Hier sind alle Teile der Reise:
Teil 1: Würzburg nach Hannover [
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Teil 2: Hamburg Rothenburgsort [
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Teil 3: Hamburg Hbf [
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Teil 4: Hamburg-Wilhelmsburg [
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Teil 5: Kurzbesuch im Freihafen [
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Teil 6: Ein Nachmittag in Hamburg-Altona [
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Teil 7: Überraschung im Bw Hamburg-Harburg [
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Teil 8: Nachmittags am Hamburger Hbf [
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Teil 9: Heimfahrt, Stationen in Lehrte und Hannover [
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Teil 10: Heimfahrt, Hildesheim und Kassel [
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Nach den ersten Teilen soll nun der dritte Teil der Reise von Erlangen nach Hamburg kommen; es war ein Spätnachmittag am Hamburger Hbf im Sommer 1964. Ein vierter Teil wird uns nach Hamburg-Wilhelmsburg führen.
Lassen wir wieder Hans Schülke selbst zu Wort kommen.
Freitag, den 21.8.1964, strahlte die Sonne den ganzen Tag über Hamburg. Am Spätnachmittag war ich am Hamburger Hauptbahnhof eingetroffen, den Eisenbahnbetrieb zu beobachten. Ursprünglich wollte ich von der Altmannbrücke den klassischen Fotostandpunkt einnehmen, nämlich die südliche Bahnhofgiebelseite im Hintergrund, die Formhauptsignale im Vordergrund, mit Blick nach unten auf Bahnsteige und Zugbetrieb. Leider konnte ich dazu die Altmannbrücke nicht betreten, sie war wegen Bauarbeiten beiderseits gesperrt. Somit sagte ich mir, wenn auf der Südseite nicht möglich, probiers doch mal auf der dir unbekannten Nordseite des Hbf. Auf der E – Merk-Straßenbrücke angekommen erkannte ich sofort: „Oh weia, für diese Tageszeit kein guter Fotostandort! An die sonnenbeschienene westliche Gleisseite heranzukommen, war durch Gebäude versperrt. Und die dort befindliche hohe Kunsthalle würde im Sonnenverlauf den Schattenwurf auf das Gleisfeld noch weiter verstärken. Trotzdem entschloß ich mich, von der Ostseite her ins Gegenlicht aufzunehmen, weil nur von dort Lok mit Zug einigermaßen aufs Bild zu bekommen waren. Solange mein Kamerabelichtungssystem grünes Licht anzeigte, wollte ich im Hbf-Bereich auch einmal fahrende Züge fotografieren, nicht nur stehende.
Ich hatte ja einen frischen Film in die Kamera eingelegt, und so kamen die unter mir qualmenden 78 203 und 78 020 mit ihrer Ahrensburger Wendezuggarnitur als Testaufnahme zur Filmtransportüberprüfung gerade recht.
Bild 1
Dann rückte in meinen Kamerasucher dieses Bild: Auf der Westseite des Hbf dampfte zielstrebig nordwärts eine 78 mit einer Wz-Garnitur – aber nicht mit Silberlingen, sondern mit Mitteleinstiegssteuerwagen (B4ymf-51) und Doppelstockwagen ….
Bild 2
Doppelstockwagen? – Noch nie in echt gesehen. Da wollte ich dann doch noch ein weiteres Bild haben.
Bild 3
Die spätere Betrachtung des Bildes ergab: Es ist ein LBE–Doppelstockwagen und die 78 hat schon Indusi. Sie rangierte die Wz – Garnitur in ein nördliches Abstellgleis. Leider konnte ich bis heute nicht feststellen, für welchen Zug diese Garnitur vorgesehen war. Ich vermute, daß die Waggons aus der Abstellanlage Bw Hamburg Hbf gezogen worden waren und als Verstärker im Berufsverkehr (nach Lübeck?) bereitgestellt worden waren (s. Rad und Schiene Nr 2/1964).
