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 04 - Historisches Forum 

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(CH) BLS 1972 und 1989, Ce 4/6 301-316 (viel Text, 10B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS 1974-81, BLS Ce 4/4 308 (2. und 3. Besetzung, 25B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS 1974-78, GBS Ce 4/4 310 von 1920 und MOB ADZe 4/4 25 von 1912 (6 von 17B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS 1974-92, GBS Ce 4/4 311 von 1920 und MOB BDe 4/4 18 von 1905 (2 von 16B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS 1975-92, GBS Ce 4/4 312 und 313 von 1920 (17B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS 1974-90, "Dekretsmühle" BN Ce 4/4 315 (26B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) BLS 1979-86, BN Ce 4/4 316 und Be 4/4 762 (8 von 23B) [www.drehscheibe-online.de]

Die 1913/14 in Betrieb gesetzten Universallokomotiven Be 5/7 151-163 bewältigten 13 Jahre lang den gesamten Güter- und Personenverkehr auf der Lötschbergstrecke. Die drei Personentriebwagen von 1910 liefen nur im Lokalverkehr um Spiez, und die 1920 abgelieferten „Dekretsmühlen“ BLS Ce 4/6 301-303 waren nur für den leichten Güterverkehr unter den Bahnhöfen der Lötschberg-Nordrampe zu verwenden. Die Lieferung von Reparationskohle von Deutschland nach Italien und die von den europäischen Bahnen beschlossene höhere Zughakenlast von 510 t nötigten die BLS zur Bestellung von neuen, deutlich stärkeren Lokomotiven für die Kohlezüge.

Die SBB bestellten in der gleichen Situation für die Gotthardstrecke eine verbesserte Generation von Krokodil-Lokomotiven, die Ce 6/8 III 14301-17. Für die BLS kam dieser Weg nicht in Frage, denn auf der einspurigen Lötschberglinie wollte man sich aus betrieblichen Gründen nicht mit Lokomotiven zufriedengeben, die mit der neu zulässigen maximalen Zughakenlast nur 35 km/h erreichten. Es mussten schon 50 km/h sein. Damit war der Wechsel zum Einzelachsantrieb vorgegeben.

Die Firma Sécheron Genf (SAAS) erhielt den Zuschlag für ihr Projekt mit 12 leistungsfähigen Zwillingsmotoren, die über einen vereinfachten Westinghouse-Federtopfantrieb (nun „Sécheron-Antrieb“ genannt) sechs Achsen von 1350 mm Durchmesser antrieben. Die sechs Antriebsachsen verteilten sich auf zwei Drehgestelle, die an den Enden mit einer führenden Laufachse ausgestattet waren. So entstand die Achsfolge (1’Co)’(Co1’)’. Wegen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h erhielten die neuen BLS-Güterzug-Lokomotiven nach den Schweizer Normen die Typenbezeichnung Be 6/8. Die beiden Laufachsen übernahmen je 13,5 t des Gesamtgewichts von 142 t. Das Reibungsgewicht von 115 t trug seinen Teil zu enormen Zugkraft der bei Ablieferung 4500 PS starken Lokomotive bei. Generalunternehmerin SAAS verpflichtete die Mailänder Firma Breda für den Bau des mechanischen Teils, die elektrische Ausrüstung wurde in der Schweiz montiert. 1926 erschienen BLS Be 6/8 201 und 202, 1931 folgten Be 6/8 203 und 204.

Bei der Inbetriebsetzung der am 17. Juni 1926 aus Genf in Thun angekommenen Lok 201 waren die BLS-Leute gar nicht zimperlich. Sie setzten die noch nicht erprobte Lokomotive unter Spannung, spannten sie kurzerhand vor einen 510 t schweren Güterzug und fuhren mit ihr ohne Vorspann über die 27 Promille steile Lötschberg-Nordrampe bis nach Kandersteg. Das Pflichtenheft war augenscheinlich erfüllt, erst jetzt wurde Be 6/8 201 in die Werkstätte Spiez überführt, zur genauen Untersuchung, Personalschulung und anschliessenden Erprobung. Ein solches Vorgehen hätte heute schärfste Sanktionen der Zulassungsbehörde zur Folge, die Karriere der beteiligten Bähnler wäre zu Ende.

Die Breda-Lokomotiven erfüllten auch auf die Länge alle Erwartungen. Als die maximale Zughakenlast nach der obligatorischen Einführung der durchgehenden Druckluftbremse für alle Güterzüge auf 600 t erhöht wurde, zog eine einzelne Breda-Lok auch diese Last problemlos über die 27-Promille-Rampe. Für kurze Zeit waren die Breda-Lokomotiven der BLS die stärksten Lokomotiven der Welt - eine weitere Pioniertat nach der Be 5/7!

