Hallo Uwe,
Danke für das schöne Bild,
eine damals übliche Aufstellung württembergischer Lok, erst später kamen dann 64er dazu. Die Loks stehen in den Resten des ehemals 7-gleisigen Ringlokschuppens, wobei Gleis 1 ein etwas abgesetztes und Trennwand versehenes Werkstattgleis war. Dort war dann Platz genug für Reparaturen an den in Reutlingen beheimateten Loks. Es gab dort ein Teilelager, einen Ölkeller, Waschräume und neben dem Schuppen ein großes Büro- und Übernachtungsgebäude mit Wasserbehälter unterm Dach. Jedes der 6 Schuppengleise bot Platz für zwei der auf dem Bild zusehenden Tenderloks. Im Schuppen gab es auch eine Achssenke und einen Kran um Pumpen oder Wasserkästen abbauen zu können. Reutlingen war bis Kriegsende ein eigenständiges Bw mit 10 bis 15 Loks, dabei 97 501 - 504.
Als die letzten Tn (94.1) un die Hz (97.5) ausgemustert wurden brauchte man in Reutlingen Loks mit ausreichender Bremsleistung für ein relativ steiles Industrie-Stammgleis in der Schieferstrasse, die T5 waren da nicht geeignet. So kamen 64er mit Laufradbremsen ins Bw Tübingen um den Zustell-Betrieb aufrecht erhalten zu können.
Das Gleis vor der 97 501 und das leere daneben sind so kurz weil davor ein zugeschütteter Bombentrichter ist. Vermutl. die 97 503 stand nach einem Angriff im März 1945 quer im Schuppen. Der ehem. [
www.zhl.de] und Lokführer auf der Zahnradbahn, Richard B. erzählte mir daß er als Bahn-Jungwerker mithalf, die Lok nur mit handbedienten Hebezeugen zu drehen. Als sie dann endlich auf dem unter der angehobenen Lok provisorisch verlegten Gleis stand und weggezogen werden sollte, zeigte sich daß ein Radsatz so verbogen war daß er sich nicht mehr drehen ließ. Nun wurden das Bremsgestänge, die Federpakete und die Achsgabelstege unter der betroffenen Achse abgebaut, was natürlich bei dem verformten Zustand der Teile sicher nicht ganz einfach war. Hier musste er als jüngster und schlankster hineinkriechen, denn die Grube war ja verschüttet. Die Schienen und Schwellen wurden dann wieder unter dem Radsatz weggezogen, so daß dieser in den Schotter fiel. Nun grub man soviel Schotter weg bis der nachrutschende (2t-)Radsatz frei unter der Lok lag und seitlich herausgezogen werden konnte. Danach Loch zuschütten, Gleis wieder herrichten und die Lok aus den Schuppentrümmern ziehen. Man schleppte sie dann ins Aw Esslingen, dort wurde sie als "Splittergattung" angesehen denn Esslingen war in der amerikanischen Zone und Reutlingen in der französischen. Über den "Buschfunk" erfuhren die Reutlinger Eisenbahner von der Gefahr daß die Lok verschrottet werden könnte. Man erreichte daß die Lok eines Nachts "zufällig" am Ausfahrtor des Aw stand und von einer nach Reutlingen zurückkehrenden Lok dann mitgenommen wurde. Anschliessend brachte man sie ins Aw Friedrichshafen, dort wurde sie dann wieder instandgesetzt (wieder an Bw Tübingen 11.10.46).
Vom Lokschuppen wurden nur zwei Gleise wieder überdacht, viele Arbeiten mussten im Freien verrichtet werden.
Das Werstattgleis bekam auch wieder ein Dach auf den stehengebliebenen Seitenwänden, das zerstörte Gleis selber wurde nicht mehr wiederhergestellt. Der Raum war nun Werkstatt und Lager. Das völlig zerstörte Büro- und Übernachtungsgebäude wurde durch einen nicht mal halb so großen Neubau ersetzt. Richard B. wurde Zahnradlokfüher mit Zulassung für die Zahnstangenstrecke, er fuhr 1962 die letzten Züge mit 97 504 über Steilstrecke. Danach machte er die Ausbildung zum E-Lokführer und fuhr fast täglich an seiner einstigen Wirkungsstätte in Reutlingen vorbei.
Ab 1986 wirkte er maßgeblich an der Aufarbeitung der 97 501 mit und stand 27 Jahre später, 20.10. 2012 wieder am Regler und setzte die Lok nach 50 Jahren Stillstand wieder in Bewegung. Hier hatte sie die ersten zwei Kilometer bis zum Bf. Reutl.-Betzingen anstandslos zurückgelegt.
Ein Gleisplan mit dem Bw aus der Vorkriegszeit. Das Bw lag im Winkel zwischen der Bahnhof- und Silberburgstrasse.
Gruß aus Lichtenstein
Michael
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:11:03:19:04:13.