Hallo Mw,
Zustimmung, deswegen hatte ich den Zugführer auch als Chef im Zug (auch in Anlehnung an heute bei DB Fernverkehr gebrauchten Begriff "Zugchef") benutzt und nicht vom Vorgesetzten gesprochen. Der Vorgesetzte des Triebfahrzeugführers war der Leiter seines Bahnbetriebswerks mit seiner Führungshierarchie, aber der Chef im Zug war eben der Zugführer.
Man konnte sich das auch so merken: Ein Zug besteht aus einer Lok und Wagen. Der Lokführer führt die Lok und der Zugführer den Zug, und da die Lok Bestandteil des betrieblichen Begriffs Zug ist, war der Lokführer dem Zugführer untergeordnet.
Hinzu kam, dass einige betriebliche Funktionen ausdrücklich dem Zugführer zugeschieden waren! Natürlich hatte das zur Folge, dass es manch ein Lokführer als erhebend ansah, dass ein diktierter schriftlicher Befehl vom Zugführer "hochgereicht" werden musste - menschliche Konflikte hat es aus dieser Konstellation auch gegeben, wie ich selber noch erlebt habe. Aus der Zeit stammt auch folgender Witz:
Zwei Frauen in einer Eisenbahnsiedlung unterhalten sich und geben mit dem Job es Ehegatten an.
Die eine sagt: "Der Zug fährt erst ab, wenn mein Mann als Lokführer das will!"
Darauf die andere: "Und Ihr Mann darf den Zug erst anfahren, wenn mein Mann als Zugführer gepfiffen hat!"
Betrieblich gab und gibt es den Zugführer bei allen Zügen! In Epoche III fing die Deutsche Bundesbahn (DB, aber ausgeschrieben, da viele heute unter DB die DB AG verstehen - besonders die "Reichsbahner"...) damit an, die Aufgaben des Zugführers auf den Triebfahrzeugführer zu übertragen. Das war anfangs nur bei kurzen Zügen im Nahverkehr und bei Triebfahrzeugleerfahrten zugelassen. Bei den Nahverkehrszügen ohne Zugführer wurde auch gerne der Zugschaffner eingespart, weswegen diese Nahverkehrszüge, bei denen der Triebfahrzeugführer Zugführeraufgaben wahrnahm, auch als "Nullmannzüge" bezeichnet wurden.
In der aktuellen Ausgabe der "Fahrdienstvorschrift" gibt es den Zugführer betrieblich nicht mehr - alle betrieblichen Aufgaben, die man früher einem Zugführer zuschied, werden heute vom Triebfahrzeugführer wahrgenommen (für die Bahnexternen: Ohne dass es dafür mehr Geld gegeben hat).
"Teamgeist": Ja, der Teamgeist war immer "auf dem Zug" gefordert.
Die Differenzierung zwischen Zugführer und Triebfahrzeugführer hatte noch ein paar interessante Aspekte: Die Deutsche Bundesbahn (siehe oben) war eine "Beamtenbahn". Der Triebfahrzeugführer kam aus einer mittleren technischen Laufbahn, während der Zugführer der mittleren nichttechnischen Laufbahn zugeordnet wurde. Alleine die unterschiedliche Ausbildung bzw. Laufbahn sorgte schon für "Gerangel" im Team. Und dann wurden bis in die 90er Jahre beide Funtkionen ggf. unterschiedlich bezahlt: Während die Triebfahrzeugführer-Laufbahn bis zur Besoldungsgruppe A9Z (System A1 niedrig in der einfachen Laufbahn, A16 höchste Besoldungsgruppe höherer Dienst, mittlerer Dienst von A5 bis A9Z) führen konnte, war für Zugführer bis in die 80er Jahre bei A7 Schluss. Erst mit Einführung des IC79-Systems wurde die Bezahlung für IC-Zugführer bis A8 zugelassen, bis dann in den 90ern die Begrenzung wegfiel. Es konnte also sein, dass der Chef im Zug quasi drei Gehaltsgruppen schlechter eingruppiert war als der betrieblich von ihm "geführte" Triebfahrzeugführer!
So viel dazu...
Freundlicher Gruß
Stefan P.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:06:01:14:56:52.