1939 kam es zur Nachbestellung von vier verbesserten Lokomotiven Ae 6/8 205-208 mit 90 km/h Höchstgeschwindigkeit bei der einheimischen Industrie (SAAS und SLM). Die Breda-Lokomotiven wurden nach und nach den 1939-1943 abgelieferten SLM-Lokomotiven angepasst. Die Verlegung der Bremswiderstände vom Motorraum auf das Dach und der Ersatz der eckigen Führerstände für stehende Bedienung durch abgerundete Führerstände für sitzende Bedienung fielen besonders ins Auge. Laufende Verbesserungen und Umbauten erlaubten die Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit für beide Serien auf 100 km/h, die Stundenleistung stieg auf beachtliche 6000 PS.

Die Breda-Lokomotiven Ae 6/8 202 und 204 halfen 1958 in einem Ae 6/6-Umlaufplan am Gotthard aus, weil die Simplonlinie, die Fortstetzung der Lötschbergstrecke, unterbrochen war.

Haupteinsatzgebiet der Ae 6/8 war ab etwa 1965 der Zwischendienst in schweren Güterzügen am Lötschberg. Das ist fotografisch wenig ergiebig, ich kann davon keine Bilder zeigen. Zwischen Spiez und Interlaken waren Ae 6/8 recht häufig vor Güter- und Personenzügen anzutreffen. Das war ganz in meinem Sinn. 1982, mit der Einführung des Taktfahrplanes, waren die SBB plötzlich knapp an leistungsfähigen Lokomotiven. Zu meiner grossen Freude kam es für kurze Zeit zu Einsätzen der BLS-Veteranen mit den Endpunkten Biel, Laupen und Freiburg im Auftrag der SBB.

Die im Mai 1976 als Ersatzteilspenderin abgestellte Ae 6/8 201 habe ich nie gesehen, deshalb beginne ich die Berichterstattung mit Ae 6/8 202 von 1926. In Interlaken Ost setzt sie sich vor einen Personenzug nach Spiez. Beim Umfahren blockiert sie vorübergehend den Bahnübergang Seite Spiez.
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Das "Gebirge" von Bremswiderständen auf dem Dach und der seit den 40ern fehlende zweite Stromabnehmer beeinträchtigen leider die Eleganz der eindrücklichen Lokomotive.
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Der Personenzug besteht aus lauter modernern BLS-Einheitswagen.
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Den Schnellzugsdienst nach Bern besorgt SBB-Lokomotive Re 4/4 II 11247.
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Nach der Wegfahrt des Schnellzuges wird Gepäcktriebwagen De 4/5 796 sichtbar, der auf Gleis 6 vor älteren BLS-Personenwagen mit offenen Plattformen einen späteren Einsatz nach Spiez wartet.
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Auf Gleis 5 stellt sich BLS Re 4/4 179 mit dem nächsten Schnellzug nach Bern auf.
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Nach der Wegfahrt des zweiten Berner Schnellzuges stellt Ae 6/8 202 ihren Personenzug auf Gleis 7 um. Bereits erscheint BLS Re 4/4 175 mit dem dritten Schnellzug nach Bern in Folge.
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Als ausgesprochener Fan alter BLS-Triebfahrzeuge steige ich in den Schnellzug ein und suche ein passendes Abteil, um die beiden BLS-Veteranen optimal zu fotografieren. Wenn sich die Bilder zu sehr gleichen: einfach nach unten scrollen. Für mich sind es tolle Dokumente aus einer Zeit, die nie mehr wiederkommt.
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Ae 6/8 202 fährt mit dem Lokalgüterzug aus Interlaken in Leissigen ein. Auf Gleis 1 steht Zweikraft-Rangiertraktor Tem 2/2 46 mit einem Zisternenwagen, auf Gleis 4 sind unbenützte Emils abgestellt.
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Die markanten, über 5 Gleise reichenden Fahrleitungsportale stammen noch aus dem Elektrifikationsjahr 1920.
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Porträt der eindrücklichen Ae 6/8 202 im Bahnhof Leissigen. Die beiden Drehgestelle sind gut zu erkennen. Sie sind kurzgekuppelt, und sie tragen Puffer und Kupplungen. Der Lokomotivrahmen überträgt keine Zug- und Stosskräfte.
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Den nach Spiez weiterfahrenden Güterzug mit Ae 6/8 an der Spitze erwarte ich im idyllischen Bahnhof Faulensee mit seinem gut gepflegten Blumenschmuck. Tem 2/2 46 hat sich an den Schluss des Güterzuges gehängt.
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Im August 1984 wird Ae 6/8 202 ausrangiert und bald darauf abgebrochen. Von der erst im Januar 1989 ausrangierten Ae 6/8 203 habe ich nur zwei Bilder (edit: nein, vier) in meinem Archiv gefunden. Im Gürbetal ist sie kurz nach Sonnenuntergang mit einem von mir sonst nie fotografierten Kurzzug unterwegs. Sie zeigt einen zweiachsigen Gepäckwagen, einen Personenwagen 2. Klasse und einen kurzen Bahnpostwagen.
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1987 ist Ae 6/8 203 mit einem SBB-Schnellzug Biel - Bern bei Münchenbuchsee unterwegs.
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Edit, noch zwei Fotos der 203 aufgetaucht: Im Auftrag der SBB versieht Ae 6/8 203 vorübergehend den Güterzugsdienst im Sensetal. Hier trifft sie in Neuenegg ein, wo die Firma Wander für viel Verkehr sorgt.
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Ganze Wagenladungen "Ovomaltine" in allen Verpackungsformen gehen von Neuenegg aus auf die Reise.
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Die 1931 in Betrieb genommenen Lokomotiven 203 und 204 besassen die eindrücklichsten Achslagerdeckel:
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Wochenendruhe im Depot Spiez. Ae 6/8 204 ist in Bereitschaft, bei der arg versifften Lokomotive in der unmittelbaren Nachbarschaft handelt es sich um Ae 6/8 205, die kurze Zeit nach dieser Aufnahme als hervorragend restaurierte historische Lokomotive mit der Aufschrift „Bern Löschberg Simplon“ die Fans begeistern wird. Am Hilfswagen steht im Hintergrund Ae 6/8 206.
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Ae 6/8 204 wartet in Spiez vor einem kurzen Bahnpostwagen auf ihre nächste Aufgabe.
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Im Hintergrund der Bahnhof Spiez vor dem Umbau. Auf Gleis 1 nähert sich Re 4/4 179 mit einem Schnellzug nach Interlaken.
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Ae 6/8 204 rangiert am frühen Morgen in Interlaken Ost einen Personenzug.
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Am Nachmittag verschiebt sie einen einzelnen SBB-Leichtstahlwagen, auf Gleis 5 steht Re 4/4 187 mit einem kurzen Personenzug.
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Nachdem der Personenzug Richtung Spiez ausgefahren ist, setzt Ae 6/8 204 ihre Arbeit fort. Vorbeifahrt am abgestellten De 4/5 796.
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Der Leichtstahlwagen wird einen Schnellzug nach Bern verstärken.
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Ae 6/8 204 fährt mit dem täglichen Güterzug aus Spiez in Interlaken Ost ein.
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De 4/5 796 steht mit seinem Personenzug zur Ausfahrt nach Spiez bereit. Der Fotograf wollte natürlich den alten Gepäcktriebwagen aufnehmen. Die Einfahrt des Güterzuges mit der sicher ebenso fotowürdigen Ae 6/8 hat ihn überrascht. Erkennt sich jemand?
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Am Güterschuppen Interlaken Ost steht immer noch ein Fahrleitungsportal aus dem Elektrifikationsjahr 1920.
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Im Hintergrund ist ein ausrangierter BLS-Personenwagen für den internationalen Verkehr zu erkennen.
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Bei Sonnenschein überzeugt der Standort am Güterschuppen nicht, denn die benachbarten Bäume werfen einen irritierenden Schatten. Im Vordergrund abgestellte Rollschemel der SBB-Brünigstrecke.
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Nach diesem Versuch gebe ich es auf. Das Andreaskreuz und die vielen alten Güterwagen gleichen die nicht optimal abgebildete Ae 6/8 204 fast aus. Die Lokomotive wird im Juni 1985 ausrangiert.
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Fortsetzung folgt.

