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siehe auch
(CH) BLS 1972 und 1989, Ce 4/6 301-316 (viel Text, 10B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS, De 4/5 791-795, die fünfachsigen Triebwagen von 1929 (10B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS, De 4/5 796, der langlebige Einzelgänger (42B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS "Blaue Pfeile" von 1935, Be 2/4 721-722 und ABDe 2/8 701-704 (18B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS "Blaue Pfeile" von 1935, ABDe 2/8 701-704 im Einsatz um Bern (27B) [www.drehscheibe-online.de]

Einen der verrücktesten Triebwagenwagentypen, die je in der Schweiz über längere Zeit erfolgreich zum Einsatz kamen, stellten SIG Neuhausen und SAAS Genf 1938 für die BLS-Gruppe auf die Schienen. Verlangt war ein wesentlich stärkerer, schnellerer und grösserer „Blauer Pfeil“ als die verschiedenen Ce 2/4 von 1935: 700 statt 280/350 kW, 110 statt 100 km/h, 16 Sitzplätze der 2. Klasse, ein Gepäck- und ein Postabteil sollten im Triebwagen selber, nicht in einem unmotorisierten Leichtanhänger mitgeführt werden. Das Ergebnis war ein bizarr aussehendes Gefährt mit unverwechselbarer, scharf geschnittener Front. Die neuartige Schweisstechnik war bei den BCFZe 4/6 731 und 736/737 der BLS-Gruppe anders als bei den berühmten "Roten Pfeilen“ der SBB oder den gleichzeitig gebauten Schnelltriebwagen im Ausland in keiner Weise für wohlgerundete, als „stromlinienförmig“ geltende Formen genutzt worden. Der Verzicht auf ein solides Untergestell für den selbsttragenden Wagenkasten ermöglichte einen tiefliegenden Wagenboden. Die pneumatischen Falttüren liessen sich von den einsteigewilligen Fahrgästen nur noch auf Knopfdruck öffnen, eine Klinke war nicht vorhanden. Die drei Drehgestelle erhielten einen sehr tief angesetzten, äusseren Hilfsrahmen, wobei das mittlere Drehgestell in der Werkstatt getrennt werden konnte, sodass jede Hälfte des Triebzuges separat verschoben werden konnte. Der tief gelegte Wagenboden war nur möglich, weil Transformator, Widerstände und Hilfsbetriebe auf das Dach verlegt wurden. Die Aufbauten über den Führerständen verstärkten den unharmonischen Gesamteindruck bis ins Groteske. Die Passagiere gewöhnten sich aber rasch an die seltsamen Züge, und selber freute ich mich regelmässig über ihr Auftauchen, sei ei es als Passagier oder als Fotograf.

Die Notwendigkeit für schnellere Triebzüge zur Ergänzung der 1. Generation „Blaue Pfeile“ von 1935 lässt sich verstehen, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die zur BLS-Gruppe gehörende „Bern - Neuenburg-Bahn“ BN seit ihrer Elektrifizierung mit 90 km/h schnellen, 75 t schweren und 1600 PS starken CFe 4/5-Triebwagen fuhr, deren Personenabteil als solches unbrauchbar war und schon nach 12 Jahren entfernt wurde, als Alternative standen nur die drei auf 75 km/h beschränkten Be 4/6-Lokomotiven zur Verfügung. In beiden Fällen mussten sich die Passagiere mit hochbeinigen, zweiachsigen Personenwagen begnügen. Damit war man seit dem Aufkommen der Strassenkonkurrenz nicht wettbewerbsfähig.