Gerade konzentrierte ich mich auf eine Kastentender–38, die aus der Bahnhofshalle herausgefahren war und nun auf Höhe des Stw Hn stoppte. Diese ursprüngliche P 8 – Bauart zu erleben, war für mich insofern eine Neuigkeit, als ich in Franken bzw. Süddeutschland bislang nur Wannentender – 38 kennengelernt hatte. Dann erfaßte mein Blick, wie eine BR 03 mit einer langen Reihe aus Umbaueilzugwagen der Bauart B4yg aus Richtung Altona heranrollte. Gleichzeitig war die Rangier-78 mit Volldampf aus der Abstellanlage zurückgekommen. Dieses rege Betriebsgeschehen hielt ich im Bild fest.
Altonaer 03 wohl mit P 2388 HH-Dammtor – Lüneburg.
Bild 4
Ich denke, die Kastentender – P 8 hielt sich für den Personenzug 2577 nach Neumünster (ab Hamburg Hbf 18.02 Uhr) bereit.
Wie ich letzthin schon bemerkte, hatte ich mir vorgenommen, die von mir bis jetzt noch nicht kennengelernten Baureihen 01.10, 03, 41 usw. bevorzugt zu fotografieren. Eine Gelegenheit dazu drückt das nächste Bild aus:
Eine BR 03 stürmt mit einem Reisebürozug (Lr?) in Richtung Altona.
Bild 5
Da das Gleisfeld vor der E-Merk-Straßenbrücke immer schattiger wurde, verlegte ich meinen Standort in Höhe des Stw Hn. Ich war gerade angekommen, als ich sah, wie die Osnabrücker 01 1089 mit D 395 Köln – Altona aus der Bahnhofshalle herausgefahren kam ...
Bild 6
... und anschließend in die Linkskurve nach Altona einfuhr.
Bild 7
Die nächste Aufnahme ist mir mißglückt. Sie zeigt eine BR 94.5, die mit einer kurzen Übergabe gerade aus Richtung Altona angefahren kam. Zum Auslösezeitpunkt war die 94 aber schon in den Schlagschatten der Kunsthalle geraten, so daß von der 94 nur mehr wenig zu erkennen ist. Uwe riet mir, zu Doku-Zwecken, die Aufnahme doch einzustellen.
Bild 8
Dasselbe Malheur passierte mir mit der Osnabrücker 01 1099, die mit dem DVz 98 gleichfalls im Schatten der Kunsthalle fotografisch „erwischt“ wurde.
Bild 9
Mein Blick richtete sich wieder zur Bahnhofshalle, weil von dort eine 03 mit Zug nach Altona heranfuhr. BR 03 mußte selbstverständlich aufgenommen werden! Auf den ersten Blick meinte ich, eine normale DB-03 zu erkennen, weil sie entsprechend aussah (Witte-Bleche, OV). Aber dann sah ich: Rauchkammerzentralverschluß und fehlendes drittes Spitzenlicht – also eine DR-03! Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Wie schon einmal erwähnt, wußte ich damals nicht, daß die DR mit Zügen überhaupt in die BRD einfahren konnte.
Wittenberger 03 154 mit D164 Berlin – Hamburg. Man beachte den „Kohlen“vorrat auf dem Tender; die reinste Blumenerde (Braunkohle?).
Bild 10
Im Gleisfeld breitete sich der Schatten immer weiter aus. Mein Belichtungssystem zeigte mir schon deutlich „Rotlicht“ an. Der gerade aus der Linkskurve heranfahrende D-Zug sollte die letzte Aufnahme an dem Standort sein.
Das Bild zeigt eine Osnabrücker Öl – 01.10 mit D 98 Westerland – Köln
Bild 11
Ich hatte mich auf der Hauptbahnhofsüdseite eingefunden in der Erwartung, daß hier weniger Schatten im Gleisfeld wäre. Von der Steintordammbrücke sah ich hinunter auf die Bahnsteige, denen zum Glück die Bahnsteigdächer noch nicht auf die Träger aufgesetzt worden waren. Unmittelbar unter mir erfaßte mein Blick eine BR 03. Das hieß: Fotografieren! Die Aufnahme stellt die Bahnsteigszene dar:
Altonaer 03 130 mit E 632 Hamburg – Soltau – Hannover kurz vor der Abfahrt.
