Verehrte HiFo-Gemeinde,

die Sucht nach Dampf verschlug mich zu Beginn der Osterferien 1980 wieder in die Fabrik zu der werktätigen Klasse. Nachdem der schnöde Mammon den Eigentümer wechselte, ging es zu einem Kurztrip nach Berlin. Letztmalig begehrte ich am 10.04.1980 Einlass in den "demokratischen Sektor" der damals geteilten Stadt. Der Träger dieser Uniform

[www.army-store24.de]

verglich mehrfach mein Gesicht mit dem Foto in dem Kinderausweis. Irgendetwas fiel zu Boden, der Uniformträger beugte sich mit dem Oberkörper hinunter, schnellte hiernach wieder hoch, schlug mit dem Nasenrücken an die Tischkante, fasste sich an den Rüssel und heulte auf. Die neben ihm sitzende Uniformierte stellte oben genannte Frage. Ich musste mir auf die Lippen beissen.

Zahlreiche Aufnahmen, die noch gescannt werden müssen, konnten gemacht werden. Dann kam der letzte Dampfzug. Die Zuglok 44 1576 konnte ich mit dem freundlichen Personal nach Abstellen des Zuges nochmals erlegen. Hiernach gab es ein kurzes touristisches Programm am Brandenburger Tor mit der Mauer im Hintergrund. Niemals hätte ich gedacht, dass die Mauer dort knapp ein Jahrzehnt später verschwinden wird. Niemals hätte ich allerdings auch gedacht, dass dort knapp vier Jahrzehnte später Fahnen brennen und Schutzzonen eingerichtet werden.

Viele Grüße

Martin

Moin Martin!

Betreff: Grenzabfertigung Friedrichstraße

1986 war es mal wieder soweit, ich reiste über den besagten Grenzübergang zum -zigten Male in die Hauptstadt der DDR vulgo russischer Sektor ein. Hierzu muß man wissen, das man an einem Schalter, hinterdem der Passkontrolleur sitzt, seinen Reisepass durch eine Öffnung in einer Einwegglasscheibe, teilweise auch statt Einwegscheibe ein brauner Vorhang, durchschieben mußte. Gleich einem Ritual kam stets die Hand des Grenzers hervor, um den Pass entgegen zu nehmen. Bei dieser Einreise änderte ich jedoch eigenmächtig die Prozedur - ich schüttelte zuerst die Hand der mir nicht sichtbaren Person und drückte ihr dann meinen Pass in die Hand. Es passierte daraufhin - nichts! Ich war verblüfft, denn irgendwie hatte ich mir den Ablauf anders vorgestellt gehabt. Ich hatte zwar absolut nichts dabei, was bei einer eventuellen Extrakontrolle zu meinem Nachteil ausgelegt werden konnte, aber dazu kam es nicht einmal ansatzweise. Ich weiß bis heute nicht, und werde es wohl auch nicht mehr erfahren, ob dem Menschen hinter dem Schalter mein Handeln einfach nur verblüfft hatte, oder ob er sich so gut unter Kontrolle hatte. Auch die Ausreiseprozedur lief absolut korrekt ab, man hatte mich also komplett unbehelligt gelassen - darüber staune ich heute noch... Der Grund des Händeschüttelns war übrigens eine Wette, die ich daraufhin gewonnen hatte, die beiden Hobbyfreunde (wir waren zu dritt, einer davon ist in diesem forum auch aktiv, der andere fährt Taxi) hatten mich am Abend gastronomisch freizuhalten.

Soweit meine etwas spezielle Erinnerung an den mir vollkommen unbekannten Uniformträger!

Mit Grüßen aus dem Norden

Helmut

Martin,
hast ja schon viele imposante Dampfrösser von aussen und innen gezeigt.Aber langsam holst Du
die richtigen Fotos raus!Bitte,weiter so.Sehr feines Bild,danke!
Gut rübergekommen?Ich meine die Jahreswende:=)
Beste Grüsse
Olaf

War die Hand denn echt? Oder war hinter dem Vorhang ein Robotronroboter? :-)
Grüße
Ulrich

Zunächst einmal großen Dank an Martin; das Foto ist genial.

