1970 – Lawinenkatastrophe in Reckingen, Entführung einer Swissair-DC-8 und Einführung UIC-Nummern an Reisezugswagen . Teil 3
Jetzt geht es in den Westen der Schweiz über die südliche Grenze bei Genf!
In St-Julien-en-Genevois verkehrten noch die mit erhöhtem Führerstand gebauten „Picasso“ genannten Dieseltriebwagen, so am 18. April 1970.
In Annemasse ist die Strecke nach La-Roches-sur-Foron als Versuchsstrecke mit 25 kV 50Hz elektrifiziert worden. Als Versuchsfahrzeuge wurden bei der MFO in Oerlikon und SLM in Winterthur sechsachsige Loks bestellt, welche sich dort bewährten. Zwei solche trafen wir vor einem Zug an. Eine Ähnlichkeit zu den später gelieferten SBB-Ae 6/6-Gotthardloks ist unverkennbar!
Die Re 4/4 II 11161 war die erste TEE-Re 4/4 II, wurde als Letzte wieder grün, bevor „alles“ rot wurde, sie ist zurzeit (1.05.2017) immer noch in grüner Farbe unterwegs. Eine TEE-Re II mit DB-Ausrüstung sollte man heute wieder haben, denn die Re 4/4 I in dieser Farbe ist meist zu schwach für lange historische TEE-Züge (Bözberg, etc.)
Meine Vermutung im letzten Beitrag scheint sich zu bestätigen: Es ist etwas nach 16.07 Uhr und der ausfahrende Zug aus Gleis 2 fährt nach Aufleuchten eines „O“ (für Oerlikon) an der Tafel der Signalbrücke Richtung Wipkingerviadukt, indessen für Gleis 5 „vO“ leuchtet = „von Oerlikon“. Es scheint sich tatsächlich um den IC 591 Zürich – Stuttgart zu handeln. Das im letzten Beitrag gezeigte Bild vom 27. 3. 1970 könnte sich somit um voraufgestelltes Rollmaterial für den 591er handeln, welches dann zuerst (mit Zuglok?) „ins Feld“ gebracht wurde.
Mit dem SEAK wurden die beiden Bahnen BEB und BTB am 25. 4. 1970 besucht, was zu diesem Bild in Arlesheim führte. Der Tram-Club-Basel arbeitete dort an ihrem ersten Fahrzeug.
Bei der BTB fanden die Exkursionsteilnnehmer die oben gezeigt Situation vor. Das Einstellen des Betriebes in der Bahnform und die Umstellung auf Trambetrieb kamen in Sicht. 1986 wurde umgestellt. Als ich letzthin mal diesen Ort aufsuchte, fand ich mich trotz Schweizerischer Landeskarte in Oberwil nicht mehr zurecht! ,-)
Dieses Rollmaterial wurde später abgebrochen, nur das neuere Rollmaterial in Form der Pendelzüge wurde weiter veräussert.
Aus Frankreich eintreffend: Einer der damals neuen Pendelzüge der BTB in Flüh (Kt. Solothurn), Ausgangspunkt war allerdings der Schweizer Ort Rodersdorf (SO) mit einem Halt im elsässischen Leymen. Nach der Umstellung fährt heute die Tramlinie 10 von Rodersdorf nach Dornach, befährt somit auch die Kantone Basel-Land und –Stadt mit dichtem Fahrplan.
Vom Norden gelangen wir jetzt in den Süden – nach Lugano. Dort steht neben dem SBB-Bahnhof eine Bar (wo man gerne einen Frizantino trinkt), unter dieser befindet sich der Bahnhof der FLP, der Ferrovie Luganesi SA, welche im 20-Minuten-Takt die Strecke nach Ponte Tresa befährt. Hier einer jetzt alten Triebwagen, welche später zur FART nach Locarno veräussert wurden und in Domodossola das mittlere Drehgestell zu einem Triebdrehgestell nachgerüstet wurde, um die dortigen Steigungen zu bewältigen.
Interessant an diesen Fahrzeugen, war die in der Schweiz seltene Anwendung von franz. Faiveley-Stromabnehmer. Die Güterwagen rechts oben stehen auf dem Verbindungsgleis zum SBB-Güterschuppen und der früheren Bahn Ferrovia Lugano–Tesserete, offiziell Ferrovia per la tramvia elettrica Lugano–Tesserete und ursprünglich Società per la tramvia elettrica Lugano–Tesserete, welche 1967 eingestellt wurde.
Hingegen gab es den Betrieb der Ferrovia Lugano–Cadro–Dino, dessen erster Teil zwischen Lugano und Viganello am 2. Januar und der Abschnitt von Viganello nach Dino am 27. Juni 1911 eröffnet wurde. Ausgangspunkt war ursprünglich an der heutigen Piazza Indipendenza und hatte Gleisverbindungen zu allen vier anderen Bahnen. Eine Verlängerung zum See brachte die Strecke auch näher zur wieder restaurierten Standseilbahn zum SBB-Bahnhof. Der in der Stadt befindliche Abschnitt bis La Santa wurde bis 1964 als Tramstrecke mit dichterem Verkehr betrieben. Der Abschnitt zum See wurde 1967 eingestellt, der Rest bis Ende Mai 1970 betrieben, heute fahren Autobusse. Interessant ist, dass heute entlang der früheren Strecke Informationstafeln auf die Bahn hinweisen, scheinbar ist diese bei der älteren Bevölkerung noch haften geblieben!