Bild 12
Kurz darauf bemerkte ich, zwei Hauptsignale zeigten freie Fahrt in die gleiche Fahrtrichtung. Das könnte eine Aufnahme einer Betriebsszene werden. Ich richtete den Sucher noch so aus, daß das sonnenbeschienene Hochhaus im Hintergrund mit ins Bild kam und drückte den Auslöser als die beiden Dampfzüge den Sucher ausfüllten.
Auf dem Bild sieht man, wie rechts die 03 130 mit E 632 Hamburg – Hannover gemächlich Fahrt aufnimmt, während links eine Altonaer 03 mit dem Reisebürozug D 926 Hamburg – Kassel – Frankfurt – Konstanz hurtig beschleunigt.
Bild 13
Bis heute ist mir nicht ganz klar, wie weit die abgebildete Parallelfahrt in Richtung Harburg möglich war. Zumal ich mich erinnere, daß die Pfeilerbahn doch zur damaligen Zeit nur zweigleisig war.
Mir war schnell bewußt, daß das Hauptbahnhofgleisfeld auch bald im Schattendunkel verschwinden würde. Am südlichen Horizont erfaßten meine Augen jedoch sonnenbeschienene Häuser und glänzende Schienenstränge. Dorthin machte ich mich auf den Weg. Am Deichtorplatz angekommen erkannte ich den Grund der sonnenbestrahlten Gleise. Eine große Eisenbahnbrücke lag im hellen Sonnenlicht. Diese Ausleuchtung wollte ich doch für jetzt hoffentlich schattenfreie Aufnahmen nutzen. Meine erste Aufnahme vor Ort war eine Harburger Wz – 38. Ich kannte von zu Hause P 8 mit Wannentender, aber die waren keine Wendezug – 38 mit geschlossenem Führerhaus.
Harburger 38 2208 mit P 3250 Hamburg – Rotenburg/Han.
Bild 14
Ich erinnere mich, daß ich manche Wendezüge nicht fotografierte, weil sich die Lok nicht vorne am Zug befand, sondern am Zugende schob. Aus meiner Heimat war mir Wendezugbetrieb mit Steuerwagen unbekannt. Dort zog die Lok den Zug und setzte am Ziel immer um. Somit blieb mir der Anblick eines fahrenden Steuerwagens ohne ziehende Lok irgendwie befremdlich und als Aufnahme aussagelos. Die folgende Aufnahme paßt wieder in meine damalige Vorstellungswelt:
Die Harburger 38 2185 zieht P 3461 Stade – Hamburg ihrem Ziel, dem Hauptbahnhof entgegen.
Bild 15
Dann folgendes: Ich hatte die Kamera im Anschlag. In meinem Sucher durcheilte eine Dampflok mit Tenderklappen, deren Dampffahne aus einem Schornstein in der Kesselmitte strömte …... Ich drückte den Auslöser, dann war die Lok auch schon aus meinem Blickfeld verschwunden. Zum Aufnahmezeitpunkt blieb mir die Baureihe ein Rätsel. Erst zu Hause an Hand einer Vergrößerung habe ich diese Dampflok der Franco-Crosti – BR 50.40 zuordnen können.
Kirchweyher 50 4027 fährt als Lz Richtung Harburg. Es handelt sich um die Maschine, die nur wenig später am 24. Oktober 1964 an dem schweren Unfall an der Abzweigung Hastedt in Bremen ursächlich beteiligt war.
Hierüber ist (mit Bild) in dem Beitrag
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genauer berichtet worden (etwas herunterscrollen).
Bild 16
Das nächste Bild zeigt natürlich eine BR 03, nämlich die Altonaer 03 262 mit einer gezogenen Wendezuggarnitur als E 2630 Hamburg – Lüneburg.