Für den Komfort der Kurzstrecken-Passagiere hatten SIG und SAAS bei ihren drei Niederflur-Gelenkzügen von 1938 wirklich neue Massstäbe gesetzt. Blick auf den Mehrzweckteil des seit 1962 als ABDZe 4/6 bezeichneten Gelenktriebwagens: Führerstand mit Stirnwandtüre (nur für dienstlichen Gebrauch, ungeschützt), Eingang zum 12-plätzigen Abteil der Polsterklasse, der Zusammenhang zwischen der Drehgestell-Bauart und dem tief liegenden Fahrzeugboden ist hier gut zu erkennen, radial einstellbare Achsen nach System SIG/Liechty erlauben einen extrem langen Achsstand von 3,6 m, Transformator auf dem Dach eingebaut, über dem Eingangsbereich, Postabteil mit Briefeinwurf, Gepäckabteil, kleines Abteil der „harten“ Klasse.
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Im zweiten Wagenkasten gelang es, besonders viele Sitzplätze unterzubringen. Der Einstieg führt in eine Art Traglastenabteil mit Klappsitzen, dann folgen 8 Mittelgangabteile mit je 10 Sitzplätzen in der Anordnung 2+3, beim zweiten Eingang befindet sich das WC. Breite Senkfenster mit schmalen Fensterpfosten erhöhen das Fahrvergnügen im Sommer, Stehplatzfahrgäste auf der Plattform hinter dem Führerstand erfreuen sich einer tollen Streckensicht.
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Am Anfang der Berichte über die ABDZe 4/6 stehen drei Fotos aus meiner Kleinbild-Fühzeit im Mai 1974, aufgenommen in Ins. Sie zeigen den BLS-Triebwagen ABDZe 4/6 731. Leider ist es mir nicht mehr ganz gelungen, den originalen Blauton wiederherzustellen. Beim Versuch, den ganzen, sechsachsigen Triebwagen auf ein einziges Bild zu bringen, ist damals nichts besseres herausgekommen als das hier:
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Mit dauerhafterem Filmmaterial habe ich den gleichen Triebwagen im April 1978 in Bern Bümpliz Nord aufgenommen. Hier der für mich immer wieder faszinierende Kopfteil mit 1. Klasse und Postabteil. Das Shed-Dach im Hintergrund passt irgendwie zu den kompromisslos-techniklastig gestalteten Dachaufbauten den Triebwagens.
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Bei der Ausfahrt Richtung Bern geraten blühende Forsythien ins Bild. Ein bedienter Bahnpostwagen hängt am Gelenktriebwagen.
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Die beiden Triebwagen 736 und 737 waren der BN zugeteilt. ABDZe 4/6 737 verlässt den Bahnhof Neuchâtel.
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ABDZe 4/6 736 fährt aus dem Bahnhof Bern aus.
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Er führt einen Einheitswagen als Verstärkung mit.
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Mit einem SBB-Leichtstahlwagen behängt, überrascht mich BN ABDZe 4/6 736 durch seine rasante Ausfahrt aus dem Bahnhof Ins. Als kleine Entschädigung für die technische und gestalterische Unzulänglichkeit des Bild grüsst aus dem Hintergrund der schon früh in die Ostschweiz (edit dank Urs) verkaufte GFM-Triebwagen ABDe 4/4 171.
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Kein Sonnenlicht, Baustelle auf der Brücke, trotzdem habe ich abgedrückt: BN ABDZe 4/6 736 ist mit einem SBB-Einheitswagen auf dem Senseviadukt Richtung Bern unterwegs. Der SBB-Wagen starrt in den nur noch älteren Semestern vertrauten dunkelgraubraunen „Bremsstaubfarben“. Nur die Bereiche um die 1968 angebrachten neuen UIC-Nummern und Klassenanschriften sind frisch grün grundiert, der Wagen besitzt noch die urspünglichen Faltenbalgübergänge.
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BLS ABDZe 4/6 731 auf der Gürbetalstrecke, zwischen Kehrsatz und Wabern, April 1982, siehe auch [www.drehscheibe-online.de] (ganz hinunterscrollen)
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Bern Fischermätteli, mit Handwagen am offenen Gepäckraumtor. Den Kegler mit brennendem Stumpen zwischen Zeige- und Mittelfinger muss man sich in einem heutigen Gasthof erst einmal vorstellen, 1978 wurde noch die Werbung auf ihn ausgerichtet…