Die Fahrleitungsspannung war wie jene des Luganeser Tram (und deren Trolleybusse) 1000 Volt Gleichspannung! Eingesetzt wurden vier Dreiachstriebwagen CFe 2/3 1 – 4, welche in einer einfachen Vielfachsteuerung mit dazwischen gereihten Personenwagen eingesetzt wurden. Zwei Jahre später wurde ein Ce 2/2 als Nr. 5 vom Tram Lugano übernommen. Es folgten 1951 – 1953 drei Tramwagen vom eingestellten Trambetrieb Chiasso – Mendrisio stammende Ce 2/2 als Nr. 6 – 8.
Ein zu den alten Triebwagen elektrisch passendes Fahrzeug wurde mit der Nummer 9 1955 in Betrieb genommen, ab 1973 wurde das umgebaute Fahrzeug bei der MOB als Be 4/4 1001 für den Vorortsbetrieb Montreux – Les Avants eingesetzt. Im Schiebebetrieb konnte er aber bei der LCD nur mit der halben Leistung genutzt werden, die Speisung des meist talwärts eingesetzten Ce 2/3 wurde durch den Be 4/4 geliefert, wobei dann dauernd die Fahrmotoren 1-3 des Be 4/4 und die beiden Motoren des Ce 2/3 zusammen mit dem Motor 4 des Be 4/4 jeweils in Serie und mit dem andern Fahrmotoren parallel geschaltet wurden.
Das oben gezeigte Fahrzeug ist ein Unikat: Der LCD-Be 4/4 10 wurde 1937 als Ce 4/4 1 für die Biel – Meinisberg-Bahn gebaut und kam 1940 zur LCD. Dessen Wagenkasten ruht auf zwei Simplex I-Drehgestellen mit je einem längsliegenden Motor zwischen den Achsen. Eine Luftbremse erhielt er nie, dafür eine stark wirkende elektrische Bremse. Entgegen der LCD-Farben Blau-Weiss wurde er in Oranges-Weiss betrieben. Hier wartet er an der Endhaltestelle in Lugano auf Fahrgäste.
Im Depot Cadro stehen am 3.Mai 1970 der Triebwagen BDe 2/3 Nr 2 und der vierachsige Zwischenwagen. Es war also höchste Zeit, der Bahn unsere Aufwartung zu machen, interessanter Weise waren kaum andere Fotografen unterwegs als unsere kleine Gruppe.
Praktisch an der früheren Haltestelle Milchbuck sind Arbeiten zur Anpassung der auf der früheren „Chilbi-Wiese“(Kirchweih-Wiese) im Bau befindlichen neuen und verschobenen Haltestelle Milchbuck im Gange. Am 18.Mai 1970 befährt eine Mirages genannte Doppeltraktion der Linie 14 statteinwärtsfahrend diese Stelle. Nach Jahren der Frustration vieler Anwohner, welche die neue Umsteigestation mit einem weiten Fussweg und queren vieler stark befahrener Strassen erreichen mussten, wurde später die nun Guggachstrasse genannte Haltestelle praktisch eine Zugslänge stadteinwärts errichtet. Man beachte auch, die ZOS-Bahnfahrleitung mit Hängeseil!
Gleichentags sehen wir hier die neue Umsteigestelle auf der „Chilbi-Wiese“! Die Wiese wurde meines Wissens vom Strickhof-Lernbetrieb bewirtschaften und führte flach leicht ansteigend zum Irchel und zur Winterthurerstrasse hinauf. Nichts von See und Uni-Park. Die Haltestelle wurde später nochmals „bergwärts“ verlegt, die Bushaltestellen sind heute links neben der Schaffhauserstrasse, an die Doppel-Tramhaltestelle mit neu einer Schlaufe und den Tunneleingängen nach Schwamendingen (boshafterweise auch „Damenschwingen“ genannt). Die Umgebung wurde nun vom Aushub diverser Tunnelbauten zu einer total veränderter Landschaft: Der Irchelpark ist heute eine Wohlfühl-Oase für die ganze Stadt. Die Anwohner nannten die Aussichtsplattform oben beim früheren „Rinderknecht“-Bauernhof «Monte Diggelmann», dem Quartiervereinspräsidenten der sich vehement für den Park einsetzte! Zur Geschichte und zum Beschrieb empfehle ich die folgenden Links:
[
de.wikipedia.org]
[
www.stadt-zuerich.ch]
Das nächste Bild hier zeigt am 18. Mai einen Kurbeli-Wagen der VBZ vor der Post „8042 Zürich-Schaffhauserplatz“. Das Altersheim hinter der Post ist erst im Bau, dafür sieht man das Stammhaus unserer Wohngenossenschaft an der Hofwiesenstrasse. Als diese in den 30er-Jahren gebaut wurde, standen zwei grössere Gebäude im Strassenplanum. Die Tramstrecke nach dem Bahnhof Oerlikon stand anschliessend in Konkurrenz zum Tram Zürich – Oerlikon – Seebach“ der MFO, weshalb mit der Eingemeindung der Vororte auch die ZOS durch die Stadt übernommen wurde. Im Gegensatz zu andern Betrieben, war die ZOS ein Juwel ohne veraltete Anlagen. Aber auch hier: Umbauarbeiten am Verkehrsknoten mit Verlegung der Tramtrassen.