Bild 17
Dann wollte ich das Motiv wechseln. Mir war eingefallen: Beim Blick von der Altmannbrücke südwärts war mir aufgefallen, daß einzelne 78 aus einer Linkskurve kamen oder dorthin verschwanden. Ein Blick auf den Stadtplan zeigte mir dort etliche Abstellgleise, einen angedeuteten Rundschuppen und ein Streckengleis nach Rothenburgsort Rbf. Auch dämmerte mir, den Begriff Bw Hamburg Hbf schon mal gelesen zu haben. Diese Gegend wollte ich deshalb näher in Augenschein nehmen, um dort später einen Besuch abzustatten.
Ich marschierte den Högendamm entlang, der parallel zu der Bahnanlage verlief. Wegen des Zauns und einiger Gebäude schien kein Geländezugang möglich. Am Dammende erkannte ich die Rückwand des Rundschuppens und ein paar Meter östlich davon die steile Ufermauer des Mittelkanals, an der der Zaun zum Schuppen hinschwenkte. Ich tastete mich am Zaun entlang, um vielleicht doch noch einen Blick ins Bw-Innere zu erhaschen, als ich lautes Poltern auf der Gitterbrücke vernahm. Ich erblickte wie gemächlich eine Wz – 38 tendervoraus eine Eilzuggarnitur über die Brücke nach Rothenburgsort Rbf zog. Bevor der Zug die Brücke verlassen hatte, war der Auslöser betätigt. Diese Leerreisezüge nach Rothenburgsort waren für die Wz – 38 planmäßig vorgesehen.
Harburger 38 4024 bringt Lr vom Hbf nach Rothenburgsort Rbf (?). Im Hintergrund sind die Großmarkthallen zu sehen.
Bild 18
Auf Grund des schwierigen Zugangs ins Bw-Gelände unterblieb ein späterer Besuch des Bw Hamburg Hbf.
Zu meiner letzten Aufnahme jenes Freitags kann ich nur so viel sagen: Ich weiß nicht mehr, auf welchem Weg ich ans Berliner Tor gekommen bin – jedenfalls war ich auf dem Heimweg zur Unterkunft. Ich meine, ich ging gerade an einer Mauer oder Geländer entlang, als ich hörte: Fatz – Fatz – Fatz und ein metallisches Rasseln und Poltern hallte hinter meinem Rücken. Schon war die Kamera bereit gemacht. Da schoß auch schon eine Reihe Silberlinge unter der Fußgängerüberführung hervor, geschoben von einer lärmenden, dampfausstoßenden und vernebelnden 78. Diese Stimmung wurde mit der Kamera festgehalten.
Hamburger 78 020 schiebt P 1081 HH-Hbf – Ahrensburg
Bild 19
In der Unterkunft angekommen erwartete mich meine Verwandte mit hochgezogenen Augenbrauen wegen meines späten Eintreffens.
Grüße aus Franken von
Hans Schülke
Soweit Hans Schülke. Eine kleine Beigabe habe ich noch. In seinem Bericht werden mehrfach die Einsätze von Harburger 38er angesprochen. Ich will den Laufplan vom Winter 1964 hier gerne zeigen; er dürfte sich im Vergleich zum Sommer 1964 nur wenig verändert haben.
38-HmbHarb-Wi64.jpg
Es ist zu ersehen, dass immerhin acht Maschinen gut beschäftigt waren und (erkennbar an den kurzen Wendezeiten) reichlich im Einsatz vor Wendezügen standen. Die Loks kamen bis Stade, Lüneburg und Rotenburg/Wümme und natürlich auch bis Hamburg-Altona.
Bemerkenswert erscheint eine Leistung am Plantag 2, nämlich der morgendliche Umlauf mit P 1011 und P 1014 nach Hamburg-Rahlstedt und zurück nach Hamburg Hbf. Züge in diese Richtung waren an sich Domäne der 78 des Bw Hamburg Hbf. Im Sommer 1965 fuhr dieser Umlauf bereits mit V 160 des Bw Lübeck.
Den Grüßen aus Franken schließt sich an - viel Spaß wünscht
uk-old (Uwe)
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