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 04 - Historisches Forum 

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Bilder, Dokumente, Berichte und Fragen zur Vergangenheit der Eisenbahn und des öffentlichen Nahverkehrs - Bilder vom aktuellen Betriebsgeschehen bitte nur im Zusammenhang mit historischen Entwicklungen veröffentlichen. Das Einstellen von Fotos ist jederzeit willkommen. Die Qualität der Bilder sollte jedoch in einem vernünftigen Verhältnis zur gezeigten Situation stehen.
Dies ist KEIN Museumsbahnforum! Bilder, Meldungen und Fragen zu aktuellen Sonderfahrten bitte in die entsprechenden Foren stellen.
Beim Zusammenstellen jedes weiteren Teils zu Oberammergau stopere ich immer wieder über Fotos, von denen ich denke: "Das nimmst Du auch noch".... und so wird es immer mehr. Irgendwann muss ich das jetzt mal zum Ende bringen, aber noch ist es nicht so weit.
Heute machen wir mal einen kleinen "Break" und kümmern uns um das berühmt-beliebte Rangiermanöver in Oberammergau. Bekanntlich (oder für manche auch schon nicht mehr so bekannt) wurde in Oberammergau mittels Schwerkraft rangiert. Ein ebenso einfaches, schlüssiges, eingespieltes, wie aber auch exotisches Spektakel, dem wir uns heute eben mal widmen wollen.

Für mich hat dieses Manöver eine ganz besondere Bedeutung: Es wurde direkt vor meinem Kinderzimmer-Fenster zelebriert. Ich hab mal schnell überschlagen, es spielte sich etwa 32.760x vor meinen Augen ab - denn ich erwartete fast jeden Zug und konnte mich auch der Fazination des anschließenden Rangiermanövers selten entziehen. Honk halt!

So sah mein Blick von 1972 bis 1980 aus, danach zogen wir um (allerdings nur um etwa 150 Meter weiter Richtung Bahnhof, so das mein zukünfter Blick von nun an auf die Bahnsteige gerichtet war, auch nicht verkehrt -:)

PICT0033.JPG
169 003 hat sich mit ihrem Güterzug genau in mein Blickfeld positioniert und wird an dieser Weichenverbindung nun ihren Zug umsetzen



Schlüsselstellwerk_NEW.jpg
Dieses "Schlüsselstellwerk" im Vorfeld des Bahnhofs hatte zentrale Bedeutung beim Umrangieren. Der "Rangierer" (nennen wir ihn mal so, egal ob es tatsächlich früher der "Wiener Adi" war, oder in der 2. Hälfte der 70er dann eigentlich der Schaffner des umzusetzendes Zuges) griff als erstes oberhalb des Läutwerkes (das befand sich an der Stelle, an der wir hier nun einen schwarzen Fleck unterhalb des Daches ganz links sehen), wo der Schlüssel für das kleine Häuschen deponiert war. Aus dem Schlüsselschrank darin holte er nun den Weichenschlüssel für die Weichenverbindung Gleis 1 / Verweigung Gleis 2ff

032_29.JPG
169 005 macht das jetzt gerade mal vor, was sich so darstellte:

# Ankunft des Zuges in Oberammergau
# Rangierer steigt auf die Trittbretter der Lok, Schaffner verbleibt im Zug (ab ca. 1978: Schaffner zieht Rangierkleidung an und hängt sich an die Lok/Fahrdienstleiter OA steigt in den Zug)
# Zug setzt zurück bis ans Schlüsselstellwerk, Rangierer springt ab, Zug setzt noch weiter hinter die Weichenverbindung
# Rangierer holt Weichenschlüssel aus dem Schlüsselstellwerk
# Rangierer legt die aufgeschlossene Weiche um und hängt die Lok aus
# Lok zieht wieder Richtung Bahnhof vor (in abzweigende Weichenverbindung)
# Rangierer legt Weiche wieder in Ausgangslage um
# Fahrdienstleiter im Zug löst die Handbremse der Zuggarnitur, die nun wegen des Gefälles ins Rollen kommt
# Wagengarnitur rollt in Richtung Bahnhof über die Weichenverbindung
# sind die Wagen grenzzeichenfrei legt der Rangierer die Weiche wieder auf die Lok um, die dann zurücksägt
# Weiche wieder verschließen, Schlüssel zurück und Rangierer wieder an die Lok
# die Wagen sind inzwischen vom Fahrdienstleiter (hoffentlich) rechtzeitig vor dem Prellbock mit der Handbremse abgebremst worden
# Lok setzt nun auf die Wagen , Rangierer hängt ein

