Hallo ins Forum,
Der legendäre Ruf der Erzbergbahn war schon damals bis ins Ruhrgebiet vorgedrungen mit der Botschaft: Da muß man mal gewesen sein!!! Wie lange lohnt das noch? war die bange Frage. Also reifte der Entschluß, daß die Zeit jetzt gekommen sei. Zuletzt bei der vorher gezeigten Tagesreise zur Zeche Werne (Beitrag vom 17.09.2017 - schon so lange her, seufz) mit meinem Klassenkollegen. Die Woche nach Ostern wäre doch passend, zum Beispiel.
Karsamstag stand der Kollege bei uns vor der Tür, wir – also Vater und ich - waren gerade dabei, das Auto mit dem Schlauch abzuwaschen – damals machte man das noch so – und über die Feiertage sollte es ja sauber sein.
Für meinen Kollegen war klar, daß er am Ostermontag mit seinem Vater für zwei Wochen nach Vordernberg fahren würde. So klar war das für mich dann doch nicht; im Gegensatz zu den Osterexkursionen der Vorjahre hatte ich meine Urlaubsplanungen offenbar schon damals zurückgefahren, was bis heute so geblieben ist. Ich hatte also nichts vorbereitet – keine Filme gekauft, keine Fahrkarte, keine Übernachtung, nichts.
Angesichts des Osterwochenendes und im Beisein meiner Eltern drugste ich ein wenig herum und meinte: Na vielleicht komme ich nach.
Dabei hatte ich gegenüber den Eltern gute Karten; denn kurz vor den Ferien kam heraus, daß ich nicht ins mündliche Abi mußte, da alle Noten schon klar waren. Damit war die Schule vorbei – jedenfalls
diese Schule.
Am Dienstag nach Ostern fuhr ich in die Stadt und kaufte Filme und Fahrkarten nach Vordernberg. Die Reisekasse reichte für eine Woche.
Am Mittwoch, den 17.04.1974 fuhr ich los. Das war natürlich eine Weltreise – in einem Tag gar nicht zu schaffen – und so weit bin ich nie zuvor ganz alleine gefahren. Aber schließlich war ich ja volljährig.
Fotografiert habe ich an diesem Reisetag nichts, aber die verdächtigen Bahnanlagen rechts und links der Route ausgespäht – z.B. den Betriebshof der Duisburger Straßenbahn an der südlichen Ausfahrt des Hbf., wo immer noch ein paar Oldtimer herumstanden, Bw Köln-Deutzerfeld, Bw Köln Bbf, wo die Phantasie wieder Dampfloks an die richtigen Stellen projizierte, Köln-Eifeltor als drittes Kölner Bw im Bunde, wo tatsächlich noch einzelne Dampfloks zu erspähen waren oder doch schon nicht mehr? Die immer schöne Mittelrheinpassage, das enge Bw Mainz Hbf., Bw Frankfurt 1, nicht ahnend, daß ich da später mal für ein paar Wochen ein- und ausgehen sollte. Bw Aschaffenburg mit der Rückseite der beiden großen Ringlokschuppen usw. Mit der Spessartrampe begann die Eroberung einer eher unbekannten Bahnwelt und über Würzburg-Nürnberg endgültig der Eintritt in die Welt der Altbauelloks, die in überraschend großer Zahl vertreten waren. Ab Nürnberg hatten wir plötzlich eine E 18-Vorspannlok am Zug. Irgendwann war Umsteigen in Linz angesagt und es warteten die österreichischen Spantenwagen auf meine Entdeckung. In St. Valentin konnte ich eine ÖBB-78er in der Dämmerung ausmachen.
Tja – wo sollte der Tag denn enden? Ich hatte mich für eine Zwischenübernachtung in Garsten entschieden, denn auch dieser Ort hatte einen guten Klang unter Eisenbahnfreunden. Damit war auch klar, was ich am Folgetag nach dem Frühstück als erstes machen würde – nämlich einen Besuch in der Zugförderungsstelle - wie man in Österreich sagt.
