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 04 - Historisches Forum 

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Augsburger Abendzeitung
Sonnabend, 14. Mai 1881
Nr. 132
Berlin 12. Mai. Heute Mittag 12 Uhr fand mit einem von der Firma Siemens und Halske eingeladenen Publikum eine Probefahrt mit der elektrischen Eisenbahn zu Groß=Lichterfelde statt und es vollzog sich damit ein Akt auf einem Gebiete der Verkehrsvermittlung, welchem es vielleicht einmal vorbehalten ist, eine völlige Umwandlung des Eisenbahnverkehrs zu bewirken. Es ist mit dieser Eisenbahn die erste derartige Strecke überhaupt dem Verkehr übergeben worden, weder England, noch Frankreich, noch Amerika haben Aehnliches aufzuweisen. Alle Theilnehmer der Fahrt, etwa 60 Personen, welche in verschiedenen Abtheilungen theils die Strecken befördert wurden, theils das Maschinenhaus, von wo die elektrische Kraft durch unterirdische Drähte in den Wagen geleitet wird, besichtigten, waren über die exakte Art der Beförderung wie der ganzen Einrichtung des Lobes und der Bewunderung voll. Am Sonntag wird die Bahn dem Betriebe übergeben.
Den Theilnehmern an der Probefahrt wurde eine Erläuterung übermittelt, der wir folgende Sätze entnehmen: "Die elektrische Eisenbahn ist von der Firma Siemens u. Halske lediglich zu dem Zwecke erbaut, um den Betrieb von Wagen für Personen respektive Güterbeförderung durch elektrische Kraftübertragung als praktisch brauchbar nachzuweisen und auch das Vorrecht der ersten Ausführung für Deutschland zu sichern, nachdem bereits kleinere derartige Einrichtungen auf der Berliner Gewerrbe=Ausstellung im Jahre 1879 und später auf mehreren anderen Ausstellungen von Siemens u. Halske ausgeführt waren. Die elektrische Eisenbahn in Lichterfelde führt von dem Bahnhofe der Anhaltischen Eisenbahn nach der Haupt=Kadettenanstalt und ist 2 1/2 Kilometer lang. Die Spurweite beträgt einen Meter und sind die Stahlschienen wie bei Eisenbahnen üblich, auf Holsschwellen befestigt, wie überhaupt der ganze Unterbau dem einer Sekundärbahn entspricht. Etwa einen halben Kilometer vom Bahnhofe entfernt, ist in dem Maschinengebäude der Wasserwerke eine dynamo=elektrische Maschine aufgestellt, welche durch eine Dampfmaschine in rasche Umdrehung versetzt, den elektrischen Strom erzeugt, der mittelst unterirdischer Leitungsdrähte den Schienen der Bahn zugeführt wird und durch diese vermittelst der Räder des Wagens zu der elektrischen Maschine gelangt, welche durch ihn gedreht, ihrerseits die Räder des Wagens in Umdrehung versetzt und dadurch denselben fortbewegt. Der Wagen ist denjenigen einer gewöhnlichen Pferdebahn durchaus ähnlich; für den hier vorliegenden Fall bietet er außer dem Führer für zwanzig Personen Platz. Er hat zwölf Sitzplätze und acht Stehplätze. Die elektrische Maschine ist zwischen den Rädern unterhalb des Fußbodens angebracht, arbeitet geräuschlos, ist kaum sichtbar und macht sich durch nichts äußerlich bemerkbar. Der behördlichen Anordnung gemäß soll die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit 15 Kilometer pro Stunde betragen und darf an keiner Stelle 20 Kilometer pro Stunde übersteigen, obleich eine weit größere Geschwindigkeit erzielt werden könnte. Gewiß ist der elektrische Bahnbetrieb noch vieler Verbesserungen und Erweiterungen fähig, doch geben die Erfolge, wleche auf der Lichterfelder Bahn schon jetzt zu Tage getreten sind, ihm sicher die Aussicht auf eine bedeutende Zukunft."

Gruß
Walter
Was hier als elektrische Eisenbahn betitelt wird, würden wir heute eher als Überlandstraßenbahn bezeichnen. [de.wikipedia.org] Das beschriebene Wasserwerk gibt es heute noch, auch ein altes Gebäude, bei dem es sich um Fragmente des Maschinenhauses oder Wagenschuppens handeln könnte: [www.google.de]

Auch ein Denkmal gibt es für die erste elektrische Straßenbahn der Welt: [blog.akg-images.com] Das Gleisstück zeigt allerdings in die falsche Richtung, die Bahn führte nicht durch die Lankwitzer sondern durch die Bogenstraße.