Aber bislang war ich wohl der Ansicht, dass David Hasselhoff mit seinem "Looking For Freedom" die Mauer zum Einsturz
gebracht hat. Da hatte ich aber von Euren Heldentaten noch nichts gewusst.
Helmut: Die Reichsbahner haben ganz viel getan, dass wir kein russischer Sektor wurden. Ja es gab die Baureihen 120, 130
(131 und 132). Ja es gab auch das EZMG in der Stellwerkstechnik. Aber wir haben viel mehr bewahrt und auf die Fehlentwicklungen
bei der Deutschen Bundesbahn gehe ich jetzt nicht ein.
Aber beim Lesen Deiner Erlebnisse nach mehr als dreißig Jahren fange ich, zu grübeln.
Trotzdem herzliche Grüße, Karl

Martin J. Krajnc schrieb:

Die neben ihm sitzende Uniformierte stellte oben genannte Frage.

Wußte ich's doch: Hier ist was faul! Die Genossin fragte sicherlich: „Is' was, Genosse Leutnant?“ – Es ist gut, in schweren Stunden einen g/Genossen zu haben.

Moin.

Bei dem, was zu sehen ist, kann man fast nicht feststellen, ob es ein s/w, oder doch ein Farbbild ist.
Die 44er sieht erbärmlich aus!

Aufnahme vom S-Bahnsteig Berlin-Pankow? Richtig?

Hi Männer,

danke für Eure Anmerkungen.

Mein Dank geht auch an den "Friedrichstädter" für die Beschimpfungen (unwissender, bescheuerter, blöder Wessi) per PN.
Helmut, am frühen Morgen des 31.03.1985 verließen wir in Oebisfelde das Abteil unmittelbar vor der Kontrolle und stürmten auf den Gang, da dort auf dieser Seite 41 231 stand. Ein älterer Grenzer, offenkundig der "Chef", verwendete nur die beiden Worte "interessante Technik" und wir erhielten das Transitvisum auf dem Gang. Das war an der Westgrenze nach meiner Erfahrung eine Ausnahme. An der polnischen Grenze ging es lockerer zu. Da gab es DDR-Grenzer, die darum baten, dass ich ihnen eine Zigarette mit dem holländischen Tabak drehe.
Olaf, der Jahreswechsel verlief ruhig. Vielleicht haben wir ja noch ein Geburtstagsfoto.
Karl, schön, dass Dir das Foto gefällt. Heldentaten haben wir nicht begangen und auch nicht die Mauer beseitigt.
Mathias, es ist gut möglich, dass der Begriff Genosse Leutnant fiel. Insbesondere bei Betrachten der Negative fällt mir auf, dass nach mehr als 3 oder 4 Jahrzehnten doch viel in Vergessenheit geriet.
Helmut, so erbärmlich sieht die Lok m.E. nicht aus. Da habe ich bei der DB schlimmere Exemplare gesehen/fotografiert.
Der (leider) namentlich nicht bekannte Hobbykollege liegt mit Pankow - so jedenfalls meine Erinnerung - richtig.

Viele Grüße

Martin

Hallo Martin,
Danke und Grüße!

Hallo Martin...

...die Lok ist ölgefeuert, daher 44 0576...


Gruß...Wolfgang

DR01 schrieb:

… die Lok ist ölgefeuert, daher 44 0576

Ihr habt beide recht.

Es ist richtig — wir sehen an der Lok nicht „44 1576“ angeschrieben, sondern „44 0576-7“.

Die vom Bild abweichende Beschreibung der Lok mit der Nummer „44 1576“ muss man zwar nicht gut finden
und man kann sich auch trefflich über die Sinnhaftigkeit eines solchen Tuns streiten, aber unter dieser Nummer
wurde sie halt einstmals in Dienst gestellt …



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:01:05:23:21:52.

Hallo Wolfgang,

ich habe die Nummer verwendet, mit welcher die Lok 1943 in Dienst gestellt wurde. Natürlich hätte ich auch 44 0576-7 schreiben können.

Viele Grüße

Martin

...und das finde ich auch gut so.


Herzlichen Dank

Rainer

Es sind doch auch zwei Paar Schuhe: Zum einen wurde die Lok auf Ölhauptfeuerung umgestellt und behielt ihre Nummer. Als
dann der EDV-gerechte Nummernschlüssel eingeführt wurde, kam die Null an die Tausenderstelle. In beiden Zeitpasen
konnte sie fotografiert werden. Hier im Forum findet man doch ganz viele Bilder, auch von der 01.5, die noch ohne die Null oder
die Eins voran unterwegs ist.
Gruß Karl