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BN ABDZe 4/6 737 kreuzt in Bern Fischermätteli den mit Ce 4/4 316 und Be 4/4 762 bespannten Güterzug.
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In der Abendspitze ist der alte BN-Gelenktriebwagen mit zwei BLS-Personenwagen verstärkt, welche 1971/72 aus Wagen mit offenen Plattformen entstanden sind.
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Ein Rätselbild aus der letzten Betriebszeit der ABDZe 4/6: Tw 737 ist mit ABDe 4/8 750 bei Lanzenhäusern unterwegs Richtung Schwarzenburg. Die 1. Klasse wurde auf dieser Strecke erst ab 1985 offiziell angeboten, BN ABDZe 4/6 737 jedoch schon 1984 als Ersatzteilspender abgestellt. Ich kann mir das nur so erklären, dass nach Ablieferung der neuen Pendelzüge (RBDe 4/4 721-730 mit Steuerwagen vom Typ ABt) ab Herbst 1982 ein Überhang an Fahrzeugen mit 1. Klasse bestand, sodass diese bedenkenlos auf der Schwarzenburgerlinie eingesetzt wurden, zur Freude eines Teils der Pendler.
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BN ABDZe 4/6 737 ist mir am gleichen Tag zweimal bei schönstem Licht in Spiez vor die Linse gekommen, einmal als Zug nach Interlaken…
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…einmal auf der Ausfahrt Richtung Frutigen.
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Auf der Fahrt von Spiez nach Thun schleppt BLS ABDZe 4/6 731 zwei leere Personenwagen einer Nachbarbahn mit.
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ABDZe 4/6 tauchten zu meiner Zeit nur selten im Simmental auf, BLS ABDZe 4/6 731 in Zweisimmen.
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In der Klus bei Wimmis kam ich fast zu spät, und den nach Spiez hinunter fahrenden Triebwagen aufzunehmen: Der fuhr vielleicht schnell!
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Viel zu spät bemerkte ich, dass zeitweise einer der speziellen Gelenktriebwagen auf der Lötschberg-Nordrampe eingesetzt war und dabei bis nach Kandersteg fuhr. BLS ABDZe 4/6 731 trifft aus Kandersteg im Bahnhof Blausee-Mitholz ein.
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Fahrgastwechsel im Bahnhof Blausee-Mitholz. Der Kleinbus bietet Anschluss zum Forellenparadies am idyllisch gelegenen Blausee.
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Ein trügerisches Idyll, wenn man den Hintergrund kennt: Das wunderbar gestaltete Bahnhofgebäude, das zu Tausenden als Modellbausatz für H0-Anlagen nachgebaut wurde, ist ein Neubau von 1948. Das Original wurde am 19. Dezember 1947, vor fast genau 70 Jahren, von einer der schrecklichsten Explosionskatastrophen der Schweizer Geschichte hinweggefegt. Das nördliche Panzertor des mit 7000 t explosiven Stoffen gefüllten Munitionslagers legte das Bahnhofgebäude nieder, der Stationsvorstand und sein Sohn kamen ums Leben, mit ihnen sieben weitere Bewohner des nur 200 Einwohner umfassenden Dorfes Mitholz. [de.wikipedia.org] Das frisch geschotterte Anschlussgleis hinter dem ausfahrenden Triebwagen führt zur Militärkaverne.
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Der Berg über der explodierenden Munition brach zusammen, die dabei freigelegte Felswand ist noch heute gut zu erkennen.
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Kehren wir zu den friedlichen Aspekten der alten BLS-Bergstrecke zurück. Abschiedsbild von BLS ABDZe 4/6 731, zwischen Blausee-Mitholz und Kandergrund.
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BN ABDZe 4/6 737 wurde 1984 als Ersatzteilspender abgestellt und noch im gleichen Jahr abgebrochen. BLS ABDZe 4/6 731 und BN ABDZe 4/6 736 wurden 1985 an die Sensetalbahn verkauft und dort zu BDe 4/6 102 und 103 umgebaut. Nach dem Einsatzende im Sensetal gelangte einer der Gelenktriebwagen über den Tramverein Bern zur BLS-Stiftung, er steht heute in den historischen Farben für Extrafahrten zur Verfügung. Die in vielen Details ausserordentlich sorgfältige Aufarbeitung lässt vergessen, dass auf den Wiedereinbau der Polsterklasse und des Postabteils aus naheliegenden Gründen verzichtet wurde.