meine früheren HiFo-Beiträge sind hier aufgelistet:
[www.drehscheibe-foren.de]



7-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:12:05:09:53:22.
Mann-o-mann Werner!!!

Ich hatte immer die "Befürchtung", dass du nicht nur schmalspurige schweizer Bahnen dokumentiert hast, und nun hat sich meine Befürchtung Gott sei Dank bestätigt.
Einfach nur grandios, was du hier zeigst!
Vielen Dank und weiter so!

Heiko
Ja, das noch "Maschinen", die auch so aussahen. Gesehen hab ich nur eine davon, fotografiert leider nicht. Danke fürs Zeigen.

Gruß aus Wien

"Ohne Skepsis und Zweifel würden wir heute noch glauben, die Erde wäre eine Scheibe".
"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen."

(Immanuel Kant)
Was für ein ausführlicher Bericht zu diesen schönen und leistungsfähigen Maschinen!
Etwas älter,aber von gleichem Radstand,waren immer die Krokodile viel bekannter.Diese aber sogar etwas schwächer.
Ein erstes Lichtlein heute:ruhigen Advent!
Olaf

Re: (CH) Vielen Dank!

geschrieben von: 1018003

Datum: 03.12.17 10:09

Danke für die schönen Fotos aus einer schönen alten Bahnwelt!

Die Geräuschkulisse muss auch beeindruckend gewesen sein. Wenn ich da so eine ÖBB 1245 bzw. 1040 denke!

Lg
Christian 

Top! ;-)))

geschrieben von: DR01

Datum: 03.12.17 10:53

Top Werner ;-)))

In Faulensee hatte ich mal einen Freund, kenne die Loks gut...
Aber Fotos leider absolute Mangelware...Man dachte da kommt
man eh nochmal hin...


Gruß...Wolfgang