Damit beginnt mein Bild 1 der Reise: mit 298.52 in der Zfst. Garsten am 18.04.1974; mit den alten Holzhütten war das Schuppen-Ensemble damals noch vollständig.
Dann kam wieder etwas Spontaneität ins Spiel mit dem Entschluß, mal raus zu fahren ins Steyrtal mit der Bimmelbahn. Vordernberg war ja nicht mehr so weit und so wollte ich mir den Luxus zusätzlich leisten. Mal ein bißchen in die Fahrpläne geschaut, wie das gehen könnte: bis Grünburg und zurück, war es gut. Von Garsten aus würde ich einen Zug später nehmen.
Bild 2 zeigt den Anstieg hinter Garsten nach Sarning aus dem fahrenden Zug – ein steiler Knappen, hinter dem es nach Steyr-Lokalbahnhof wieder genauso steil fiel. Dieser Teil der Strecke wurde nicht in den Museumbahnbetrieb übernommen und ist heute verschwunden.
Dann kam so eine Art Sicherheitsmanagement zum Tragen; ich hatte nämlich gesehen, daß die Rückleistung ab Grünburg nur wenige Minuten nach der Ankunft startete und tippte darauf, daß das gut eine zweite Garnitur sein könnte. Wenn wir auf der Hinfahrt nun Verspätung haben würden und der Gegenzug in Grünburg auf Abfahrt wartete, könnte das mit dem Umsteigen mißlingen.
Also bin ich schon in Waldneukirchen raus und habe die Ausfahrt aufgenommen.
Bild 3:
Wie man sieht, war Waldneukirchen ein richtiger Bahnhof, wenn auch das Empfangsgebäude ein bescheidener Unterstand war.
Als der Gegenzug einlief, war es doch dieselbe Komposition wie auf der Hinfahrt.
Bild 4:
Hier - bitte sehr - kann ich mein erstes Fototaschenbild präsentieren – wenn das überhaupt zählt, weil die Tasche ja eigentlich am richtigen Platz abgestellt war. Und ja – offenbar habe ich tatsächlich diese weiße Sporttasche als Fototasche umgewidmet, wohl weil ich mir eine spezielle Tasche für diesen Zweck damals noch nicht leisten konnte. Die „Höhlenmalereien“ im Inneren der Hütte habe ich übrigens erst beim nächsten Besuch abgelichtet, was dann allerdings noch sieben Jahre dauern sollte.
Es ging soweit alles gut; in Garsten angekommen ging es mit der großen Bahn weiter – bis diese mich völlig unerwartet in Klein-Reifling auskippte. Wie man an dieser Milchkanne einen Zug enden lassen konnte, habe ich ja gar nicht verstanden. Der Blick auf den Fahrplan schaffte die ernüchternde Gewissheit, daß in den nächsten drei Stunden dort Schicht sein würde. Dumm gelaufen, da muß ich irgendwas verpeilt haben bei meiner Spontandisposition.
Normalerweise wäre man da ins nächste Wirtshaus gegangen, aber so etwas war natürlich im Budget nicht eingeplant, schon gar nicht am ersten Tag.
Bild 5: Ein klein bißchen konnte mir dann die kompakte 1080.15 die Langeweile vertreiben, der ich ein Bild spendiert habe, auch wenn ich von dem roten Anstrich nicht begeistert war.
Bild 6: Es kam sogar noch Bewegung in die Sache, und ein zweites Bild entstand bei Rangiergeschäften.
Irgendwann ging es tatsächlich weiter – durch das überaus romantische Ennstal nach Hieflau. In der Bahnhofseinfahrt konnte man die ehemalige Zugförderungsstelle erspähen, wo noch einige dunkle Umrisse abgestellter 52er auszumachen waren.
Dann stand ich wieder da - ohne Anschluß. Ersatzweise konnte ich mich mit einer grünen 1080er, der 1080.01 beschäftigen.
Bild 7:
Ein Stilleben mit Lokführer, wie man auf den zweiten Blick durchs offenstehende Fenster sieht.
