz verlor seinen Straßenbahnanschluss.
Am Sonntag dann, war das Wetter äußerst wechselhaft und der Takt ziemlich dünn (30 min?). Auf der Linie 1 (Schildesche – Senne) fuhren 6x+4x-Einrichtungszüge,
auf den Linien 2 (Sieker – Milse) und 3 (Sieker Mitte Brennerstraße – Babenhausen Süd) M8-Stadtbahnwagen. Die Einrichtungs-Achtachser ließen sich nicht blicken.
Zunächst widmeten wir uns der Linie 1:
(Bild 03) Tw 835+Bw 782 am 28.04.1985 in der Endschleife Schildesche. Am 12.05. standen die Landtagswahlen an. [
landtag.nrw.de] . Charakteristisch für die
Bielefelder Einrichtungswagen waren die beiden eckigen Scheinwerfer und die normalerweise bei Arbeitswagen üblichen, rot-weißen Warnstreifen.
(Bild 04) Derselbe Zug kurz vor der Haltestelle Heidegarten. Die Strecke wurde 1968 eröffnet und ersetzte die enge Ortsdurchfahrt von Schildesche.
(Bild 05) Zwei Sprints (rein in die Straßenbahn, raus aus der Straßenbahn) ermöglichten zwei weitere Bilder in Schildescher Straße, die angesichts der zu erwartenden
Stilllegung schon reichlich runtergekommen war. Anstelle der Häuser auf der rechten Straßenseite befindet sich heute die Tunnelrampe.
(Bild 06) Nachschuss auf den Beiwagen 782. Er hatte noch die Fensteraufteilung der ersten Düwag-Großraumwagen. Die Gebäude des Werkzeugmaschinenherstellers
Droop+Rein sind wie die Straßenbahn inzwischen Geschichte.
(Bild 07) Tw 837 mit Bw 787 hatte auf dem Weg nach Schildesche gerade das Gleisvorfeld des Bielefelder Hauptbahnhofs unterquert. Heute befindet sich hier
ein Kreisverkehr.
(Bild 08) Haltestelle Johannesstift. Ab hier benutzt die Straßenbahn den Bahnkörper der in den 1950er Jahren stillgelegten Bielefelder Kreisbahnen.
(Bild 09) Der Gasthof „Zum Landsknecht“ lag optimal an der Haltestelle Hamfeldstraße. Durch den Hochbahnsteig in Mittellage sind die Wege heute etwas länger.
Auch die DKP zog es damals noch in den Landtag.
(Bild 10) Tw 837 an den längst abgerissenen Postgebäuden unweit des Hauptbahnhofs. Herr S. aus N. bei F. parkt falsch.
(Bild 11) Als nächstes ging es an die Strecke der Linie 3 nach Babenhausen Süd. Auf der Jöllenbecker Straße/Ecke Theodor-Hymmen-Straße kam M8-Tw 525
stadteinwärts des Wegs. An dieser Stelle fährt heute keine Straßenbahn mehr.
(Bild 12) Im weiteren Verlauf der Jöllenbecker Straße wurde die Strecke eingleisig. Von Babenhausen Süd kommend erreichte M8-Tw 526 die Ausweiche
Koblenzer Straße, bei der jeweils das linke Gleis befahren wurde, damit der Mittelbahnsteig auch von Einrichtungswagen benutzt werden konnte.
(Bild 13) Zurück in die Innenstadt: Tw 837 auf der Herforder Straße kurz vor dem Jahnplatz. Bei einem solchen Straßenquerschnitt kann man schon
die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Tunnelbaus stellen.
(Bild 14) Gegenüber des im letzten Bild im Hintergrund sichtbaren Sparkassengebäudes bog die Linie 3 in Gestalt des M8-Tw 525 von der
Herforder Straße in die Friedrich-Ebert-Straße ab. Diese Streckenführung über Kesselbrink musste mit Eröffnung des Tunnels aufgegeben und
durch eine Neubaustrecke in der Nikolaus-Dürkopp-Straße ersetzt werden.
(Bild 15) Am Jahnplatz bog Tw 522 in den Niederwall (vorne) Richtung Rathaus ein. Die Gleise nach links in den Oberntorwall führten bis 1982 auf
direktem Weg nach Brackwede. Die Strecke wurde stillgelegt, um Linksabbiegerspuren für den Individualverkehr zu schaffen.
(Bild 16) Wie sich doch die Wahlkampfthemen ändern. Heute braucht man kein Kabel mehr dafür. Tw 838 mit Bw 788 unterwegs nach Senne.
(Bild 17) Tw 838+Bw 788 an der Haltestelle Landgericht.
(Bild 18) Am südlichen Ende der Linie 1 in Senne wurde die Strecke neu trassiert. In einem Sonnenloch machte sich der Sparkassenzug 834+791 auf
den Weg nach Schildesche.
(Bild 19) Ein Blick in die Gegenrichtung: Haltestelle Sennefriedhof mit Tw 831+Bw 790 und Herrn S. aus N. bei F. im Gebüsch. Auch hier kann man sich
des Gedankens nicht erwehren, dass die Neutrassierung in erster Linie dazu diente, Platz für den Straßenbau zu schaffen.
(Bild 20) Derselbe Zug, von Senne kommend, an der Kreuzung Hauptstraße/Berliner Straße kurz vor der Haltestelle Brackwede Kirche. Das schieferverkleidete
Häuschen war damals wohl schon dem Abriss geweiht.
(Bild 21) Vor der Heimfahrt entstand noch ein Bild auf der Detmolder Straße, Haltestelle Mozartstraße. M8-Tw 536 fuhr als Linie 2 in Richtung Milse. Heute erleichtert
hier ein Hochbahnsteig in Mittellage das Ein- und Aussteigen.
Wenn jemand anhand der Werbung die Beiwagen identifizieren kann, würde ich die Wagennummern ergänzen und mich schon einmal dafür bedanken.
Demnächst mehr aus Bielefeld im zweiten Teil.
Es grüßt
Onkel Wom!
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