Vom Einsatz eines solchen Triebwagens im Val-de-Travers habe ich schon berichtet: [www.drehscheibe-online.de]
Vor seinem Abbruch half Tw 737 einige Zeit im Sensetal aus, davon später.

Link zum meinem Inhaltsverzeichnis:
[www.drehscheibe-foren.de]

Gruss, Werner



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:12:24:17:07:19.
Danke für das wunderbare Porträt dieser fantastischen Wagen - ein wahrer Geniestreich Schweizer Ingenieurskunst und ihrer Zeit weit voraus! Ich erinnere mich noch gut an den SER-Artikel von 1985 über den Verkauf an die STB und darüber, wie glücklich man bei dieser kleinen Bahn war, endlich, endlich ein Fahrzeug gefunden zu haben, das allen Anforderungen und Erwartungen entsprach. Mir standen beim Lesen die Tränen in den Augen!

Gruß
Klv

Gelenktriebwagen ABDZe 4/6 BN 737 (1 B)

geschrieben von: Schienenmog416

Datum: 23.12.17 21:29

Hallo zusammen,

wieder klasse Bilder, vielen Dank an Werner. In "meinem" Heimatbahnhof Kandersteg konnte ich BN 737 am Morgen des 19. Juni 1984 aufnehmen, alleine die Bezeichnung ABDZe 4/6 war für mich damals faszinierend. Das Personal genießt die Wendezeit in der warmen Junisonne, bevor es wieder zurück in Richtig Spiez geht. Auch die Blumenkästen wurden schon unterhalb des Bahnhofsdaches aufgehangen. Die Anlieferung erfolgte als Dienstgut mit der Bahn, der örtliche "Mensch für alles" im Bahnhof schnappte sich seinen Gabelstapler und hing die Blumenkästen auf. Über den Hintergrund muss man sich bei Eisenbahnaufnahmen in Kandersteg keine Gedanken machen - der passt immer. Und anschließend wurde der Zug zur Mitfahrt genutzt.

Gruß von Michael

BN736_01.jpg

Kandersteg , 19.07.1984 , BN 737 mit Zug 4712

Form follows function

geschrieben von: weineggbahn

Datum: 24.12.17 09:10

Guten Tag Werner,

Deinen leicht abschätzigen Bemerkungen zum Aussehen dieser Triebwagen muss leider widersprechen. In der damaligen Zeit gab es in der Architektur-Welt eine Strömung, welche mit dem ganzen Klimbim der vorhergehenden Epoche (überall Schnörkel und Ausschmückungen bis zum Abwinken) Schluss machen wollte. Man war überzeugt, dass das Wesentliche in den richtigen Proportionen mit klaren Linien die gestalterische Sprache der Zukunft sein würde. In Deutschland war das Bauhaus in Dessau das Zentrum dieses neuen Trends, in der Schweiz sprach man in der Architektur vom Neuen Bauen und die Gestalter dieser Stilrichtung waren oft im Werkbund vereint. Viele Möbelstücke aus dieser Zeit gelten heute als Klassiker und Gebäude werden glücklicherweise erhalten und stilvoll restauriert. In Zürich ist zum Beispiel das ehemalige Kunstgewerbeschule-Gebäude zwischen HB und Limmatplatz ein Vertreter dieser Architektur-Sprache.