Dieses Manöver wurde auch bei Sonderzügen praktiziert und war so eingespielt, dass auch das Zügpaar 6621/22 pünktlich abgefertigt wurden. Ankunft 18.09 - Abfahrt 18.19 !!! Mit Umsetzten und Bremsprobe

Dieses wunderbare Manöver habe ich leider erst dokumentiert, als es fast schon zu spät war, bei der Fotosonderfahrt im Mai 2004 (leider war der 2. Silberling defekt)!

Schaut es Euch hier auf diesem Video an [www.youtube.com]

BlickRiSchluesslestw_NEW.jpg
Den "Schauplatz" des Umsetzmanövers sehen wir hier nochmals in der Phase der allgemeinen Verwilderung der Szenerie Anfang der 2000er Jahre, und anschließend dann nach dem Umbau auf die heutige Gleisstruktur, allerdings noch vor der Abräumung des Geländes zur Bebauung. Auf dem oberen Bild sehen wir die Bahnsteige Gleis 1/2 links, und 2/3 in der Mitte. Direkt am Fotografenstandort das Gleis 3, das hinter mir dann noch in Gleis 4 und 6 (5 fehlte schon lange) verzweigte. Vor uns das lange Umfahrungs- und Abstellgleis, das bis zum Scheitelpunkt des Bahnhofes hinaus führt und etwa 8 Personenwagen aufnehmen kann. Ursprünglich gab es 2 solche Gleise nebeneinander, auch heute findet man noch die kleinen Brücken über die Kreislaine. Auf dem unteren Foto dann das durchgebundene Einfahrtgleis, das von der Strecke direkt ins frühere Gleis 3 verschwenkt. Der alte Bahnsteig 2/3 wurde Anfangs weiter genutzt, aber etwa 2011 von einem höheren und kürzeren Neubau ersetzt. Damit verschwand quasi das letzte Relikt der alten Gleisanlagen
BlickRiSchluesslestwnachAbb_NEW.jpg

Fortsetzung folgt......


Bernd Mühlstraßer

Ein paar VIDEOS der BAUREIHE E69 - z.B.hier:
[www.youtube.com]

oder wie wär´s mit der E69-Facebook-Seite unter dem Suchbegriff: Die Baureihe E69




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:03:21:17:31:45.
Bernd Mühlstraßer schrieb:
Beim Zusammenstellen jedes weiteren Teils zu Oberammergau stopere ich immer wieder über Fotos, von denen ich denke: "Das nimmst Du auch noch".... und so wird es immer mehr. Irgendwann muss ich das jetzt mal zum Ende bringen, aber noch ist es nicht so weit.
Heute machen wir mal einen kleinen "Break" und kümmern uns um das berühmt-beliebte Rangiermanöver in Oberammergau. Bekanntlich (oder für manche auch schon nicht mehr so bekannt) wurde in Oberammergau mittels Schwerkraft rangiert. Ein ebenso einfaches, schlüssiges, eingespieltes, wie aber auch exotisches Spektakel, dem wir uns heute eben mal widmen wollen.

Für mich hat dieses Manöver eine ganz besondere Bedeutung: Es wurde direkt vor meinem Kinderzimmer-Fenster zelebriert. Ich hab mal schnell überschlagen, es spielte sich etwa 32.760x vor meinen Augen ab - denn ich erwartete fast jeden Zug und konnte mich auch der Fazination des anschließenden Rangiermanövers selten entziehen. Honk halt!

