Werte Eisenbahnfreunde,

Auf einer Griechenland-Rundreise 1977 kamen wir (d. h. meine damalige Freundin und spätere bzw. jetzige Ehefrau sowie ein befreundetes Pärchen) auf dem Weg von Olympia nach Patras durch Pirgos. Hier war ein wichtiger Knotenpunkt des Peloponnesischen Schmalspur-Netzes der OSE (siehe hier: [de.wikipedia.org]. Reinklicken zum Vergrößern)



Oben, Bild 1: Im Bahnhof von Pirgos warteten circa acht Tenderlokomotiven in recht desolatem Zustand auf ihre Verschrottung. Nach wernerhardmeier [www.drehscheibe-online.de] endete der Dampfbetrieb dort in der zweiten Hälfte der 60er Jahre, also waren die Lokomotiven schon zehn Jahre abgestellt. Alle Fotos entstanden am 10. Juli 1977.



Oben, Bild 2: Dieses Foto gibt mir Rätsel auf. Erst hatte ich gedacht, dass bei der 7155 und 7154 nicht nur die Zylinderblöcke entfernt sondern auch der (mittlere) Treibradsatz ausgebaut worden wäre. Doch ich finde keinen Ausschnitt für das Achslager bzw dessen Führungen im Rahmen. Auch wäre doch die Steuerwelle einem Rad im Wege. Oder habe ich nur Dreck auf der Brille? Wenn nicht, dann müsste es sich bei diesen zwei Loks um 1 B oder 1' B - Maschinen handeln.. Weiß jemand des Rätsels Lösung?



Oben, Bild 3: Hier ist die Lage eindeutig. Die Loks dieser von Krauss gebauten Reihe Zs hat wernerhardmeier ja schon hinreichend beschrieben (siehe Link). Aber was sollen die Bretterverkleidungen? Sowas kenne ich als provisorischen "Frostschutz" an deutschen, speziell ehemals preußischen Lokomotiven während des Kriegseinsatzes in der Sowjetunion. Frostschutz in Griechenland macht doch keinen Sinn.



Oben, Bild 4: Auch hier handelt es sich wohl um eine der 1' C h2t-Krauss-Lokomotiven. Leider habe ich mir die Nummer nicht aufgeschrieben.



Oben, Bild 5: Jetzt wird es wieder rätselhaft: Dieses Firmenschild war noch an einer der Loks in Pirgos dran – ich weiß allerdings nicht, an welcher. In dem fundierten Beitrag von wernerhardmeier werden als Lieferfirmen der Peloponnes-Tenderloks Marcinelle et Couillet, Grafenstaden, Krauss und St- Léonard angegeben. Aber offensichtlich hat die SLM Winterthur auch Lokomotiven für das Netz auf dem Peloponnes gebaut. Es muss sich um eine Heißdampflok handeln, denn auf dem Original-Dia lässt sich das kleine Schild entziffern:

Überhitzer Syst. Schmidt
Schweizer + Patent
No. 23020

Um welche Maschine mag es sich bei der F.Nr. 2223 von 1912 wohl handeln?
Ja ich weiß, schlagt mich tot, weil ich damals keine Aufzeichnungen gemacht habe. Ich ärgere mich ja selbst, u. A. auch darüber, weil ich damals vom Betrieb keine Aufnahmen gemacht habe.
Zu guter Letzt noch eine Frage: Die Loks erwecken bei mir den Anschein, als ob sie teilweise auf Ölfeuerung umgebaut worden sind. Zumindest die großen 1' D Loks der Reihe Delta A besaßen ja offensichtlich Öltender (7.119, 7.104, vgl. Link) Oder täusche ich mich da? Weiß jemand Genaueres? Auf das Buch von Hans-Bernhard Schönborn habe ich leider keinen Zugriff.

e_ulrich, zerknirscht ob seiner Unwissenheit und ob der damaligen Versäumnisse

Hallo,

besten Dank für die Bilder!