Bild 8:
Also eine Lok mit Lokführer an einem Zug, der noch mit Hemmschuh gesichert ist. Vielleicht war noch einer unterwegs zum Anhängen? Vielleicht war auch gerade abgehängt worden und die Lok wartete auf Rangieraufgaben oder eine Lz nach Hause?
Ich hätte genügend Zeit gehabt, es herauszubekommen. Denn: bei näherem Fahrplanstudium erwies sich das Anschlußproblem als durchaus ernsthaft; denn da ging erstmal nichts und schließlich mußte ich mir in Vordernberg noch eine Unterkunft besorgen, am besten dieselbe wie mein Klassenkollege.
Immerhin war Hieflau besetzt und die wohlwollenden Eisenbahner ließen mich im Güterzug (-Begleitwagen) nach Eisenerz mitfahren. Dort gab es Anschluß mit einem Bahnbus nach Vordernberg.
So kam ich in den Genuß, die Strecke schon einmal mit dem nötigen Abstand auf Fotopunkte hin zu untersuchen, sofern das bei der frühzeitigen Dämmerung in den Tälern überhaupt möglich war. Auch kam recht eindrucksvoll der namensgebende Erzberg in den Blick. Ab der Ortschaft Erzberg führte die Straße durch dichten Wald und mit einer irren Steigung von 22% bergauf, mit nur wenig Blickkontakt zur Bahn. Hinter der Paßhöhe auf der Talfahrt wurde die Landschaft wieder offener und ich bekam einen ersten Erzzug auf Talfahrt zu Gesicht – sehr sehr langsam. Somit hatte ich das Gefühl, doch noch anzukommen.
Dann schlug wieder die fehlende Ortskenntnis zu, als der Bus in Vordernberg-Markt hielt. Zwar sah das nach Ortsmitte mit üblicher Zivilisation aus, aber das Reiseziel hieß nun einmal Vordernberg und nicht Vordernberg-Markt – also blieb ich im Bus sitzen, um zu erfahren, wie es in Vordernberg aussehen würde. Wo es einen Bahnhof gibt, mußte es ja auch Hotels geben – und sehr wahrscheinlich auch meinen Klassenkollegen, war meine Überlegung. Nach der Ankunft zeigte sich, daß es eigentlich nur den Bahnhof gab, was mir der Busfahrer auch bestätigte. Nun, da der Bus nicht gleich zurückfahren wollte, stiefelte ich also mit meinem Gepäck an der Straße entlang und mit 6% Steigung nach Vordernberg-Markt zurück. In der Mitte gab es dort einen schönen großen Platz und der Blick fiel auf ein Gebäude, das wie ein Gasthof mit Fremdenzimmern aussah – wenn auch irgendwie etwas düster (und verlassen). Ich traute mich zu klingeln und es wurde aufgemacht. Ein netter Herr hörte sich meine Geschichte an und meinte aber, daß das Haus wegen Betriebsferien geschlossen habe. Aber ich sollte es mal gegenüber in dem hellen Gebäude auf der anderen Straßenseite probieren. Dort gebe es Gästezimmer und es müßte geöffnet sein.
So war es dann in der Tat; zur Rezeption mußte ich in den 1. Stock hoch – und wer begegnete mir dort noch vor der Wirtin? Mein Klassenkollege und sein Vater!! So ging das damals - ohne Handy und Internet – alles wird gut.
Das war dann schon Tag 2 meiner Fahrt zur Erzbergbahn. Den wollte ich dann nicht ausklingen lassen, ohne wenigstens ein bescheidenes Bild von einem Zug der Erzbergbahn zu machen. Also gingen wir für den Abendzug noch einmal zum Bahnhof – es war schon stockdunkel – und es entstand diese Stativaufnahme von dem abendlichen Personenzug 4106 mit 97.217.
Bild 9:
Im neuen Jahr, in das alle gut hineinrutschen mögen, gibt es dann „richtig“ Erzbergbahn.
Wie schon gesagt: Alles wird gut.
Klaus