Ja, die mordsmässig grossen Apparaturen auf den Führerständen sprechen eigentlich gegen diese Designsprache, aber sonst sind diese Triebwagen mit ihren leichten, klardefinierten Linien und dem "Form Follows Function" meiner Meinung nach tolle Beispiele für die Umsetzung dieses Stils.
Und ich finde es toll, dass einer dieser Triebwagen professionell aufgearbeitet wurde, auch wenn sie bei den Eisenbahnfreunden nie so beliebt waren, wie Dampfloks, Rote Pfeile und Krokodile.

Ich möchte Dir jedenfalls noch herzlichen Danken, für diese schönen Bilder, mit denen Du uns regelmässig beglückst.

Schöne Feiertage, =weineggbahn=
wernerhardmeier schrieb:
Die Notwendigkeit für schnellere Triebzüge zur Ergänzung der 1. Generation „Blaue Pfeile“ von 1935 lässt sich verstehen, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die zur BLS-Gruppe gehörende „Bern - Neuenburg-Bahn“ BN seit ihrer Elektrifizierung mit 90 km/h schnellen, 75 t schweren und 1600 PS starken CFe 4/5-Triebwagen fuhr, deren Personenabteil als solches unbrauchbar war und schon nach 12 Jahren entfernt wurde, als Alternative standen nur die drei auf 75 km/h beschränkten Be 4/6-Lokomotiven zur Verfügung. In beiden Fällen mussten sich die Passagiere mit hochbeinigen, zweiachsigen Personenwagen begnügen. Damit war man seit dem Aufkommen der Strassenkonkurrenz nicht wettbewerbsfähig.

Die grössere Geschwindigkeit war das eine, das andere wesentlich prägendere war eine wesentlich billigere Betriebsabwicklung. Die 1. Generation mit den verschiedenen Ce 2/4 waren zwar durchaus erfolgreich, aber es hat sich gezeigt, dass ihnen z.B. die Polsterklasse oder ein Gepäckabteil fehlt (weshalb dann ja neue Anhängewagen dazu beschafft wurden, respektive diese dann fix verbunden wurde) um als Alleinfahrer alle möglichen Züge zu führen.
Die neuen BCFZe 4/6 hatten alles drin was ein Zug brauchte: Polsterklasse, Post- und Gepäckabteil und auch jede Menge Sitze für Otto Normalbürger und konnten so viele Züge in Alleinfahrt übernehmen. Es gelang viel totes Gewicht in Form einer Lok einzusparen, was auch eine erhebliche Reduktion an Energiekosten mit sich brachte. Dazu kamen Personaleinsparungen. In Alleinfahrt brauchte es keinen Zugführer oder Rangierer mehr, ein Lokführer konnte den Triebwagen wirklich alleine bewegen. All dies half mit günstiger zu fahren und Kosten einzusparen.
All die Leichtmotorwagen die bei der BLS Gruppe eingekauft wurden hatten ein Ziel: Einsparen von Betriebskosten, den Betrieb rationeller machen und so die Betriebsergebnisse der Bahnen etwas aufbessern.
Gut da stand keine Bahn der BLS-Gruppe, weder BN noch BLS, GTB, SEB, ESZ geschweige denn die BSB. All die Leichtmotorwagen konnten nur mittels etlicher Subventionen durch die öffentliche Hand (Lotteriefonds, Gemeinden, Kantone, Bund...) beschafft werden, so kritisch waren die Finanzverhältnisse der Bahnen. Ich war kürzlich im Staatsarchiv - die Akten für die Erlangung der Subventionen füllen mehrere Archiveinheiten...
Man beschaffte sich zwar wie die SBB mit ihren Roten Pfeilen für die damalige Zeit wirkliche Hi-Tech Fahrzeuge, deren Ziel aber nicht möglichst hohe Fahrgeschwindigkeit waren, sondern eben ein rationeller Betrieb ermöglichten. Die Blauen Pfeile waren über alle Generationen herausragende Fahrzeuge die für die damalige Zeit Meilensteine setzten und sich allesamt weitgehend bewährten.