So sah mein Blick von 1972 bis 1980 aus, danach zogen wir um (allerdings nur um etwa 150 Meter weiter Richtung Bahnhof, so das mein zukünfter Blick von nun an auf die Bahnsteige gerichtet war, auch nicht verkehrt -:)

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169 003 hat sich mit ihrem Güterzug genau in mein Blickfeld positioniert und wird an dieser Weichenverbindung nun ihren Zug umsetzen



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Dieses "Schlüsselstellwerk" im Vorfeld des Bahnhofs hatte zentrale Bedeutung beim Umrangieren. Der "Rangierer" (nennen wir ihn mal so, egal ob es tatsächlich früher der "Wiener Adi" war, oder in der 2. Hälfte der 70er dann eigentlich der Schaffner des umzusetzendes Zuges) griff als erstes oberhalb des Läutwerkes (das befand sich an der Stelle, an der wir hier nun einen schwarzen Fleck unterhalb des Daches ganz links sehen), wo der Schlüssel für das kleine Häuschen deponiert war. Aus dem Schlüsselschrank darin holte er nun den Weichenschlüssel für die Weichenverbindung Gleis 1 / Verweigung Gleis 2ff

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169 005 macht das jetzt gerade mal vor, was sich so darstellte:

# Ankunft des Zuges in Oberammergau
# Rangierer steigt auf die Trittbretter der Lok, Schaffner verbleibt im Zug (ab ca. 1978: Schaffner zieht Rangierkleidung an und hängt sich an die Lok/Fahrdienstleiter OA steigt in den Zug)
# Zug setzt zurück bis ans Schlüsselstellwerk, Rangierer springt ab, Zug setzt noch weiter hinter die Weichenverbindung
# Rangierer holt Weichenschlüssel aus dem Schlüsselstellwerk
# Rangierer legt die aufgeschlossene Weiche um und hängt die Lok aus
# Lok zieht wieder Richtung Bahnhof vor (in abzweigende Weichenverbindung)
# Rangierer legt Weiche wieder in Ausgangslage um
# Fahrdienstleiter im Zug löst die Handbremse der Zuggarnitur, die nun wegen des Gefälles ins Rollen kommt
# Wagengarnitur rollt in Richtung Bahnhof über die Weichenverbindung
# sind die Wagen grenzzeichenfrei legt der Rangierer die Weiche wieder auf die Lok um, die dann zurücksägt
# Weiche wieder verschließen, Schlüssel zurück und Rangierer wieder an die Lok
# die Wagen sind inzwischen vom Fahrdienstleiter (hoffentlich) rechtzeitig vor dem Prellbock mit der Handbremse abgebremst worden
# Lok setzt nun auf die Wagen , Rangierer hängt ein

Dieses Manöver wurde auch bei Sonderzügen praktiziert und war so eingespielt, dass auch das Zügpaar 6621/22 pünktlich abgefertigt wurden. Ankunft 18.09 - Abfahrt 18.19 !!! Mit Umsetzten und Bremsprobe

Dieses wunderbare Manöver habe ich leider erst dokumentiert, als es fast schon zu spät war, bei der Fotosonderfahrt im Mai 2004 (leider war der 2. Silberling defekt)!

Schaut es Euch hier auf diesem Video an [www.youtube.com]

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Den "Schauplatz" des Umsetzmanövers sehen wir hier nochmals in der Phase der allgemeinen Verwilderung der Szenerie Anfang der 2000er Jahre, und anschließend dann nach dem Umbau auf die heutige Gleisstruktur, allerdings noch vor der Abräumung des Geländes zur Bebauung. Auf dem oberen Bild sehen wir die Bahnsteige Gleis 1/2 links, und 2/3 in der Mitte. Direkt am Fotografenstandort das Gleis 3, das hinter mir dann noch in Gleis 4 und 6 (5 fehlte schon lange) verzweigte. Vor uns das lange Umfahrungs- und Abstellgleis, das bis zum Scheitelpunkt des Bahnhofes hinaus führt und etwa 8 Personenwagen aufnehmen kann. Ursprünglich gab es 2 solche Gleise nebeneinander, auch heute findet man noch die kleinen Brücken über die Kreislaine. Auf dem unteren Foto dann das durchgebundene Einfahrtgleis, das von der Strecke direkt ins frühere Gleis 3 verschwenkt. Der alte Bahnsteig 2/3 wurde Anfangs weiter genutzt, aber etwa 2011 von einem höheren und kürzeren Neubau ersetzt. Damit verschwand quasi das letzte Relikt der alten Gleisanlagen
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Fortsetzung folgt......