Die (7)151 - (7)155 (Henschel 11132 - 11136/1912) warewn tatsächliich 1'B-Tenderloks: [commons.wikimedia.org]

Winterthur 2223 war eine der Brünigbahnloks, die 1947 nach Griechenland kamen: [www.google.de]
Edit: Konkret zur 2223 siehe auch hier: [www.drehscheibe-online.de]

Viele Grüße, Helmut



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:06:26:08:23:49.

@ Ulrich

Zwei Jahre später standen die immer noch da.

[www.drehscheibe-online.de]

Zu diesem Beitrag vor drei Jahren gab es die notwendigen Ergänzungen.

Und (das neueste Bild)

Altertümer von NAch aus der DSO-Galerie

Bild 1: Was ist das für ein Ding, rechts- mittig im Bild, wo die Doppeldrahtzugleitung hinführt?
Grüße
Ulrich

Danke für den schönen Beitrag! Bei der 'Bretterverkleidung' handelt es sich meiner Erinnerung nach um einen Werkzeugschrank, den etliche Maschinen dieser Baureihe besaßen, wenn nicht vielleicht sogar alle.

Moin Ernst,

vielen Dank für Deine Fotos. Zu den Loks hat Helmut ja schon etwas geschrieben. Die SLM-Fabrikliste liefert insgesamt drei Loks der Brünigbahn, die später auf den Peloponnes gingen:

2222/1912 G 3/4 1C-n2t 1000 neu SBB, für Brünigbahn "203" /1947-> Thessalische Bahn "203" [GR] /1963-> Athen-Peloponnes-Bahn "Z203" [GR]
2223/1912 G 3/4 1C-n2t 1000 neu SBB, für Brünigbahn "204" /1947-> Thessalische Bahn "204" [GR] /1962-> Athen-Peloponnes-Bahn "Z204" [GR]
2224/1912 G 3/4 1C-n2t 1000 neu SBB, für Brünigbahn "205" /1947-> Thessalische Bahn "205" [GR] /1962-> Athen-Peloponnes-Bahn "Z205" [GR]


Und eine der 1'Ch2t-1000mm - Loks habe ich als Denkmalslok am 8.4.1995 in Iraklion auf Kreta aufgenommen, die damals natürlich nie im Einsatz waren. Es war Zs 7.538 (Krauss 4788/02).
Auf Google-Mäpps kann ich sie heute allerdings nicht mehr wiederfinden:



Danke fürs Einstellen,

Martin

Werte Eisenbahnfreunde,

erst mal Dank an alle für eure Beiträge.
@ Helmut (03 1008) und Martin: Herzlichen Dank für die umfassenden Informationen zu den Loks. Dank auch für die Links.
Dass drei Lokomotiven der Brünigbahn auf dem Peloponnes gelandet sind, war mir vollkommen neu.
@ klapauzius: Die Erklärung (Werkzeugkästen) klingt plausibel. Ebenfalls herzlichen Dank.
@ S&B: Zitat: "Was ist das für ein Ding, rechts- mittig im Bild, wo die Doppeldrahtzugleitung hinführt?"
Ich habe keine Ahnung. Hier erst mal eine Ausschnittsvergrößerung mit dem "Ding":



Oben ist ein Hebel drauf, das impliziert, dass man das "Ding" drehen kann.
Man erkennt, dass die zwei Drahtzüge in Ketten enden, die über vertikale Umlenkrollen laufen.
Sollte der unterste Teil mit den Umlenkrollen fest sein, der darüber liegende Teil drehbar,
wäre es vorstellbar, dass das "Ding" der unterste Teil eines demontierten Wasserkrans ist, dessen
Schwenkung mittels Drahtzug fernbedient ist. Doch wozu das??
Wie gesagt: Ich stehe vorerst vollkommen auf dem Schlauch. Vielleicht hat ein Leser eine überzeugendere Erklärung.