Persönlich verbinde ich mit den ABDZe 4/6 eine meiner ersten wirklich noch vorhandenen Erinnerungen an Eisenbahnen. Dürfte wohl 1984/1985 ganz am Ende der BLS Zeit gewesen sein, als ich an der Haltestelle Dürrenast auf den Regionalzug wartete und dann ein "Pharao", einer dieser kantigen unverkennbaren ABDZe 4/6 daher gefahren kam. Umso mehr freut es mich, dass eines der Fahrzeuge heute noch lebt.


https://bahnbilder.ch/pictures/large/19432.jpg

veni vidi vici :-)

meine Beiträge bei DSO:
[www.drehscheibe-online.de]




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:12:24:09:21:47.

Super Beitrag und GFM 171

geschrieben von: ch-schmalspur

Datum: 24.12.17 16:40

Lieber Werner
Was für ein schönes Weihnachtsgeschenk!

Kleine Anmerkung zum GFM 171 (EAV): Der Triebwagen wurde an die MThB verkauft - neu Nr. 16, der RVT 103 ging ins Unterwallis und wurde dort MO Nr. 9.

Grüsse
Urs

Re: Super Beitrag und GFM 171

geschrieben von: wernerhardmeier

Datum: 24.12.17 17:05

ch-schmalspur schrieb:
Lieber Werner
Was für ein schönes Weihnachtsgeschenk!

Kleine Anmerkung zum GFM 171 (EAV): Der Triebwagen wurde an die MThB verkauft - neu Nr. 16, der RVT 103 ging ins Unterwallis und wurde dort MO Nr. 9.

Grüsse
Urs


Oh pardon, wie wahr, Danke Urs! Ich korrigier's oben.

@huerz: Danke für dieses wirklich wunderbare Bild des historischen Triebwagens in seiner angestammten Umgebung!

Es freut mich übrigens sehr, auf welch lebhaftes Interesse die 4/6-Triebwagen stossen. Selber erfuhr ich erst 1970, mit dem Kauf des legendären Triebfahrzeug-Buches von Peter Willen, von der Existenz eines Gelenktriebwagens mit der "allumfassenden" Typenbezeichnung ABDZe. In der Schweiz gab es das kein zweites Mal, ABDe war sonst das höchste der Gefühle.

Gruss, Werner



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:12:24:17:12:18.

Re: Super Beitrag und GFM 171

geschrieben von: Florian Ziese

Datum: 25.12.17 13:55

wernerhardmeier schrieb:
Es freut mich übrigens sehr, auf welch lebhaftes Interesse die 4/6-Triebwagen stossen. Selber erfuhr ich erst 1970, mit dem Kauf des legendären Triebfahrzeug-Buches von Peter Willen, von der Existenz eines Gelenktriebwagens mit der "allumfassenden" Typenbezeichnung ABDZe. In der Schweiz gab es das kein zweites Mal, ABDe war sonst das höchste der Gefühle.
Andernorts gab es BCFZe 4/4, wenn auch schon lange her bei der CEG: [www.drehscheibe-online.de], hätten die länger überlebt, wären sie 1956 genauso zu ABFZe und 1961 zu ABDZe geworden.

Vor Abschaffung der 1. Klasse 1956 wäre natürlich das Maximale ein ABCFZe gewesen. Da war nicht nur der Platz im Fahrzeug knapp, solch "niedere" Züge, die mit Triebwagen bespannt wurden hatten meist überhaupt keine 1. Klasse, auch nicht in angehängten Wagen. Ein "A" in der Bezeichnung bei einem Triebwagen war ja ansich schon sehr selten.

Wobei an sich ja noch mehr ginge, auch wenn es auch nicht angeschrieben wird. Beispielsweise die ICN haben als Einzelwagenreihung Bt+B+WRA+A+AD+B+Bt, in der Summe ergibt das aber kein RABDWRe, sondern der WR-Bereich fällt unter den Tisch und es beliebt nur beim RABDe.

Viele Grüsse

Florian



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:12:25:13:56:13.