Bei der Einmündung der Weinbergstrasse in die Schaffhauserstrasse im Zürcher Quartier Unterstrass liegt der Schaffhauserplatz, wobei dort vier Tramlinien (7, 11,14 und 15) dem Trollybus 33 kreuzen. Infolge weiterer Bauarbeiten, so am Escher-Wyss-Platz verkehrt die Linie allerdings mit Autobussen, die Verkehrskanzel wird bald der Vergangenheit angehören, die damals gebaute Personenunterführung ist es heute auch! Hinter dem Fotografenstandort war früher die Tramschlaufe des hier endenden Trams der Weinbergstrasse, links das frühere ZOS-Trasse, welches oben am Platz rechts zum Milchbuck führt. Seit Geburt lebe ich im Quartier, mindestens vier Platzumbauten habe ich erlebt . . .
Der Be 4/4 1379 war lange Zeit auf der Linie 11 eingeteilt, hier befährt er das provisorische Trasse am Bahnhofplatz, als die grosse Bahnhofsunterführung und die Abschachtung der zukünftigen U-Bahn-Station gebaut wurde. Nicht fehlen darf natürlich ein auf der Linie 6 eingesetzter „Schnellläufer“ Be 2/2, die letzte Tramlinie mit Zweiachsfahrzeuge, bereits mit Scherenstromabnehmer anstelle der Lyra-Bügel ausgerüstet. Die neue Haltestelle der Linien 3, 6 und 14 ist in Platzmitte im Bau.
Nun zum bereits genannten Escher-Wyss-Platz an der Limmat: Auch hier wurde gebaut, die Limmatbrücke und darüber die Strassenführung vom Buchegg- über Wipkinger- und Escher-Wyys- zum Hardplatz in Hochlage auf einer Brücke, welche zugleich auch die damals tiefer liegende Hardbrücke über das Vorfeld des Zürcher HB umfasste und letztere ersetzte. Neben dem Tramdepot fand sich neben dem Dienstgleis noch das Provisorium und die bereits im Bau befindliche neue Streckenführung nach dem Hardturm, welche 1976 nach dem Altstetter Quartier Grünau bis Werdhölzli verlängert wurde.
Der Escher-Wass-Platz Seite Limmatplatz/Zürich HB mit dem querenden Normalspurgleis zur Coop-Mühle (früher im Sihlquai bis zum Hauptbahnhof!)
Einen grossen Umweg brauchten die Fahrzeuge der Linie 13 ab dem Frankental zu machen, diese durften eine Umrundung der Baustelle bewerkstelligen . . .
Oben am Üetliberg konnte man in Spitzenzeiten sowie in den Randstunden noch die 1923 gebauten Tramzüge sehen. Tramzüge? Ja – Tramzüge: Diese Fahrzeuge haben das Tramprofil der damaligen Städtischen Strassenbahnen Zürich (StStZ). Es gab damals Ideen und konkrete Projekte die früher dampfbetriebene normalspurige Bergbahn Zürich – Üetliberg (BZUe) ans städtische Tramnetz anzuschliessen und umzuspuren. Ja – sogar eine Bahnstrecke ab Uetikon-Waldegg nach Bremgarten wurde geplant. Die Fahrzeuge wurden deshalb analog der allerdings meterspurigen und auf der VBZ-Strecke Rehalp – Bahnhof Stadelhofen mitbenutzenden Forchbahn in Gleichspannung von 1200 Volt gebaut. Infolge der normalspurigen Mitbenutzung der Strecke Giesshübel – Selnau wurde aber noch vor der Elektrifikation der Sihltalbahn die Fahrleitung 1,2 m von der Gleismitte weg verschoben, so dass sich die beiden Bahnen elektrisch nicht in die Quere kamen. Im Bahnhof Giesshübel allerdings liess sich eine Fahrleitungskreuzung nicht verhindern.
Zur Bezeichnung Tramzug gibt es noch eine schweizweite Erklärung: Zur Beschleunigung der früheren „Bummelzüge“ - u.a. auch in Pendlerzeiten – wurden Züge „ohne“ Gepäckbeförderung eingesetzt. So ganz genau stimmt dies zwar nicht, leichtere und handliche Gepäckstücke wurden mitgenommen, aber das Hantieren mit Paletten, Tierbehältern usw. wurde auf andere Züge verlegt. So sparte man Zeit und beschleunigte die „Tramzüge“.
Das Jahr 1970 ist längst noch nicht zu Ende – weitere Bilder folgen . . .
Urs Nötzli