Da gilt der vielgepriesene Spruch: Tradition und Moderne. Ich gehe davon aus, dass die richtig grausamen Fotos erst noch folgen werden.
Dann gilt ein anderer Spruch, den man in Bavaria auch zukünftig noch hören wird: Hund saa maa schoohh....

Eigentlich gibt es keinen Grund für den Eisenbahnfreund sich nochmals dorthin zu bewegen.
Gott sei Dank gibt es ja noch sehenswerte Orte, nur auch diese werden nicht ewig verbleiben.

Gruss aus Nordbaden
Charly K
Hallo Bernd Mühlstraßer,

interessante und zugleich traurige Serie die du da zeigst. Mich als Stellwerksfreak würden auch mal Bilder vom Stellwerk im Ex. Empfangsgebäude und vom sogenannten Schlüsselstellwerk interessieren, da habe ich noch nie was gesehen hier im Hifo. Würde mich sehr freuen wenn es dazu Bildmaterial geben würde. Danke schon mal. Weiter so Bitte.

Gruß von S.B aus BA/WÜ
Hallo, Herr Mühlstraßer

Interessante Folge über die Zerstörung der Infrastruktur in Oberammergau, das konnte man an so vielen Orten verfolgen.
Bezüglich des Umsetzens ohne Umfahrungsmöglichkeit möchte ich auf den Bahnhof Wasserburg Stadt verweisen.
Hier wurde ähnlich umgesetzt, wenn z.B. Güterwagen zugestellt wurden...und die Bahnhofseinfahrt durch den "Tunnel"
hatte ja schon mächtig Gefälle-so konnte in das Ladegleis und auch in Richtung Rampen "gerollt" werden...

Im Bild von 1986 das Gefälle aus dem Tunnel heraus...früher lagen rechts noch Gleise an die "Rampen", zum Lokschuppen und
zum Anschluß BayWa...

https://abload.de/img/wasserburgstadt-1986-bqsvt.jpg

Umsetzen mittels Schwerkraft 1971 (HiFo-Link)

geschrieben von: Djosh

Datum: 21.03.18 20:44

Hallo Bernd,

weil es gerade gut dazu passt, verlinke ich den schon dagewesenen Thread von Paul und mir:
[www.drehscheibe-online.de]

Paul hat den Schwerkraftumsetzvorgang 1971 auf dem Führerstand von 169 004 in Bildern festgehalten. Im verlinkten Thread ist der Vorgang ab Bild 6 zu sehen.

Viele Grüße,
Georg

https://doku-des-alltags.de/banner/DSObanner01.jpg

April 2023, DSO-Username geändert: aus Djosh wurde doku-des-alltags – sonst ändert sich nix ;-)

Wahnsinn!

geschrieben von: NWK

Datum: 28.03.18 23:03

Hallo Bernd,

urlaubsbedingt habe ich deine Serie eben erst entdeckt und regelrecht verschlungen. Als ich vor ca. zehn Jahren das letzte Mal am Bahnhof Oberammergau war und dort einen 426 fotografiert habe, dachte ich, schlimmer geht es nicht mehr. Deine Serie hat mir nun das Gegenteil bewiesen.

Ganz ausdrücklich geht mein Dank an dich für die historisch sehr wertvollen, aber auch die neuen Aufnahmen. So ein Vergleich muss einfach einmal gezeigt werden.

Aber am meisten hat mich das Video vom Umsetzvorgang beeindruckt. Von diesem Verfahren habe ich noch nie etwas gehört geschweige denn gesehen!

Gruß

NWK (der nun leider gar keinen Grund mehr sieht, diesen Bahnhof jemals wieder zu besuchen)