Grüße,

e_ulrich



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:06:26:23:16:38.

Danke für das Detailfoto.
Offenbar dreht man mit diesem Hebel das waagerechte Kettenrad und setzt so die Doppeldrahtzugleitung in Bewegung. Aber wozu?
Grüße
Ulrich

Hallo Ulrich,

soweit ich mich erinnere gab es in Pirghos ein eigenartiges Einfahrtformsigal von Süden her. Ich glaube mich zu erinnern dass es von diesem Hebel aus gestellt wurde.

Gruß Norbert

Hallo Ernst,

danke für Deinen Bilderbogen. 2005, also fast 30 Jahre später, war ich bei meinem ersten Griechenlandbesuch erstaunt, was noch immer an Schrottloks auf dem Peloponnes abgestellt war. Aber da hatte ich mich mehr auf den Abgesang des Regelbetriebes konzentriert.

e_ulrich schrieb:

Zu guter Letzt noch eine Frage: Die Loks erwecken bei mir den Anschein, als ob sie teilweise auf Ölfeuerung umgebaut worden sind. Zumindest die großen 1' D Loks der Reihe Delta A besaßen ja offensichtlich Öltender (7.119, 7.104, vgl. Link) Oder täusche ich mich da? Weiß jemand Genaueres? Auf das Buch von Hans-Bernhard Schönborn habe ich leider keinen Zugriff.

e_ulrich, zerknirscht ob seiner Unwissenheit und ob der damaligen Versäumnisse

Zunächst eine kleine Korrektur. Die 7.119 ist keine Lok der Reihe Δα, sondern eine der Reihe Δι.

Die acht Maschinen Δα 7.101-7.108 wurden 1947 von Vulcan Iron Works 1947 mit den Fabriknummern 4700-4707 gebaut und zunächst als Δ 101 bis 108 bezeichnet, später bei den SEK als Δα 7.101-7.108 eingereiht.
Sie wurden aus Teilen einer stornierten Armee-Bestellung montiert und entsprechen dem USATC-Typ S-118 "McArthur". Alle Maschinen besaßen eine Ölfeuerung.

Zehn weitere 1'D1'h2-Schlepptendermaschinen wurden 1951 mit den Fabriknummern 2591-2600 von Breda in Italien gebaut. Abweichend zum Herstellerjahr nennt das Jahrbuch für Eisenbahngeschichte Bd. 34 das Jahr 1952 und als Indienststellungsjahr 1953.
Die Loks wurden zunächst als Δ 110-119 bezeichnet. Die 110 wurde später in 120 umgezeichnet. Bei den SEK wurden sie als Δι 7.111 bis 7.120 eingereiht.
Die Indexe α und ι stehen für Amerika bzw. Italien.

Auch die zehn Breda-Loks hatten eine Ölfeuerung. Jedoch konnte in Krisenzeiten bei diesen Loks die Feuerung auf einheimische Braunkohle umgestellt werden. Hierfür konnte der Ölbehälter vom Tender abgenommen werden, wobei ein normaler Kohlenbunker freigegeben wurde.

Viele Grüße
Frank

Edit: Betriebsnummern korrigiert. Irgendwie habe ich aus der 1 eine 7 gemacht. Obwohl die Aufzeichnung mit den richtigen Nummern vor der Tastatur lag, Da hat sich mein heutiger Besuch beim Augenarzt gelohnt.
Danke an Helmut (03 1008) für den Hinweis.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:06:28:16:57:17.

Hallo, an alle, die noch mitlesen oder hier noch einmal reinschauen:

@ kbs 755: vielen Dank für die Erklärung. Stellhebel für ein Esig ohne jegliche Fahrstraßen-Abhängigkeit: Man staunt!

@ frank 58: Hallo, Frank, ganz herzlichen Dank für die Klarstellung. Das umfangreiche Detailwissen der Hiforisti erstaunt mich immer wieder. Ich bin perplex.

Grüße, e_u (Ernst)